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[Das Gericht vertagt sich bis

5. Februar 1946, 10.00 Uhr.]

Einundfünfzigster Tag.

Dienstag, 5. Februar 1946.

Vormittagssitzung.

OBERST CHARLES W. MAYS, GERICHTSMARSCHALL: Meine Herren Richter! Ich gebe bekannt, daß der Angeklagte Kaltenbrunner wegen Krankheit dieser Sitzung nicht beiwohnen wird.

M. EDGAR FAURE, STELLVERTRETENDER HAUPTANKLÄGER FÜR DIE FRANZÖSISCHE REPUBLIK: Einer der Anwälte möchte sich gern an den Gerichtshof wenden.

DR. HANS LATERNSER, VERTEIDIGER FÜR GENERALSTAB UND OBERKOMMANDO: Namens der von mir vertretenen Organisationen beantrage ich, die Aussage des gestern vernommenen Zeugen van der Essen zu streichen, und zwar insoweit, als der Zeuge Angaben machte:

1. Über die angeblich mutwillige Zerstörung der Universitätsbibliothek in Loewen und

2. über die Behandlung der Landeseinwohner während der Rundstedt-Offensive, die ihn zur Annahme führt, daß ein entsprechender höherer Befehl vorgelegen habe.

Zur Begründung dieses Antrages auf teilweise Streichung der Zeugenaussage wird folgendes ausgeführt:

1. Es handelt sich bei der gestrigen Aussage um keine Zeugenaussage. Ein Zeuge hat sein eigenes Wissen zu bekunden, das sich auf eigene Wahrnehmungen gründen kann. Diese Voraussetzungen liegen in den beanstandeten Punkten nicht vor. Der Zeuge hat im wesentlichen Angaben dritter Personen wiedergegeben, zum Teil sogar von solchen Personen, die er selbst nicht einmal kennt. Die Kenntnis dieses Zeugen kann sich sonach zum Teil nur auf Aktenstudien zurückführen lassen.

2. Jede dritte Person ist in der Lage, diese gleiche Zeugenaussage zu machen, sobald ihr die Akten zur Verfügung gestellt werden, die diesem Zeugen wirklich zugänglich waren und sie ferner die Personen sprechen kann, mit denen der Zeuge gesprochen hat und die ihm seine Kenntnis vermittelt haben. Hierdurch ist bewiesen, daß es sich bei dem Zeugen van der Essen um keinen wirklichen Zeugen handelt, denn ein solcher kann nicht durch jeden Dritten beliebig ersetzbar sein.

3. Obwohl das Hohe Gericht gemäß Artikel 19 des Statuts an Beweisregeln nicht gebunden ist, muß das Beweismittel schon deshalb zurückgewiesen werden, weil es keinen durch das Gericht bestimmbaren Beweiswert besitzt. Dies ergibt sich zwingend daraus, daß die Quellen für die Aussagen des Zeugen ihrem Werte nach nicht beurteilt werden können. Ich halte es für meine Pflicht, darauf hinzuweisen, daß die Erhebung solcher indirekter Beweise zu einer Wahrheitsfindung in den beanstandeten Punkten nicht führen kann.

DER VORSITZENDE, LORD JUSTICE SIR GEOFFREY LAWRENCE: Der Gerichtshof würde gern wissen, Herr Faure, was Sie auf diesen Antrag, der gerade gestellt wurde, zu erwidern haben.

M. FAURE: Meine Herren, ich möchte zuerst bemerken, daß, wie der Herr Anwalt, der soeben gesprochen hat, angab, das Statut des Gerichtshofs vorsieht, daß er bezüglich der Beweisführung keinen formellen Bestimmungen unterworfen ist.

Aber über diese Erwägung hinaus bin ich der Ansicht, daß dem Einspruch des Anwalts nicht stattgegeben werden sollte. Dieser Einspruch gründet sich auf drei Punkte, die er aufgezählt hat, die sich jedoch meines Erachtens auf einen einzigen zurückführen lassen, nämlich, daß dieser Zeuge ein indirekter Zeuge ist.

Nun möchte ich darauf hinweisen, daß ich Herrn van der Essen in erster Linie in seiner Eigenschaft als Mitglied der amtlichen Belgischen Regierungsuntersuchungskommission zur Erforschung von Kriegsverbrechen als Zeuge vorgeladen habe. Nach sämtlichen Verfahrensvorschriften, die ich kenne, kann eine Person, die Untersuchungen hinsichtlich verbrecherischer Handlungen geführt hat, vor den Gerichtshof geladen werden, um die Umstände vorzutragen, unter denen diese Untersuchung durchgeführt worden ist und die Ergebnisse, zu denen sie geführt hat. Es ist daher nicht notwendig, daß der Zeuge, der über eine Untersuchung aussagt, selbst Augenzeuge der Verbrechen gewesen ist, die diese Untersuchung aufklären soll.

Herr van der Essen hat daher meiner Ansicht nach eine Aussage über Tatsachen gemacht, die er selbst kennt, nämlich: Was die Vorgänge von Stavelot betrifft, hat er gesagt, daß er selbst Zeugen vernommen hat, und daß er sich davon überzeugt hat, daß diese Zeugenaussagen absolut zuverlässig sind.

