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[Pause von 10 Minuten.]

DR. NELTE: Herr Präsident, zu meinem Bedauern muß ich auch zu der Urkunde, die von dem Herrn Anklagevertreter der Sowjetunion unter USSR-149 vorgelegt ist, dieselben Bedenken vortragen, die ich heute Morgen vorgetragen habe. Soviel ich weiß, hat der Hohe Gerichtshof zu dieser Frage noch keine Entscheidung getroffen.

VORSITZENDER: Entschuldigen Sie, Dr. Nelte, aber der Gerichtshof hat bereits eine Entscheidung getroffen.

Ich glaube, es wäre besser, daß die Verteidiger an dem Platz, von dem aus sie sprechen, zunächst die Kopfhörer in Ordnung bringen, bevor sie sprechen.

Ich stelle fest, daß der Gerichtshof bereits eine Entscheidung getroffen hat, die diesen Fall betrifft. Die Anklagevertretung der Sowjetunion wurde neulich darauf hingewiesen, daß Urkunden, deren Echtheit nicht bescheinigt ist, erst beglaubigt werden müssen. Der Anklagevertreter der Sowjetunion hat dann erklärt, daß alle Dokumente, von denen er Gebrauch mache, als authentische Urkunden beglaubigt seien. Wenn sie nicht in dieser Form beglaubigt sind, dann werden sie aus dem Protokoll gestrichen. Dieser Entscheid gilt auch für dieses Dokument. Diese Urkunde scheint ein Brief oder Bericht an die Regierung der Sowjetunion zu sein, aber sie enthält keine Bescheinigung, aus der hervorgeht, daß es sich um ein authentisches Schriftstück handelt. Der Anklagevertreter der Sowjetunion sagte vor der Pause, daß er bereits Maßnahmen getroffen habe, uns eine Beglaubigung für die Echtheit dieses Dokuments beizubringen, das heißt eine Bescheinigung, daß dieses Dokument tatsächlich von der Person verfaßt und geschrieben wurde, von der es angeblich stammen soll. Unter diesen Umständen nimmt der Gerichtshof das Dokument nur provisorisch an.

Wenn eine entsprechende Beglaubigung nicht beigebracht wird, wird das Dokument aus dem Protokoll gestrichen.

DR. NELTE: Wenn ich den Herrn Präsidenten richtig verstehe, so wird das Gericht einen Brief, der an die Regierung der USSR gerichtet ist, oder eine Erklärung als Beweisdokument für den Inhalt dieser Erklärung entgegennehmen?

VORSITZENDER: Gewiß! Ich habe bereits gesagt, vorausgesetzt, daß es als authentisches Dokument beglaubigt ist. Ich habe das bereits wiederholt erwähnt.

DR. NELTE: Auf diese Weise würde jeder Brief, der an die Anklagebehörde oder die Regierung der USSR oder an irgendeine andere Anklagebehörde gerichtet ist, durch die Beglaubigung, daß dieser Brief von dem Unterschreibenden auch wirklich geschrieben ist, zu einem Beweisdokument, das es der Verteidigung unmöglich macht, den Zeugen ins Kreuzverhör zu nehmen.

VORSITZENDER: Das hängt davon ab, wo sich der Zeuge befindet; wir haben es mit Zeugen zu tun, die über die ganze Welt verstreut sind. Wie uns mitgeteilt wird, ist es in der Sowjetunion nicht üblich, eidesstattliche Erklärungen in solchen Fällen zu verlangen; deshalb ist der Gerichtshof der Ansicht, daß ein solches Dokument unter Artikel 19 fällt; vorausgesetzt, daß es ein authentisches Dokument ist. Wir gewähren den Verteidigern die größte Hilfe, Zeugen vor diesen Gerichtshof zu laden, aber wir können uns nicht verpflichten, Zeugen aus allen Teilen der Welt wegen irgendwelcher Fragen vorzuladen, die sehr oft nur von geringer Bedeutung sind.

