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[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]

Nachmittagssitzung.

GERICHTSMARSCHALL: Hoher Gerichtshof! Die Angeklagten Kaltenbrunner und Streicher werden auch während dieser Nachmittagssitzung abwesend sein.

VORSITZENDER: Herr Dubost! Der Gerichtshof hatte heute Vormittag gewisse Schwierigkeiten, den Dokumenten zu folgen, die Sie zitierten. Soweit ich unterrichtet bin, hatten auch die Dolmetscher Schwierigkeiten, weil die Dokumentenbücher mit Ausnahme desjenigen, das mir vorliegt, keine Bezeichnungen mit PS-Nummern oder anderen Nummern aufweisen. Die Dokumente selbst sind nicht numeriert, und aus diesem Grunde ist es für die Richter sehr schwierig, die Dokumente zu finden, und ebenso ist es für die Dolmetscher außerordentlich schwierig, eines der ihnen vorliegenden Dokumente zu finden.

Deshalb wären wir dankbar, wenn Sie so freundlich sein wollen, heute Nachmittag die Dokumente zu bezeichnen, und dann den Dolmetschern und dem Gerichtshof etwas Zeit zu geben, bis sie das Dokument finden. Sagen Sie auch bitte genau, welche Teile des Dokuments Sie verlesen werden, das heißt, ob es der Anfang ist oder der erste oder zweite Absatz und so weiter. Sie müssen mit uns Geduld haben, wenn wir beim Heraussuchen der Dokumente Schwierigkeiten haben.

M. DUBOST: Sehr gut, Herr Präsident. Ich bin heute Vormittag mit meinen Ausführungen fertig geworden, die sich mit den allgemeinen Regeln befaßten, die während der fünf Besatzungsjahre die Hinrichtung zahlreicher Geiseln in unseren westlichen besetzten Ländern zur Folge hatten.

Indem ich Ihnen nacheinander eine gewisse Anzahl deutscher Dokumente verlas, habe ich Ihnen den Beweis dafür erbracht, daß die höchsten Stellen der Wehrmacht, der Partei und der Nazi-Regierung bewußt den Weg der Terrorpolitik durch das Geisel-System gewählt haben.

Bevor ich zur Prüfung einiger besonderer Fälle schreite, halte ich es für notwendig, genau festzustellen, worin im Lichte der Schriftstücke, die ich angeführt habe, diese Politik bestanden hat.

Je nach den Umständen wurden Personen, die dem Herzen oder dem Volke nach den besiegten Nationen angehörten, festgenommen und in Haft gehalten, entweder zur Sicherung und Aufrechterhaltung der Ordnung in einem bestimmten Sektor, oder als Folge eines Zwischenfalls, dessen Opfer feindliche Truppen gewesen waren. Sie wurden festgenommen und in Haft gehalten, um die besiegte Bevölkerung dazu zu veranlassen, Handlungen vorzunehmen, die von der Besatzungsmacht vorgeschrieben waren, so zum Beispiel: Anzeigen, Zahlung von Kollektivstrafen, Auslieferung von politischen Attentätern gegen die Deutsche Wehrmacht, Auslieferung von politischen Gegnern. Diese Personen, die auf diese Weise festgenommen worden waren, sind sehr oft danach zur Vergeltung niedergemacht worden.

Aus diesem Vorgehen ergibt sich die Idee, Geiseln, also menschliche Wesen, zu besonderen Pfändern für eine vom Feinde bestimmte Leistung zu machen. Wie sehr steht das alles im Gegensatz zu den Regeln der Achtung vor der persönlichen Freiheit und menschlichen Würde!

Alle Mitglieder der Deutschen Regierung sind gemeinschaftlich verantwortlich für diesen ungerechten Begriff und seine Anwendung in unseren besiegten Ländern. Kein Mitglied der Deutschen Regierung kann diese Verantwortlichkeit auf seine Untergebenen mit der Behauptung abwälzen, daß diese genau festgelegte Befehle mit einem Übermaß an Eifer ausgeführt hätten.

Ich habe Ihnen gezeigt, daß im Gegenteil in zahlreichen Fällen die ausführenden Organe ihren Vorgesetzten Berichte über die moralischen Folgen erstattet haben, die sich aus der Anwendung der terroristischen Geiselpolitik ergaben, und wir wissen, daß in keinem Fall Gegenbefehle erteilt worden sind. Wir wissen, daß es immer bei den ursprünglichen Befehlen geblieben ist.

Ich werde mich nicht mit einer Aufzählung aller Geiselexekutionen allein für unser Frankreich befassen. 29660 Personen sind hingerichtet worden. Das ergibt sich aus dem Dokument F-420, datiert Paris, den 21. Dezember 1945. Das Original wird als RF-266 dem Gerichtshof vorgelegt werden.