Was die Vorgänge der Bibliothek von Loewen betrifft, so hat er sich auf die Protokolle der Kommission berufen, deren ordentliches Mitglied er ist.

Ich möchte hinzufügen, daß mir dieses Verfahren den Vorteil zu haben scheint, zu vermeiden, daß hier vor den Gerichtshof eine große Anzahl einzelner Zeugen geladen wird. Damit aber alle Garantien bezüglich des Sachvortrages, der dem Gerichtshof gehalten wird, gegeben sind, habe ich mich entschlossen, die Akten mit den Zeugenaussagen hierher kommen zu lassen, die der Zeuge angeführt hat. Ich werde daher der Verteidigung die Affidavits der Zeugen zur Verfügung stellen, von denen gestern gesprochen wurde, und ich glaube, daß dies der Verteidigung eine Garantie geben wird.

Ich schlage daher dem Gerichtshof vor, den Einspruch zu verwerfen, was die Zulässigkeit der Zeugenaussage betrifft; selbstverständlich soll sich die Verteidigung nach ihrem Belieben über Wert und Beweiskraft dieser Zeugenaussage später aussprechen können.

VORSITZENDER: Herr Faure, Sie haben etwas über die Affidavits der Zeugen gesagt, die Sie den Verteidigern zur Verfügung stellen würden. Ich nehme an, daß Sie die Absicht haben, die Regierungs- oder Ausschußberichte zu unterbreiten, die der Zeuge anführte, als er gestern seine Aussage machte. Ist das richtig?

M. FAURE: Ja, Herr Vorsitzender.

VORSITZENDER: Sie wollen die Affidavits, die diesem Ausschuß vorgelegen haben, auch den Verteidigern zur Verfügung stellen. Ist das richtig?

M. FAURE: Ja, wenn der Gerichtshof damit einverstanden ist.

VORSITZENDER: Der Regierungsbericht schließt wohl die Affidavits ein, oder?

M. FAURE: In der Tat, Herr Vorsitzender.

VORSITZENDER: Ja? Die Affidavits sind ein Teil des Berichts?

M. FAURE: Der Bericht, der vorgelegt worden ist, enthält nicht die einzelnen Elemente, über die der Zeuge gestern gesprochen hat, weil nämlich die Untersuchung über Stavelot sehr ausgedehnt und gründlich war und nicht rechtzeitig zusammengefaßt wurde.

Ich hatte also vor, wie ich gesagt habe, diese zusätzlichen Materialien als Beweise vorzulegen und der Verteidigung mitzuteilen.

VORSITZENDER: So hatte ich Sie verstanden. Das heißt also, daß der Bericht nicht alle Einzelheiten enthält, die in den Affidavits oder Zeugenaussagen zu finden waren.

M. FAURE: Nein, Herr Vorsitzender.

VORSITZENDER: Aus diesem Grunde hielten Sie es also für richtig, aus Entgegenkommen den Verteidigern Einblick in die Einzelheiten zu gewähren, auf denen der Bericht aufgebaut war. Der Gerichtshof versteht das.

Der Gerichtshof wird sich mit dem vorgelegten Antrag etwas später befassen. Sie können jetzt Ihre Beweisführung fortsetzen.

M. FAURE: Meine Herren! Ich möchte zuerst dem Gerichtshof erklären, daß, da schon viel Zeit zu Zeugenvernehmungen und Verhandlungen verwendet worden ist, und da ich den vorgesehenen Stundenplan nicht überschreiten möchte, ich meine jetzigen Ausführungen über Propaganda beträchtlich verkürzen muß.

Ich bitte daher den Gerichtshof, zu entschuldigen, wenn bei diesem Vortrag gewisse Stockungen vorkommen, da ich meinem vorbereiteten Bericht nicht genau folgen werde.

Ich habe gestern die Methode dargelegt, die die Deutschen bezüglich des Versammlungs- und Vereinigungsrechts anwendeten. Dieses Recht wurde entweder einfach unterdrückt oder im Falle seiner Aufrechterhaltung von ihnen zu ihrem eigenen Vorteil ausgenützt. Ich möchte nun etwas über Buch und Verlag sagen. Die deutschen Behörden erließen zuerst im Amtsblatt vom 16. September 1940 eine Verordnung vom 30. August 1940, um gewisse Lehrbücher in Frankreich zu verbieten. Wir haben schon gesehen, daß sie in der gleichen Weise in Belgien vorgegangen sind.

Ein weiterer Schritt der Deutschen bestand darin, daß sie eine gewisse Anzahl Bücher verboten, die ihnen nicht gefielen. Ich lege hierüber Dokument RF-1103 vor, das Liste »Otto« ist. Diese Liste, die im September 1940 veröffentlicht wurde, ist eine Liste von 1074 Büchern, die von den Deutschen verboten wurden. Selbstverständlich werde ich sie dem Gerichtshof nicht verlesen. Sie erscheint im Dokumentenbuch als RF-1103, wie ich schon gesagt habe.