DR. NELTE: Ich verstehe durchaus die Schwierigkeiten und bin dem Gericht sehr dankbar, daß es uns behilflich sein will. Ich bitte daher nur, in jedem dieser Fälle festzustellen, wo der Betreffende, der die Erklärung abgegeben hat, seinen Wohnsitz hat, damit die Verteidigung versuchen kann, ihn zu erreichen.

VORSITZENDER: Jawohl, wenn der Zeuge sich in Nürnberg oder in unmittelbarer Umgebung befindet, so würde es der Gerichtshof bei Vorlage eines solchen Dokuments nur richtig finden, daß der Zeuge zur Aussage oder für das Kreuzverhör von der Verteidigung vorgeladen wird. Es hat aber den Anschein, daß der Mann, der diesen Brief geschrieben hat, sich nicht in der Umgebung von Nürnberg befindet. Wir haben keine Veranlassung anzunehmen, daß dies nicht so ist, und ich möchte außerdem daran erinnern, daß die Verteidigung jederzeit, wenn sie es für richtig hält, einen Antrag stellen kann, Fragebogen an solche Personen schicken zu dürfen, die derartige Schriftstücke verfaßt haben.

DR. NELTE: Ich danke Ihnen.

GENERALMAJOR ZORYA: Ich habe während der Pause genaue Auskünfte über General Müller eingeholt. General Müller befindet sich im Kriegsgefangenenlager 27 in Krasnogorsk, im Gebiet von Moskau. Kann ich meine Darlegungen fortsetzen?

VORSITZENDER: Gewiß.

GENERALMAJOR ZORYA: Hoher Gerichtshof, alles Beweismaterial, auf das ich mich bis jetzt bezogen habe, stammt aus den Kreisen des Oberkommandos der Deutschen Wehrmacht. General Müller gehört, wenn man es so ausdrücken kann, zu den mittleren Instanzen der deutschen Generalität. Er war Chef des Stabes einer Armee und kommandierte eine Heeresgruppe. Seine Aussage spiegelt eine Reihe von Ereignissen wider, die Beachtung für die Feststellung verdienen, unter welchen Begleitumständen die Vorbereitungen des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion getroffen worden sind. Ich bitte den Gerichtshof, seine Aufmerksamkeit Seite 40 des Dokumentenbuches zuzuwenden. Dort ist die erste Seite der Aussage General Müllers. Absatz 1 dieser Aussage ist rot unterstrichen. Dort beginne ich:

»Die Vorbereitung für den Überfall auf Sowjet-Rußland begann schon im Juli 1940. Ich war damals 1. General stabsoffizier im Stabe der Heeresgruppe C, der in Dijon in Frankreich lag. Oberbefehlshaber war Generalfeldmarschall von Leeb. Der Heeresgruppe waren unterstellt die 1., 2. und 7. Armee, als Besatzungstruppen in Frankreich. Außerdem befanden sich in Frankreich noch Heeresgruppe A – Rundstedt –, beauftragt mit der Vorbereitung des ›Seelöwen‹ (Landung in England von Heeresgruppe B – von Bock). Der Stab der Heeresgruppe B wurde im Laufe des Juli nach dem Osten (Posen) verlegt. Diesem Stabe der Heeresgruppe B wurden aus Frankreich von den Besatzungstruppen noch zugeführt: AOK 12 (List), AOK 4 (von Kluge) und AOK 18 (von Küchler), ferner mehrere Generalkommandos und rund 30 Divisionen, davon eine größere Zahl aus dem Bereich der Heeresgruppe C (von Leeb).

Unmittelbar nach dem Westfeldzug war ein Befehl des OKH ergangen über Demobilmachung von 20 Divisionen. Dieser Befehl wurde aufgehoben. Diese 20 Divisionen wurden nicht demobilisiert, sondern mit Verlegung nach Deutschland nur beurlaubt, d.h. für eine kurzfristige Wiedereinberufung bereitgehalten.

Diese beiden vorgenannten Maßnahmen – Verlegung von fast 500000 Mann in das Grenzgebiet gegen Rußland und die Aufhebung der Entlassung von rund 300000 Mann – bedeuteten die ersten Anzeichen, daß bereits im Juli 1940 im Osten militärische Pläne bestanden.