Dieses Dokument zeigt, Gebiet für Gebiet, die Anzahl der hingerichteten Geiseln:

für das Gebiet von Lille: 1143;

für das Gebiet von Laon: 222;

für das Gebiet von Rouen: 658;

für das Gebiet von Angers: 863;

für das Gebiet von Orléans: 501;

für das Gebiet von Reims: 353;

für das Gebiet von Dijon: 1691;

für das Gebiet von Poitiers: 82;

für das Gebiet von Straßburg: 211;

für das Gebiet von Rennes: 974;

für das Gebiet von Limoges: 2863;

für das Gebiet von Clermont Ferrand 441;

für das Gebiet von Lyon: 3674;

für das Gebiet von Marseille: 1513;

für das Gebiet von Montpellier: 785;

für das Gebiet von Toulouse: 765;

für das Gebiet von Bordeaux: 806;

für das Gebiet von Nancy: 571;

für das Gebiet von Metz: 220;

für das Gebiet von Paris: 11000;

für das Gebiet von Nizza: 324;

Gesamtzahl: 29660.

Ich werde meinen Vortrag auf einige typische Beispiele von Exekutionen beschränken, die den politischen Plan des Generalstabs enthüllen, der sie vorgeschrieben hat, einen Terrorplan, einen Plan, der eine Spaltung unter den Franzosen hervorrufen und verstärken sollte, oder noch allgemeiner die Spaltung unter den Einwohnern der besetzten Länder. Sie werden in Ihrem Dokumentenbuch ein Aktenstück mit der Bezeichnung F-133 finden, das ich als RF-288 vorlege. Dieses Dokument ist mit den Worten »Aufrufe für Paris« überschrieben. Oben auf der Seite steht »Pariser Zeitung«.

Dieses Dokument zeigt einige der zahlreichen Bekanntmachungen, einige der zahlreichen Anzeigen, die in den Jahren 1940 bis 1945 in der Presse veröffentlicht worden sind, und die die Verhaftung von Geiseln in Paris, im Gebiet von Paris und in Frankreich bekanntgeben. Ich verlese nur eines der Dokumente, »Pariser Zeitung«, Nummer 6, vom 19. September 1941; Sie finden dort Aufforderungen zur Angeberei, Aufrufe zum Verrat, Sie sehen dort die Anwendung von Bestechungsmitteln, Mitteln, die systematisch in allen westlichen Ländern jahrelang angewandt zur Demoralisierung dienen sollten.

»Aufruf an die Bevölkerung des besetzten Gebietes:

Am 21. August ist ein deutscher Soldat von feigen Mördern hinterlistig erschossen worden. Ich habe daher am 23. August die Festsetzung von Geiseln angeordnet und für den Wiederholungsfall die Erschießung einer gewissen Anzahl von Geiseln angedroht.

Ich bin durch weitere Verbrechen genötigt worden, diese Drohung zu verwirklichen.

Trotzdem sind neue Anschläge erfolgt.

Ich erkenne an, daß sich die große Mehrheit der Bevölkerung ihrer Pflicht bewußt ist, die Besatzungsbehörden in ihrem ständigen Bestreben, Ruhe und Ordnung im Lande im eigensten Interesse der Bevölkerung aufrecht zu erhalten, zu unterstützen.«

Und hier ein Appell zur Denunziation:

»In Euren Reihen aber befinden sich bezahlte Agenten deutschfeindlicher Mächte, verbrecherische kommunistische Elemente, die nur das eine Ziel kennen, Unfrieden zwischen der Besatzungsmacht und der französischen Bevölkerung zu säen, denen die Folgen, die hierdurch auch für die Gesamtbevölkerung entstehen, völlig gleichgültig sind. Ich will das Leben der deutschen Soldaten durch solche Mordbuben nicht mehr länger gefährden lassen und scheue in der Erfüllung dieser meiner Pflicht auch vor den schärfsten Maßnahmen nicht mehr zurück.

Ich muß aber auch die Gesamtbevölkerung dafür ver antwortlich machen, daß es bisher nicht gelang, die feigen Attentäter zu fassen, und sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Ich habe mich daher – zunächst für Paris – zu Maßnahmen genötigt gesehen, die – leider – die ganze Bevölkerung in ihrem gewohnten Leben beeinträchtigen werden.

Franzosen! Von Euch selbst hängt es ab, ob ich diese Maßnahmen weiter ausdehnen muß oder sie wieder fallen lassen kann.

Euch alle rufe ich auf, Eure Verwaltung und Eure Polizei, durch schärfste Aufmerksamkeit und Euer persönliches tatkräftiges Eingreifen nunmehr alles zu tun, um an der Ergreifung der Täter mitzuwirken. Durch Verhütung und Aufdeckung des verbrecherischen Treibens muß einer Entwicklung vorgebeugt werden, die die Dinge auf die Spitze treibt und das Land ins Unglück stürzt.

Wer auf deutsche Soldaten, die hier nur ihre Pflicht tun und für die Inganghaltung eines geordneten Lebens sorgen, aus dem Hinterhalt schießt, ist kein Patriot, sondern ein feiger Meuchelmörder und der Feind aller anständigen Menschen.

Franzosen! Ich rechne auf Euer Verständnis für meine Maßnahmen, die nur in Eurem eigenen Interesse liegen.«

Der Aufruf ist von Stülpnagel gezeichnet.

Es folgen zahlreiche Aufrufe, die alle auf die Exekutionen Bezug haben. Auf der nächsten Seite, unter Nummer 8, finden Sie die Liste von zwölf Namen, unter ihnen die Namen von drei der bekanntesten Pariser Anwälte, die als militante Kommunisten bezeichnet werden, die Advokaten Pitard, Hajje und Rolnikas.