Eine zweite »Otto«-Liste, länger als die erste, wurde dann am 8. Juli 1942 veröffentlicht. Ich unterbreite sie als RF-1104.

Der Schluß dieses zweiten Dokuments, der auf der letzten Seite meines Dokumentenbuches steht, zeigt sehr deutlich, welche Grundsätze die deutschen Behörden anwandten.

Ich möchte einige Zeilen verlesen:

»Grundsätzlich müssen alle Übersetzungen aus dem Englischen mit Ausnahme der englischen Klassiker vom Verkaufe zurückgezogen werden,«

und weiter:

»alle Bücher jüdischer Verfasser sowie alle Bücher, an denen Juden mitgearbeitet haben, sollen vom Verkauf zurückgezogen werden, mit Ausnahme von solchen Büchern, die wissenschaftlicher Natur sind, bezüglich welcher besondere Maßnahmen getroffen werden. Aber schon jetzt sind Juden gewidmete Biographien, auch wenn sie von französischen Ariern verfaßt werden, z.B. Biographien über jüdische Musiker, wie Offenbach, Meyerbeer, Darius Milhaud, usw. ebenfalls vom Verkauf zurückzuziehen.«

Diese Handlungsweise schien anfangs vielleicht von geringer Bedeutung zu sein, da es sich nur um etwa 1200 Bücher handelte. Man kann aber sehen, wie wichtig dieser Grundsatz ist. Andererseits erreichten die deutschen Behörden durch dieses Verfahren den praktischen Erfolg, den sie anstrebten, und der im wesentlichen außer anderen Verboten in dem völligen Verschwinden von ernsten und objektiven Werken bestand, die die Möglichkeit gegeben hätte, die deutschen Lehren, die deutsche Politik und die Philosophie des Nazismus zu studieren.

Außer dem Verbot von schon vorhandenen Werken haben die Deutschen selbstverständlich eine Zensur eingeführt. Hierbei haben sie am Anfang in getarnter Weise gehandelt, indem sie mit den Herausgebern zu einer Art Abkommen kamen; sie beauftragten die Verleger, die ihres Erachtens zu zensierenden Bücher selbst zu melden. Ich lege den Wortlaut dieses Abkommens als Dokument RF-1105 vor und möchte, ohne es zu verlesen, eine einzige Bemerkung machen, die für die ständige Methode der Deutschen sehr bezeichnend ist. In der gedruckten Broschüre dieses Abkommens, die in Urschrift vorgelegt worden ist, steht, abgesehen von dem Abkommen selbst, eine Mahnung, welche nicht im Einklang mit den französischen Gefühlen stand. Diese Mahnung war nicht von den Verlegern, denen das Abkommen aufgezwungen worden war, sondern von den Deutschen entworfen worden, und wurde in derselben Broschüre veröffentlicht, die die Überschrift trägt »Syndicat National des Editeurs«, so daß man glauben konnte, daß die französischen Verleger den Wortlaut dieser Einleitung angenommen hätten.

Daß es sich dabei um eine deutsche Veröffentlichung handelt und nicht um, eine von französischen Verlegern herausgegebene, geht für den aufmerksamen Leser daraus hervor, daß diese Broschüre den Namen des Druckers nicht angibt; denn nur die Deutschen waren von der französischen Vorschrift befreit, die die Angabe der Druckerei fordert.

Die Deutschen haben sich nicht auf dieses Verfahren beschränkt, das noch ziemlich liberal war; später ist durch eine im amtlichen Verordnungsblatt des 13. Mai veröffentlichte »Verordnung vom 27. April 1942 über den rationellen Verbrauch von Druckpapier« unter dem Vorwand der rationellen Verwendung von Papier beschlossen worden, daß Veröffentlichungen ohne jede Ausnahme eine deutsche Zulassungsnummer tragen mußten.

Ich möchte im übrigen angeben, daß, um in Frankreich das Verlagswesen zu ersticken, die Deutschen über ein sehr starkes Druckmittel verfügten, nämlich, daß sie im Besitz des Papiere waren. Ich unterbreite als Dokument RF-1106 das Affidavit des Herrn Marcel Rives, Direktor des Binnenhandels im Ministerium für industrielle Produktion. Um den Vortrag abzukürzen, werde ich dieses Dokument nicht verlesen. Ich möchte also zusammenfassend angeben, daß dieses Dokument zeigt, daß die ganze Verteilung des vorrätigen Papiers den deutschen Behörden unterstand, und daß die Deutschen die Papierkontingente für die Verleger in einem Umfang eingeschränkt haben, der viel größer ist als der allgemeine Umfang der Herabsetzung aller Papierkontingente im Vergleich zur Vorkriegslage.

Ich möchte noch hinzufügen, daß aus diesen sehr dünnen Kontingenten, über die die französischen Verleger verfügten, die Deutschen noch einen gewissen Teil für ihre eigenen Propagandaveröffentlichungen benützten, so daß sie für diese Propaganda nicht nur das Papier benutzten, das sie in Deutschland hatten, sondern auch noch einen Teil der geringen Mengen wegnahmen, die sie den französischen Verlegern zubilligten.

