[Das Gericht vertagt sich bis
11. Februar 1946, 10.00 Uhr.]
Sechsundfünfzigster Tag.
Montag, 11. Februar 1946.
Vormittagssitzung.
OBERST POKROWSKY: Dem Gerichtshof liegt das Tagebuch des Angeklagten Frank vor. In dem Band, betitelt »Tagebuch 1943«, finden wir auf den Seiten 1070 bis 1072 eine wichtige Eintragung. In der russischen Übersetzung ist diese Stelle auf Seite 5 des Anhangs zu den »Auszügen aus Franks Tagebuch« enthalten, und auf Seite 321 des dem Gerichtshof vorliegenden Dokumentenbuches ist diese Stelle mit Bleistift angezeichnet.
Ich zitiere diese Stelle:
»Krakau, 23. Oktober 1943. Hierauf hält der Herr Generalgouverneur über das Führerprinzip in der Verwaltung folgenden Vortrag:
Das Generalgouvernement ist Staats- und völkerrechtliches Nebenland des Großdeutschen Reiches, Bestandteil des großdeutschen Machtbereiches in Europa. Es übt seine Funktionen in staatlicher Willensbildung und Willensexekutive aus. Die Souveränität über diesen Raum liegt beim Führer des Großdeutschen Reiches und wird in seinem Namen vom Generalgouverneur ausgeübt, der in sich alle Zuständigkeiten des Führers stellvertretungsweise zusammenfaßt.«
Ich möchte Ihnen ferner über zwei weitere Dokumente Bericht erstatten, die einen amtlichen Charakter tragen.
Es handelt sich um das Reichsgesetzblatt 1939, Teil I, Seite 2077, das sich in Ihrem Dokumentenbuch auf Seite 333 befindet. Wir legen dieses Dokument als USSR-296 vor. Es ist ein Erlaß des Führers und Reichskanzlers über die Verwaltung der besetzten polnischen Gebiete vom 12. Oktober 1939.
Ich verlese den zweiten Paragraphen dieses Erlasses. Er besteht aus zwei Punkten. Paragraph 2:
»1. Zum Generalgouverneur für die besetzten polnischen Gebiete bestelle ich den Reichsminister Dr. Frank.
2. Zum Stellvertreter des Generalgouverneurs bestelle ich den Reichsminister Dr. Seyß-Inquart.«
Im gleichen Reichsgesetzblatt, aber für das Jahr 1940, Teil I, Seite 399, befindet sich der Erlaß über das Begnadigungsrecht in den besetzten polnischen Gebieten. Es ist Dokument USSR-289, Sie finden es auf Seite 336 Ihres Dokumentenbuches.
In diesem Erlaß heißt es:
»In den besetzten polnischen Gebieten übertrage ich mit dem Recht der Weiterübertragung die Ausübung des Niederschlagungsrechts sowie die Befugnis zu Gnadenerweisen und ablehnenden Entschließungen in Gnadensachen dem Generalgouverneur für die besetzten polnischen Gebiete.«
Das Recht über Leben und Tod und die oberste Gewalt in dem von den Hitleristen besetzten Polen waren in die Hände des Angeklagten Frank gelegt. Es wäre angebracht, sich daran zu erinnern, daß derselbe Hitler davon sprach, daß er an einem konkreten Beispiel der gegenseitigen Beziehungen zwischen dem polnischen und dem deutschen Volk zeigen werde, daß eine Umgangsform gefunden worden sei, »die dem Frieden und gleichzeitig dem Wohle beider Völker nützlich sein wird«.
Ich habe eben gezeigt, um welche Art von »Beispiel« und »Wohl« es sich handelte.
Am 6. April 1941 begingen die hitlerischen Verschwörer ein neues, vorbedachtes und sorgfältig vorbereitetes Verbrechen. Ohne jede Warnung und ohne jede Kriegserklärung überfielen sie Jugoslawien. Der Angriff auf Jugoslawien war eine grobe Verletzung der Dritten Haager Konvention vom 18. Oktober 1907 und des Kellogg-Briand-Paktes vom 27. August 1928. Die Delegationen von Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika haben Ihnen bereits eine große Anzahl von Dokumenten vorgelegt, die sich auf den verbrecherischen Überfall auf Jugoslawien beziehen. Ich halte es für erforderlich, einige neue Beweise vorzulegen, um ein Bindeglied zwischen diesen neuen Beweisstücken und den bereits vorgelegten herzustellen. Mit Hilfe der amtlichen deutschen Urkunden ist es möglich, die Geschehnisse in schlagender Weise zu rekonstruieren.
Die deutsche Pedanterie wirkt sich in diesem Falle nachteilig gegen die Verfasser des verbrecherischen Planes aus.
Am 27. März 1941 hatte Adolf Hitler eine Sonderbesprechung über die Lage in Jugoslawien. Am selben Tage unterschrieb er einen streng geheimen Erlaß, 025, der ausschließlich für die Oberbefehlshaber bestimmt war. Beide Dokumente befinden sich bereits als Dokument 1746-PS unter den von Ihnen zugelassenen Beweisstücken. In der Rede des Hauptanklagevertreters der USSR ist Punkt 2 des Erlasses 025 vollständig zitiert worden. Am 7. Dezember 1945 wurde auch Punkt 1 dieses Dokuments verlesen. Ich möchte noch einige Zeilen hinzufügen, indem ich Paragraph 3 verlese. Diese Stelle befindet sich in Ihrem Dokumentenbuch auf Seite 337; darin heißt es:
».... Im einzelnen befehle ich folgendes:
a) Sobald ausreichende Kräfte bereitstehen und die Wetterlage es zuläßt, ist die jug. Fliegerbodenorganisation und Belgrad durch fortgesetzte Tag- und Nachtangriffe zu zerstören.
b) Möglichst gleichzeitig – keinesfalls früher – ist die Operation Marita zu beginnen, vorläufig mit dem beschränkten Ziel, das Becken von Saloniki in Besitz zu nehmen....«
In diesem Zusammenhang erscheint es mir wichtig, drei Umstände hervorzuheben:
1. Das Bestreben, die Landeshauptstadt gänzlich zu vernichten.
2. Der Zusammenhang zwischen dem Angriff auf Jugoslawien und dem auf ein anderes Land, nämlich Griechenland. Es ist dem Gerichtshof bereits bekannt, daß die Angriffspläne gegen Griechenland als Operation »Marita« bezeichnet wurden.