In dem Aktenstück 21, das mein Kollege Gerthoffer während seines wirtschaftlichen Vortrags vorgelegt hat, werden Sie einige ähnliche Aufrufe finden, die im deutschen Amtsblatt VOBIF veröffentlicht wurden.

Sie werden hinsichtlich des Aufrufs vom 16. September, betreuend die Exekution, oder besser gesagt die Ermordung des Advokaten Pitard und seiner Genossen beobachten, daß die Mörder weder den Mut noch die Loyalität besessen haben zu sagen, daß es sich in diesen Fällen um Pariser Anwälte handelte. Geschah das aus Irrtum? Ich glaube, daß es eine berechnete Lüge war, denn in jener Periode mußte man die Elite schonen. Die Besatzungsmacht hoffte noch, sie von der französischen Bevölkerung abzuspalten.

Ich werde Ihnen jetzt im einzelnen zwei Ereignisse schildern, die im Oktober 1941 die Herzen der Franzosen mit Trauer erfüllt haben, und die beide für immer im Gedächtnis meiner Landsleute haften werden.

Sie sind bekannt unter dem Namen der Exekutionen von Chateaubriant und von Bordeaux. Sie bilden den Gegenstand des Dokuments F-415, das sich in Ihrem Dokumentenbuch befindet. Ich lege das Dokument als RF-285 dem Gerichtshof vor.

Infolge des Angriffs auf zwei deutsche Offiziere in Nantes am 20. Oktober 1941 und einige Tage später in Bordeaux, beschloß die Deutsche Wehrmacht, ein Exempel zu statuieren. Sie finden auf Seite 22 des Dokuments F-415 eine Kopie des Aufrufs, der am 21. Oktober 1941 in der Zeitung »Le Phare« veröffentlicht worden ist:

»Bekanntmachung.

Feige Verbrecher, die im Solde Englands und Moskaus stehen, haben am Morgen des 20. Oktober 1941 den Feldkommandanten von Nantes hinterrücks erschossen. Die Täter sind bisher nicht gefaßt.

Zur Sühne für dieses Verbrechen habe ich zunächst die Erschießung von 50 Geiseln angeordnet.

Falls die Täter nicht bis zum Ablauf des 23. Oktober 1941 ergriffen sind, werden im Hinblick auf die Schwere der Tat weitere 50 Geiseln erschossen werden.«

Die Umstände, unter denen die Vergeltungsmaßnahmen durchgeführt wurden, verdienen im einzelnen erzählt zu werden. Stülpnagel, der die deutschen Truppen in Frankreich befehligte, befahl dem Innenminister, ihm die Häftlinge zu bezeichnen. Sie sollten unter den gefährlichsten Kommunisten ausgesucht werden. So lautete die Bekanntmachung Stülpnagels. Eine Liste von sechzig Franzosen wurde vom Innenministerium zur Verfügung gestellt; es war Pucheu. Er ist inzwischen von meinen Landsleuten zum Tode verurteilt und hingerichtet worden.

Der Unterpräfekt von Chateaubriant richtete anläßlich des Befehls, den er vom Innenministerium erhielt, an die Kommandantur von Chateaubriant das folgende Schreiben:

»Bezugnehmend auf unsere heutige Unterredung beehre ich mich, Ihnen hiermit zu bestätigen, daß der Innenminister heute mit General von Stülpnagel in Verbindung getreten ist, um ihm die gefährlichsten, unter den zur Zeit in Chateaubriant in Haft befindlichen Kommunisten zu nennen. Anliegend finden Sie die heute übergebene Liste der 60 Personen.«

Und hier der deutsche Befehl:

»Wegen der am 20. 10. 41 erfolgten Ermordung des Feldkommandanten von Nantes, Oberstleutnant Hotz, sind folgende, auf Grund meiner Bekanntmachung vom 22. August 1941 und meiner Anordnung an den Generalbevollmächtigten der Französischen Regierung vom 19. September 1941 als Geiseln in Haft befindlichen Franzosen zu erschießen.«

Auf den folgenden Seiten finden Sie eine Liste aller Personen, die an diesem Tag erschossen worden sind. Ich möchte diese Liste nicht verlesen, um die Verhandlung nicht unnütz zu verzögern. Auf Seite 16 finden Sie eine Liste von achtundvierzig Namen, auf Seite 13 die Liste der in Nantes Erschossenen, auf Seite 12 die Liste derjenigen, die in Chateaubriant erschossen worden sind. Die Leichen wurden zum Begräbnis in allen Gemeinden der Umgebung verteilt.

Hier der Bericht eines Augenzeugen über den Tod unserer Landsleute. Herr Dumenil hat in folgender Weise die Exekutionen vom 21. Oktober 1941 in einer Notiz, die er am Tag nach der Hinrichtung verfaßte, geschildert. Ich zitiere den zweiten Absatz:

»Der Feldgeistliche wurde um 11.30 Uhr in das Gefängnis La Fayette gerufen. Ein Offizier, wahrscheinlich ein Mitglied der G.F.P., sagte ihm, daß er beauftragt sei, bestimmten Gefangenen mitzuteilen, daß sie erschossen würden. Der Geistliche wurde sodann mit den dreizehn im Gefängnis befindlichen Geiseln in einen Raum eingeschlossen. Den drei anderen, die sich in Rochettes befanden, leistete Pater Theon, ein Professor des Stanislaus-Gymnasiums, Beistand.