Ich möchte hierüber einige Zeilen aus einem Dokument verlesen, das den Anhang 2 zum Dokument RF-1106 darstellt, das ich eben vorgelegt habe. Ich verlese nur einige Zeilen aus diesem Anhang 2. Es ist ein Brief des deutschen Militärbefehlshabers vom 28. Juni 1943 an das Ministerium der nationalen Wirtschaft.

»Besonders im Laufe des Monats März, wie von Ihnen ganz besonders hervorgehoben wird, konnte den Verlegern keinerlei Menge von der laufenden Produktion zu geteilt werden, da diese für wichtige Propagandazwecke benötigt würde.«

Die andere Seite der deutschen Tätigkeit im Verlagswesen stellte eine Intensive Propaganda durch Broschüren und Veröffentlichungen aller Art dar. Diese Propagandaliteratur ist höchst langweilig. Ich möchte eine einzige Einzelheit angeben, die für die ständige Tarnungsmethode der Nazis bezeichnend ist.

Ich habe hier einige deutsche Propagandabroschüren und werde sie, selbstverständlich ohne Verlesung, als Dokument RF-1106 b vorlegen.

Die ersten Broschüren gehören einer Sammlung, betitelt »England ohne Maske« an.

Die ersten aufs Geratewohl herausgenommenen Nummern tragen auf dem Vorsatzblatt die Inschrift: »Deutsche Auskunftsstelle – England ohne Maske – Nr.... und so weiter«. Es gibt hier keine Verheimlichung, und man weiß wohl, worum es sich handelt.

Durch ein eigenartiges Zusammentreffen trägt die Nummer 11 derselben Sammlung nicht mehr den Namen »Deutsche Auskunftsstelle«; statt dessen sehen wir die Bezeichnung »Maison Internationale d'Édition, Bruxelles«, Internationale Verlagsbuchhandlung, Brüssel. Übrigens wissen wir über die Herkunft Bescheid, denn der Verfasser heißt ja Reinhard Wolf, und das ist ein deutscher Name.

Als letztes Beispiel habe ich aber eine Broschüre mit dem Titel »Der Pakt gegen Europa«, auch von der Internationalen Verlagsbuchhandlung Brüssel veröffentlicht. Wir wissen aus anderen Beispielen, daß dieser Verlag nur ein anderer Name der deutschen Stelle ist; aber die Personen, die nicht gut unterrichtet sind, können annehmen, daß es sich um französische oder belgische Literatur handelt, denn der Name des Verfassers ist diesmal Jean Dubreuil.

Ich will mich beim Verlagswesen nicht weiter aufhalten und möchte einige Worte über die Presse sagen. Es ist wohl bekannt, daß alle Zeitungen der besetzten Gebiete unter deutscher Kontrolle standen und daß die Mehrzahl auf Anstiften der Deutschen durch von ihnen bezahlte Personen gegründet worden waren. Da diese Tatsachen wohl bekannt sind, will ich davon absehen, Dokumente zu diesem Punkte vorzulegen, und möchte mich darauf beschränken, die folgenden Bemerkungen zu machen:

1. Restriktive Maßnahmen. – Die Zensur:

Obwohl alle diese Zeitungen praktisch »ihre« Zeitungen waren, haben die Nazis sie trotzdem einer sehr scharfen Zensur unterzogen. Ich möchte als Beweis Dokument RF-1108 vorlegen; es ist ein Bericht über eine Pressekonferenz vom 8. Januar 1943, in deren Verlauf die neuen Richtlinien und Anweisungen für die Zensur festgelegt wurden. Ich mache den Gerichtshof darauf aufmerksam, daß dieses Dokument und einige ähnliche im Archiv der unter deutscher Kontrolle stehenden französischen Nachrichtenstelle gefunden wurden; sie sind dann entweder in der Nationalbibliothek in Paris oder in der Dokumentenbibliothek des Kriegsmuseums hinterlegt worden. Diese Dokumente sind laut Protokoll entweder im Original oder in Photokopien in die französische Dokumentensammlung aufgenommen worden.

Ich möchte mit diesem Dokument RF-1108 einfach darauf hinweisen, daß es sich für die Deutschen darum handelte, ein neues, großmütigeres Verfahren bei der Zensur einzuführen. Wenn man nun das Dokument liest, sieht man jedoch, daß fast alle Nachrichten und Artikel der Zensur unterliegen, mit Ausnahme von Feuilletons, Film- und Theaterkritiken, Universitäts- und Wirtschaftsnachrichten, Rundfunkprogrammen sowie gewissen vollkommen nebensächlichen Gegenständen.