3. Die Notwendigkeit, die deutsche Truppenkonzentration zum Abschluß zu bringen, und die Wetterverhältnisse waren die Faktoren, die den Zeitpunkt des Angriffs bestimmten.
Wie auch in allen vorangegangenen Fällen verbrecherischer faschistischer Angriffe, finden wir auch hier wieder die verbrecherische Absicht des Räubers, den Verrat und die kalte Berechnung.
Die Vorbereitung des nun folgenden Verbrechens war langwierig und verlief nach dem von den Anklägern bereits dargelegten hitlerischen Schema: die Benutzung der Fünften Kolonne und der Gebrauch des Schlagworts vom Schutz der deutschen Minderheiten, die Heuchelei friedlicher Versicherungen, vereint mit ununterbrochenen bis in jede Einzelheit gehenden Vorbereitungen des Angriffs.
Die Vorbereitung des nun folgenden Verbrechens war, wie ich bereits ausführte, langwierig und wurde nach dem bereits von der Anklagebehörde offenbarten Hitler-Schema ausgeführt.
Am 27. März 1941, am gleichen Tag als Hitler den Erlaß 025 unterschrieb, fand unter seinem Vorsitz in Berlin eine Sitzung statt, die sich besonders mit der Lage in Jugoslawien befaßte. Das Protokoll über diese Sitzung ist von der Amerikanischen Anklagebehörde als Dokument 1746-PS am 4. Dezember 1945 unterbreitet worden.
Unter derselben Nummer sind auch die Dokumente eingetragen, die sich auf diese Sitzung beziehen. Auf dieser Besprechung wurden die Aufgaben genau umrissen und ein Schema für das Vorgehen aufgestellt. Meine Herren Richter, die Stelle, die ich verlesen werde, finden Sie auf Seite 349; Hitler erklärte:
»... ohne mögliche Loyalitätserklärungen der neuen Regierung abzuwarten, alle Vorbereitungen zu treffen, um Jugoslawien militärisch und als Staatsgebilde zu zerschlagen... Politisch ist es besonders wichtig, daß der Schlag gegen Jugoslawien mit unerbittlicher Härte geführt wird und die militärische Zerschlagung in einem Blitzunternehmen durchgeführt wird.«
Nun etwas weiter oben in demselben Dokument:
»Außenpolitisch werden keine Anfragen oder Ultimaten gestellt werden...
Angriff wird beginnen, sobald die hierfür geeigneten Mittel und Truppen bereitstellen.«
Somit war Hitler gar nicht an der Haltung der einen oder anderen Jugoslawischen Regierung Deutschland gegenüber interessiert, sondern lediglich an der tatsächlichen Vernichtung Jugoslawiens als Staatsgebilde. Diese Vernichtung sollte blitzartig und erbarmungslos erfolgen.
Den Anweisungen Hitlers über die blitzartige und erbarmungslose Vernichtung Jugoslawiens genau folgend, arbeitete die Operationsabteilung des OKW schnell einen ausführlichen Plan für die gemeinsamen Operationen der deutschen und italienischen Armeen aus. Dieser Plan wurde als amtliche Operationsanleitung herausgegeben und stammt vom 28. März 1941. Es erscheint mir notwendig, nochmals drei Zeilen aus diesem Dokument zu verlesen, das dem Gerichtshof ebenfalls als 1746-PS vorliegt. Sie finden diese Stelle in Ihrem Dokumentenbuch auf Seite 352. Ich verlese Absatz 4 dieses Dokuments:
»... ist die deutsche Absicht, Jugoslawien sobald als möglich konzentrisch anzugreifen, seine Wehrmacht zu zerschlagen und sein Staatsgebiet aufzulösen.«
Ich kann nicht umhin, hier an die Terminologie Hitlers und der anderen faschistischen Verschwörer zu erinnern. Er sagte: »Es kann gar keine Rede davon sein, Polen zu schonen.«
Er verlangte, »Jugoslawien als Staatsgebilde wirklich blitzartig und erbarmungslos zu zerstören«.
Schonungslosigkeit, Härte, Vernichtung von Völkern und Staaten, das ist die Art und der Sinn des Vorgehens der faschistischen Verschwörer.
Der Angriff auf die Tschechoslowakei, der Überfall auf Polen, das Bestreben, Jugoslawien zu vernichten, all das sind Glieder ein und derselben Kette. Aber die Kette endet nicht mit diesem Glied.
Die Aufgabe des nächsten Anklagevertreters der USSR wird darin bestehen, Ihnen zu zeigen, daß der Angriff auf die USSR die Hauptaufgabe der Verbrecher war, das Hauptglied sämtlicher Vorhaben Hitlers.
