[Pause von 10 Minuten.]
M. GERTHOFFER: Ich werde im Verlauf meiner jedes Land im einzelnen betreffenden Darlegungen auf die Schwarzmarktgeschäfte zurückkommen, um ihren Umfang aufzuzeigen. Ich glaube jedoch, daß bereits jetzt, sowohl nach dem Veltjens-Bericht wie auch nach den dem Gerichtshof verlesenen Stellen aus dem Bericht der französischen Wirtschaftskontrolle feststeht, daß der schwarze Markt von den Führern des Reiches, vor allem von dem Angeklagten Göring, organisiert worden ist.
Um die allgemeinen Betrachtungen über die wirtschaftliche Ausplünderung abzuschließen, bitte ich den Gerichtshof, um die Erlaubnis, einige Erklärungen vom juristischen Standpunkt aus geben zu dürfen, und dies wird den Gegenstand des fünften Kapitels dieses ersten Teiles bilden.
Vom rechtlichen Standpunkt aus kann nicht bestritten werden, daß die organisierte Ausplünderung der besetzten Länder durch Deutschland nach dem internationalen Haager Abkommen verboten ist. Dieses Abkommen ist von Deutschland unterzeichnet und von ihm vorsätzlich verletzt worden, obwohl seine Führer nie vergaßen, sich immer dann auf die Konvention zu berufen, wenn sie daraus irgendeinen Vorteil ziehen konnten.
Der dritte Abschnitt des Haager Abkommens trägt den Titel »Militärische Gewalt auf besetztem feindlichem Gebiet« und regelt die wirtschaftlichen Fragen. Diese Bestimmungen sind sehr klar und geben für keine Erörterung Raum.
Der Gerichtshof wird mir erlauben, sie zu verlesen und dadurch in die Erinnerung zurückzurufen. Der dritte Abschnitt der Haager Konvention, die ich im Dokumentenbuch als RF-114 einführe, trägt den Titel »Militärische Gewalt auf besetztem feindlichem Gebiet«.
Artikel 42:
»Ein Gebiet gilt als besetzt, wenn es sich tatsächlich in der Gewalt des feindlichen Heeres befindet.
Die Besetzung erstreckt sich nur auf die Gebiete, wo diese Gewalt hergestellt ist und ausgeübt werden kann.«
Artikel 43:
»Nachdem die gesetzmäßige Gewalt tatsächlich in die Hände des Besetzenden übergegangen ist...«
VORSITZENDER: Ich glaube, wir können diese Artikel des Abkommens als erwiesen betrachten.
M. GERTHOFFER: Da dem Gerichtshof das Abkommen bekannt ist, werde ich den Text nicht weiter verlesen und mich auf einige rechtliche Betrachtungen beschränken:
Aus dem Text des Haager Abkommens geht deutlich hervor, daß die Deutschen in den besetzten Gebieten nur solche Dinge beschlagnahmen durften, die für den Unterhalt der für die Besetzung unbedingt notwendigen Truppen erforderlich waren.
Alles, was über diese Grenze hinaus beschlagnahmt wurde, geschah unter Verletzung der dem Gerichtshof bekannten Bestimmungen, und deshalb stellten derartige Handlungen reine Plünderungen dar.
Die Verteidigung wird vielleicht einwenden, daß alle diese Vorschriften außer acht gelassen werden mußten, weil sich Deutschland als Ziel gesetzt hatte, den Krieg gegen England, die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten fortzusetzen. Die Verteidigung wird vielleicht behaupten, daß sich Deutschland auf Grund dieser Tatsache in einem Notstand befunden habe, der mit den Bestimmungen der Haager Konvention nicht im Einklang stand; sie wird versuchen, den Artikel 23g auszulegen, der selbst die Zerstörung und Wegnahme von Privateigentum gestattet.
Ich werde im folgenden darauf antworten, daß diese Bestimmung keine Regeln enthält, die sich auf das Verhalten der Besatzungsmacht in Feindesland beziehen, diese Regeln befinden sich, wie ich noch einmal wiederhole, in den Artikeln 42 bis 56, sondern auf die Haltung, die die Kriegführenden während der tatsächlichen Kampfhandlungen beobachten müssen.
Das Wort »saisir« in dem Ausdruck »Wegnahme feindlichen Eigentums außer in den Fällen, wo diese... Wegnahme durch die Erfordernisse des Krieges dringend erheischt wird« bedeutet – und bezüglich der Übersetzung kann es hierüber keine Meinungsverschiedenheit geben, da im vorliegenden Falle der französische Text maßgebend ist –, das Wort »Wegnahme«, sage ich, bedeutet nicht, sich eine Sache anzueignen, sondern sie unter den Schutz des Gesetzes zu nehmen, um sie ungebraucht in dem Zustand zu belassen, in dem sie sich befindet, und um sie für den wahren Eigentümer oder für denjenigen, der Recht auf sie geltend machen kann, zu erhalten.
Eine solche Wegnahme erlaubt der Militärbehörde, während der Dauer der Kampfhandlungen den Besitzer daran zu hindern, sich der Sache gegen die Truppen zu bedienen, ermächtigt jedoch die Militärbehörde in keinem Fall, sich die Sache anzueignen.
