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MAJOR JONES: Ich habe den Gerichtshof auf die Weiterleitung des Hitlerbefehls über die Erschießung von Kommandos aufmerksam gemacht. Nun möchte ich dem Gerichtshof ein Beispiel für die Ausführung dieses Befehls durch die deutsche Marine zur Zeit, als Raeder ihr Oberbefehlshaber war, geben.
Mein gelehrter Freund, Herr Roberts, hat dem Gerichtshof schon ein Kommandounternehmen vom Dezember 1942, das die Aufgabe hatte, die Schiffahrt im Hafen von Bordeaux anzugreifen, geschildert. Der Gerichtshof wird sich noch an den von ihm zitierten Wehrmachtsbericht UK-57, GB-164, erinnern, der besagte, daß sechs der zehn Teilnehmer dieses Kommandounternehmens verhaftet und diese alle am 23. März 1943 erschossen wurden. In Verbindung mit dieser Episode besitzt die Anklagebehörde ein weiteres Dokument, das mehr Licht auf diesen Zwischenfall in Bordeaux wirft und beweist, um wie vieles schneller die Marine unter Raeder Hitlers Befehl bei diesem besonderen Anlaß ausführte. Ich lenke die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf Dokument C-176, GB-228, auf Seite 61 des Dokumentenbuchs.
Dieses Dokument enthält Auszüge aus dem Kriegstagebuch des Admirals Bachmann, des Marinebefehlshabers von Westfrankreich. Die erste Eintragung auf Seite 61 trägt das Datum des 10. Dezember 1942 und lautet:
»Gegen 10.15. Anruf des persönlichen Referenten des Befehlshabers des SD in Paris, SS-Obersturmführer Dr. Schmidt bei Marbef. Adjutant, der Verschiebung Erschießung erbat, da Vernehmungen noch nicht abgeschlossen...
Nach Rücksprache mit Chef des Führungsstabes wird SD angewiesen, Genehmigung bei Hauptquartier direkt einzuholen.
18.20. SD Bordeaux hat über vorgesetzte SD-Stelle beim Führerhauptquartier 3 Tage Aufschub der Erschießung erbeten. Vernehmungen z.Zt. noch fortgesetzt.«
Der nächste Tag, der 11. Dezember 1942:
»Erschießung der 2 gefangenen Engländer durch ein Kommando von Hafenkommandant Bordeaux in Stärke von 1/16 Mann im Beisein eines Offiziers des SD auf Befehl des Führers durchgeführt.«
Am Rande, gegenüber dieser Eintragung findet sich ein Vermerk mit Grünstift, der wie folgt lautet:
»SD sollte dies besorgt haben. In künftigen Fällen Marinebefehlshaber anrufen.«
Der Gerichtshof wird daher aus diesem Dokument C-176 ersehen, daß die beiden ersten tapferen Männer, die auf Grund des Bordeaux-Unternehmens erschossen werden sollten, tatsächlich von einem Marine-Exekutivkommando am 11. Dezember 1942 getötet wurden; es waren Sergeant Wallace und Matrose Ewart, die das Unglück hatten, am 8. Dezember beim Beginn des Unternehmens in Gefangenschaft zu geraten.
Interessant ist die Bemerkung der Seekriegsleitung zu dieser Erschießung; sie findet sich in Dokument D-658.
VORSITZENDER: Was bedeuten die beiden letzten Zeilen im Dokument C-176, daß das Unternehmen besonders begünstigt war?
MAJOR JONES: »Das Unternehmen war besonders durch das Wetter und die dunkle Nacht begünstigt.«
Das bezieht sich vermutlich auf das Unternehmen der Marinekommandos, die mit Erfolg einige deutsche Schiffe im Hafen von Bordeaux in die Luft sprengten. Der mir assistierende Marineoffizier macht mich gerade darauf aufmerksam, daß dies wahrscheinlich einen Hinweis auf die Bedingungen, die zur Zeit der Erschießung der beiden Männer gegeben waren, enthält.
VORSITZENDER: Ich hätte das angenommen.
MAJOR JONES: Ich sehe mich in meiner Erklärung der Angelegenheit durch den Vertreter der Britischen Marine korrigiert.
VORSITZENDER: Geht daraus nicht hervor, daß Marineangehörige es getan haben?
MAJOR JONES: Die Erschießung wurde, wie die Eintragung vom 11. Dezember zeigt, tatsächlich durch Marineangehörige, durch eine zu dem Hafenkommandanten von Bordeaux gehörende Einheit, ausgeführt.
VORSITZENDER: Ja.
MAJOR JONES: Ich wollte den Gerichtshof besonders auf die Bemerkung der Seekriegsleitung zu dieser Erschießung hinweisen. Wir finden sie im Dokument D-658 auf Seite 109, Beweisstück GB-229. Sie lautet:
»Marbef. Westfrankreich meldet, daß im Laufe des Tages Sprengkörper mit Haftmagneten, Kartenmaterial von Girondemündung, Luftbildaufnahmen von Hafenanlagen Bordeaux, Tarnmaterial, Lebensmittel und Trinkwasser für mehrere Tage gefunden wurden. Bergung des Faltbootes ist nicht gelungen. Marbef. Westfrankreich hat, falls angesetzte Vernehmung der beiden Soldaten bisherige Feststellungen bestätigen, ihre sofortige Erschießung wegen versuchter Sabotage befohlen, diese jedoch ausgesetzt, um weitere Auskünfte zu erreichen.
Nach Wehrmachtsbericht sind die beiden Soldaten inzwischen erschossen worden. Maßnahme würde dem besonderen Befehl des Führers entsprechen, bildet jedoch, da die Soldaten Uniform trugen, ein völkerrechtliches Novum.«
Meines Erachtens beweist dieser letzte Satz ganz klar, daß das Marine-Oberkommando unter Raeder der Ergebenheit gegenüber der Nazi-Verschwörung mehr Bedeutung beimaß als jeder Frage moralischer Grundsätze oder beruflicher Ehre und Sauberkeit. Die Erschießung dieser beiden Kommandos war meiner Meinung nach nicht eine Kriegshandlung, sondern ein Mord an zwei tapferen Männern. Nach dieser düsteren Note ist es meine Pflicht, diesen Teil des Falles der Anklagebehörde gegen den Angeklagten Raeder zusammenzufassen.
Nach Ansicht der Anklagebehörde war er nicht etwa eine militärische Marionette, die politische Befehle ausführte. Der Gerichtshof hat gesehen, daß er schon vor der Machtübernahme der Nazis aktiv an dem Wiederaufbau der deutschen Flotte hinter dem Rücken des Reichstags arbeitete. Als die Nazis zur Macht kamen, schloß er sich ihnen ohne Vorbehalt an. Er war es in erster Linie, der die deutsche Marine dazu trieb, ihre Treue auf die Nazi-Partei zu übertragen. Er war ebensosehr ein Mitglied des Inneren Rates der Nazis wie irgendein anderer Angeklagter. Und er war Mitglied ihrer hauptsächlichen politischen Beratungsausschüsse.