Die Dokumente über die gegen Jugoslawien begangenen Verbrechen werden beweisen, daß die faschistischen Verschwörer beim Angriff auf dieses Land ihr übliches System genauestens befolgten. Sogar in den Einzelheiten wiederholten sie die früher gegen Polen, Österreich und die Tschechoslowakei begangenen Verbrechen. Selbst wenn wir nicht wüßten, wer den Angriff auf Jugoslawien vorbereitet hat, würde die Art und Weise der Tatsachen, die Reihenfolge der Geschehnisse, die Methode der Ausführung der Verbrechen untrüglich auf den Schuldigen hinweisen.
Ich komme nunmehr zu Dokument USSR-36, mit dem Ihnen der amtliche Bericht der Jugoslawischen Regierung vorgelegt wird.
Der erste Teil, der die Überschrift »Planmäßige Vorbereitung der Verschwörung für die Versklavung und Vernichtung Jugoslawiens« trägt, enthält eine Reihe wertvoller Berichte. Ich möchte denjenigen Auszug aus diesem Dokument verlesen, den Sie in Ihrem Dokumentenbuch auf Seite 355 finden. Im Abschnitt 4, Seite 3 des russischen Textes, dritter Absatz von oben, heißt es:
»Die Regierung des Dritten Reiches und die Hitler-Partei organisierten heimlich die deutsche Minderheit. Die von den österreichischen Kaisern vor etwas mehr als einem Jahrhundert angesiedelten Deutschen genossen in Jugoslawien volle bürgerliche Gleichberechtigung und kulturelle Autonomie.
Sie hatten ihr eigenes Schulwesen und ihren Vertreter im Parlament und in den Selbstverwaltungskörperschaften. Ihre Zahl betrug eine halbe Million Menschen, das heißt etwa drei Prozent der gesamten Bevölkerung. Seit 1920 hatten sie ihre Massenorganisation, den Schwäbisch-Deutschen Kulturbund, kurz ›Kulturbund‹ genannt. Gerade aus dieser Organisation – und durch sie auch aus allen Deutschen in Jugoslawien – bildete die Nazi-Partei ein politisches und militärisches Organ für die Vernichtung Jugoslawiens.«
Ich glaube, ich kann ohne Benachteiligung neuer Ausführungen einige Zeilen auslassen und weiter unten fortfahren:
»In Jugoslawien werden insgeheim nazistische Gaue gebildet und Gauleiter ernannt. In der Form verschiedener Turn- und Sportvereine werden halbmilitärische hitlerische Einheiten organisiert. Aus dem Reich kommen zahlreiche ›Touristen‹, ›Geschäftsreisende‹ und ›Verwandte‹, in Wirklichkeit sind es aber nazistische In strukteure und Organisatoren.«
Ich überspringe eine Reihe von Einzelheiten, die nebensächlich sind und gehe zum Punkt 2 desselben Abschnittes auf Seite 4 über, was der Seite 356 Ihres Dokumentenbuches entspricht. In diesem Teil werden die Mittel für eine Verstärkung der Fünften Kolonne behandelt.
Ich verlese den zweiten Paragraphen und beginne mit dem zweiten Absatz:
»Einerseits haben die Hitleristen alle separatistischen und chauvinistischen Elemente, wie die ›Ustasch‹ von Pavelitsch, die ›Zbor‹-Bewegung von Ljotec, die FMRO, die mazedonische faschistische Bewegung, das Vance-Mihajlovic, an sich gebunden und sie als terroristische Organisationen mit einer Zentralleitung in Berlin organisiert. Andererseits zogen sie durch ihre Agenten Prinz Paul, Stojadinovic, Cvetkovic, Cincar-Markovic, alle groß-serbischen Zentralisten an sich und bildeten aus ihnen eine terroristische Gruppe, die zusammen mit den höchsten Stellen des Staates Jugoslawien der ›friedlichen‹ Versklavung auf dem Wege des Beitritts zum Dreimächtepakt ausliefern sollte.«
Ferner wird in dem Bericht hervorgehoben, daß gleichzeitig mit der Organisierung verschiedenartiger Unterorganisationen der Fünften Kolonne die Hitleristen immer neue hinterlistige Beteuerungen über ihre angeblich freundlichen Absichten Jugoslawien gegenüber machten.
Davon ist in Paragraph 3, Seite 5 des russischen Textes die Rede. Es ist Dokument USSR-36; in Ihrem Dokumentenbuch, meine Herren Richter, werden Sie die Stelle auf Seite 357 finden:
»3. In dieser Zeit, als die Hitler-Regierung und die Partei so gründlich und vielseitig die Verschwörung mit dem Ziel des Angriffs und der Besetzung Jugoslawiens vorbereiteten, benutzte Hitler jede Gelegenheit, um im Namen derselben Regierung, derselben Partei und ganz Deutschlands der ganzen Welt zu verkünden, daß Jugoslawien auf sie wie auf ergebene Freunde rechnen könne.«
Am 17. Januar 1938, das heißt einige Wochen vor der Besetzung Österreichs, hatte Hitler eine Zusammenkunft mit dem damaligen jugoslawischen Premierminister. Die Angeklagten Göring und von Neurath waren bei dieser Besprechung zugegen. Das Originaldokument, aus dem ich einige Zeilen zitiere, wurde dem Gerichtshof als TC-92 vorgelegt. Den Teil, den ich verlesen werde, finden Sie auf Seite 411 Ihres Dokumentenbuches.
Am 4. Dezember 1945 wurde Ihnen ein Beweisstück zur Sache unterbreitet, ein deutsches Dokumentenbuch über den Konflikt mit Jugoslawien und Griechenland. Im Dokumentenverzeichnis trägt dieses Dokument die Nummer TC-92. Auf Seite 68 dieses Beweisstückes ist als Dokument 28 das Protokoll der Unterhaltung abgedruckt, die während der Zusammenkunft am 17. Januar 1938 stattgefunden hat. Sie finden diesen Auszug, wie ich es bereits sagte, auf Seite 411 Ihres Dokumentenbuches. Ich halte es nicht für nötig, diese Niederschrift ganz zu verlesen.