Die Maßnahmen der wirtschaftlichen Ausplünderung stehen vollkommen im Widerspruch zu den Grundsätzen des Völkerrechts und sind im übrigen formell im Artikel 6b des Statuts des Internationalen Militärgerichtshofs vom 8. August 1945 aufgeführt.
Die unaufhörlichen Verletzungen des Haager Abkommens ermöglichten es Deutschland, sich zu bereichern und erlaubten ihm, den Krieg gegen England, gegen die Sowjetunion und gegen die Vereinigten Staaten von Amerika fortzusetzen, während gleichzeitig die überrannten Länder ruiniert und ihre Bevölkerung einem Hungerregime ausgesetzt wurde, das ohne den Sieg der Alliierten infolge der körperlichen Schwächung zu ihrer langsamen Ausrottung geführt hätte.
Diese unmenschliche Handlungsweise stellt daher zweifellos Kriegsverbrechen dar, die zur Zuständigkeit des Internationalen Militärgerichtshofs gehören, soweit die leitenden Persönlichkeiten des Reiches in Betracht kommen.
Bevor ich diese kurzen Darlegungen über die juristische Seite beende, wird der Gerichtshof mir erlauben, im voraus ein Argument zu widerlegen, das zweifellos von der Verteidigung wegen der wirtschaftlichen Ausplünderung gebracht werden wird. Man wird behaupten, daß die Rechtsprechungsbefugnis dieses Hohen Gerichtshofs nicht bestünde, daß das Internationale Strafgesetz noch nirgendwo schriftlich niedergelegt gewesen wäre, als die Angeklagten die ihnen zur Last gelegten Taten begingen, und daß sie demgemäß wegen des Grundsatzes des Verbots der Rückwirkung der Strafgesetze zu keiner wie auch immer gearteten Strafe verurteilt werden könnten.
Warum, Hoher Gerichtshof, ist dieser Grundsatz in alle modernen Rechtsordnungen aufgenommen worden? Dies geschah unbestreitbar deshalb, damit derjenige, der sich bewußt war, keinerlei rechtliche Bestimmungen gebrochen zu haben, für die unter solchen Umständen begangenen Taten nicht bestraft werden konnte.
Zum Beispiel: Jemand stellt einen Scheck ohne Deckung aus, bevor die Gesetzgebung seines Landes eine solche Tat unter Strafe gestellt hat. Der Fall aber, der Ihnen vorliegt, ist völlig anders geartet: Die Angeklagten können nicht behaupten, daß sie sich eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung nicht bewußt waren; sie befanden sich vor allem im Widerspruch zu den internationalen Vereinbarungen, der Haager Konvention von 1907 und dem Briand-Kellog-Pakt vom 27. August 1928.
Sie befanden sich weiterhin im Widerspruch zu den Strafrechtsordnungen der überfallenen Länder.
Als was erscheint in diesen Gesetzgebungen die wirtschaftliche Ausplünderung?
Diebstahl, Betrug, Erpressung und, wie ich hinzufüge, sogar Mord, da die Deutschen, um ihre Ziele zu erreichen, vorsätzlich zahlreiche Morde verübten, die es ihnen erlaubten, die Bevölkerung einzuschüchtern, um sie alsdann besser ausbeuten zu können.
Vom Standpunkt des Landesrechts fallen diese Handlungen vor allem unter die Artikel 295 ff des französischen Strafgesetzbuchs und besonders unter Artikel 303, der bestimmt, daß des Mordes schuldig sind alle Täter, ohne Rücksicht auf ihre sonstige Bezeichnung, die zur Ausführung ihrer Verbrechen Marterungen anwenden oder barbarische Handlungen begehen. Ich füge hinzu, daß die Angeklagten sich sogar der Verletzung des deutschen Strafgesetzbuchs schuldig gemacht haben, vor allem der Artikel 243 ff des deutschen Strafgesetzbuchs.
Die Verteidiger werden sodann geltend machen, daß gewisse leitende Persönlichkeiten in den besetzten Gebieten sich über die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Reichsregierung geeinigt hätten, und daß man deshalb der Reichsregierung keine Tatbestände vorwerfen könne, die sich aus diesen Vereinbarungen ergeben hätten. Eine solche Beweisführung muß zurückgewiesen werden.
1. So wie in allen überfallenen Ländern die Patrioten mit mehr oder weniger Mut den Eindringlingen Widerstand geleistet haben, so ist es auch gewiß, daß einige aus Weichheit, Furcht oder Gewinnsucht ihr Vaterland verraten haben. Sie sind verurteilt worden oder werden verurteilt werden. Dieses Verbrechen jedoch, das von einigen verübt wurde, kann keinen strafbefreienden oder strafmildernden Umstand zugunsten der Angeklagten bilden, und dies um so weniger, als gerade die Letzten diese Verräter in die leitenden Stellungen in den besetzten Gebieten eingesetzt hatten. Die Tatsache, daß die Angeklagten die Menschen dahin gebracht haben, ihr Vaterland zu verraten, vergrößert nur die schwere Schuld, die auf den Angeklagten lastet.
2. Die sogenannten Vereinbarungen sind alle unter Druck und Drohungen zustande gekommen, und die abgeschlossenen Verträge lassen erkennen, daß sie ausschließlich zum Vorteil Deutschlands waren, das tatsächlich keinerlei oder nur illusorische Gegenleistungen dafür erbrachte. Sehr häufig geht die Verletzung bereits aus der Lektüre dieser Verträge hervor, wie ich die Ehre haben werde, bei der Prüfung gewisser Einzelfälle zu beweisen.