Er war sich ihrer Angriffsabsichten wohl bewußt und förderte meines Erachtens ihre Verwirklichung nicht nur als militärischer Sachverständiger, sondern auch als lügnerischer Politiker. Er förderte auch, wie ich dargelegt habe, ihre brutalen Kriegführungsmethoden. Und doch war Raeder von allen diesen Verschwörern einer der ersten, der seinen hohen Posten verlor. Es ist tatsächlich wahr, daß die Ausdehnung des Krieges über die Grenzen Polens hinaus eine Enttäuschung für Raeder bedeutete. Sein Traum von einer Nazi-Armada, die den Atlantik beherrschte, rechnete nicht mit Ribbentrops Diplomatie und Hitlers strategischen Ideen.
Ich möchte die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf Dokument C-161, GB-230, auf Seite 35 des Dokumentenbuchs lenken. Es ist ein Auszug aus einer Denkschrift Raeders vom 10. Januar 1943 kurz vor seinem Rücktritt und trägt die Überschrift: »Die Bedeutung der deutschen Überwasserstreitkräfte für die Kriegführung der Dreierpaktmächte.« Die wesentliche Eintragung lautet:
»... der Plan der nationalsozialistischen Reichsführung, bis zum Jahre 1944/45 der deutschen Kriegsmarine eine solche Stärke zu geben, daß mit der genügenden Schiffszahl, Kampfkraft und Fahrstrecke das Anpacken der britischen Lebensadern auf dem Atlantik möglich war.
Der Aufbau dieser Streitkräfte steckte 1939 bei dem fünf Jahre früher eingetretenen Kriegsbeginn noch in den Anfängen...«
Der Gerichtshof wird aus diesem Dokument ersehen, wie vollständig Raeder in seinen ehrgeizigen Plänen dadurch betrogen wurde, daß er sich in dem Zeitpunkt des Einsatzes seiner Hochseeflotte verrechnete. Der Gerichtshof hat gesehen, wie Raeder sich die größte Mühe gab, etwas von seinem verlorenen Ruhm wieder zu gewinnen als er das arglose Norwegen angriff. Er machte viele Anstrengungen, den Seekrieg auf Kosten der Neutralen und auch der Gebräuche und Gesetze der Seekriegführung zu verschärfen. Seine weiteren Pläne wurden jedoch von seinen Mitverschwörern verworfen; im Januar 1943 zog er sich zurück und war danach nur noch dem Namen nach ein Führer. Ich mache den Gerichtshof auf Dokument D-655, auf Seite 108 im Dokumentenbuch, Beweisstück GB-231, aufmerksam; es ist eine handschriftliche Niederschrift Raeders über seine Besprechung mit dem Führer am 6. Januar 1943, die zu seinem Rücktritt führte. Ich will nur den fünften Absatz verlesen, wo Raeder folgendes schreibt:
»... wenn der Führer Wert darauf lege zu zeigen, daß die Trennung in bestem Frieden erfolge und daß – besonders für das Ausland – der Name R. weiterhin mit der Marine verbunden bleibe, so käme in Frage eine ev. Ernennung zum ›Generalinspekteur‹, entsprechende Veröffentlichung in der Presse u. a. Aber ein neuer Ob.d.M. mit voller Verantwortung für dieses Amt müsse ernannt werden. Die Stellung ›Generalinspekteur‹ oder wie man es sonst nenne, dürfe nur nominell sein.
Führer« – so heißt es in der Niederschrift weiter – »griff diese Anregung lebhaft auf; der G. könne ev. besondere Aufträge von ihm erhalten, Besichtigungsreisen machen usw. Der Name R. solle mit der Marine verbunden bleiben. Auf wiederholte Bitte des Ob.d.M. stimmte der Führer ausdrücklich dem Termin 30. Januar zu – das Nähere wolle er sich noch überlegen.«
Damit endete Raeders Laufbahn unter wesentlich anderen Verhältnissen als zur Zeit seines Aufstiegs im Jahre 1939, als er am 12. März anläßlich des deutschen Heldengedenktages sprach. Ich verweise nun den Gerichtshof auf das letzte Dokument über Raeder, einen Bericht über seine Rede vom März 1939; er befindet sich auf Seite 103 des Dokumentenbuchs, im Dokument D-653, GB-232. Der erste Absatz lautet:
»Der Heldengedenktag wurde in diesem Jahr in allen Ortschaften Großdeutschlands... zum erstenmal zugleich als Tag der Wehrfreiheit begangen.... Im Mittelpunkt der Feiern... stand der herkömmliche Staatsakt in der Staatsoper Unter den Linden in Berlin...«
In Anwesenheit des Führers und von Vertretern der Partei und der Wehrmacht hielt Generaladmiral Raeder eine Ansprache, von der Auszüge unten wiedergegeben sind.
Und ich gehe nun auf Seite 2 der Niederschrift, Seite 104 des Dokumentenbuchs, über, ungefähr die fünfzehnte Zeile:
»Das deutsche Volk« – so sagte Raeder – »hat den aus dem Geiste des deutschen Frontsoldaten geborenen Nationalsozialismus zu seiner Weltanschauung gemacht und folgt den Symbolen seiner Wiedergeburt mit ebenso heißer Liebe wie fanatischer Leidenschaft. Es hat den Nationalsozialismus erlebt und nicht, wie so viele hilflose Kritiker draußen glauben, erlitten.
Der Führer hat seinem Volke gezeigt, daß in der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft die größte unversiegbare Kraftquelle liegt, deren Dynamik nicht nur den inneren Frieden sichert, sondern auch die Erschließung aller schöpferischen Volkskräfte ermöglicht.«
Dann folgen Lobgesänge auf Hitler, und ein paar Sätze weiter unten heißt es:
»Darum die klare und schonungslose Kampfansage an den Bolschewismus und das internationale Judentum, deren völkervernichtendes Treiben wir zur Genüge am eigenen Volkskörper zu spüren bekommen haben. Darum der Zusammenschluß mit allen gleichgesinnten Nationen, die, wie Deutschland, nicht gewillt sind, ihre dem Aufbau und dem inneren Friedenswerk gewidmete Kraft von volksfremden Ideologien und artfremden Parasiten zersetzen zu lassen.«
Dann ein paar Sätze weiter:
»Wenn wir diese Erziehungsarbeit einmal im waffentechnischen Sinne leisten, so fordert diese Aufgabe aber auch ebenso die Weiterbildung des jungen Soldaten im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung und Lebensgestaltung. Diesen Teil der Aufgabe, der uns ebenso zur Ehrenpflicht wie zur unabweisbaren Forderung geworden ist, können und wollen wir nur lösen, Schulter an Schulter und in aufrichtiger Kameradschaft mit der Partei und ihren Gliederungen...«
Der nächste Satz:
»Wehrmacht und Partei sind damit immer mehr in Haltung und Geist ein unteilbares Ganzes geworden.«
Und dann nur zwei Sätze der nächsten Seite:
»Deutschland ist der Schirmherr aller Deutschen, diesseits und jenseits der Grenzen. Die Schüsse von Almeria sind hierfür Beweis.«
Dies bezieht sich auf die Bombardierung der spanischen Stadt Almeria durch eine deutsche Flotteneinheit am 31. Mai 1937 während des spanischen Bürgerkrieges.