Pater Fontaine sagte zu den Verurteilten:

Meine Herren, Sie müssen verstehen, was meine Anwesenheit leider bedeutet! Er unterhielt sich dann mit den Gefangenen gemeinsam und einzeln während der zwei Stunden, die der Offizier bewilligt hatte, um die persönlichen Angelegenheiten der Verurteilten zu ordnen, und ihren letzten Willen an ihre Familien zu schreiben.

Die Hinrichtung war also für 14 Uhr angesetzt. Eine halbe Stunde war für den Weg berechnet. Aber zwei Stunden gingen vorüber und dann noch eine Stunde und noch eine, ehe man die Verurteilten abholte. Einige Optimisten, wie M. Fourny, hofften schon, es sei ein Gegenbefehl erteilt worden, aber der Geistliche glaubte keinen Augenblick daran.

Die Verurteilten waren alle sehr tapfer. Es waren zwei der jüngsten, Gloux und Grolleau, beide Studenten, die die anderen unermüdlich aufmunterten und ihnen sagten, es sei besser, auf diese Art zu sterben, als unnützerweise bei irgendeinem Unfall umzukommen.

Im Augenblick des Abtransports der Verurteilten wurde dem Geistlichen aus Gründen, die ihm nicht mitgeteilt wurden, untersagt, die Geiseln bis zum Hinrichtungsort zu begleiten. Er geleitete sie die Gefängnistreppe hinunter bis zum Wagen. Sie waren zwei und zwei aneinandergekettet, der dreizehnte trug Handschellen. Als sie im Wagen waren, grüßten Gloux und Grolleau den Geistlichen noch einmal mit einem Lächeln und einer Bewegung ihrer zusammengeketteten Hände.« Unterschrift: »Dumenil, Kanzleisekretär.«

Sechzehn wurden in Nantes erschossen, siebenundzwanzig in Chateaubriant, fünf außerhalb des Departements. Wir wissen, wie sich die letzten Augenblicke der Märtyrer von Chateaubriant abgespielt haben. Pater Moyon, der ihnen beistand, schrieb am 22. Oktober 1941, Seite 17 Ihres Dokuments, Absatz 2, einen Bericht über diese Erschießung:

»Es war ein schöner Herbsttag. Die Temperatur war milde und die Sonne schien seit dem frühen Morgen. In der Stadt ging jeder seiner gewöhnlichen Beschäftigung nach. Die Stadt war sehr belebt, weil es Mittwoch, also Markttag war. Die Bevölkerung wußte aus den Zeitungen und aus den von Nantes eingegangenen Berichten, daß ein höherer Offizier in einer Straße von Nantes getötet worden war, aber man weigerte sich zu glauben, daß solch brutale und weitgehende Vergeltungsmaßnah men angewandt werden würden. Im Lager Choisel hatte die deutsche Behörde seit einigen Tagen eine gewisse Anzahl von Männern in einer Sonderbaracke untergebracht, die für den Fall besonderer Schwierigkeiten als Geiseln dienen sollten. Unter diesen Männern wurden diejenigen gewählt, die an diesem Abend des 22. Oktober 1941 erschossen werden sollten.

Der Pfarrer von Bere beendete eben sein Mittagessen, als Herr Mereau, Lagerkommandant von Choisel, bei ihm erschien. In wenigen Worten erklärte ihm dieser den Zweck seines Besuches. Er war von Herrn Lecornu, Unterpräfekt von Chateaubriant, geschickt und kam um mitzuteilen, daß 27 Männer von den politischen Gefangenen von Choisel nachmittags hingerichtet werden würden. Er bat den Geistlichen, sich sofort zu ihnen zu begeben, um ihnen seine Hilfe angedeihen zu lassen. Der Pfarrer erklärte sich zu dieser Aufgabe bereit und begab sich ohne Aufschub zu den Gefangenen.

Als der Geistliche erschien, um sein Amt auszuüben, befand sich der Unterpräfekt bei den Verurteilten. Er hatte ihnen soeben das schreckliche Schicksal, das ihnen bevorstand, mitgeteilt, und sie aufgefordert, unverzüglich Abschiedsbriefe an ihre Familien zu schreiben. In diesem Moment erschien der Geistliche am Eingang der Baracke.«

Auf Seite 19, Absatz 4, finden Sie die Abfahrt zur Hinrichtung.

»Plötzlich hörte man den Lärm von Wagenmotoren. Die Tür, die ich am Anfang geschlossen hatte, damit wir mehr unter uns seien, wurde plötzlich geöffnet. Franzö sische Gendarmen erschienen mit Handschellen. Ein deutscher Offizier trat vor. Es war in Wirklichkeit ein Feldgeistlicher. Er sagte zu mir: ›Herr Pfarrer, Ihre Mission ist beendet, Sie müssen sich sofort zurückziehen‹.