Mit diesen Erklärungen beende ich meine allgemeinen Betrachtungen über die wirtschaftliche Ausplünderung. Wenn es dem Gerichtshof genehm ist, dann können wir nunmehr den besonderen Fall Dänemark behandeln.
Als die Deutschen, entgegen allen Vorschriften des Völkerrechts und im Widerspruch zu ihren eingegangenen Verpflichtungen, in Dänemark einfielen, hatten sie noch die Gewißheit, daß sie alsbald Westeuropa beherrschen würden.
Zu Anfang glaubten sie grundsätzlich, daß sie aus diesem Lande nichts fortführen würden. Nach ihren Erfolgen im Mai 1940 änderte sich jedoch ihre Einstellung, und sie behandelten Dänemark tatsächlich ungefähr wie die anderen besetzten Länder. Sie versuchten jedoch, einen reinen und einfachen Anschluß zu erreichen und ergriffen Gewaltmaßnahmen gegen die Bevölkerung erst im Laufe des Jahres 1942, als sie sich darüber klar wurden, daß sie diese nicht für sich gewinnen konnten.
Auf der wirtschaftlichen Ebene bemühten sie sich, zur Sicherung ihrer Vorherrschaft den größten Teil der dänischen Geldmittel zu ihrer Verfügung zu erhalten und wandten zu diesem Zweck die beiden Verfahren an, denen sie sich vorwiegend auch in den anderen Ländern bedienten:
1. Auferlegung eines erheblichen Kriegsbeitrags unter dem Vorwand der Unterhaltung ihrer Besatzungsarmee.
2. Durchführung der sogenannten Clearingvereinbarungen, die sich zum fast ausschließlichen Vorteil der Deutschen auswirkten.
Diese beiden Verfahren werden im ersten Kapitel dieser Darstellung behandelt werden.
Artikel 49 des Haager Abkommens bestimmt, daß, falls die Besatzungsmacht Abgaben in Geld erhebt, dieses lediglich für die Bedürfnisse der Besatzungsarmee oder der Verwaltung des Gebiets geschehen darf.
Der Besetzende kann daher eine Abgabe für den Unterhalt seines Heeres erheben, jedoch darf diese Abgabe den unbedingt notwendigen Effektivbestand nicht überschreiten. Andererseits können unter den Bedürfnissen des Besatzungsheeres nicht die Kosten für Bewaffnung und Ausrüstung, sondern nur die Kosten für Unterbringung, Verpflegung und Besoldung verstanden werden. Ich spreche von normalen Kosten, was Luxusausgaben ausschließt.
Artikel 52 ermächtigt die Besatzungsmacht, für die Bedürfnisse ihres Heeres von den Gemeinden oder Einwohnern Natural- und Dienstleistungen zu fordern, unter der Bedingung, daß sie im Verhältnis zu den Hilfsquellen des Landes stehen und von solcher Art sind, daß sie der Bevölkerung nicht die Verpflichtung auferlegen, an Kriegsunternehmungen gegen ihr Vaterland teilzunehmen.
Derselbe Artikel 52 bestimmt, daß die Naturalleistungen so viel wie möglich bar zu bezahlen sind, andernfalls müssen Empfangsbestätigungen ausgestellt werden. Weiterhin soll die Zahlung der geschuldeten Summen so bald wie möglich bewirkt werden. Mit anderen Worten: Das Haager Abkommen gestattet der Besatzungsarmee, in den besetzten Ländern das zu erheben, was zum Unterhalt ihrer Truppen erforderlich ist, jedoch unter zwei einschränkenden Bedingungen, abgesehen von den Gelderhebungen:
1. Daß die Abgaben und Dienstleistungen im Verhältnis zu den Hilfsquellen des Landes stehen, das heißt, daß den Einwohnern mindestens so viel belassen bleiben muß, daß sie leben können;
2. daß die Abgaben so bald wie möglich zu bezahlen sind. Es handelt sich dabei nicht um eine Scheinzahlung aus erpreßten Mitteln des Landes, sondern um eine tatsächliche Bezahlung, was die Leistung tatsächlicher Gegenlieferungen einschließt.
Artikel 53 des Haager Abkommens, durch den der Besatzungsmacht gestattet wird, alles zu beschlagnahmen, was gegen sie Verwendung finden könnte, insbesondere das bare Geld, die Wertbestände des Staates sowie die dem Staat zustehenden eintreibbaren Forderungen, erlaubt nicht ihre Aneignung durch die Besatzungsmacht.
Nach den von der Dänischen Regierung erteilten Auskünften haben die Deutschen bei ihrem Einmarsch erklärt, daß sie keinerlei Lieferungen von dem Lande fordern würden, sondern daß die Deutsche Wehrmacht durch Nachschub aus dem Reich versorgt werden würde.
Statt jedoch dänische Kronen zu kaufen, um ihren Truppen die Bezahlung ihrer Ausgaben in Dänemark zu ermöglichen, erzwangen sie am 9. Mai 1940 den Umlauf von Reichskreditkassenscheinen, was aus Nummer 26 des VOBIF hervorgeht, das ich bereits als RF-93 vorgelegt habe.