Die zweite Seite der deutschen Einmischung, die positive Seite, stellt eine Orientierung der Presse dar, und diese Orientierung wurde durch die Pressekonferenz ausgeführt, die ich soeben erwähnt habe. Ich werde dem Gerichtshof, ohne sie zu verlesen, eine gewisse Anzahl von Dokumenten vorlegen, die die Nummern RF-1109 bis 1120 tragen. Ich lege diese Dokumente als Beweismittel nicht wegen ihres Inhalts vor, der einfach eine langweilige Wiederholung der deutschen Themen darstellt, sondern lediglich zum Beweis ihres Vorhandenseins, das heißt der beständigen Steuerung der Presse.

Ich möchte aber andeuten, wie sich die Dinge entwickelten: Die Pressekonferenz wurde entweder bei der Propagandastaffel, Avenue des Champs-Elysées, oder bei der Deutschen Botschaft abgehalten. Die Vertreter der Zeitungen wurden dort von den zuständigen Nazi-Beamten zusammengerufen und erhielten von ihnen Richtlinien. Nach der Konferenz wurden diese Richtlinien in einem Telegramm des französischen Informationsbüros zusammengefaßt. Der Gerichtshof weiß, daß die Agenturen den Zeitungen Telegramme zusenden, die die Grundlage ihrer Nachrichten darstellen. Sobald dieses Telegramm vom Büro verfaßt war, wurde es den deutschen Behörden zur Kontrolle vorgelegt, die ihren Stempel darauf drückten, und dann wurde es an die Zeitungen weitergegeben.

Ich habe gesagt, daß ich Dokumente über diese Pressekonferenzen sowie über diese Protokolle und Noten der Agentur, welche die Dokumente RF-1109 bis 1120 bilden, nicht verlesen werde. Ich möchte lediglich ein sehr kurzes Dokument verlesen, das ich als Dokument RF-1121 dem Gerichtshof vorlege; es ist ein Bericht über die Pressekonferenz vom 16. April 1943 bei der Propagandaabteilung.

Ich zitiere:

»Am Schluß der Konferenz hat der deutsche Sprecher erklärt, daß anläßlich des Geburtstages des Führers die Zeitungen am Dienstag, den 20. April, in einer Auflage von 4 anstatt 2 Seiten, und Mittwoch, den 21. April, auf 2 anstatt 4 Seiten erscheinen werden.

Er hat die anwesenden Journalisten gebeten, in der politischen Persönlichkeit des Führers das Europäische zu unterstreichen und die französisch-deutschen Beziehungen breit zu behandeln.

Immerhin sei es angebracht, mit viel Takt und Zurückhaltung vorzugehen, um den Zeitungen nicht ein Ansehen zu geben, welches, da es nicht mehr französisch ist, Gefahr laufe, die öffentliche Meinung zu brüskieren.«

Ich vergesse nicht, daß es sich hier um ein Strafverfahren handelt. Wir müssen das unterstreichen, was in den oft verschiedenartigen Tatsachen, die wir vortragen müssen, die Absicht und die Verwirklichung einer strafrechtlich verwerflichen Handlung kennzeichnet. Hierzu möchte ich Dokument RF-1124 vorlegen und verlesen. Es ist ein Versuch, durch Presse und Propaganda die militärische Anwerbung von Franzosen in das feindliche Heer zu unterstützen. Dies ist im Sinne des Artikels 75 des französischen Strafrechtsbuches ein Verbrechen, und ich betone, daß nach der Rechtslehre Angehörige von Feindstaaten wegen derartiger Verbrechen verfolgt werden können. Ich möchte dieses Dokument verlesen, das sehr kurz ist; ich zitiere:

»... Am Schluß der Militärkonferenz teilte Dr. Eich mit, daß die O. F. I. heute Nachmittag einen Artikel verbreiten würde, der der Notwendigkeit der Teilnahme französischer Seeleute in der Kriegsmarine gewidmet sei. Er bittet die Zeitungen, diesem Text Erläuterungen beizufügen, indem man z.B. das folgende Thema entwickelt: Seemann sein heißt einen Beruf erwerben.

Der durch die O. F. I. verbreitete Artikel ist morgen (Tag der 4 Seiten) auf der ersten Seite zu veröffentlichen oder wenigstens auf dieser ersten Seite anzufangen.«

Schließlich muß ich darauf hinweisen, daß außer den Pressekonferenzen sogenannte Kulturkonferenzen stattfanden, in welchen die deutschen Behörden ihre Befehle auf allen Gebieten erteilten.

Ich möchte gern einige sehr kurze Berichtsauszüge von einer dieser Kulturkonferenzen verlesen, um die allgemeine Unterdrückung, die aus diesen deutschen Einmischungen auf allen Gebieten ohne Ausnahme entstand, zu kennzeichnen. Ich lege diese Dokumente als RF-1125 und RF-1126 vor und lese zwei Sätze von Seite 1 des Dokuments RF-1125 vor, dem Bericht über eine Konferenz vom 22. April.

Ich zitiere:

»Trotz der gegenteiligen Anweisungen, die hierzu vorher gegeben worden sind, wurden kürzlich Reproduktionen von Bildern Picassos hergestellt.

