HOME

<< Zurück
|
Vorwärts >>

[Die Urkunden werden Dr. Nelte überreicht.]

Nach dem mir jetzt vorliegenden Originaltext handelt es sich um dieselbe Art der Erklärung des Feldmarschalls Paulus. Paulus hat in einem Schreiben an die Regierung der Sowjetrepubliken seine Meinung ausgedrückt, und die Sowjetische Delegation hat dieses Schreiben im Original – so nehme ich an – Ihnen vorgelegt. Diese Photokopie enthält weder eine amtliche Beglaubigung der Sowjetbehörde, noch ist diese Erklärung ein Affidavit, das als Beweismittel zugelassen werden könnte. Ich bitte daher, aus Anlaß dieses Einzelfalles allgemein die Frage, die ich zu Beginn dieser Sitzung stellte, zu entscheiden, auch schon, damit die Sowjetische Anklagebehörde für die Zukunft die Behandlung ähnlicher Erklärungen durch das Hohe Gericht kennt.

VORSITZENDER: Herr General, sind Sie bereit, auf die Ausführungen des Dr. Nelte zu antworten?

GENERALMAJOR ZORYA: Jawohl. Entsprechend dem bei einer der vorhergehenden Sitzungen geäußerten Wunsche des Gerichtshofes, hat die Sowjetische Anklagebehörde dafür gesorgt, daß alle Originaldokumente der Sowjetanklage oder Schriftstücke, die die Echtheit dieser Dokumente beglaubigen, durch das Generalsekretariat dem Gerichtshof zur Verfügung gestellt werden, wobei der Ort, wo sie sich befinden, angegeben wird.

Außerdem hat die Sowjetische Anklagebehörde die Absicht, dafür zu sorgen, daß die Zeugen, deren Aussagen die Sowjetische Anklagebehörde benutzen will und die von besonderem Interesse sind, nach Nürnberg vorzuladen, damit sie hier mündlich verhört werden können, und damit die Verteidigung, falls sie es wünscht, ein Kreuzverhör vornehmen kann.

Die Mitteilungen von Paulus, auf die ich mich in einigen Teilen meines Berichts berufen will, und über die der Vertreter der Verteidigung soeben sprach, können spätestens bis heute Abend geprüft werden, worauf Friedrich Paulus vor den Gerichtshof vorgeladen werden wird.

VORSITZENDER: Aus dem, was Sie soeben gesagt haben, Herr General, entnehme ich, daß Sie eine beglaubigte Photokopie der Aussage des Feldmarschalls Paulus, so wie es der Gerichtshof wünscht, das heißt eine Bestätigung, daß die Photokopie eine wahre Kopie des Originals darstellt, beibringen werden.

Was die Herbeischaffung von wichtigen Zeugen betrifft, wird Feldmarschall Paulus als Zeuge vorgeladen, damit er von den Verteidigungsanwälten ins Kreuzverhör genommen werden kann.

Dr. Nelte, ich glaube, das erledigt Ihren Einspruch?

DR. NELTE: Das Grundsätzliche an dieser Frage erscheint mir doch darin zu liegen, daß der amtliche Beweis dafür geführt wird, daß die Urkunden, die vorgelegt werden, auch dem wirklichen Willen derjenigen entsprechen, die diese Erklärungen abgegeben haben. Erklärungen sind immer nur ein zweifelhafter Ersatz für die Zeugenvernehmungen selbst.

Die Verteidigung ist sich der Schwierigkeiten wohl bewußt, die besonders auch die Sowjetische Anklagebehörde hat, um Zeugen dort vorzuführen, wo sie zum Beispiel Berichte vorlegt. Die Verteidigung erkennt das an; um so mehr sollte man in den Fällen, in denen es auf die Individualität des einzelnen Zeugen und auf die Bedeutung für gewisse Fragen ankommt, doch der Erklärung die persönliche Vernehmung vorziehen. Wo das aber auch aus Gründen, die wir nicht beurteilen können, unmöglich ist, wäre es jedenfalls erwünscht, daß diejenigen, die diese Erklärungen abgegeben haben, diese Erklärungen in den Formen der Zeugenaussage oder in der Form des Affidavits geben.

Wenn die Sowjetische Delegation nunmehr eine Beglaubigung dafür beibringt, daß diese Erklärungen den originalen Erklärungen entsprechen, so erscheint uns dies keine Verstärkung der Erklärung. Wir zweifeln keinen Augenblick daran, daß Erklärungen dieser Art bei der Sowjetischen Delegation vorliegen. Es kommt der Verteidigung nicht so sehr auf diese formale Bestätigung an, als darauf, die Möglichkeit der materiellen Beweiserhebungen zu erhöhen. Wenn die Sowjetische Anklagebehörde uns auf diesem Gebiet helfen könnte, wären wir ihr dankbar.

VORSITZENDER: Sie können fortfahren, Herr General.

GENERALMAJOR ZORYA: Ich glaube, daß die Aussagen von Friedrich Paulus unserer Untersuchung wertvollen Aufschluß geben können. Ich lege nunmehr den Teil aus der Aussage von Paulus vor, auf den ich mich bezogen habe, und werde denjenigen Teil verlesen, der die Vorbereitung des Planes »Barbarossa« behandelt. Ich bitte, die Seite 27 des dem Gerichtshof vorliegenden Dokumentenbuches aufzuschlagen. Dort, auf Seite 2 der Aussagen von Paulus, werden Sie die Stellen, die ich verlesen werde, mit Bleistift angezeichnet finden:

»Vom 3. September ab...

VORSITZENDER: Herr General, nachdem es bereits 12.45 Uhr ist, würde ich vorschlagen, mit dem Verlesen dieses Dokuments vor der Pause nicht anzufangen.

GENERALMAJOR ZORYA: Jawohl, Herr Vorsitzender.