Ich werde mich auf drei Sätze beschränken, die Hitler äußerte:
»Was Jugoslawien anlange, so sei Deutschland aus eigenstem Interesse für ein starkes Jugoslawien.«
Und etwas später im Laufe dieser Besprechung sprach Hitler den zweiten Satz aus:
»Aber was immer kommen möge, die heutige jugoslawische Grenze werde ebenso unberührt bleiben wie die heutige Grenze am Brenner.«
Außerdem hat Hitler bei dieser Konferenz folgenden Satz ausgesprochen:
»... daß die deutsche Volksgruppe in Jugoslawien vollkommen loyal zum jugoslawischen Staate stehe....«
Einige Wochen vor der Besetzung der Tschechoslowakischen Republik hat Hitler am 30. Januar 1939 in seiner Rede vor dem Reichstag folgende Erklärung in Bezug auf Jugoslawien abgegeben. Sie finden diesen Auszug in Ihrem Dokumentenbuch auf Seite 412:
»... Ein Staat, der seit dem großen Kriege zunehmend in das Blickfeld unseres Volkes getreten war, ist Jugoslawien. Die Hochachtung, die einst die deutschen Soldaten vor diesem tapferen Volk empfunden haben, hat sich seitdem vertieft und zu einer aufrichtigen Freundschaft entwickelt....«
Die Nazi-Verschwörer haben es für nützlich erachtet, diese Rede als Dokument Nummer 32 in das von mir soeben erwähnte Buch, das dem Gerichtshof als TC-92 vorliegt, aufzunehmen.
Am 1. Juni 1939, also vor dem Nazi-Überfall auf Polen, stattete Prinz Paul von Jugoslawien, der in dem amtlichen Dokument der Jugoslawischen Regierung als Hitler-Agent bezeichnet wird, Hitler einen Besuch ab. Hitler hat bei dieser Gelegenheit in Berlin folgendes erklärt, ein Zitat, das Sie auf Seite 413 Ihres Dokumentenbuches finden:
»... Die deutsche Freundschaft zum jugoslawischen Volk ist nicht nur eine spontane. Sie hat ihre Tiefe und Dauerhaftigkeit erhalten inmitten der tragischen Wirren des Weltkrieges.«
Dann, nach einigen Sätzen, die nicht von Interesse sind, fuhr er fort:
»Ich glaube daran, um so mehr, als ein fest begründetes vertrauensvolles Verhältnis Deutschlands zu Jugoslawien nun – da wir durch die geschichtlichen Ereignisse Nachbarn mit für immer festgelegten gemeinsamen Grenzen geworden sind, nicht nur einen dauernden Frieden zwischen unseren beiden Völkern und Ländern sichern wird, sondern darüber hinaus auch ein Element der Beruhigung für unseren nervös erregten Kontinent darstellen kann.«
Ich weise nochmals darauf hin, daß ich aus dem Buch Dokument TC-92 zitiere.
Nach der Niederlage Polens hat Hitler in einer seiner üblichen Reichstagsreden vom 6. Oktober Jugoslawien noch einmal seiner friedliebenden und seiner freundschaftlichen Gefühle in folgender Weise versichert:
»... Ich habe sofort nach vollzogenem Anschluß Jugoslawien mitgeteilt, daß die Grenze auch mit diesem Staat von jetzt ab für Deutschland eine unabänderliche sei, und daß wir nur in Frieden und Freundschaft mit ihm zu leben wünschen....«
Ich gehe nun zu einigen Absätzen aus dem zweiten Abschnitt des Paragraphen 1 des Berichts der »Außerordentlichen Jugoslawischen Staatskommission zur Feststellung der Verbrechen der Eindringlinge« über.
Die Auszüge, die ich verlesen werde, beginnen mit dem dritten Absatz, Seite 6 des Dokuments USSR-36. In Ihrem Dokumentenbuch ist es Band 1, Teil 1.
Hitler gab auf diese Weise regelmäßig überzeugende Erkärungen über die Freundschaft gegenüber Jugoslawien und über die Unveränderlichkeit seiner Grenzen ab, während seine verschwörerische Sippe der Unterdrücker den Ring des Krieges um Jugoslawien bereits zusammenzog. Als Jugoslawien schon vollkommen von hitlerischen Panzerdivisionen umkreist war und als die Regierung der zusammengezogenen Fünften Kolonne: Prinz Paul, Cvetkoviè und Macek den Beitritt zum Dreimächtepakt vorbereitete, erklärte der Angeklagte Ribbentrop am 25. März 1941, also zehn Tage vor dem Angriff auf Jugoslawien, folgendes:
Sie finden dieses Dokument auf Seite 413 Ihres Dokumentenbuches. Es hat die Nummer 2450-PS:
»Deutschland selbst – ich spreche dies hier feierlich aus – hat auf diesem Gebiet weder territoriale noch politische Interessen.«
Dem Gerichtshof ist ein beglaubigter Auszug des Dokuments Nummer 72, das sich in dem genannten deutschen Buche befindet, überreicht worden. Eine amtliche Note der Reichsregierung vom gleichen Datum, die in dem Dokumentenbuch des Gerichtshofs auf Seite 415 steht, lautet:
»Herr Ministerpräsident: Namens und im Auftrag der Deutschen Regierung habe ich die Ehre, Euerer Exzellenz folgendes mitzuteilen:
Aus Anlaß des am heutigen Tage erfolgten Beitritts Jugoslawiens zum Dreimächtepakt bestätigt die Deutsche Regierung ihren Entschluß, die Souveränität und die territoriale Integrität Jugoslawiens jederzeit zu respektieren.... Gezeichnet Joachim von Ribbentrop.«
Den Höhepunkt des heimtückisch vorbereiteten hitlerischen Treubruchs bildet die folgende Erklärung, die Hitler am 6. April 1941, das heißt in dem Augenblick, als der hinterlistige Überfall auf Jugoslawien bereits begonnen hatte, abgegeben hat. Wir finden diesen Satz im Dokument TC-92; in Ihrem Dokumentenbuch ist es Seite 414:
»Das deutsche Volk hat keinen Haß gegen das serbische Volk!