Theater. Gewisse Presseorgane haben geglaubt, der Operette ›Don Philipp‹ Artikel widmen zu müssen, deren übermäßige Lobhudelei Lügen gestraft wurde durch den Empfang, den das große Publikum diesem Werk bereitete. Es liegt da ein Mangel an Takt vor.«

Ich lese auf Seite 2 oben:

»Die Zeitungen haben eine offensichtlich übertriebene Reklame für Jazzkonzerte gemacht, besonders für dasjenige von Fred Jumbo. Es fehlt da an Fingerspitzengefühl, was um so bedauernswerter ist, als im allgemeinen hochwertigen Konzerten nur ein winziger Platz eingeräumt wurde.«

Am Ende dieses Dokuments befindet sich eine interessante Anmerkung:

»Die Nationalität der Persönlichkeiten auf dem Gebiet der Wissenschaft, der Kunst und anderer, die in diesen Presseartikeln erwähnt werden, sollten angegeben werden als diejenigen von Großdeutschland für alle Länder, wo diese Persönlichkeiten geboren oder die dem Großdeutschen Reich angeschlossen oder einverleibt worden sind.«

Wir spüren also auch auf Gebieten, die uns weitabgelegen scheinen, den Germanisierungswillen und den verbrecherischen Willen, Menschen ihrer Nationalität zu berauben, auf die sie ein Recht haben.

Ich werde jetzt einige Worte über das Kino sprechen. Man kann den Deutschen die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß sie niemals die außerordentliche Bedeutung des Films als Mittel der Propaganda übersehen haben. Hierüber haben sie in Frankreich sieben Verordnungen und Erlasse herausgegeben. Man muß bemerken, daß die Deutschen in erster Linie die Aufführung von Filmen verboten, die ihnen nicht gefielen....

VORSITZENDER: Glauben Sie nicht, Herr Faure, daß der Beweis dafür, daß die Deutschen das Kino als Propagandamittel benutzten, eher kumulativen Charakter trägt? Sie haben bereits gezeigt, daß sie eine große Anzahl von Büchern verboten haben, die sie ihren Ideen gegenüber für feindlich hielten, und daß sie die Presse kontrollierten. Ist es nicht eher kumulativ und eine Einzelfrage, ob sie auch das Kino beherrschten? Wenn von den Angeklagten gegen diese Ihre Ausführungen kein Gegenbeweismaterial vorgebracht wird, denke ich, daß der Gerichtshof die Anwendung all dieser Propagandamittel durch die Deutschen für erwiesen hält.

M. FAURE: Der Eindruck, den ein Aktenstück in dem Augenblick macht, wo man es vorlegt, führt manchmal zum Eindruck, daß die darin vorgebrachten Beweise kumulativ sind, während man dies bei der Vorbereitungsarbeit nicht so deutlich bemerkt hat. Ich werde also über dieses Kino-Kapitel nicht sprechen.

Ich möchte dem Gerichtshof nur folgendes sagen:

Wir dachten, daß hinsichtlich dieser Propagandafragen, die wir in abstracto vortragen, es vielleicht gut wäre, in konkreter Form an einige der Gesichtspunkte der deutschen Propaganda zu erinnern, und zu diesem Zwecke wollen wir mit der Erlaubnis des Gerichtshofs in aller Kürze einige deutsche Propagandathesen illustrieren.

Ich möchte dazu bemerken, daß diese Themata gewissen erbeuteten Archiven entnommen worden sind, daß wir aber die Absicht hatten, zwei Filmausschnitte von je einer Minute vorzuführen, die aus einem deutschen Propagandafilm stammen, welcher übrigens von einem Franzosen auf Veranlassung und mit finanzieller Hilfe deutscher Dienststellen hergestellt wurde.

Da wir mit Erlaubnis des Gerichtshofs diese Filme vorführen werden, scheint es mir unbedingt notwendig, RF-1141 als einziges Dokument vorzulegen; denn dieses Dokument, das Verhör des Filmherstellers, beweist, daß dieser Film auf Befehl der Deutschen hergestellt und von ihnen bezahlt wurde. Ich lege also Dokument RF-1141 vor, was wegen des bald vorzuführenden Films notwendig ist.

Da mir die Beweisführung der Anklage für die verschiedenen Propagandamittel weit genug fortgeschritten zu sein scheint, werde ich in dem dem Rundfunk gewidmeten Vortragsteil dieselben Argumente verwenden.

Zu diesem Teil der Anklageschrift möchte ich lediglich ein Dokument vorlegen, das über die Frage der einfachen Propaganda hinausgeht. Es ist Dokument RF-1146.

Ich muß zuerst darauf hinweisen, daß die Deutschen in Radioangelegenheiten auf ein Hindernis stießen, das sie im gleichen Umfang auf anderen Gebieten nicht gefunden hatten; dieses Hindernis waren die Sendungen des freien Rundfunks, welchem, wie der belgische Zeuge gestern sagte, die Bewohner der besetzten Gebiete mit so großem Interesse zuhörten. Die Deutschen beschlossen daher, die Leute, die diesen Sendungen zuhörten, zu bestrafen.