Es folgen weitere Bemerkungen über den Führer und sein Führertum, und der letzte Satz des ersten Absatzes auf Seite 3 lautet sodann:
»Sie alle pflanzten die große Tradition des Sterbens für eine heilige Sache in eine junge Generation in der Gewißheit, daß ihr Blut einst den Weg in die erträumte Freiheit bahnen würde.«
Meines Erachtens ist diese Rede Raeders der endgültige Beweis für seine tiefe persönliche Verbundenheit mit der Nazi-Verschwörung. Dort zeigte sich die Mischung von Heroismus und Fatalismus, die Millionen von Deutschen in den Tod führte. Dort wird die Gewalt gerühmt, die gegen die Bewohner von Almeria angewendet wurde. Dort ist das Lippenbekenntnis zum Frieden durch einen Mann, der den Krieg plante. »Wehrmacht und Partei sind damit immer mehr in Haltung und Geist ein unteilbares Ganzes geworden« – das ist die authentische Nazi-Stimme. Dort sehen wir die Verteidigung der Rassenlehre und letzten Endes auch die antisemitische Einstellung, Raeders Beitrag zu einer Anschauung, die zu Belsen führte. Erfüllt von diesen Ideen arbeitete er sowohl auf politischem als auch auf militärischem Gebiet aktiv an der Nazi-Verschwörung zur Herbeiführung von Angriffskriegen und zu ihrer rücksichtslosen Durchführung mit.
MR. RALPH G. ALBRECHT, BEIGEORDNETER ANKLÄGER FÜR DIE VEREINIGTEN STAATEN: Hoher Gerichtshof! Die amerikanische Anklagebehörde wird nun ihre Darlegungen fortsetzen und die persönliche Verantwortlichkeit des Angeklagten von Schirach aufzeigen. Dies wird durch Hauptmann Sprecher geschehen.
HAUPTMANN DREXEL H. SPRECHER, HILFSANKLÄGER FÜR DIE VEREINIGTEN STAATEN: Hoher Gerichtshof! Es ist meine Aufgabe, die persönliche Verantwortlichkeit des Angeklagten Schirach für Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit darzulegen, soweit sie unmittelbar den Allgemeinen Plan oder die Verschwörung betreffen. Die Anklagebehörde steht auf dem Standpunkt, daß der Angeklagte Schirach schuldig ist, eine leitende Rolle in der Nazi- Verschwörung vom Jahre 1925 bis zur Niederlage der Nazis gespielt zu haben.
Die Verschwörungsakte und der verbrecherische Charakter des Angeklagten Schirach können der besseren Übersicht wegen in drei Hauptabschnitten behandelt werden:
1. Die erste Unterstützung der Verschwörer während der Jahre 1925 bis 1929,
2. die Führung und Leitung der deutschen Jugend während der Jahre 1929 bis 1945,
3. die Führung des Reichsgaues Wien als Hauptvertreter der Nazi-Partei und des Nazi-Staates in Wien von Juli 1940 bis 1945.
Die Beweisführung wird sich nach einer kurzen Aufzählung der hauptsächlichen Ämter, die Schirach innehatte, mit jedem einzelnen dieser Hauptabschnitte befassen. Wenn wir zunächst die von Schirach bekleideten Ämter aufzählen, so wollen wir nicht zugleich auch den Aufgabenkreis jedes dieser Ämter beschreiben. Sofern in diesem Stadium des Verfahrens eine Beschreibung des Aufgabenkreises irgendeiner besonderen Stellung überhaupt noch notwendig erscheint, wird dieses später bei der Erörterung der verschwörerischen Handlungen Schirachs als Nazi-Jugendführer und Nazi-Beamter in Wien geschehen.
Zu diesem Thema haben wir einen Schriftsatz überreicht, den wir der Würdigung des Gerichtshofs empfehlen. Das Dokumentenbuch enthält englische Übersetzungen von 29 Dokumenten. Obwohl wir glauben, die Anzahl der Dokumente auf ein Minimum beschränkt zu haben, ist das Dokumentenbuch doch umfangreich.
Die Verführung der deutschen Jugend durch Schirach ist jedoch ein umfangreiches Thema, ganz abgesehen von allen seinen anderen Taten. Die meisten dieser Dokumente stammen aus deutschen Veröffentlichungen, von denen der Gerichtshof amtlich Kenntnis nehmen kann. Aus diesem Grunde werden wir diese Dokumente in den meisten Fällen nur umschreiben, es sei denn, daß der Gerichtshof in Sonderfällen den Wunsch einer ausführlicheren Behandlung zu erkennen gibt.
Ehe ich mich dem Beweismaterial zuwende, möchte ich meinen Dank besonders Herrn Major Hartley Murray, Leutnant Fred Niebergall zu meiner Rechten und Herrn Norbert Heilpern für ihre Hilfe bei der Untersuchung, Analyse, Übersetzung und Aufstellung dieser Unterlagen aussprechen.
Schirach gibt zu, folgende Stellungen innegehabt zu haben: Sie finden sich in zwei eidesstattlichen Erklärungen, von denen die eine in Form einer Bestätigung, die andere in Form eines Berichts abgefaßt ist; letztere trägt das Datum vom Dezember 1945 und ist Dokument 3302-PS, US-665, Seite 110 des Dokumentenbuchs. Ich möchte diese eidesstattliche Erklärung als Beweisstück US-665 unterbreiten. Die Bestätigung, auf die ich mich nur wegen eines Punktes beziehen werde, ist Dokument 2973-PS und bereits als Beweisstück US-14 vorgelegt.
Ich wende mich zunächst dem Dokument 3302-PS zu. Diese eidesstattliche Erklärung zeigt, daß Schirach Parteimitglied von 1925 bis 1945 war; daß er Führer des Nationalsozialistischen Studentenbundes von 1929 bis 1931 und Führer der Hitlerjugend von 1931 bis 1940 war; daß er in den Jahren 1931 und 1932 Reichsjugendführer im Stabe der Obersten SA- Führung war, dem seinerzeit alle Nazi-Jugendorganisationen unterstanden. Er war auch Reichsjugendführer der NSDAP von 1931 bis 1940.
Im Jahre 1932 wurde Schirach selbständiger Reichsleiter der Partei. Mit der Erlangung dieser verhältnismäßig unabhängigen Stellung schied er aus dem Stabe der Obersten SA-Führung aus, da er nach Gründung der Reichsjugendführung an die Spitze der Nazi-Jugendorganisationen trat und insoweit Hitler unmittelbar unterstand. Diese Erscheinung fand sich überall in der Partei, wo gemäß dem Führerprinzip der eine Mann, Schirach, an der Spitze stand, und daher für die Behandlung der Jugendfragen durch die SA kein Raum mehr war. Schirach behielt jedoch in der SA den Rang und Titel eines Gruppenführers während der Zeit von 1931 bis 1941 bei; im Jahre 1941 wurde er zum SA-Obergruppenführer befördert. Diesen Rang bekleidete er bis zum Zusammenbruch.
Schirach war Reichsleiter für die Jugenderziehung der NSDAP von 1932 bis zum Zusammenbruch. Mit anderen Worten, der Angeklagte bekleidete von der Zeit vor der Machtübernahme der Nazis an bis zu ihrem schließlichen Zusammenbruch die hohe Stellung eines Reichsleiters in der Partei.