Das deutsche Volk sieht vor allem keine Veranlassung, gegen Kroaten und Slowenen zu kämpfen. Es will von diesen Völkern nichts.«
Dem Gerichtshof liegen beglaubigte Auszüge aus den Dokumenten in dem von mir bereits zitierten deutschen Buche vor, die auf den Seiten 1 und 4 zu finden sind.
Zur gleichen Zeit, als Hitler so sprach, war die Besetzung, Annektion, Zerstückelung der jugoslawischen Gebiete im Gange. Bald darauf wurde mit der Bombardierung offener Städte und Ortschaften begonnen, ebenso wie die zwangsweisen Ansiedelungen, die Verschleppungen in die Lager, die Strafexpeditionen und hunderte anderer Methoden der planmäßigen Vernichtung der Völker Jugoslawiens, die mehr als 1650000 Männern, Frauen und Kindern Jugoslawiens den Tod brachten, vorgenommen wurden.
Was die Frage der Vorbereitung des Überfalls auf Jugoslawien und die Frage nach den Personen angeht, die bei diesem Verbrechen die unmittelbaren Anführer waren, so verfügen wir hierzu über zwei sehr wichtige Zeugenaussagen.
Die erste ist die Aussage des deutschen Generals Löhr. Vor und während des Angriffs auf Jugoslawien war er Befehlshaber des vierten Luftgeschwaders. Insbesondere haben seine Lufteinheiten die Angriffe auf Belgrad ausgeführt. Er ist zweifellos ein Mann, der über die Führer und den Gang der Operationen gut unterrichtet ist.
General Löhr wurde am 24. Mai 1945 von jugoslawischen Truppen gefangengenommen. Bei den Verhören, denen er vom 24. Mai bis 6. Juni 1945 unterzogen wurde, sagte er aus, wobei Sie Auszüge aus diesen Verhören auf Seite 416, und zwar in Form von Auszügen aus unserem Dokument USSR-253 finden; die Originale dieser Auszüge werden von uns dem Gerichtshof überreicht werden. Er sagte aus:
»Ich übersiedelte mit meinem Stab am 26. März nach Sofia, da der Feldzug gegen Griechenland unmittelbar beginnen sollte.
Am nächsten Tag, 27. März 1941, fand der Umsturz in Jugoslawien statt. Ich wurde plötzlich nach Berlin gerufen, wo ich Reichsmarschall Görings Befehle zur Vorbereitung des Luftkrieges gegen Jugoslawien erhielt.... Kurze Zeit danach begannen die Operationen gegen Jugoslawien... Beim ersten Gespräch mit Göring wurde mir das Datum des Kriegsbeginn gegen Jugoslawien noch nicht bekanntgegeben, aber bald nachher erhielt ich in Wien den schriftlichen Befehl, nach dem der Beginn der Operation auf den 6. April festgesetzt war.«
Ohne den restlichen Teil des Protokolls zu verlesen, gehe ich zu den Auszügen aus dem Protokoll, was das Verhör des früheren Generalfeldmarschalls der deutschen Armee, Friedrich Paulus, betrifft, über. Dem Wunsche des Gerichtshofs entsprechend legen wir das Originalprotokoll dieses Verhörs vor. Friedrich Paulus wurde am 12. Januar 1946 von dem Hauptankläger der Sowjetunion verhört. Seine Aussagen sind bei uns als Beweisstück USSR-182 eingetragen. In Ihrem Dokumentenbuch finden Sie es auf Seite 419. Meine Kollegen von der Sowjetischen Anklagebehörde werden wahrscheinlich noch auf dieses Dokument zurückkommen. Deshalb möchte ich mich auf den Teil beschränken, der sich auf die Vorbereitungen des Überfalls auf Jugoslawien bezieht:
»Sowohl den deutschen Offizieren als auch den ungarischen war es klar, daß diese militärischen Vorbereitungen sich auf die militärische Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Ungarn stützen müßten.«
VORSITZENDER: Oberst Pokrowsky, der Gerichtshof hat es so verstanden, daß das erste Verhör, auf das Sie sich beziehen – das Verhör von General Löhr –, das im Dokument USSR-253 enthalten ist, ein amtliches Dokument ist.
OBERST POKROWSKY: Jawohl.
VORSITZENDER: Ein amtliches Dokument Ihrer Regierung. Das andere Verhör, auf das Sie sich beziehen, das Verhör von Feldmarschall Paulus, ist kein amtliches Dokument. Ist das richtig?
OBERST POKROWSKY: Das Protokoll über das Verhör von Feldmarschall Paulus steht in völligem Einklang mit den prozessualen Regeln, denen unsere Untersuchungsbehörden in der USSR unterworfen sind. Er ist als Zeuge vernommen und dabei darauf aufmerksam gemacht worden, daß er gemäß Paragraph 95 und 92 unseres Strafgesetzbuches die Wahrheit sagen müsse. Derartige Dokumente werden in der Sowjetunion als amtliche Beweisdokumente angesehen, die erforderlichenfalls dem Gericht überreicht werden müssen.
VORSITZENDER: Können Sie uns sagen, wo das Verhör stattgefunden hat?