In dem Dokument, das ich zitieren werde, geht die Militärbehörde so weit, zu verlangen, daß die französischen Behörden ganz strenge Strafen, selbst die Todesstrafe, gegen diejenigen verhängen sollen, die Nachrichten aus ausländischen Sendungen verbreitet haben.

Ich glaube daher, daß ich dieses Dokument, das von einem militärischen Kommando stammt und von Stülpnagel gezeichnet ist, vorlegen sollte. Es zeigt die verbrecherischen Absichten des deutschen Generalstabs.

Ich möchte dieses Dokument RF-1146 verlesen. Ich lese Seite 1 am Anfang des dritten Absatzes:

»Im französischen Gesetz vom 28. Oktober 1941 ist bisher das Verbreiten von Nachrichten ausländischer Sender, die geeignet sind, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu gefährden, überhaupt nicht unter besondere Strafen gestellt, obwohl es sich gerade hierbei um ein besonders gefährliches Verhalten handelt. Es ist notwendig, auch die Verbreitung solcher Nachrichten mit Zuchthausstrafe und in besonders schweren Fällen mit der Todesstrafe zu bedrohen, wobei es unerheblich sein soll, ob der Verbreiter die Nachricht selbst abgehört oder auf andere Weise erfahren hat.

Die Möglichkeit, das angeführte Verhalten etwa mit Hilfe des Gesetzes über den Staatsgerichtshof strafrechtlich zu verfolgen und auf diesem Umwege zu einer schwereren Bestrafung zu gelangen, reicht nicht aus, um die Bevölkerung vor dem Abhören des englischen Rundfunks und der Weiterverbreitung der abgehörten Nachrichten abzuschrecken, da in dem Gesetz über den Staatsgerichtshof das Abhören ausländischer Sender nicht erwähnt ist und somit die unmittelbare Beziehung zwischen Abhören und Weiterverbreitung einerseits und hoher Zuchthaus- und Todesstrafe andererseits fehlt.

Der Bevölkerung fehlt daher auch bisher die Vorstellung, daß ein solches Verhalten schon jetzt mit Zuchthaus und Tod bestraft werden könnte.

Aus diesem Grunde ersuche ich, mir einen Entwurf zur entsprechenden Abänderung des Gesetzes vom 28. Oktober 1941 bis spätestens 3. Januar 1942 vorzulegen.

Als Anlage füge ich zu Ihrer Unterrichtung den Entwurf der deutschen Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen bei, aus dem die Einzelheiten der deutschen Regelung ersichtlich sind.«

Ich werde jetzt ein Dokument vorlegen, das die Nummer RF-1147 trägt. Ich glaube, daß dieses Dokument für den Gerichtshof von Interesse sein wird. Es ist ganz anderen Inhalts als die Dokumente, die ich bisher vorgelegt habe. Es enthält zuerst ein Schreiben aus Berlin vom 27. Oktober 1941, das ein Abkommen über die Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt zum Gegenstand hat. Ich will dieses ganz kurze Begleitschreiben verlesen, das beweist, daß unser Dokument echt ist.

»Anbei wird mit Genehmigung des Herrn Ministers Abschrift des mit dem Auswärtigen Amt abgeschlossenen Arbeitsabkommens sowie des Durchführungsabkommens mit der Bitte um Kenntnisnahme als ›Geheime Reichssache‹ übersandt. Von der Tatsache des Abkommens kann gesprochen werden, nicht aber über den Inhalt im einzelnen.«

Das beiliegende Dokument gibt den vollen Wortlaut des Abkommens wieder, das zwischen dem Auswärtigen Amte und dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda über die Zusammenarbeit zwischen ihren Dienststellen geschlossen wurde. Dieses Dokument lese ich nicht vor.

Ich glaube, daß dieses Dokument von Interesse ist, und deshalb lege ich es dem Gerichtshof vor. Ich möchte nur den Gerichtshof darauf aufmerksam machen, daß dieses Abkommen das ganze Ausmaß sowie die Planmäßigkeit beweist, mit der die Deutschen den Geist der Einwohner der besetzten Gebiete und sogar des Auslandes zu steuern und zu beeinflussen suchten.

Kapitel I dieses Abkommens trägt den Titel: »Fachliche Zusammenarbeit von a) Film, Theater, Musik und Ausstellungen, b) Schrifttum«.

Ich glaube aber, es ist interessant, daß ich einige der ersten Zeilen unter »b« verlese; da ich die Propaganda vom Gesichtspunkt der Empfänger beschrieben habe, ist es jetzt interessant, sie vom Gesichtspunkt der Leute zu betrachten, die sie machten. Andererseits glaube ich, daß wir die Gelegenheit nicht versäumen dürfen, die außerordentliche Vielseitigkeit und Schlauheit der deutschen Methoden festzustellen. Das Zitat ist sehr kurz:

»Das Auswärtige Amt und das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unterhalten in der ›Mundus A.G.‹ eine ihnen zu gleichen Anteilen gehörende Dachgesellschaft, in der die von den beiden Ministerien kontrollierten, im In- und Auslande befindlichen Verlagsunternehmungen zusammengefaßt sind, die der Herstellung von Schrifttum für das Ausland und seinem Vertrieb nach dem Ausland und im Ausland dienen. In diese Gesellschaft werden auch alle zukünftigen einschlägigen Gründungen oder Beteiligungen der beiden Ministerien eingegliedert.«