Das Betreten des Steinbruchs, wo die Hinrichtung stattfand, war den Franzosen streng verboten. Ich weiß nur, daß die Verurteilten in drei Gruppen von je neun Mann hingerichtet wurden, daß alle Erschossenen sich weigerten, sich die Augen verbinden zu lassen, daß der junge Mocquet ohnmächtig wurde, und daß der letzte Schrei von allen Lippen ein begeistertes ›Vive la France‹ war.«

Die Erklärung des Gendarmen Roussel verdient ebenfalls gelesen zu werden, Seite 21 desselben Dokuments:

»Am 22. Oktober 1941, gegen 15.30 Uhr befand ich mich auf der Straße des 11. November in Chateaubriant. Ich sah vier bis fünf deutsche Lastautos, welche aus der Richtung des Lagers Choisel kamen; näheres konnte ich nicht feststellen. Voran fuhr ein geschlossener Personenwagen, in dem sich ein deutscher Offizier befand. In den Lastwagen befanden sich mehrere Zivilisten mit Handschellen. Sie sangen vaterländische Lieder (Marseillaise, Chant du Depart). In einem der Lastwagen befanden sich bewaffnete deutsche Soldaten.

Ich erfuhr späterhin, daß es sich um Geiseln handelte, die man gerade im Lager Choisel abgeholt hatte, um sie zum Steinbruch von Sabliere an der Straße nach Soudan zu führen, wo sie als Vergeltung für die Ermordung des deutschen Obersten Hotz in Nantes erschossen werden sollten.

Ungefähr zwei Stunden später kamen dieselben Lastautos von dem erwähnten Steinbruch zurück und fuhren in den Hof des Schlosses Chateaubriant, wo die Leichen der Erschossenen in einem Kellergeschoß bis zur Anfertigung der Särge untergestellt wurden.

Bei der Rückkehr vom Steinbruch waren die Lastwagen zugedeckt; man hörte kein Geräusch, aber ein schmales Blutbächlein rieselte aus ihnen heraus und hinterließ eine Spur auf dem Weg vom Steinbruch bis zum Schloß.

Am nächsten Tag, am 23. Oktober, wurden die Leichen der Erschossenen ohne Anwesenheit eines Franzosen in die Särge gelegt. Die Eingänge des Schlosses waren von deutschen Posten bewacht. Die Särge wurden auf neun Friedhöfe der Nachbargemeinden verteilt, also je drei Särge pro Gemeinde. Die Deutschen waren darauf bedacht, solche Gemeinden aufzusuchen, die kein regelmäßiges Verkehrsmittel hatten, wahrscheinlich, um zu verhindern, daß die Bevölkerung sich in Massen an die Gräber der Märtyrer begebe.

Ich habe weder der Abfahrt der Geiseln vom Lager noch ihrer Erschießung im Steinbruch von Sabliere beigewohnt. Die Zugänge waren von deutschen Soldaten mit Maschinengewehren bewacht.«

Ungefähr zu gleicher Zeit, als diese achtundvierzig Geiseln erschossen wurden, sollten noch weitere dazukommen, diejenigen von Bordeaux. Wir legen unter der Nummer RF-286 Dokumente vor, die uns von der Präfektur der Gironde übermittelt worden sind, Dokument F-400.

Ein Stück stammt von der Abteilung für politische Angelegenheiten in Bordeaux und ist vom 22. Oktober 1941 datiert, Dokument F-400-B:

»Während der Besprechung, die gestern abend bei der Feldkommandantur von Bordeaux stattfand, haben die deutschen Behörden von mir verlangt, sofort 100 Personen festzunehmen, die wegen ihrer Sympathie für die kommunistische Partei oder für die gaullistische Bewegung bekannt waren und die als Geiseln betrachtet werden sollen. Auch sollte eine große Anzahl von Durchsuchungen vorgenommen werden.

Diese Operationen sind seit heute früh im Gange. Bis jetzt ist mir kein interessantes Ergebnis gemeldet worden. Andererseits haben mir heute früh um 11.00 Uhr die deutschen Behörden die Vergeltungsmaßnahmen bekanntgegeben, die sie der Bevölkerung gegenüber zu ergreifen beabsichtigten.«

Ein Brief des Generals von Faber du Faur, Chef des Verwaltungsbezirks von Bordeaux, an den Präfekten der Gironde präzisiert diese Repressalien, Seite A desselben Dokuments:

»Bordeaux, den 23. Oktober 1941.

An den Herrn Präfekten des Departements Gironde, Bordeaux.

Zur Sühne für die feige Ermordung des Kriegsverwaltungsrats Reimers hat der Militärbefehlshaber in Frankreich zunächst die Erschießung von 50 Geiseln angeordnet. Die Erschießung wird im Laufe des morgi gen Tages erfolgen.

Falls die Täter nicht in kürzester Zeit ergriffen werden, ist wie im Falle Nantes, mit weiteren Maßnahmen zu rechnen.

Ich beehre mich, Ihnen von dieser Sachlage Kenntnis zu geben.

Der Chef des Militärverwaltungsbezirks, gezeichnet von Faber du Faur.«

In Ausführung dieser Anordnung wurden fünfzig Personen erschossen.