OBERST POKROWSKY: Paulus wurde am 12. Januar 1946 in Moskau verhört; das muß am Anfang des Verhörprotokolls vermerkt sein, Herr Vorsitzender.
VORSITZENDER: Das Datum ist im Dokument vermerkt, aber nicht der Ort. Fahren Sie fort, Herr Oberst!
OBERST POKROWSKY: Mit Ihrer Erlaubnis setze ich mein Zitat aus dem Ihnen vorgelegten Protokoll über das Verhör von Feldmarschall Paulus fort:
»Es war den Ungarn klar, daß die Hilfe Deutschlands in der rechtzeitigen und wohlüberlegten Vorbereitung der ungarischen Armee für zukünftige gemeinsame Kriegshandlungen und in der Aufnahme Ungarns in die Reihe seiner Verbündeten bestand.
Mit dem späteren Überfall auf Jugoslawien hat es keiner besonderen Aufklärungen mehr bedurft, nach welcher Richtung diese Kriegsvorbereitungen wiesen.
Es war klar, daß sich die Wehrmacht auf einen Krieg gegen die Sowjetunion vorbereitete, da der Überfall auf Jugoslawien einen Teil des Operationsprogramms für den Überfall auf die Sowjetunion bildete.
Mit der Niederwerfung Jugoslawiens war die rechte Flanke gesichert, die sich bei Beginn der Kriegshandlungen gegen Rußland entwickeln sollte.«
Ich überspringe einen Absatz, der sich mehr auf ein anderes Thema bezieht und zitiere weiter:
»Die Vorbereitung des gemeinsamen deutsch-ungarischen Angriffs gegen Jugoslawien wurde mir übertragen.
Am 27. oder 28. März 1941 wurde ich zu Hitler in die Reichskanzlei bestellt, wo außer Hitler noch Keitel, Jodl, Brauchitsch und Halder anwesend waren.
Halder empfing mich mit folgenden Worten:
›Der Führer hat beschlossen, Jugoslawien zu überfallen, um dadurch die Bedrohung der Flanken beim Angriff auf Griechenland zu beseitigen und in südlicher Richtung die Eisenbahnhauptlinien Belgrad-Nisch in die Hand zu bekommen.
Aber das Hauptziel des Überfalles auf Jugoslawien ist: uns später bei der Durchführung des Planes ›Barbarossa‹ die rechte Schulter frei zu halten.
Ihre Aufgabe ist, sich unverzüglich in meinem Spezialzug nach Wien zu begeben, den dorthin befohlenen Feldmarschall List (Armeegruppe XII), General von Kleist (Tankgruppe) und Oberst von Witzleben (Stabs chef der 2. Armee) Befehle zu übermitteln und ihnen die Lage zu erläutern.
Von Wien fahren Sie nach Budapest und verständigen sich dort mit dem ungarischen Generalstab über die strategische Entfaltung der deutschen Truppen auf ungarischem Boden und über die Teilnahme ungarischer Truppen am Angriff auf Jugoslawien.‹«
Die Teilnahme der Hitler-Generale von höchstem Rang an dem verbrecherischen Überfall auf Jugoslawien paßt keineswegs in den Rahmen rein militärischer Aufgaben.
Ich verlese noch Dokument 1195-PS, auf Seite 423 des von uns eingereichten Dokumentenbuches.
Am 9. Januar 1946 wurden im Gerichtssaal aus diesem Schriftstück vier Zeilen des zweiten Abschnitts vorgelesen. Nun ist die Zeit gekommen, es ganz zu verlesen:
»Abschrift. – Oberkommando der Wehrmacht – F. H. Qu., den 12. 4. 1941. – WFSt/Abt. I (IV/Qu) Nr. 00630/41 g. Kdos, – Geheime Kommandosache!
Bezug: OKW/L (IV/Qu) Nr. 4434/41 g. Kdos.-Chefs vom 3. 4. 41.
Vorläufige Richtlinien für die Aufteilung Jugoslawiens. I. der Führer hat für die Aufteilung Jugoslawiens folgende Richtlinien gegeben:
1. Ehemaliges Steiermark- und Krain-Gebiet:
Das Gebiet der ehem. Steiermark, nach Süden erweitert durch einen etwa 90 km breiten und 10-15 km tiefen Streifen, tritt zum Gau Steiermark.
Der Nordteil von Krain mit einer Grenzlinie, die südl. nur an der Save, aber nördl. von Laibach gem. anliegender Karte OKH/Gen.Qu. verläuft, wird zu Kärnten geschlagen.
Die Übergabe des von deutschen Truppen besetzten Gebietes vom Oberkommando des Heeres an die zuständigen Gauleiter erfolgt, sobald es die Befriedung des Landes gestattet, bezirkshauptmannschaftsweise.
Die Übergabe des von den Italienern besetzten Gebietes wird durch ein Schreiben des Führers an den Duce vorbereitet und nach näherer Anordnung des Auswärtigen Amtes durchgeführt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt sind von deutscher Seite keinerlei Maßnahmen zu ergreifen. (Fernschreiben OKH-Gen.QuAbt.Kr.Verw.A.Ob.Kdo. 2 I Nr. 801/41 g.Kdos., findet hierdurch seine Erledigung.)
2. Übermur-Gebiet:
Das Übermur-Gebiet fällt geschlossen an Ungarn im Zuge der historischen Grenze. Eine Aussiedlung der im Nordwestteil des Gebietes lebenden Deutschen für einen späteren Zeitpunkt ist in Betracht gezogen worden.
Übergabe des Gebietes an die Ungarn regelt das Oberkommando des Heeres.