Auf den Einspruch der Dänischen Nationalbank gegen die Ausgabe von fremdem Papiergeld zogen die Deutschen diese Scheine aus dem Verkehr zurück, verlangten jedoch die Eröffnung eines Kontos bei der Nationalbank, von dem sie sich verpflichteten, nur die für den Unterhalt ihrer Armee in Dänemark unbedingt notwendigen Summen abzuheben.
Aber die Deutschen zögerten nicht, ihre Verpflichtungen zu mißachten und entnahmen diesem Konto trotz der dänischen Proteste Summen, die bei weitem die Bedürfnisse ihrer Besatzungsarmee überstiegen.
Nach den Berichten der Dänischen Regierung hoben die Deutschen im Monat durchschnittlich ab:
43 Millionen Kronen im Jahre 1940,
37 Millionen Kronen im Jahre 1941,
39 Millionen Kronen im Jahre 1942,
83 Millionen Kronen im Jahre 1943,
157 Millionen Kronen im Jahre 1944,
187 Millionen Kronen im Jahre 1945.
Die Gesamtsumme der Abhebungen beläuft sich nach Angaben der Dänischen Regierung auf 4.830.000.000 Kronen.
Ich unterbreite als RF-115 den darauf bezüglichen Finanzbericht der Dänischen Regierung, auf den ich mich im Verlauf meiner Darlegungen beziehen werde.
Die Angaben der Dänischen Regierung werden durch ein deutsches Dokument bekräftigt, das die Armee der Vereinigten Staaten aufgefunden hat. Es handelt sich um Dokument EC-86, Seite 11, das ich dem Gerichtshof als RF-116 vorlege.
Es handelt sich um einen vom Arbeitsstab Ausland verfaßten Geheimbericht vom 10. Oktober 1944 über die finanziellen Leistungen der besetzten Gebiete. Auf Seite 11 heißt es wörtlich:
»Dänemark gilt nicht als besetztes Gebiet und zahlt dementsprechend auch keine Besatzungskosten. Die von den deutschen Truppen benötigten Mittel werden der Hauptverwaltung der Reichskreditkassen von der dänischen Zentralbank auf dem Kreditwege zur Verfügung gestellt. Jedenfalls für die Dauer des Krieges ist also eine einheitliche Leistung Dänemarks gewährleistet.«
Alsdann gibt der Verfasser des Berichts die Abhebungen für Besatzungskosten bis 31. März 1944 in Millionen Kronen an:
1940/41: 531 Millionen Kronen,
1941/42: 437 Millionen Kronen,
1942/43: 612 Millionen Kronen,
1943/44: 1391 Millionen Kronen.
Dies ergibt für den Zeitabschnitt bis zum 31. März 1944 Abhebungen im Gesamtbetrag von 2.971.000.000 Kronen, was den Angaben der Dänischen Regierung für einen ungefähr gleichen Zeitraum entspricht, nämlich 2.723.000.000 Kronen.
Der gleiche deutsche Bericht läßt erkennen, daß der Kurs der Mark im Verhältnis zum Kurs der Krone von den Deutschen amtlich auf 47,7 und sodann auf 53,1 Mark für 100 Kronen festgesetzt wurde.
Obgleich die Deutschen entgegen jedem Beweis behaupteten, daß Dänemark kein besetztes Gebiet wäre, haben sie dort eine Summe von insgesamt 4.830.000.000 Kronen abgehoben, eine Summe, die im Verhältnis zur Einwohnerzahl und im Verhältnis zu den Hilfsquellen des Landes ungeheuer ist. In Wirklichkeit handelte es sich um einen Kriegsbeitrag, den Deutschland Dänemark unter dem Vorwand der Beschaffung von Zahlungsmitteln für seine Armee auferlegt hat.
Der Unterhalt der für die Besetzung Dänemarks notwendigen Armee machte derartig beträchtliche Ausgaben nicht notwendig. Es ist offenbar, daß die Deutschen, ebenso wie in anderen Ländern, den größten Teil dieser von Dänemark erpreßten Gelder für ihren Kriegseinsatz verwandt haben.
Im Jahre 1931 sah sich Deutschland finanziellen Schwierigkeiten gegenüber, die ihm zum Vorwand dienten, ein allgemeines Moratorium aller seiner auswärtigen Verpflichtungen zu erklären.
Um jedoch in einem gewissen Umfang seine Handelsbeziehungen mit dem Ausland fortsetzen zu können, hatte Deutschland mit den meisten anderen Nationen Vereinbarungen getroffen, die ihm die Regulierung seiner kommerziellen und teilweise auch gewisser Finanzschulden auf der Grundlage eines als »Clearing« bezeichneten Kompensationssystems erlaubten.
Von Beginn der Besetzung an, dem 9. April 1940, und während ihrer gesamten Dauer machten die dänischen Behörden vergeblich alle Anstrengungen, um der deutschen Aktion auf diesem Gebiet entgegenzuarbeiten.
Unter dem Druck der Besatzungsmacht konnte Dänemark jedoch nicht verhindern, daß seine Gläubigerkonten im Clearing auf Grund der ohne Gegenleistung erfolgenden deutschen Aufkäufe immer größer wurden.