Es gibt einen berühmten Platz in einer Vorstadt von Paris, der seit der Befreiung ein Wallfahrtsort für die Franzosen geworden ist; es ist das Fort von Romainville. Während der Besetzung haben die Deutschen aus diesem Fort ein Geisellager gemacht, wo sie ihre Opfer herholten, wenn sie anläßlich irgendeiner patriotischen Kundgebung streng verfahren wollten. Es war Romainville, woher die Professoren Jacques Solomon, Decourtemanche, Georges Politzer, Dr. Boer und sechs andere Franzosen kamen, die im März 1942 festgenommen, von der Gestapo gefoltert und schließlich ohne Urteil im Mai 1942 hingerichtet wurden, weil sie sich geweigert hatten, ihren Glauben abzuschwören.

Am 19. August 1942 verließen 96 Geiseln dieses Fort, unter ihnen Herr Le Gall, Stadtrat von Paris. Sie verließen das Fort Romainville, wurden nach Mont- Valérien überführt und dort hingerichtet.

Im September 1942 wurde ein Anschlag gegen deutsche Soldaten in dem Kino Rex in Paris begangen. General von Stülpnagel ließ eine Bekanntmachung erscheinen, in der er ankündigte, daß er wegen dieses Anschlages einhundertsechzehn Geiseln habe hinrichten lassen und daß scharfe Deportierungsmaßnahmen ergriffen werden sollten. Diese Bekanntmachung war wie folgt abgefaßt, Dokument F-402-B, RF-287:

»Bei Attentaten, die von kommunistischen Agenten und Terroristen im Dienste Englands verübt wurden, sind deutsche Soldaten und französische Zivilisten getötet oder verwundet worden.

Zur Vergeltung für diese Mordanschläge habe ich 116 Kommunisten erschießen lassen, deren Teilnahme oder Beihilfe an Terrorakten durch ihr Geständnis erwiesen worden ist.

Im übrigen sind weitreichende Strafmaßnahmen ergriffen worden, um Zwischenfälle bei den für den 20. September 1942 geplanten kommunistischen Demonstrationen zu vermeiden. Ich befehle folgendes:

1. Vom Samstag, den 19. September 1942, 15.00 Uhr, bis Sonntag, den 20. September 1942, 24.00 Uhr, werden alle Theater, Kinos, Kabaretts und andere Vergnügungsstätten, die der französischen Bevölkerung vorbehalten sind, in den Departements Seine, Seine et Oise und Seine et Marne geschlossen; alle öffentlichen Kundgebungen, einschließlich sportlicher Veranstaltungen, sind verboten.

2. Von Sonntag, 20. September 1942,15.00 Uhr bis 24.00 Uhr ist es den nichtdeutschen Zivilpersonen verboten, sich auf der Straße oder auf öffentlichen Plätzen der Departements Seine, Seine et Oise und Seine et Marne aufzuhalten. Es werden hiervon diejenigen Personen ausgenommen, die öffentlichen Dienst zu versehen haben...«

In Wirklichkeit war es erst im Laufe des 20. September 1942, daß sechsundvierzig Geiseln von der Liste der einhundertsechzehn ausgewählt wurden. Die Deutschen gaben den Häftlingen von Romainville die Zeitungen vom 20. September 1942, die die Entscheidung des militärischen Oberkommandos bekanntgaben. So haben also die Häftlinge von Romainville aus der Zeitung erfahren, daß eine gewisse Anzahl von ihnen am Nachmittag ausgewählt würde, um erschossen zu werden.

Alle verbrachten diesen Tag in der Erwartung des Abendappells. Die Aufgerufenen wußten ihr Schicksal im voraus und alle starben unschuldig an den Verbrechen, für die sie erschossen wurden; denn die Schuldigen für den Mordanschlag im Rex-Theater wurden einige Tage später festgenommen.

In Bordeaux wurden die anderen siebzig Geiseln exekutiert, aus der Gesamtzahl von einhundertsechzehn Geiseln, die vom General von Stülpnagel bekanntgegeben worden war. In Vergeltung für den Mord an Ritter, einem deutschen Beamten der Arbeitsfront, wurden fünfzig andere Geiseln Ende September 1943 in Paris hingerichtet. Hier ein Abdruck des Zeitungsartikels, der dem französischen Volk die Exekutionen mitteilte, Dokument F-402-C:

»Vergeltungsmaßnahmen gegen terroristische Handlungen.

Die Mord- und Sabotage-Akte haben sich in Frankreich in letzter Zeit vervielfältigt. Aus diesem Grunde sind 50 Terroristen, die überführt worden sind, an Sabotage- und Terrorakten teilgenommen zu haben, am 2. Oktober 1943 auf Befehl des Höheren SS- und Polizeiführers erschossen worden.«

Alle diese Tatsachen, die auf die Geiseln von Romainville Bezug haben, sind uns von einem der wenigen Überlebenden erzählt worden, Herrn Rabate, Mechaniker, der 69 Rue de la Tombe-Issoire in Paris lebt. Sein Zeugnis wurde von unserem Mitarbeiter eingeholt.