Ein weiterer Befehl zur Vorbereitung des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion war die im Laufe des September 1940 ergangene schriftliche Verfügung des OKH über die Aufstellung eines neuen Armee-Oberkommandos in Leipzig (AOK 11), mehrerer Generalkommandos von rund 40 Divisionen und Panzerdivisionen. Die Aufstellungen erfolgten ab Oktober 1940 durch den Befehlshaber des Ersatzheeres (Generaloberst Fromm) teils in Frankreich, in der Hauptsache in Deutschland.

Gegen Ende September 1940 wurde ich vom OKH nach Fontainebleau bestellt. Dort übermittelte mir der Oberquartiermeister I im Generalstab des Heeres, der damalige Generalleutnant, später Feldmarschall Paulus zunächst mündlich den Befehl, daß mein Stab (Heeresgruppe C) zum 1. November nach Dresden und das dem Stabe unterstellte Armeeoberkommando 2 (Generaloberst von Weichs) zum gleichen Zeitpunkt nach München verlegt werden solle. Aufgabe war die Leitung der Ausbildung der neuaufzustellenden obenerwähnten 40 Divisionen.

Gemäß diesem Befehle, der nachher mit der Unterschrift des Chefs des Generalstabes Halder schriftlich bestätigt wurde, erfolgte die Verlegung termingemäß. Diese 40 Divisionen wurden mit Beginn des Überfalls auf die Sowjetunion eingesetzt.«

Nachdem mit der Vorbereitung für den militärischen Angriff auf die Sowjetunion auf diese Weise begonnen worden war, wurde sie mit verstärktem Tempo und mit deutscher Genauigkeit weitergeführt.

Ich erinnere, meine Herren Richter, an die Aussage des Zeugen Paulus in der heutigen Sitzung, nach der im August 1940 die Ausarbeitung eines vorbereitenden Planes für den Überfall auf die Sowjetunion unter der Bezeichnung »Barbarossa« in solchem Maße gediehen war, daß es möglich war, zwei Kriegsspiele unter der Leitung von Paulus durchzuführen.

VORSITZENDER: Herr General, ich glaube nicht, daß es notwendig ist, die Erklärung des Feldmarschalls Paulus nochmals zu verlesen, da er seine Aussage bereits im Zeugenstand gemacht hat.

GENERALMAJOR ZORYA: Ich werde sie nicht verlesen. Ich beziehe mich nur auf einen Umstand, der mir den Übergang zu den Aussagen des Generals Müller erlaubt: Dieses System der Kriegsspiele, das vom Generalstab des deutschen Heeres eingeführt wurde, verbreitete sich in der ganzen Armee, und die ganze Wehrmacht beteiligte sich an der Durchführung dieser Spiele, die sich als die Vorbereitung für den Überfall auf die Sowjetunion darstellten. Ich verlese diejenige Stelle dieser Erklärung, die mit Blaustift angestrichen ist und sich auf Seite 41 des russischen Textes des Dokumentenbuches befindet:

»Da die eigentliche Aufgabe der Armee die Vorbereitung für den Angriff gegen S.-Rußland war, so stand im Vordergrund die Ausbildung der Truppe und der Generalstabsoffiziere für diesen Zweck.

Ende Januar 1941 war ich durch Fernschreibbefehl des Chefs des Generalstabes Halder zu einem Kriegsspiel zur Heeresgruppe Rundstedt nach St. Germain bei Paris kommandiert. Aufgabe des Kriegsspiels war Angriff aus Rumänien und aus Südpolen Richtung Kiew und südlich. Die Mitwirkung rumänischer Kräfte war inbegriffen. Das Kriegsspiel entsprach im wesentlichen den Bedingungen der späteren Aufmarschanweisung, auf die ich noch zu sprechen komme.