Nach Angabe der Dänischen Regierung entwickelten sich die Kreditsalden nach den folgenden Bedingungen:
31. Dezember 1940: 388.800.000 Kronen,
31. Dezember 1941: 784.400.000 Kronen,
31. Dezember 1942: 1.062.200.000 Kronen,
31. Dezember 1943: 1.915.800.000 Kronen,
31. Dezember 1944: 2.694.600.000 Kronen,
30. April 1945: 2.900.000.000 Kronen.
Diese Zahlen werden durch diejenigen des erwähnten deutschen Berichts bekräftigt, den ich soeben als RF-116 vorgelegt habe, und demzufolge die Deutschen sich bis zum 31. März 1944 durch das Clearing Zahlungsmittel im Gesamtbetrag von 2.243.000.000 Kronen verschafft hatten.
Es ist bisher noch nicht möglich gewesen festzustellen, welchen Gebrauch die Besatzungsmacht von diesen auf betrügerische Weise zum Nachteil Dänemarks erlangten 7.730.000.000 Kronen gemacht hat, die sie sich mit Hilfe der Besatzungsentschädigung und des Clearing verschafft hat.
Die bis heute eingezogenen Auskünfte erlauben es nicht, den Umfang der deutschen Machenschaften auf dem schwarzen Markt zu schätzen. Immerhin gibt der Verfasser des vorerwähnten Berichts vom 10. Oktober 1944 folgenden Hinweis; ich zitiere:
»Eine Schätzung der auf den schwarzen Markt gehenden Summen muß unterbleiben. Zwar darf angenommen werden, daß die Wehrmachtsangehörigen auch in Dänemark Butter und andere Produkte zu gestiegenen Preisen kaufen; es ist aber unmöglich, diese Beträge auch nur annähernd zu erfassen, denn der schwarze Markt erscheint weniger ausgedehnt und weniger zusammenhän gend zu sein als in den besetzten Westgebieten und mehr der Struktur des deutschen schwarzen Marktes mit seiner uneinheitlichen Preislage zu ähneln. Allerdings dürften die dänischen Schwarzmarktpreise in der Regel weit unter den deutschen liegen. Man kann also nicht von einem durchschnittlichen Überteuerungsfaktor sprechen wie etwa in Frankreich, Belgien und Holland.«
Soweit das Zitat.
Festzuhalten ist jedenfalls hieraus, daß die Deutschen und besonders die Angehörigen der Wehrmacht Geschäfte auf dem schwarzen Markt machten, und daß ihre Regulierung mit Hilfe von Mitteln erfolgte, die von Dänemark erpreßt worden sind.
Was die scheinbar ordnungsmäßigen Erwerbungen angeht, so fehlen in gleicher Weise Erhebungen, um genaue Angaben machen zu können. Nach einem Geheimbericht vom 15. Oktober 1944, der von dem deutschen Wehrwirtschaftsoffizier in Dänemark an seine vorgesetzte Dienststelle in Frankfurt an der Oder gerichtet ist, und der von der Armee der Vereinigten Staaten aufgefunden wurde und als RF-117 eingeführt wird, wurden die folgenden Waren durch seine Dienststellen fortgeführt:
Von Januar bis Juli 1943: 30000 Tonnen Torf,
im Monat Mai 1944: 6000 cbm Holz.
Der Verfasser fügte hinzu: »Man versucht, diese Produktion auf 10000 cbm pro Monat zu erhöhen.«
Im September 1944: 5785 cbm Schnittholz,
1110 m Rundholz,
1050 qm Sperrholz,
119 Tonnen Farbe für Schiffe und Spezialhölzer für die Marine.
Es handelt sich, meine Herren Richter, um die für eine deutsche Einheit während einer kurzen Zeitspanne in Anspruch genommenen Leistungen.
Dänemark mußte erhebliche Mengen Zement liefern, wohingegen Deutschland im Austausch die für diese Fabrikation notwendige Kohle lieferte.
Nach dem soeben zitierten Bericht sind von den Deutschen im August 1944 in Dänemark für mehr als 8.312.278 Kronen Lebensmittel eingekauft worden.
Diese Ziffern sind übrigens niedriger als die wirklichen Summen. Nach den letzten Angaben der Dänischen Regierung belief sich die Beschlagnahme landwirtschaftlicher Produkte allein auf etwa 70 Millionen Kronen monatlich, was für die sechzig Monate der Besatzungszeit Leistungen von ungefähr 4.200.000.000 Kronen ausmacht.
Abgesehen von den Dingen, die die Deutschen mit Hilfe von Kronen erwerben konnten, die von ihnen unter dem Vorwand des Unterhalts ihrer Truppen erhoben wurden oder ihnen auf Clearing-Konto zur Verfügung standen, haben sie sich große Mengen von Sachen beschafft, ohne daß selbst eine scheinbar ordnungsmäßige Regulierung stattgefunden hätte.
So haben sie sich Dinge der dänischen Armee und Marine, Lastwagen, Pferde, Transportmittel, Möbel, Kleidungsstücke angeeignet, deren Wert bis heute noch nicht geschätzt werden konnte, und der sich wahrscheinlich auf 850.000.000 Kronen belaufen dürfte.