Von dieser Aussage, Dokument F-402-A, RF-287, das bereits vorgelegt wurde, zitieren wir wie folgt:

»Wir waren 70 Männer, unter denen sich die Professoren Jacques Solomon, Decourtemanche, Georges Politzer, Dr. Boer, die Herren Engros, Dudach, Cadras, Dalidet, Golue und Pican befanden, die im Mai 1942 erschossen wurden, und eine fast gleichhohe Anzahl von Frauen.

Die einen wurden in die deutsche Abteilung der Santé (Gefängnis in Paris) überführt, die Mehrzahl in das Gefängnis von Cherche Midi (in Paris) und wurden nun einer nach dem anderen von einem Gestapo-Offizier in deren Quartier in der Rue des Saussaies verhört. Bestimmte unter uns, besonders Politzer und Solomon wurden gefoltert, bis sie laut Aussage ihrer Frauen gebrochene Glieder hatten. Während meiner Vernehmung wurde mir dies von dem Gestapo-Offizier bestätigt. Ich wiederhole seine Worte: ›Rabate, hier muß man sprechen, der Schwiegersohn des Professors Langevin, Jacques Solomon, kam hier arrogant herein und ist nachher kriechend herausgegangen.‹

Nach einem kurzen Aufenthalt von fünf Monaten im Gefängnis von Cherche Midi, im Verlaufe dessen wir die Erschießung von den zehn schon genannten Gefangenen als Geiseln erfuhren, wurden wir am 24. August 1942 in die Festung Romainville überführt.

Dabei muß bemerkt werden, daß von dem Tage unserer Verhaftung an uns das Schreiben und Empfangen von Briefen untersagt war. Auf den Türen unserer Zellen war der Vermerk angebracht: ›Alles verboten‹. Wir empfingen lediglich die Gefängnisration, das heißt, 3/4 Liter Gemüsesuppe und 200 Gramm Schwarzbrot täglich. Das den politischen Gefangenen vom Boten Kreuz und den Quäkern geschickte Gebäck wurde uns wegen dieses Verbotes nicht übergeben.

In Romainville waren wir als ›Sonderhäftlinge‹ eingesperrt; es ist ein Ausdruck, welcher dem ›NN‹ entspricht, den wir in Deutschland kennengelernt haben.«

VORSITZENDER: M. Dubost, wenn in dem Dokument etwas Besonderes enthalten ist, was Sie verlesen wollen, dann tun Sie es. Wir haben bereits die Anzahl der getöteten Geiseln gehört und wir glauben, daß das, was Sie sagen, wirklich nichts hinzufügt.

M. DUBOST: Ich glaube, Herr Präsident, daß ich noch nicht von dem Regime gesprochen habe, dem die von der Deutschen Wehrmacht festgehaltenen Personen unterworfen wurden. Ich glaubte, daß es auch meine Aufgabe sei, den Gerichtshof über die Lebensbedingungen dieser Leute in den deutschen Gefängnissen zu unterrichten.

Ich glaubte, daß es auch meine Pflicht sei, den Gerichtshof über die Mißhandlungen seitens der Gestapo aufzuklären, durch die dem Schwiegersohn des Professors Langevin die Glieder gebrochen wurden. Dies geht übrigens aus dem Text einer Zeugenaussage hervor.

VORSITZENDER: Sicher, wenn Fragen vorliegen, die Sie noch vertiefen wollen, dann können Sie es tun. Aber ich glaube, Sie können die Einzelheiten über die einzelnen Geiselerschießungen zusammenfassen. Wenn Sie aber den Gerichtshof auf besondere Grausamkeiten aufmerksam machen wollen, tun Sie es.

M. DUBOST: Herr Präsident, ich habe Ihnen nur zwei Berichte über Hinrichtungen von Geiseln vorgetragen als Beispiele für die vielen Hinrichtungen, die in unserem Lande 29660 Opfer verursacht haben.

VORSITZENDER: Fahren Sie fort, Herr Dubost.

M. DUBOST: Im Gebiet von Nordfrankreich, das verwaltungsmäßig an Belgien angeschlossen war und unter dem Befehl des Generals von Falkenhausen stand, kam die gleiche Hinrichtungspolitik zur Anwendung; Sie finden in dem Dokument F-133, RF-289, die Wiedergabe einer ganzen Reihe von Bekanntmachungen, die Festnahmen oder Hinrichtungen oder Deportationen ankündigen. Einige dieser Bekanntmachungen enthalten im übrigen einen Appell zur Denunzierung und sind denjenigen ähnlich, die ich Ihnen Frankreich betreffend verlesen habe. Vielleicht wäre es angebracht, auf das hinzuweisen, was die Exekution von zwanzig Franzosen wegen eines Sprengstoffdiebstahls betrifft, Seite 3. Eine andere Bekanntmachung bezieht sich auf die Hinrichtung von fünfzehn Franzosen, die infolge eines Anschlags auf Eisenbahnanlagen angeordnet worden war, Seite 4. Schließlich die letzte Bekanntmachung, Seite 8 und 9, kündigt an, daß man Exekutionen durchführen wird, und fordert die Zivilbevölkerung auf, die Schuldigen, falls sie bekannt sind, der Deutschen Wehrmacht auszuliefern.