Leiter des Kriegsspiels war der Chef des Generalstabes der Heeresgruppe Rundstedt. Anwesend waren Rundstedt, Halder, Chefs des Generalstabes: der 6. Armee Oberst Heim, der 11. Armee Oberst Wöhler, der Panzergruppe Kleist, Oberst Zwickler und einige Generale der Panzertruppe. Das Kriegsspiel fand statt in der Unterkunft der Heeresgruppe Rundstedt etwa 31. 1. – 2. 2. 41. Hauptergebnis war die Forderung einer starken Zusammenfassung der Panzerwaffe.«

Die von mir bis jetzt vorgelegten Dokumente kennzeichnen die Maßnahmen des Oberkommandos der Deutschen Wehrmacht für die Vorbereitung eines strategischen Aufmarsches der deutschen Truppen für den Angriff auf die Union der Sozialistischen Sowjet- Republiken.

Was die Zeit betrifft, so haben diese Maßnahmen einen wesentlichen Teil des Jahres 1940 eingenommen und begannen wenigstens sechs Monate, bevor die Weisung Nummer 21 über den Plan »Barbarossa« herausgegeben wurde.

Ich gehe jetzt auf die zweite von der Sowjetischen Anklagevertretung vorgelegte Dokumentengruppe über, die die Spionagemaßnahmen enthüllt, die von den faschistischen Verschwörern für die Vorbereitung des Krieges gegen die Sowjetunion getroffen wurde.

Richtung und Aufgabe des Nachrichtendienstes im Zusammenhang mit dem Plan »Barbarossa« wurden bekanntlich in einer Weisung des Oberkommandos der Deutschen Wehrmacht niedergelegt, die unter dem 6. September 1940 an das Amt Abwehr erging und von dem Angeklagten Jodl unterzeichnet war.

Dieses Dokument wurde von der Amerikanischen Anklagebehörde als 1229-PS vorgelegt. In unserem Dokumentenbuch befindet es sich auf den Seiten 46 und 47. Ich beabsichtige nicht, den Text dieses Dokuments noch einmal zu verlesen, doch halte ich es für unerläßlich, daran zu erinnern, daß in ihm von dem Nachrichtendienst verlangt wurde, die Truppenverschiebungen an der Ostgrenze von Deutschland auf jede Weise zu tarnen, damit bei der Sowjetunion der Eindruck entstünde, daß irgendeine Aktion auf dem Balkan vorbereitet würde.

Die Tätigkeit der Organe des Nachrichtendienstes war genau geregelt. Diese Tätigkeit hatte sicherzustellen, daß die Zahl der deutschen Streitkräfte im Osten so lange wie möglich geheim bleiben sollte, um den Eindruck zu erwecken, daß sehr wenig Streitkräfte im nördlichen Teil der Ostprovinzen konzentriert sind und daß, im Gegenteil, äußerst starke Kräfte in dem südlichen Teil zusammengezogen sind, nämlich im Protektorat und in Österreich.

Es wurde auch auf die Notwendigkeit hingewiesen, übertriebene Vorstellungen über die Zahl von Flakeinheiten zu erwecken und auf den geringen Umfang von Straßenbauarbeiten hinzuweisen.

An dieser Stelle möchte ich zwei Feststellungen treffen. Die intensive Tätigkeit des Nachrichtendienstes gegen die Sowjetunion begann nach Aussage von Pieckenbrock, die ich dem Gerichtshof als Beweis vorgelegt habe, vor Erlaß dieser Weisung im August 1940. Diese Tätigkeit beschränkte sich nicht nur darauf, falsche Informationen über die Truppenverschiebungen von Westen nach Osten zu verbreiten.

Ich bitte, Hoher Gerichtshof, mich wieder der bereits vorgelegten Aussage des früheren Chefs der Abteilung III des Amtes Ausland-Abwehr der Deutschen Wehrmacht, von Bentivegni, zuwenden zu dürfen.