Viel Erhebungen und heimliche oder andere Ankäufe konnten noch nicht genau geschätzt werden. Der Bericht, der als RF-115 vorgelegt worden ist, enthält eine seitens der Dänischen Regierung gemachte ungefähre und vorläufige Schätzung des Schadens, den Dänemark erlitten hat, sowie eine Schätzung der deutschen Plünderungen, die sich auf 11.600.000.000 Kronen beläuft. Die bis heute gesammelten Unterlagen erlauben keine näheren Angaben über Dänemark.
Mit Erlaubnis des Gerichtshofs werde ich nunmehr den besonderen Fall Norwegen behandeln.
Die wirtschaftliche Ausplünderung Norwegens.
Die deutschen Truppen hatten sich kaum in Norwegen eingenistet, als Hitler bereits am 18. April 1940 erklärte, daß er sich zur wirtschaftlichen Ausbeutung dieses Landes entschlossen habe, das aus diesem Grunde als »Feindstaat« betrachtet werden müßte.
Die über die wirtschaftliche Ausplünderung Norwegens gesammelten Unterlagen sind ziemlich summarisch, sind aber dennoch ausreichend, um die deutschen Maßnahmen in diesem Land während der gesamten Dauer der Besetzung beurteilen zu können.
Norwegen wurde einem sehr strengen Rationierungssystem unterworfen. Gleich nach ihrem Einmarsch in dieses Land haben sich die Deutschen bemüht, in Widerspruch zu den elementarsten Grundsätzen des Völkerrechts, aus dem Lande die größtmöglichsten Hilfsmittel zu ziehen.
In einem von der amerikanischen Armee entdeckten Dokument, ECH-34, das ich als RF-118 vorlege, und das aus dem im April 1940 verfaßten Tagebuch des Wehrwirtschaftsstabs Norwegen besteht, findet man Auszüge aus den Weisungen, die sich auf das Verhalten der Wirtschaftsverwaltung in den besetzten Gebieten beziehen. Ich verlese Stellen aus diesem Dokument:
»Rüstungswirtschaftliche Richtlinien:
Die norwegische Industrie ist – soweit sie nicht der unmittelbaren Volksversorgung dient – in ihren wesentlichen Zweigen für die deutsche Rüstungsindustrie von ganz besonderer Bedeutung. Ihre Erzeugung muß deshalb auf dem schnellsten Wege – soweit dies nicht schon bisher der Fall ist – der deutschen Rüstungsindustrie zugeführt werden, weil sie einmal größtenteils aus Vorprodukten besteht, für deren Nutzbarmachung eine gewisse Zeitdauer erforderlich ist, zum anderen Wirtschaftsgüter hervorbringt, die, wie z.B. Aluminium, geeignet sind, die Zeitspanne zu überbrücken, bis eigene im Entstehen begriffene Werke zum Tragen kommen.
Insbesondere kommen hierfür nachstehende Indu striezweige in Betracht:
Bergbaubetriebe zur Förderung von Kupfererz, Zinkerz, Nickelerz, Titaneisenerz, Wolframerz, Molybdänerz, Silbererz, Schwefelkies.
Hüttenbetriebe zur Erzeugung von Tonerde, Aluminium, Kupfer, Zink, Nickel.
Chemische Betriebe zur Erzeugung von Sprengstoffen, synth. Stickstoff, Kalkstickstoff, Superphosphat, Kalziumkarbid, Natriumprodukten.
Werke der Rüstungsindustrie: Werften, Kraftwerke, insbesondere diejenigen Kraftwerke, von deren Stromlieferungen die Werke der oben genannten Industriezweige abhängig sind.
Die Produktionsfähigkeit dieser Industriezweige muß auch während der Dauer der Besetzung in möglichst großem Umfange aufrechterhalten werden. Eine gewisse Hilfestellung aus dem Reich zur Überwindung der durch die Abschnürung der englischen bzw. Überseezufuhren zu erwartenden Produktionshemmnisse wird gelegentlich erforderlich sein.
Von besonderer Wichtigkeit ist die Sicherstellung auf dem Gebiet der Rohstoffindustrien, die zu wesentlichen Teilen auf Überseezufuhren basieren.
Es kann im Augenblick noch offen bleiben, ob zur Ausnutzung der dortigen Tonerde- und Aluminiumhüttenkapazitäten später eine Zufuhr von Bauxit aus deutschen Vorräten in Frage kommt.«
Soweit das Zitat.
Sofort nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Norwegen gab Deutschland Reichskreditkassenscheine aus, die nur in Norwegen im Umlauf waren und im Reich keine Gültigkeit hatten. Dies war, wie auch für die anderen besetzten Gebiete, ein Druckmittel, um finanzielle Vorteile zu erhalten, die angeblich von den brutal unterworfenen Ländern freiwillig zugestanden waren.
Die Deutschen haben sich mit viel Geschick der Zahlungsmittel und des norwegischen Kredits durch die beiden klassisch gewordenen Verfahren bemächtigt, und zwar durch die Auferlegung eines echten Kriegsbeitrags unter dem Vorwand des Unterhalts der Besatzungsarmee und durch das zu ihren Gunsten arbeitende Clearingsystem.
Zu Beginn der Besetzung verfuhren die Deutschen bei ihren Käufen derart, daß sie die Bezahlung mit Hilfe von Reichskreditkassenscheinen vornahmen. Die Norweger, die dieses Papiergeld in Händen hielten, beeilten sich, es bei der Bank von Norwegen einzuwechseln, aber diese konnte ihrerseits von der Reichskreditkasse keine tatsächliche Gegenleistung erhalten.