Außer diesen Stellungen in der Partei hatte Schirach noch folgende Posten im Nazi-Staat inne:
Reichsjugendführer von 1933 bis 1940; Reichsstatthalter des Reichsgaues Wien von 1940 bis 1945; Reichsverteidigungskommissar von Wien von 1940 bis 1945.
Obwohl Schirach einige Stellungen in der Führung der deutschen Jugend aufgab, als er im Jahre 1940 diese Posten in Wien übernahm, behielt er dennoch auch weiterhin die Parteistellung eines Reichsleiters für die Jugenderziehung der NSDAP bei. Darüber hinaus erhielt er eine ganz besondere Stellung; er wurde Beauftragter des Führers für die Inspektion der gesamten Hitlerjugend, der Organisation, die er bis 1940 geführt hatte. Die beiden letzten Stellungen hatte er bis zum Zusammenbruch inne.
Die Bestätigung, Dokument 2973-PS, enthält lediglich einen Punkt, auf den ich mich in dieser augenblicklichen Darlegung beziehen will; sie ergibt, daß Schirach von 1932 bis 1945 Mitglied des Reichstags war.
Als nächstes wollen wir zeigen, wie Schirach die NSDAP und die ihr angegliederten Jugendorganisationen vor der Machtübernahme der Nazis aktiv förderte. Schirach war ein vertrauter und ergebener Gefolgsmann Hitlers vom Jahre 1925 an. In diesem Jahr stieß der erst achtzehnjährige Schirach zu den Nazi- Verschwörern, indem er Parteimitglied wurde. Auf besonderen Wunsch Hitlers ging er nach München, um sich eingehender mit der Partei bekannt zu machen. Er widmete sich der Erfassung der Studenten für den Nationalsozialismus. Ich umschreibe hier, meine Herren Richter, den Absatz 2 aus Schirachs eigener eidesstattlicher Erklärung, Dokument 3302-PS US- 665, auf Seite 110 des Dokumentenbuchs.
Dies war der Anfang der verschwörerischen Tätigkeit Schirachs, welche er zwei Jahrzehnte lang im Geiste unwandelbarer Treue zu Hitler und nach den Prinzipien des Nationalsozialismus fortführte. Die persönliche Aufmerksamkeit, die Hitler diesem Angeklagten von Anfang an schenkte, trug Früchte für die Verschwörer, und wir sehen, daß Schirachs Ansehen in Parteikreisen während dieser ersten Jahre schnell wuchs.
Im Jahre 1929 wurde Schirach Reichsführer des gesamten Nationalsozialistischen Studentenbundes und behielt diese Stellung zwei Jahre lang bis zum Jahre 1931 bei. Dokument 3464-PS, Seite 121 des Dokumentenbuchs, ist ein Auszug der Ausgabe des Organisationsbuchs der Partei von 1936; ich möchte es als Beweisstück US-666 einreichen. Aus ihm ergibt sich klar, daß der Zweck des Nazi-Studentenbundes der war, die Studenten an Universitäten und Technischen Hochschulen weltanschaulich und politisch zum Nationalsozialismus zu bekehren.
Nach 1931 widmete sich Schirach vollamtlich der Parteiarbeit. 1932 wurde er als Nazi-Mitglied in den Reichstag gewählt und nahm somit an dem unparlamentarischen Verhalten der Nazi-Reichstagsmitglieder während der letzten Monate, in denen der Reichstag noch ein unabhängiges Regierungsorgan war, teil.
Mit der beste Beweis dafür, wie Schirach die Verschwörung in ihren Anfängen unterstützte, sind seine eigenen Worte in seinem Buch »Die Hitler-Jugend«. Auszüge aus diesem Buche befinden sich in Dokument 1458-PS, auf Seite 1 des Dokumentenbuchs. Wir legen es als Beweisstück US-667 vor. Hoher Gerichtshof, da sich dieses Buch auf viele Jahre und viele Dinge erstreckt, werde ich mir gestatten, mich auch später gelegentlich darauf zu beziehen.
Ein Beispiel von Schirachs unterwürfiger Treue zu Hitler während der ersten Jahre befindet sich auf Seite 17 dieses Buches, Seite 12 des Dokumentenbuchs. Hier beschreibt er seine Parteitätigkeit während der ersten Jahre wie folgt:
»Wir konnten unsere Auffassung noch nicht im einzelnen begründen, wir glaubten einfach. Und als dann Hitlers Kampf erschien, war uns dieses Buch wie eine Bibel, die wir fast auswendig lernten, um die Fragen der Zweifler und überlegenen Kritiker beantworten zu können. Fast alles, was heute an verantwortlicher Stelle Jugend führt, kam bereits in jenen Jahren zu uns.«
Vor 1933 bereiste Schirach ganz Deutschland, veranstaltete Demonstrationen und forderte die deutsche Jugend zur Mitgliedschaft in der Hitlerjugend auf. Und als die Hitlerjugend und das Tragen ihrer Uniform gesetzlich verboten wurde, setzte Schirach seine Tätigkeit mit ungesetzlichen Mitteln fort. Über diese Zeit schreibt er selbst auf Seite 26 seines Buches »Die Hitler-Jugend«, Seite 16 bis 17 Ihres Dokumentenbuchs, wie folgt:
»Die HJ gewann in dieser Zeit ihr bestes Menschenmaterial. Was in dieser Verbotszeit zu uns stieß, Mädel oder Junge, setzte alles aufs Spiel.... Wir fuhren mit Pistole in der Manteltasche durch das Ruhrgebiet, wäh rend die Steine hinter uns herflogen. Wir zuckten bei jedem Läuten zusammen, weil wir dauernd Haussuchungen und Verhaftungen befürchten mußten.«
Auf Seite 27 des gleichen Buches, Seite 18 des Dokumentenbuchs, weist Schirach darauf hin, daß er bei dem frühen internen Parteikampf zwischen Hitler und Strasser standhaft zur Hitlerclique hielt; über Strasser sprach er vertraulich nur mit Hitler und dem Angeklagten Streicher. Es braucht kaum betont zu werden, daß ein solcher Vertrauter des Führers von Anfang an über die allgemeinen Ziele, Pläne und Methoden der Verschwörung genau informiert war.
Ich glaube, es ist bemerkenswert, daß einige dieser Konferenzen in Schirachs Wohnung in München stattfanden, und daß Hitler gelegentlich dorthin zu kommen pflegte.
Schirach war der führende Nazi-Verschwörer bei der Zerschlagung aller unabhängigen Jugendorganisationen und dem Aufbau der Nazi-Jugendbewegung. In diesem Zusammenhang möchte ich die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf den Schriftsatz des amerikanischen Hauptanklagevertreters mit der Überschrift »Der Umschwung in der Erziehung, Jugendausbildung« lenken. Der Verfasser ist Major Hartley Murray; die darin zitierten Dokumente sind in Abschnitt »b« zu finden. »Die Nazi-Verschwörer ergänzten das Schulsystem, indem sie die Jugend durch Hitlerjugend ausbildeten.« Diese Dokumente wurden als Beweismaterial im Dokumentenbuch »D« zu Beginn des Prozesses eingeführt. Ich erinnere den Gerichtshof auch an den hier am 11. Dezember vorgeführten Film »Der Nazi-Plan« insoweit, als dieser den Angeklagten Schirach und seine Hitlerjugend-Organisation behandelte. An welchen Stellen in diesem Film Schirachs Tätigkeit festgehalten ist, ist im Dokument 3054-PS vermerkt. Dieses Dokument enthält ein Inhaltsverzeichnis sowie Erläuterungen zu diesem Film und liegt bereits als Beweisstück US-167 dem Gerichtshof vor.