Von Seite 3, Absatz 4, verlese ich einen Satz:

»Die beiden Ministerien beteiligen sich gegenseitig an der Planung der von ihnen oder auf ihre Veranlassung im Inlande herausgegebenen, aber für das Ausland bestimmten Propagandaschriften.«

Und schließlich auf Seite 4 werde ich einen Satz verlesen, vorletzten Absatz:

»Zur Zusammenfassung der offen in deutscher Hand befindlichen ausl. Sender, Sendegesellschaften und Beteiligungen an Sendergesellschaften, wird vom Auswärtigen Amt und vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda gemeinsam zu je 50 % die Dachgesellschaft ›Interradio A.G.‹ mit dem Sitz in Berlin betrieben.«

Der Gerichtshof wird sich an diese Worte »in deutscher Hand« erinnern. Der Hinweis, der daraus hervorgeht, wird durch ein letztes Zitat, einen Satz auf Seite 5, Anfang des zweiten Absatzes, ergänzt:

»Die getarnte (nach außen hin nicht in Erscheinung tretende) Beeinflussung ausl. Rundfunksender darf aus politischen Gründen mit der offenen gemeinsamen Dachgesellschaft nicht in Zusammenhang gebracht werden.«

Ich möchte, um den Vortrag über die Propaganda zu beenden, Dokument RF-1148 vorlegen. Dies ist ein Rundschreiben, das an alle deutschen Propagandastellen gerichtet ist. Ich glaube, daß, ein ganz kurzes Zitat aus diesem Dokument interessant sein wird, um die ganz allgemeine Anwendung der Propaganda als Mittel einer der vorbedachtesten und schwerwiegendsten Taten des Nazismus zu kennzeichnen: ich meine die Vernichtung der Nationalität und der Existenz eines Landes. Es handelt sich hierbei um die Kultur und die Tradition der Tschechen. Ich zitiere von Ziffer 4 an:

»4. In positiver Weise ist die Zugehörigkeit der Tschechen zum europäischen Kulturkreis immer herauszustellen. Die weitgehende Beeinflussung, ja Abhängigkeit der tschechischen Kultur von der deutschen Kultur ist bei jeder Gelegenheit zu betonen, insbesondere auch die deutschen Kulturleistungen im böhmisch-mährischen Raume und ihre Wirkung auf das kulturelle Schaffen der Tschechen.

5. Es ist stets zu beachten, daß die Tschechen zwar eine slawische Sprache sprechen, sonst aber infolge ihres Jahrhunderte langen Zusammenlebens mit kulturell überlegenen deutschen Stämmen in deutschbestimmten Reichen, durchaus zum deutschen Kulturkreis gehören und mit anderen slawische Sprachen sprechenden Völkern beinahe nichts gemeinsam haben.

6. Historisch sind immer diejenigen Zeiten und Persönlichkeiten herauszustellen, in denen die Tschechen den Anschluß an die deutsche Kultur suchten und fanden: Wenzel der Heilige, Zeit Karls IV., Ferdinands I., Rudolfs II., böhmisches Barock usw.«

Schließlich lege ich Dokument RF-1149 vor; ich werde es jedoch nicht verlesen. Ich wollte dieses Dokument in unser Dokumentenbuch einfügen, denn es ist ein Jahresbericht über die Tätigkeit der Propaganda in einem der besetzten Länder, nämlich in Norwegen. Ich habe über dieses Land sehr ausführlich gesprochen und deshalb möchte ich dieses Dokument jetzt nicht zitieren, sondern nur erwähnen, daß die deutsche Propaganda Gegenstand ganz regelmäßiger Berichte war, die sich mit allen Fragen befaßten: Presse, Kino, Theater, Rundfunk, Kultur, Schule, Erziehung. Diese deutsche Propaganda geht daher, wie ich zu Anfang gezeigt habe, viel weiter als das, was wir früher unter Propaganda verstanden. Kein Gebiet unseres Lebens bleibt ihr fremd, nichts Persönliches wird von ihr geachtet. Sie wird zu einer Strafkolonie für den Geist, wo selbst der Fluchtgedanke ein gefesselter Gedanke wäre.

Wenn es dem Gerichtshof recht ist, möchte ich vorschlagen, daß wir die Pause jetzt einschalten, damit nach dieser Ausführung, die jetzt zu Ende ist, die wenigen Lichtbilder vorgeführt werden können, die keinen anderen Zweck haben als den, eine der alltäglichsten und scheußlichsten Unannehmlichkeiten unseres Lebens in den besetzten Gebieten zu veranschaulichen: Bei jedem Spaziergang mußten wir die gräßlichen und dummen Bilder der deutschen Propaganda sehen.

VORSITZENDER: Wir werden die Sitzung jetzt auf fünfzehn Minuten vertagen.