Im Juli 1940 mußte die Bank von Norwegen 135.000.000 Reichsmark in Form von Reichskreditkassenscheinen annehmen.
Um die Kontrolle über den Geldumlauf nicht zu verlieren, mußte die Bank von Norwegen den Deutschen norwegische Banknoten zur Verfügung stellen. Diese wiederum zogen Schecks auf die Reichskreditkasse, die die Bank von Norwegen zu diskontieren gezwungen war.
Das Schuldkonto des Reiches bei der Bank von Norwegen belief sich infolge der deutschen Abhebungen auf folgende Beträge:
1.450.000.000 Kronen Ende 1940,
3.000.000.000 Kronen Ende 1941,
6.300.000.000 Kronen Ende 1942,
8.700.000.000 Kronen Ende 1943,
11.676.000.000 Kronen im Augenblick der Befreiung des Landes.
Alle Proteste Norwegens blieben angesichts der deutschen Forderungen vergeblich. Die ständige Drohung, daß man aufs neue die Noten der Reichskreditkasse als verbindliche Zahlungsmittel neben der norwegischen Währung in Umlauf setzen würde, zwangen die Finanzbehörden des Landes, das System der sich ohne tatsächliche Gegenleistungen vollziehenden Kontoabhebungen anzunehmen, weil dies weniger gefahrvoll war als die Ausgabe von Papiergeld, über dessen Umlauf die norwegische Verwaltung keinerlei Kontrolle hatte.
Dies ergibt sich vor allem aus einem Geheimschreiben, das General von Falkenhorst, der Oberbefehlshaber in Norwegen, am 17. Juni 1941 an den Reichsstatthalter, Reichsleiter Terboven, gerichtet hat. Eine Abschrift dieses Schreibens ist vor kurzem in Norwegen gefunden worden und wird von mir als Beweisstück RF-119 vorgelegt.
In diesem Dokument schreibt Falkenhorst wörtlich folgendes, nachdem er ausgeführt hatte, daß die Ausgaben der Wehrmacht nicht verringert werden könnten:
»Ich bin aber der Meinung, daß dem Problem auf diese Weise überhaupt nicht beizukommen ist. Es kann hier nur durch eine völlige Abkehrung vom gegenwärtigen Währungssystem geholfen werden, also durch Einführung der Reichswährung. Das gehört aber nicht zu meinem Aufgabengebiet. Ich bedauere daher, Ihnen weitere Abhilfemaßnahmen nicht vorschlagen zu können, obwohl ich mir des Ernstes der Lage, in der Sie sich befinden, voll bewußt bin.«
Soweit das Zitat.
Zu der Summe für den angeblichen Unterhalt des Besatzungsheeres müssen noch 360.000.000 Kronen hinzugezählt werden, die durch das norwegische Schatzamt für die Unterkunft der deutschen Truppen bezahlt wurden. Diese Angaben haben wir aus dem Bericht der Norwegischen Regierung, den ich als Beweisstück RF-120 vorlege.
Von der Summe von ungefähr 12.000.000.000 Kronen, die angeblich für den Unterhalt der Besatzungstruppen abgehoben wurden, ist ein erheblicher Teil für andere Zwecke verwandt worden. Vor allem hat der Besetzende ungefähr 900.000.000 Kronen für Bezahlung der Kosten für Polizei und Propaganda ausgegeben. Dies ergibt sich aus einem zweiten Bericht der Norwegischen Regierung, den ich als Beweisstück RF-121 dem Gerichtshof vorlege.
Die Clearing-Vereinbarung von 1937 über den Warenaustausch zwischen Norwegen und Deutschland ist grundsätzlich auch während der Besetzung in Kraft geblieben, jedoch mußte die Bank von Norwegen die notwendigen Vorschüsse an die norwegischen Exporteure leisten.
Darüber hinaus schlossen die Deutschen im Namen Norwegens weitere Clearing-Vereinbarungen mit anderen besetzten Ländern, neutralen Ländern und mit Italien ab.
Zur Zeit der Befreiung beliefen sich die Außenstände des norwegischen Clearings auf etwa 90.000.000 Kronen. Dieser Saldo läßt jedoch nicht die tatsächlichen Verhältnisse erkennen. In Wirklichkeit sahen die Verhältnisse folgendermaßen aus:
1. Die Importe, die für die deutschen militärischen Bedürfnisse in Norwegen bestimmt waren, wurden in mißbräuchlicher Weise über das Clearing abgewickelt.
2. Für gewisse Waren, wie Häute, Felle und vor allem Fische, verlangten die Deutschen, daß die Exporte an das Reich gehen sollten, während sie sodann ihrerseits diese Produkte an andere Länder weiter verkauften, vor allem Fische nach Italien.
3. Die Deutschen, die die Preise festsetzten, trieben die Preise für alle nach Norwegen eingeführten Güter, die im übrigen überwiegend den Bedürfnissen des Besetzenden dienten, systematisch in die Höhe, während sie andererseits die Preise für die aus Norwegen ausgeführten Güter systematisch drückten.
Angesichts der betrügerischen Maßnahmen der Besatzungsmacht konnten die norwegischen Behörden trotz ihrer Anstrengungen und Opfer eine gefährliche Inflation nicht verhindern.