Es war Schirachs Aufgabe, das Nazi-Regime für kommende Geschlechter zu verewigen, indem er die Gedankenwelt der Jugend mit der Nazi-Weltanschauung vergiftete und die Jugend für den Angriffskrieg vorbereitete. Dieses Gift wird noch lange nach dem Tode des Angeklagten weiterwirken. Tatsächlich muß es einer der Hauptzwecke dieser Darlegungen sein, den jungen Deutschen, welche die von den Nazis heraufbeschworene Katastrophe überlebten, das wahre Gesicht dieses Mannes zu zeigen, den die Nazi-Propaganda als großen Jugendhelden hinstellte, und gegen den eine freie Kritik und die Wahrheit vor der deutschen Jugend und dem deutschen Volke über ein Jahrzehnt lang nicht zu Worte kommen konnte.
Aus Schirachs eigener Hand in seinem Buch »Die Hitler-Jugend« haben wir wiederum einen kristallklaren Beweis für die Methoden und die Taktik, die er bei der Zerschlagung der unabhängigen Jugend-Organisationen und ihrer Eingliederung in die Hitlerjugend anwandte. Auf Seite 32, Seite 19 und 20 des Dokumentenbuchs, erklärt Schirach, daß 1933 die neuen Minister zu sehr überlastet waren, um von sich aus die Jugendfrage zu lösen; daher habe er, Schirach, als damaliger Führer der Hitlerjugend einen seiner Mitarbeiter beauftragt, zusammen mit fünfzig Angehörigen der Berliner HJ den Reichsausschuß der deutschen Jugendverbände zu überrumpeln. Als Folge dieser Überrumpelung ging der Reichsausschuß in die Brüche und wurde von der Hitlerjugend übernommen. Eine weitere kurz darauf erfolgte Razzia auf den Verband für Jugendherbergen hatte denselben Erfolg, wie sich aus Seite 33 des Buches »Die Hitler-Jugend«, Seite 20 und 21 des Dokumentenbuchs, ergibt.
Nach diesen erfolgreichen Kundgebungen der Gewalt und des Terrors stieg Schirachs Stern noch höher empor. Er wurde im Juni 1933 von Hitler in aller Feierlichkeit zum Jugendführer des Deutschen Reiches ernannt.
Über seine nächsten Handlungen schreibt Schirach auf Seite 35 und 36 seines Buches, Seite 22 des Dokumentenbuchs, folgendes:
»Die erste Handlung, die ich vornahm, war die Auflösung des Großdeutschen Bundes. Da mir alle deutschen Jugendverbände unterstellt waren und ich damit das Recht erhalten hatte, über ihre Führung zu entscheiden, zögerte ich keinen Augenblick, diesen Schritt zu tun, der für die HJ die Beseitigung eines unerträglichen Zustandes war.«
Schirach bewerkstelligte die Auflösung und Zerschlagung der meisten Jugend-Organisationen durch Befehle, die er als Jugendführer des Deutschen Reiches erließ und unterzeichnete. Dies ergibt sich aus einem Befehl im Dokument 2229-PS, Dokumentenbuch Seite 65, das als Beweisstück US-668 vorliegt. Durch diesen einen Befehl löste Schirach neun Jugendorganisationen, darunter den Pfadfinderbund, auf.
Die protestantischen und katholischen Jugendorganisationen waren die letzten, die zerschlagen und in die Hitlerjugend einverleibt wurden. Schirach erreichte die Einverleibung der protestantischen Jugendorganisationen durch ein Abkommen mit dem von Hitler ernannten Reichsbischof Ludwig Müller, Seite 38 des Buches »Die Hitler-Jugend«, Seite 24 des Dokumentenbuchs.
Schirachs Ziel, die gesamte deutsche Jugend in die Hitlerjugend hineinzuzwingen, wurde schließlich im Dezember 1936 durch das grundlegende Gesetz über die Hitlerjugend erreicht. Dokument 1392-PS ist ein im Reichsgesetzblatt 1936, Teil I, Seite 993 veröffentlichtes Gesetz; ich bitte den Gerichtshof, von ihm amtlich Kenntnis zu nehmen. Ich zitiere Teile aus diesem Gesetz, weil es so deutlich veranschaulicht, was mit der deutschen Jugend unter Schirach geschehen sollte, und was schon mit ihr geschah.
VORSITZENDER: Ist es im Dokumentenbuch enthalten?
HAUPTMANN SPRECHER: Jawohl, Herr Vorsitzender.
VORSITZENDER: Welche Seite?
HAUPTMANN SPRECHER: Es ist Dokument 1392-PS, Seite 6 des Dokumentenbuchs:
»Von der Jugend hängt die Zukunft des deutschen Volkes ab. Die gesamte deutsche Jugend muß deshalb auf ihre künftigen Pflichten vorbereitet werden.
Die gesamte deutsche Jugend innerhalb des Reichsgebietes ist in der Hitlerjugend zusammengefaßt...
Die gesamte deutsche Jugend ist außer in Elternhaus und Schule in der Hitlerjugend körperlich, geistig und sittlich im Geiste des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk und zur Volksgemeinschaft zu erziehen....
Die Aufgabe der Erziehung der gesamten deutschen Jugend in der Hitlerjugend wird dem Reichsjugendführer der NSDAP übertragen....«
Die erste Durchführungsverordnung zu diesem grundlegenden Gesetz über die Hitlerjugend erging am 25. März 1939. Ich verweise auf Seite 40 des Dokumentenbuchs. Diese im Reichsgesetzblatt I, Seite 709 abgedruckte Verordnung bestätigt unter anderem die ausschließliche Zuständigkeit Schirachs für die Erziehung der deutschen Jugend. Ich will nur einen Satz zitieren:
»Der Jugendführer des Deutschen Reiches ist ausschließlich zuständig für alle Aufgaben der körperlichen, geistigen und sittlichen Erziehung der gesamten deutschen Jugend des Reichsgebietes außerhalb von Elternhaus und Schule.«
VORSITZENDER: Hauptmann Sprecher, ich glaube, Ihre Darlegungen haben uns genügend davon überzeugt, daß von Schirach für die weltanschauliche Erziehung der deutschen Jugend voll verantwortlich war.
HAUPTMANN SPRECHER: Ja, Herr Vorsitzender.
VORSITZENDER: Und wir wollen nichts mehr darüber hören.
HAUPTMANN SPRECHER: Ich verstehe. Bei der Ausübung seiner weitgehenden Kontrolle über die deutsche Jugend bediente sich Schirach natürlich der allgemeinen Methoden der Nazi-Verschwörer, einschließlich des Führerprinzips, dessen Wesen dem Gerichtshof bereits dargelegt wurde. Der Gerichtshof wird eine widerliche Verherrlichung und Erklärung des Führerprinzips, wie es auf die deutsche Jugend angewendet wurde, in Schirachs Buch »Die Hitler-Jugend« auf Seite 68 finden. Die Übersetzung steht auf Seite 32 des Dokumentenbuchs. Ich möchte davon nichts verlesen.