3. Banat:
Das Gebiet vom Schnittpunkt der Drau mit der ungarischen Landesgrenze bis zur Mündung der Theiß in die Donau fällt an Ungarn.
Das Gebiet ostwärts der Theiß wird zunächst unter deutschen Schutz gestellt, ebenso das Gebiet südl. der Donau ostw. der allgemeinen Linie Morava-Mündung in die Donau – Pozarevac – Petrovac-Boljavac-Knjazevac-Kalna. Dieses Gebiet umfaßt das Kupfergebiet von Bor und die süd-ostw. anschließenden Kohlengebiete. Die genannte Linie gilt als Anhalt und vorläufige Abgrenzung. In diesem Gebiet ist zunächst deutsche Militärverwaltung unter OKH vorzusehen.
4. Süd-Serbien:
Das von bulgarischen Mazedoniern bewohnte Gebiet fällt entsprechend der Volkstumsgrenze zu Bulgarien.
Vorläufige Grenzziehung nach militärischen Gesichtspunkten durch das Oberkommando des Heeres, das Übergabe an die Bulgaren vorbereitet.
5. Alt-Serbien:
Das Gebiet von Alt-Serbien tritt unter deutsche Militärverwaltung unter dem Oberkommando des Heeres.
6. Kroatien:
Kroatien wird innerhalb der Volkstumsgrenze ein selbständiger Staat. Von deutscher Seite erfolgt keine Einmischung in die innerpolitischen Verhältnisse.
7. Restliche Gebiete einschl. Bosnien und Montenegro:
Die politische Gestaltung dieser Gebiete bleibt Italien überlassen. Hierbei kann auch die Wiederherstellung eines selbständigen Montenegro in Betracht kommen.
II. Grenzziehung:
1. Soweit die Grenzziehung nicht im vorstehenden Abschnitt I festgelegt ist, erfolgt diese im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt, Beauftragten für den Vierjahresplan und Reichsinnenminister durch das Ober kommando der Wehrmacht.
Für das Oberkommando der Wehrmacht ist der Wehrmachtführungsstab (L IV/Qu) bearbeitende Stelle.
2. Das Oberkommando des Heeres legt seine militärischen Wünsche für die Grenzziehung – soweit nicht vom Führer festgelegt – außer dem Schutzgebiet südl. der Donau baldmöglichst dem Oberkommando der Wehrmacht (WFSt) vor.
3. OKW/WiRüAmt legt baldigst seine Wünsche für die Grenzen des Schutzgebietes südl. der Donau (Abschnitt I, Ziff. 3) dem Wehrmachtführungsstab (Abt. L) vor.
4. den Italienern gegenüber gelten zunächst die taktischen Grenzen der Armeen.
Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht – gez. Keitel.«
Die verlogene Version, daß das OKW an dem politischen Teil des faschistischen Planes keinen Anteil habe, wird durch das von dem Angeklagten Keitel unterschriebene Dokument vollständig zunichte gemacht. Die deutsche Generalität war nicht nur eine gehorsame Waffe in Hitlers Hand. Das OKW, das Auswärtige Amt und die Gestapo waren zu einem Ganzen verflochten. Davon zeugt auch das folgende Dokument.
General Nediè, der ehemalige Ministerpräsident der Jugoslawischen Quisling-Regierung, gibt in seinen Aussagen interessante Aufschlüsse über diese Fragen.
Bevor ich einen kurzen Auszug aus seinen Aussagen verlese, muß ich einige Worte über die vier Deutschen sagen, deren Namen von Nediè genannt werden. Er spricht von Kraus, Turner, Kiesel und Kronholz.
Dr. Kraus war Chef der Gestapo Südost, deren Zentrale sich in Belgrad befand. Dr. Turner war Stabschef der Zivilverwaltung des deutschen Militärbefehlshabers in Serbien. Dr. Kiesel war Turners Stellvertreter. Kronholz hatte keine amtliche Stellung inne. Er hatte schon vor dem Kriege in Jugoslawien gelebt und war Direktor der deutschen Speditionsfirma »Schenker A.G.«. Wie später ermittelt wurde, war er ein wichtiger Agent des deutschen Geheimdienstes. Diese Informationen sind von der Außerordentlichen Jugoslawischen Kommission zur Untersuchung deutscher Kriegsverbrechen beglaubigt. Aus diesen Auskünften zitiere ich jetzt einen kurzen Auszug aus der Aussage des serbischen Quisling-Generals Nediè. Die Kopie, vielmehr die Auszüge aus seinem Protokoll sind bei uns als Dokument USSR-288 eingetragen. Ich bin in der Lage, Ihnen jetzt das Original dieses Protokolls mit der Unterschrift von Nediè zur Einsichtnahme zu überreichen. Leider kann ich es nicht als Beweisstück zu dieser Sache vorlegen, da es ein Untersuchungsdokument ist, und die Untersuchung, die in Jugoslawien geführt wird, noch nicht abgeschlossen ist. Jedoch kann ich es Ihnen zur Einsichtnahme überlassen; als Beweisstücke zu dieser Sache haben wir sodann die beglaubigten Auszüge.
VORSITZENDER: Oberst Pokrowsky, der Gerichtshof hat es so verstanden, daß Sie das Dokument als Beweismittel einreichen wollen, um es dann zurückzuziehen, da es in irgendeiner anderen Sache benötigt wird. Ist das richtig?
OBERST POKROWSKY: Ich möchte Ihnen als Beweisstück für diese Sache Auszüge aus diesem Protokoll überreichen, die von der Jugoslawischen Außerordentlichen Kommission beglaubigt sind, damit das Originalprotokoll, welches Ihnen zur Ansicht vorliegt, nach Belgrad zurückgegeben werden kann, wo es zu den Akten eines anderen Falles, dessen Untersuchung noch nicht abgeschlossen ist, gehört. Ich möchte Sie darum bitten, hier nur die Kopie als Beweisstück anzunehmen und dies, nachdem Sie sich überzeugt haben, daß diese Kopie dem Original entspricht.