Aus dem Bericht der Norwegischen Regierung, den ich soeben als RF-120 vorgelegt habe, geht hervor, daß der Notenumlauf im April 1940 712.000.000 Kronen betrug und sodann unaufhörlich anstieg, um am 7. Mai 1945 3.039.000.000 Kronen zu erreichen. Eine derartige Inflation als Folge der Maßnahmen der Besatzungsmacht gibt einen Maßstab für die Verarmung des Landes.
Derselbe Bericht zeigt, daß die Deutschen nicht in der Lage waren, sich des Goldes der Bank von Norwegen zu bemächtigen, da es rechtzeitig in Sicherheit gebracht worden war.
Wir wenden uns nunmehr, Hoher Gerichtshof, den Naturalleistungen zu.
Die Deutschen haben in Norwegen zahlreiche Erhebungen vorgenommen, die teilweise durch sogenannte Regulierungen ausgeglichen wurden. Nach dem Bericht der Norwegischen Regierung stellt sich die Liste der requirierten Güter wie folgt dar:
Fleisch usw.: 30000 Tonnen
Milchprodukte, Eier: 61000 Tonnen
Fische usw.: 26000 Tonnen
Obst, Gemüse: 68000 Tonnen
Kartoffeln: 500000 Tonnen
Getränke und Essig: 112000 Tonnen
Fette: 10000 Tonnen
Getreide, Mehl usw.: 3000 Tonnen
sonstige Artikel: 5000 Tonnen
Heu und Stroh: 300000 Tonnen
sonstige Futtermittel: 13000 Tonnen
Seife usw.: 8000 Tonnen
Aber diese Liste umfaßt nur die deutschen amtlichen Käufe, die mit norwegischem Geld bezahlt wurden, oder über Clearing abgewickelt wurden; sie enthält nicht die heimlichen Aufkäufe. So zum Beispiel...
Ich sagte, Hoher Gerichtshof, daß die Aufzählung, die ich soeben verlesen habe, nicht diejenigen deutschen Aufkäufe umfaßt, die mit norwegischem Geld bezahlt oder über Clearing abgewickelt worden sind.
Im Augenblick ist es noch nicht möglich, Bewertungen vorzunehmen. Um ein Beispiel zu geben, kann man jedoch anführen, daß sich die Ausfuhr von Fischen, die zum größten Teil nach Deutschland gingen, in Wahrheit auf 202000 Tonnen belaufen hat, während die amtlichen Requisitionen nur 26000 Tonnen ausmachen.
Wie auch in den anderen besetzten Ländern erzwangen die Deutschen die Wiederaufnahme der Arbeit vor allem unter der Androhung von Verhaftungen.
Der größte Teil der Flotte war den Deutschen entkommen. Sie requirierten jedoch die Schiffe, die sich noch in ihren Häfen befanden, vor allem den größten Teil der Fischereiflotte.
Wenn auch die Besatzungsmacht sich nicht in den Besitz des Eisenbahnmaterials setzen konnte, so wurden doch die elektrischen Straßenbahnen und ungefähr 30000 Automobile nach Deutschland verbracht.
Nach dem Bericht des deutschen Arbeitsstabes Ausland vom 10. Oktober 1944, den ich als Beweisstück RF-116 bereits vorgelegt habe, läßt sich feststellen, daß der Verfasser selbst die von Norwegen verlangten Leistungen als außerhalb der Möglichkeiten dieses Landes liegend ansieht. Er schreibt tatsächlich:
»Die norwegische Wirtschaft ist durch die Besatzungsansprüche besonders stark belastet. Aus diesem Grunde mußten die Besatzungskosten auf nur einen Teil der Wehrmachtsausgaben beschränkt werden...«
Nach Erwähnung des Umstandes, daß sich die Besatzungskosten bis zum Januar 1943 auf 7.535.000.000 Kronen belaufen hätten, was im übrigen durch die Angaben der Norwegischen Regierung bestätigt wird, schreibt der deutsche Berichterstatter:
»Diese Summe von mehr als 5.000.000.000 Reichsmark ist in der Tat für die norwegischen Verhältnisse sehr groß. Viel reicher ausgestattete Volkswirtschaften, wie zum Beispiel die belgische, zahlen kaum mehr, und Dänemark leistet nicht einmal die Hälfte. Diese großen Leistungen können nur durch deutsche Zuschüsse ermöglicht werden. Es ist daher nicht erstaunlich, daß der deutsch-norwegische Außenhandel für Deutschland aktiv, d.h. ein Zuschußgeschäft ist. Da Norwegen zudem auf Grund seiner Menschenarmut der deutschen Kriegswirtschaft kaum Arbeitskräfte zur Verfügung stellen kann, gehört es zu den wenigen Ländern, die uns im Clearing gewisse Beträge schulden.«
Etwas weiter unten fügt der Schreiber hinzu:
»Setzt man diese ca. 140 Millionen von den oben erwähnten Besatzungskosten und Krediteinräumungen ab, so erhält man den immer noch beachtlichen Betrag norwegischer Leistungen in Höhe von ca. 4900 Millionen Reichsmark.«
VORSITZENDER: Ist dies nicht ein günstiger Zeitpunkt, aufzuhören?