In seiner eidesstattlichen Erklärung, Dokument 3302-PS, Absatz 5, erklärt Schirach:
»Es war meine Aufgabe, die Jugend im Sinne der Bestrebungen, Gedankengänge und Richtlinien der NSDAP zu erziehen und darüberhinaus sie zu leiten und zu formen.«
Selbstverständlich schuf und leitete Schirach einen ausgedehnten Propaganda-Apparat, um eine gründliche Vergiftung der Gedankenwelt der deutschen Jugend zu erreichen. Ich überreiche Dokument 3349-PS, Dokumentenbuch Seite 114, als Beweisstück US- 666.
Es ist ein Auszug von den Seiten 452 und 453 des Parteiorganisationsbuchs von 1936. Daraus läßt sich ersehen, daß die Reichsjugendführung der NSDAP zahlreiche Schriften verfaßte und herausgab, angefangen mit einem täglichen Nachrichtendienst bis zu Monatsschriften. Dieses Dokument zeigt ebenfalls, daß das Propagandaamt der Hitlerjugend durch seine Verbindungsmänner einen politischen und weltanschaulichen Kontakt mit dem Propagandaamt der NSDAP und dem Propagandaministerium, die beide dem Verschwörer Goebbels unterstanden, aufrecht erhielt.
Schirach teilt mit dem Verschwörer Dr. Robert Ley, dem Reichsorganisationsleiter der NSDAP, die Verantwortlichkeit für die Errichtung und allgemeine Verwaltung der Adolf-Hitler-Schulen. Das ergibt sich aus einer gemeinsamen Erklärung von Ley und Schirach aus dem Jahre 1937, Seite 100 des Dokumentenbuchs. Es ist unser Dokument 2653-PS, US-669. Es zeigt, daß in diesen Adolf-Hitler-Schulen hervorragend bewährte Mitglieder des Jungvolks, der Gliederung für jüngere Knaben in der Hitlerjugend-Bewegung, unentgeltlich ausgebildet wurden. Es zeigt weiter, daß das Ziel dieser Schulen die Heranbildung einer jungen Führerschicht für die Nazi-Partei und den Nazi-Staatsapparat war.
Schirach dehnte seine Jugenderziehung auch auf das juristische Gebiet aus, obwohl dieses Gebiet eigentlich der Kontrolle des Angeklagten Frank unterstellt war. Der Beweis hierfür ist ersichtlich im Dokument 3459-PS, auf Seite 120 des Dokumentenbuchs. Dies ist ein eine Seite langer Auszug aus einem Bericht über den Juristentag im Jahre 1939; er wird als Beweisstück US-670 vorgelegt. Dieses Dokument zeigt, daß die Verschwörer es als Aufgabe der Partei betrachteten, über die rein fachliche Rechtsausbildung hinaus Einfluß auf die Weltanschauung des Bundes der jungen Rechtswahrer zu gewinnen. Dieser Bund war eine Nachwuchs-Organisation des Nationalsozialistischen Rechtswahrerbundes, eine von den Nazis kontrollierte Organisation von Juristen.
Auf der Kundgebung, die das Dokument erwähnt, erklärte ein Amtsträger des Bundes junger Rechtswahrer, daß die Unwissenheit über die einfachsten Rechtsgrundsätze am besten innerhalb der »Hitlerjugend« bekämpft werden könne, und daß darum das Rechtserziehungsprogramm der Hitlerjugend weitgehendst unterstützt werden müsse.
Obergebietsführer Arthur Axmann, der Untergebene Schirachs, der ihm im Jahre 1940 als Führer der Hitlerjugend nachfolgte, wurde damals, das heißt Mai 1939, zum Vorsitzenden des Jugendrechts-Ausschusses für die Neubildung des Jugendrechts ernannt. Die Ernennung erfolgte durch den Angeklagten Frank.
VORSITZENDER: Hauptmann Sprecher, ich glaube, ich habe nicht mit genügender Klarheit zum Ausdruck gebracht, daß der Gerichtshof wirklich nicht an den Einzelheiten interessiert ist, wie sich der Angeklagte von Schirach die Macht über die deutsche Jugend verschaffte. Sie haben uns durch Ihre Darlegungen jedenfalls davon überzeugt, daß es ihm gelang, die absolute Herrschaft über die deutsche Jugend zu erlangen. Das einzige, was mir im gegenwärtigen Stadium wesentlich zu sein scheint, ist, ob Sie uns einen unmittelbaren Beweis dafür liefern können, daß der Angeklagte Schirach an den aggressiven Zielen der Reichsführer oder an irgendwelchen Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit teilnahm. Falls Sie uns diesen Beweis nicht liefern können, nützt uns Ihr Vortrag in diesem Verfahrensabschnitt wirklich nichts.
HAUPTMANN SPRECHER: Ich werde sogleich auf die Militarisierung der Jugend zu sprechen kommen. Im Augenblick wollte ich nur kurz auf die Beziehungen zwischen der Hitlerjugend und dem Verein für das Deutschtum im Ausland hinweisen, falls dies den Herren Richtern genehm ist.
VORSITZENDER: Gut, das könnte etwas mit den aggressiven Zielen der Reichsführer zu tun haben.
HAUPTMANN SPRECHER: Schirach dehnte den Einfluß der Hitlerjugend auch über die Grenzen Deutschlands hinaus durch eine Zusammenarbeit der Hitlerjugend mit dem Verein für das Deutschtum im Ausland, dem VDA, aus. Dies ergibt sich aus einem Abkommen zwischen Schirach und Führern des VDA im Jahre 1933. Es ist Dokument L-360(h), Dokumentenbuch Seite 3, und wird als Beweisstück US-671 eingereicht.
Schirach streift in seinem Buch »Die Hitler-Jugend« unter der Kapitelüberschrift »Auslandsarbeit«, Kapitel 4 des Buches, Seite 34 bis 38 im Dokumentenbuch, die Beschäftigung der Hitlerjugend mit solchen Nazi-Ideen wie etwa Lebensraum, Kolonialpolitik als weltanschauliche Waffe.
Ich möchte daraus nichts verlesen; denn in gewissem Umfange bezieht es sich auch...
VORSITZENDER: War von »Lebensraum« die Rede?
HAUPTMANN SPRECHER: Das Wort »Lebensraum« wird tatsächlich gebraucht. Auf Seite 36 des Dokumentenbuchs ist die Rede von dem »Ostraum«...
VORSITZENDER: Ich dachte, Sie befaßten sich mit Dokument L-360, Seite 3?
HAUPTMANN SPRECHER: Ich bedaure, ich bin bereits weitergegangen und spreche jetzt über Schirachs Buch, Dokument 1458-PS. Ich hatte gerade erwähnt, daß auf den Seiten 34 bis 38 des Dokumentenbuchs Verschiedenes über die Nazi-Ideen der Kolonialpolitik und des »Lebensraumes« gesagt ist, und daß dieses Buch von Schirach erkennen läßt, daß die Hitlerjugend die Aufgabe hatte, diese Ideen zu verbreiten.