VORSITZENDER: In diesem Falle müssen wir Sie bitten, dem Gerichtshof eine Photokopie dieses Dokuments vorzulegen, denn alle Dokumente oder Photokopien, die als Beweisstücke vorgelegt werden, müssen selbstverständlich dem Generalsekretär des Gerichtshofs eingereicht werden. Somit, wenn Sie eine Photokopie dieses Dokuments anfertigen lassen und diese dem Generalsekretär einreichen, denke ich, daß der Gerichtshof mit Ihrer Bitte, das Dokument verwenden zu dürfen, einverstanden ist.
OBERST POKROWSKY: Wird es dem Gerichtshof genügen, wenn außer der beglaubigten Photokopie auch die beglaubigten Auszüge der Teile, die ich zitieren werde, als Beweisstücke zur Sache eingereicht werden?
VORSITZENDER: Ja, natürlich.
OBERST POKROWSKY: Ich danke Ihnen.
»Mit Kronholz wurde ich zur Zeit der Besetzung bekannt, noch bevor ich Ministerpräsident wurde. Soweit ich mich erinnere, hat ihn der Chef der Gestapo, Dr. Kraus, zu mir gebracht.... Bei dieser Gelegenheit bestand Kronholz darauf, daß ich den mir angebotenen Posten annehme.
Turner empfing mich in Gegenwart Dr. Kiesels und sagte mir bei dieser Gelegenheit, daß er mich im Namen des Befehlshabers in Serbien, General Dankelmann, mit der Bildung einer autoritären Regierung beauftragt....
Etwa gleichzeitig mit der Bildung meiner Regierung haben die Deutschen auch mit einer Gruppe von Tschetniks unter dem Kommando Peèanaès Kontakt aufgenommen, der sich bis dahin in den Wäldern aufgehalten hatte. Auch dieser Kontakt wurde durch Vermittlung des Chefs der Gestapo, Dr. Kraus, hergestellt. Gleich danach kam Peèanaè nach Belgrad, meldete sich bei mir und stellte sich mir zur Verfügung. Auf diese Weise kam meine Regierung zur Bildung der ersten bewaffneten Einheiten.«
Etwas weiter im gleichen Protokoll ist folgende Aufzeichnung von Nediè enthalten:
»Unmittelbar nach der Bildung meiner Regierung, anfangs September 1941, erschien bei mir eine Delegation des Draga Mihajlowiè..., um mit mir auf Grund von Vollmachten seitens des Draga Mihajlowiè zu verhandeln.«
Nediè zählte die Bedingungen auf, die für uns ohne Interesse sind, und fährt fort:
»Ich nahm meinerseits diese Vorschläge an. Draga Mihajlowiè erhielt Geld, und die Deutschen haben dies genehmigt.«
Mit diesen Worten endet das Zitat; jedoch scheint mir noch eine weitere Stelle in diesem Protokoll von Bedeutung zu sein. Darin ist von dem Besuch Nediès bei Hitler und bei dem Angeklagten Ribbentrop die Rede.
Nediè sagt aus:
»Ich erwähne, daß im Laufe des Empfangs bei Ribbentrop von ihm die Forderung gestellt wurde, daß ich dem Deutschen Reich die gesamten geistigen und materiellen Werte Serbiens für die Fortsetzung des Krieges zur Verfügung stelle.«
Über sein Gespräch mit Hitler behauptet Nediè:
»Er schrie mich an und behauptete, daß der Befehl hundert für einen nicht nur widerrufen werden solle, sondern daß er auf tausend für einen zu verschärfen sei.
Er fügte hinzu, daß er bereit sei, das ganze Volk zu vernichten, falls die Serben mit ihrer aufrührerischen Tätigkeit fortfahren würden.«
Das Oberhaupt des faschistischen Deutschland wollte über die slawischen Länder wie über seinen eigenen Besitz verfügen. Darin wurde er sowohl von den Generalen als auch von Diplomaten, Industriellen und Spionageagenten einmütig unterstützt.
Alle Angriffshandlungen wurden unter ihrer unmittelbaren Teilnahme vorbereitet und durchgeführt.
Ich wiederhole: Die deutsche Generalität war nicht nur eine gehorsame Waffe in den Händen Hitlers, sondern die Angeklagten Keitel, Jodl und Göring nahmen persönlich an der Planung, Vorbereitung und Durchführung der Verbrechen gegen Völker und Staaten teil.
Das Dokument 1195-PS liefert einen weiteren Beweis für die Feststellung dieser Tatsachen. Die von mir genannten Angeklagten sind ebenso wie Neurath und Frick, Schirach und Frank, Seyß-Inquart und Ribbentrop unmittelbar an den schwersten Verbrechen schuldig, über die ich dem Gerichtshof berichtet habe.
Es ist unmöglich, den Nationalsozialismus vom Begriff des Krieges zu trennen; das geben die Hitleristen selbst zu.
Mit anderen Worten ausgedrückt: Hitlerismus und Angriffskrieg ist ein und derselbe Begriff. Und wenn Kriege auch nicht immer von Soldaten geplant werden, so werden sie doch immer von Soldaten geführt. Die Verantwortung für den Angriff, für die Vernichtung von Millionen von Menschen, für die Bestialität, die Vernichtung kultureller und materieller Werte, lastet auf den Schultern aller Hauptkriegsverbrecher, die hier auf der Anklagebank sitzen.
VORSITZENDER: Wir werden uns jetzt vertagen.