Was insbesondere die Länder im Westen anbetrifft, Frankreich ausgenommen, haben wir eine große Anzahl von Fällen ähnlicher Art. Sie finden in Ihrem Dokumentenbuch unter F-680, RF-290, die Abschrift eines Aufrufs des Militärbefehlshabers für Belgien und Nordfrankreich, in dem die Festnahme von fünfundzwanzig Einwohnern von Tournai als Geiseln am 18. September 1941 bekanntgegeben wird, und der die Bedingungen genau festlegt, unter denen einige dieser Geiseln erschossen werden sollten, falls die Schuldigen sich nicht entdecken ließen.

Aber Sie werden besonders F-680-a, ein bemerkenswertes Dokument, finden; es stammt von den deutschen Behörden selbst und ist ein Geheimbericht des Chefs der Deutschen Polizei in Belgien vom 13. Dezember 1944, also aus einer Zeit, da Belgien bereits ganz befreit war, in welchem dieser deutsche Funktionär über die Tätigkeit seines Dienstes während der Besetzung Belgiens seinen Vorgesetzten berichtete.

Wir zitieren wie folgt:

»Die steigenden Verhetzungen der Bevölkerung durch den zu Terrorhandlungen und Sabotage auffordernden feindlichen Rundfunk und die feindliche Presse« – dies bezieht sich auf Belgien – »und das passive Verhalten der Bevölkerung, insbesondere der landeseigenen Verwaltung, das völlige Versagen der Staatsanwaltschaften, Untersuchungsrichter und der Gerichtspolizei bei der Aufdeckung und Verhinderung von Terrorhandlungen, haben schließlich zu den schärfsten Vorbeugungs- und Sühnemaßnahmen, der Erschießung von dem Täterkreis nahestehenden Personen, geführt. Bereits am 19. 10. 1941 hatte der Militärbefehlshaber anläßlich der Ermor dung zweier deutscher Polizeibeamter in Tournai durch Presseveröffentlichung alle politischen Häftlinge in Belgien – in den nordfranzösischen Provinzen des Befehlsbereichs schon am 26. 8. 41 – mit sofortiger Wirkung als Geiseln erklärt. Durch wiederholte Hinweise in der Presse... war die Bevölkerung darauf aufmerksam gemacht worden, daß bei Fortdauer der Mordanschläge die als Geiseln erklärten politischen Häftlinge in Anspruch genommen würden.

Durch die Ermordung des rexistischen Bürgermeisters in Charleroi, Teughels, und weitere Mordanschläge auf Mitglieder öffentlicher Ämter, sah sich der Militärbefehlshaber veranlaßt, in Belgien erstmals die Erschießung von 8 Terroristen (Zeitpunkt der Erschießung 27.11.1942) anzuordnen.«

Auf der folgenden Seite desselben Dokuments F-680-6, finden Sie einen weiteren Befehl; er ist datiert vom 22. April 1944, geheim, und stammt vom Militärbefehlshaber für Belgien und Nordfrankreich, Er bezieht sich auf Sühnemaßnahmen für die Ermordung zweier wallonischer SS-Männer, die in Tscherkassy gekämpft hatten. Fünf Geiseln wurden an jenem Tag erschossen.

Auf der folgenden Seite kommen noch neun Geiseln zu den fünf hinzu und auf der nächstfolgenden Seite noch ein zehnter. Dann fünf weitere auf der folgenden Seite.

Sie finden schließlich auf der vorletzten Seite des Dokuments den Entwurf einer Liste der zur Sühne für den Mord von SS-Männern zu erschießenden Personen. Vergleichen Sie die Daten und beurteilen Sie die Grausamkeit, mit der die Erschießung dieser zwei wallonischen Verräter, die sich bei der SS freiwillig gemeldet hatten, bestraft wurde.

Hier der Auszug aus einem deutschen Dokument mit den Namen der zwanzig belgischen Patrioten, die so hingerichtet worden sind. »Nouveau Journal« vom 25. April 1944:

»Sühnemaßnahmen für die Morde an Tscherkassykämpfern.

Die deutsche Behörde teilt mit:

Die Täter der am 6. April erfolgten Mordanschläge auf die Angehörigen der SS-Sturmbrigade Wallonien und Tscherkassykämpfer Hubert Stassen und François Musch sind bisher nicht ergriffen worden.

Deshalb sind gemäß der Bekanntmachung vom 10. 4. 1944 folgende 20 Terroristen erschossen worden: Renatus Dierickx aus Löwen; François Böts aus Löwen; Antoine Smets aus Löwen; Jacques Van Tilt aus Holsbeek; Emilien Van Tilt aus Holsbeek; Franciscus Ärts aus Herent; Jan Van der Elst aus Herent; Gustave Morren aus Löwen; Eugene Hupin aus Chapelle-lez-Herlaimont; Pierre Leroy aus Boussois; Leon Hermann aus Montigny- sur-Sambre; Felix Trousson aus Chaudfontaine; Joseph Grab aus Tirlemont; Octave Wintgens aus Bälen-Hontem; Stanislaw Mrozowski aus Grâce-Berleur; Marcel Boeur aus Athus; Marcel Dehon aus Ghlin; Andre Croquelois aus Pont des Briques b. Boulogne; Gustave Hos aus Mons; und der staatenlose Jude Walter Kriß aus Herent.«

VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird die Sitzung für zehn Minuten unterbrechen.