Er gebraucht das Wort »Ostraum«, wenn er vom Lebensraum im Osten spricht; dann behandelt er die Jugendorganisationen im Ausland und die deutschen Schulen in diesen Ländern. Ich möchte hier besonders auf den folgenden Satz auf Seite 37 hinweisen:
»Es wird bei dieser Schulung darauf Bedacht genommen, daß die Grundlinie der deutschen Bevölkerungspolitik, die auf die Auswertung des Ostraumes hinzielt, nicht verletzt wird.«
Die Verschwörer arbeiteten energisch an dem Fortbestand ihres Werkes, indem sie Nachfolger für die Naziführung aussuchten und ausbildeten und aktive Nazis als einfache Mitglieder für die NSDAP und ihre Gliederungen, einschließlich der hier als verbrecherische Organisationen angeklagten SA und SS, aussuchten, ausbildeten und zu gewinnen trachteten.
Eine Reihe von der Parteikanzlei erlassener Befehle unter der Überschrift »Nachwuchsfragen« zeigen die überragende Rolle, die Schirach und seine Hitlerjugend auf diesem Gebiet spielten. Unser Dokument 3348-PS, eine Auslese aus Band I der »Verfügungen, Anordnungen, Bekanntgaben« der Parteikanzlei, das bereits als Beweisstück US-410 vorgelegt wurde, enthält einige der Befehle, die ich jetzt nicht verlesen will. Sie sind jedoch alle auf einer Seite, Seite 113 des Dokumentenbuchs, abgedruckt.
Nur solche Mitglieder der Hitlerjugend, die sich bewährt hatten, sollten in die Partei aufgenommen werden. Nazi-Führer waren angewiesen, hauptberufliche Hitlerjugendführer in ihre Stäbe aufzunehmen, um ihnen Gelegenheit zur praktischen Erfahrung zu geben und dadurch die notwendigen Nachfolger für das Korps der Politischen Leiter, das ebenfalls als verbrecherische Organisation angeklagt ist, sicherzustellen. Wie außerordentlich wichtig diese Aufgaben der Hitlerjugend für die Beherrschung des deutschen Lebens durch die Partei waren, ist ebenfalls ersichtlich aus Seite 80 und 81 des Parteiorganisationsbuchs von 1938, Beweisstück US-430, Seite 74 des Dokumentenbuchs.
VORSITZENDER: Bezieht sich diese letzte Seite, Seite 113, auf einen der Punkte, auf die ich Sie aufmerksam gemacht habe? Sie sprechen nur von der Organisation der Jugend; das hat mit irgendwelchen verbrecherischen Zielen nichts zu tun.
HAUPTMANN SPRECHER: Die Anklagebehörde steht unbedingt auf dem Standpunkt, Herr Vorsitzender, daß jemand, der aktiv mitgewirkt hat, diesen verbrecherischen Organisationen junge Mitglieder zuzuführen, ein Verbrechen begangen hat.
VORSITZENDER: Das verstehe ich vollkommen. Aus diesem Grunde habe ich Ihnen gesagt, daß wir nach Ihren bisherigen Ausführungen davon überzeugt sind, daß er sich die uneingeschränkte Herrschaft über die deutsche Jugend verschafft hatte und ihr Führer war. Das einzige, worüber wir jetzt etwas hören wollen, ist, ob er an den Plänen für Angriffskriege, an Kriegsverbrechen oder an Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt war. Das wollen wir hören und sonst nichts.
HAUPTMANN SPRECHER: Ich möchte dann zu der Verbindung der Hitlerjugend mit der SS übergehen. Dokument 2396-PS, Seite 69 des Dokumentenbuchs, das als Beweisstück US-673 vorliegt, enthält eine Ausführung über den Streifendienst der Hitlerjugend. Der Streifendienst ist eine Art eigener Polizeiorganisation der Hitlerjugend. Die Stelle, die ich verlesen möchte, wird zeigen, daß diese Organisation in erster Linie den Nachwuchs für die SS stellte.
Sind die Herren Richter daran interessiert, daß ich diesen Auszug über die Hitlerjugend als Hauptquelle für den Nachwuchs der SS verlese?
VORSITZENDER: Ja vielleicht, ich habe es nicht gelesen.
HAUPTMANN SPRECHER: Dieses Dokument ist ein Abkommen zwischen Schirach und Himmler. Es wurde im Oktober 1938 abgeschlossen und sollte, glaube ich, zum Teil verlesen werden.
»Aufbau des Streifendienstes.
1. Da der Streifendienst in der Hitlerjugend ähnliche Aufgaben durchzuführen hat wie die SS für die gesamte Bewegung, wird er als Sondereinheit zur Sicherstellung des Nachwuchses für die allgemeine SS aufgebaut, doch soll auch möglichst der Nachwuchs für die SS-Verfügungstruppe, SS-Totenkopfverbände und Junkerschulen aus diesen Formationen genommen werden.«
Ich springe jetzt zu Absatz 4a über, der in Ihrem Buch rot unterstrichen ist:
»Die Auswahl der Streifendienstangehörigen geschieht nach den Grundsätzen für die rassische Auswahl der Schutzstaffel; die zuständigen Stellen der Schutzstaffel, in erster Linie Einheitsführer, Rassereferenten und SS-Ärzte werden zu der Aufnahmeuntersuchung zugezogen.«
Und nun Absatz 5:
»Um von vornherein ein enges Einvernehmen zwischen der Reichsjugendführung und der Reichsführung-SS zu gewährleisten, wird ab 1. Oktober 1938 von der Reichsjugendführung ein Verbindungsführer ins SS-Hauptamt abgestellt, Die Abstellung weiterer Führer zu den SS- Oberabschnitten unterliegt einer späteren Vereinbarung.«
Dann komme ich zu dem meiner Meinung nach schlagendsten Zitat, Absatz 6:
»Nach durchgeführtem Aufbau nimmt die Schutzstaffel ihren Ersatz in erster Linie aus diesen Streifendienstgefolgschaften. Eine Aufnahme von Jugendlichen deutschen Blutes, die nicht Mitglieder der Hitlerjugend sind, ist dann nur noch nach Mitteilung und Anhören des zuständigen Bannführers möglich.«
Der erwähnte Bannführer war der örtliche Führer der Hitlerjugend; ohne seine Zustimmung konnte nach Abschluß dieses Abkommens vom Oktober 1938 künftig niemand mehr in die SS eintreten.
Das zweite Abkommen zwischen Schirach und Himmler kam im Dezember 1938 zustande. Es befindet sich in unserem Dokumentenbuch Seite 98; es ist Dokument 2567-PS und wird als US-674 vorgelegt. Darin heißt es, der Landdienst der Hitlerjugend
»ist nach Erziehungsarbeit und Zielsetzung ganz besonders als Nachwuchsorganisation für die Schutzstaffel (allgemeine SS und ihre unter den Waffen stehenden Teile; SS-Verfügungstruppen und SS-Totenkopfstandarten) geeignet.«
Das Abkommen schließt mit der Erklärung, daß Landdienstangehörige der Hitlerjugend, die den Aufnahmebestimmungen der SS genügen, nach Ausscheiden aus dem Hitlerjugend-Landdienst sofort in die allgemeine SS übernommen werden. Dies bedeutete, wie ich besonders herausstellen möchte, daß nach diesem Zeitpunkt jedes Mitglied der Hitlerjugend, das dem Landdienst angehört hatte, verpflichtet war, in die SS einzutreten.
Und nun komme ich unmittelbar zu dem Punkt, über den Sie, Herr Vorsitzender, mich befragten.
Während der ganzen sechs Jahre nationalsozialistischer politischer Herrschaft in Deutschland vor dem Ausbruch des Angriffskrieges befaßte sich Schirach aktiv mit der Militarisierung der deutschen Jugend. Von Anfang an war die Hitlerjugend nach militärischen Gesichtspunkten mit Uniformen, Rangstufen und Titeln aufgebaut. Sie war organisiert und nach dem Führerprinzip in militärischer Form geführt.
Wenn die Herren Richter irgendeine Ausgabe des Organisationsbuchs zur Hand nehmen und die Tafeln, beginnend mit der Tafel 54, Blatt für Blatt durchsehen würden, so werden sie finden, welche auffälligen Abzeichen die Hitlerjugend trug, und wie ähnlich diese den regulären Militärabzeichen waren. Sie werden weiter bemerken, daß eins der Hauptabzeichen ein »S« von derselben Linienführung ist, wie es die Nazis für die SS verwendeten. Sie werden auch feststellen, daß zu der Uniform ein Dolch gehörte.
VORSITZENDER: Ist das nicht alles ein Teil dessen, was diese Leute die Nazi-Weltanschauung zu nennen beliebten? Ich meine, das Führerprinzip und die militärische Ausbildung?
HAUPTMANN SPRECHER: Es besteht vielleicht ein Zusammenhang zwischen all diesen Dingen und dem Führerprinzip, weil das Führerprinzip das gesamte deutsche Leben absolut beherrschte. Wenn ich Ihnen, meine Herren Richter, an Hand dieses Anschauungsmaterials die Ähnlichkeit der Uniform der Hitlerjugend mit militärischen Umformen aufzeige, so hat dies meines Erachtens einiges mit der Vorbereitung von Angriffskriegen zu tun, die ich sofort noch weiter erörtern werde.
Dokument 2654-PS, Seite 102 des Dokumentenbuchs, ist ein ganzes Buch, das sich ausschließlich mit dem Aufbau und den Abzeichen der Hitlerjugend befaßt. Der Gerichtshof wird daraus ersehen, wie die Hitlerjugend in Abteilungen oder Divisionen eingeteilt war, die militärischen Divisionen sehr ähnlich waren. Dieses Dokument wird als Beweisstück US- 675 vorgelegt. Ich will mich nicht weiter mit ihm beschäftigen.
Im Februar 1938, als die Verschwörer die Tarnung, mit der sie ihre anfänglichen Kriegsvorbereitungen auf militärischem Gebiet umgeben hatten, schon teilweise hatten fallen lassen, sprach Hitler in einer Rede über die militärische Ausbildung der Hitlerjugend; die Rede ist im »Völkischen Beobachter« vom 21. Februar 1938 abgedruckt. Dies ist Dokument 2454-PS, US-676, und befindet sich auf Seite 97 des Dokumentenbuchs.
Hitler sagte bei dieser Gelegenheit, daß Tausende deutscher Jungen eine Spezialausbildung in Marine-, Segelflug- und Motorgruppen der Hitlerjugend erhalten hätten, und daß über siebentausend Schießwarte über eine Million Hitlerjungen im Kleinkaliberschießen unterwiesen hätten. Dies war im Februar 1938, kurz vor dem Anschluß. Achten Sie bitte auf den Fortschritt der militärischen Ausbildung innerhalb der Hitlerjugend zwischen diesem Zeitpunkt und August 1939, gerade einen Monat vor dem Einmarsch in Polen.
Zu dieser Zeit trafen der Angeklagte Schirach und der Angeklagte Keitel als Chef des Oberkommandos eine weitere jener kennzeichnenden Vereinbarungen, wie sie viele dieser Angeklagten gern unter sich abschlossen. Dies ist Dokument 2398-PS, US-677, Seite 72 des Dokumentenbuchs; es ist dem »Archiv« entnommen. In dem Vorwort zu dem eigentlichen Abkommen wird erklärt, daß dieses Abkommen »das Ergebnis der engen Zusammenarbeit« zwischen Schirach und Keitel war. Das Abkommen selbst lautet auszugsweise wie folgt:
»Während es ausschließlich Aufgabe der HJ ist, die Durchbildung ihrer Einheiten in dieser Richtung auszuführen, ist es im Sinne einer einheitlichen und einer den Erfordernissen der Wehrmacht entsprechenden Ausbildungsform zweckmäßig, die Führerschaft der HJ durch besondere Lehrgänge für ihre verantwortliche Tätigkeit als Ausbilder und Erzieher auf allen Gebieten der Wehrertüchtigung zu unterstützen.«
Und dann ziemlich am Ende werden Sie folgende Stelle in dem Abkommen finden:
»Eine große Anzahl von Lehrgängen ist im Gange.«
Herr Vorsitzender, wenn Sie mir nur noch fünf Minuten Zeit lassen, so kann ich diesen einen Teil des Themas ›Angriffskrieg‹ abschließen.
VORSITZENDER: Sehr gut.
HAUPTMANN SPRECHER: Während Hitler im Februar 1938 erwähnte, daß 7000 Hitlerjugendführer deutsche Jungens im Kleinkaliberschießen unterwiesen, stellten Schirach und Keitel in ihrem Abkommen vom August 1939 folgendes fest;
»... 30000 HJ-Führer werden jährlich bereits im Geländedienst ausgebildet. Die Vereinbarung mit der Wehrmacht gibt die Möglichkeit, diese Zahl etwa zu verdoppeln. Die Unterbringung und Verpflegung der HJ-Führer geschieht nach den bereits vorliegenden Ausführungsbestimmungen in den Kasernen, Übungsplätzen usw. der Wehrmacht zu einem Tagessatz von 25 Pfennig.«
Genau so, wie Schirach mit dem Chef der SS verhandelte, um eifrige Rekruten für das organisierte Banditentum und die Begehung von Greueltaten zu gewinnen, so traf er mit dem Oberkommando der Wehrmacht Vereinbarungen über die Bereitstellung von jungen Männern als Kanonenfutter für den Angriffskrieg.
Die Ausbildung der deutschen Jugend läuft wie ein roter Faden durch die ganze Nazi-Verschwörung. Sie ist eine der Offenbarungen des Nazismus, die die ganze zivilisierte Welt erschüttert hat. Die Hauptverantwortlichkeit für die Planung und Ausführung der Nazi-Jugendpolitik fällt auf diesen Angeklagten.
Ich möchte nur einen Satz aus seiner eigenen eidesstattlichen Erklärung zitieren, Absatz 5 des Dokuments 3302-PS; damit wird in der Tat weder vor diesem Gerichtshof noch vor der ganzen Welt ein Zweifel bestehen, wie der Angeklagte selbst über seine Verantwortlichkeit denkt:
»Für die Politik der Jugendbewegung in der Partei und später im Reichsgebiet fühle ich mich verantwortlich.«
Ich unterstreiche den Satz:
»Ich fühle mich verantwortlich.«
Ich glaube, Herr Vorsitzender, daß wir hier abbrechen sollten, bevor wir zu Schirachs Teilnahme an den Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit kommen.
VORSITZENDER: Sehr gut.