Auf Seite 1, 2 und 3 des russischen Textes der Erklärung von Bentivegni heißt es, wobei ich die mit Blaustift unterstrichene Stelle zitiere, die mit dem letzten Absatz auf der ersten Seite des Dokuments beginnt, was der Seite 37 im Dokumentenbuch entspricht:

»Im Zusammenhang damit bekam ich etwa im November 1940 die Anweisung von Canaris, die Abwehrtätigkeit an den Stellen der Konzentrierung der deutschen Truppen an der deutsch-russischen Grenze zu aktivieren.«

Auf der zweiten Seite der Aussage, Seite 38 des Dokumentenbuches, erster Absatz, fährt Bentivegni fort:

»Gemäß dieser Anweisung habe ich damals den Abwehrstellen in Danzig, Königsberg, Posen, Krakau, Breslau und Wien einen entsprechenden Befehl gegeben.«

Und schließlich auf der dritten Seite der Aussage, Seite 39 des Dokumentenbuches heißt es:

»... so habe ich im März 1941 von Canaris folgende Richtlinien bezüglich der Vorbereitung zur Ausführung des Plans ›Barbarossa‹ erhalten:

a) Vorbereitung aller Gliederungen der ›Abwehr III‹ zur aktiven Spionageabwehrtätigkeit gegen die Sowjetunion, wie zum Beispiel: Aufstellung der notwendigen Abwehrtrupps und ihre Verteilung auf die Armeen, die zum Einsatz im Osten bestimmt waren; Lähmung der Tätigkeit der sowjetischen Nachrichtendienststellen.

b) Irreführung der ausländischen Nachrichtendienste durch eigene Agenten im Sinne der angeblichen Besserung der Beziehungen mit der Sowjetunion und der Vorbereitung des Schlages gegen Großbritannien.

c) Abwehrmaßnahmen zur Geheimhaltung der Vorbereitungen zum Kriege gegen die Sowjetunion und Sicherung der geheimen Beförderungen der Truppen nach dem Osten.«

Die gleiche Frage wird auch in dem von mir als Beweis vorgelegten Protokoll über das Verhör von Pieckenbrock, dem früheren Chef der Abteilung I des Amtes Ausland/Abwehr in der Deutschen Wehrmacht, berührt. Diese Aussage enthält folgende Stelle über die Tätigkeit des Nachrichtendienstes der Deutschen Wehrmacht im Zusammenhang mit den Vorbereitungen zur Durchführung des Planes »Barbarossa«. Ich bitte Seite 35 des Dokumentenbuches aufzuschlagen und den zweiten Absatz von oben zu lesen. Er entspricht der Seite 2 der Aussage von Pieckenbrock. Pieckenbrock sagt aus:

»Im März 1941 war ich beim Gespräch zwischen Canaris und dem Chef der Spionageabteilung (Abw. II), Oberst Lahousen, anwesend, wobei die Rede von den Vorbereitungsmaßnahmen für den Plan Barbarossa war. Bei diesem Gespräch beriefen sich beide auf einen schriftlichen Befehl, den Lahousen über diese Angelegenheit hatte. Als Chef Abw. I habe ich in der Zeit vom Februar 41 bis 22. Juni 41 mehrere Male dienstlich über den Plan Barbarossa mit dem Chef Oberquartiermeister IV, Generalleutnant von Tippelskirch, und dem Chef der Abteilung Fremde Heere Ost, Oberst Kienzl, gesprochen. Diese Gespräche betrafen Präzisierung von verschiedenen Aufträgen für Abwehr bezüglich der Sowjetunion, und zwar die Nachprüfung von alten Nachrichtenunterlagen über die Rote Armee und ebenfalls die Präzisierung der Angaben über die Dislokation der Sowjettruppen in der Zeit der Vorbereitung des Überfalls auf die Sowjetunion.«

Ich überspringe einen Absatz der Aussage Pieckenbrocks und verlese weiter:

»Außerdem wurden alle Abwehrstellen, die sich mit der Spionage gegen Rußland befaßten, angewiesen, den Einsatz von Agenten gegen die Sowjetunion zu vermehren. Ein betreffender Auftrag über die Aktivierung der Agentenarbeit gegen die USSR wurde auch allen Nachrichtendienststellen bei den in Frage kommenden Armeen und Heeresgruppen gegeben. Zum Zweck der erfolgreichen Leitung aller Frontabwehrdienststellen wurde im Mai 1941 ein Sondernachrichtenstab mit dem Decknamen Walli I organisiert. Dieser Stab befand sich in der Nähe von Warschau in der Ortschaft Sulijewek. Major Baum, als bester Sachkundiger für Rußland, wurde zum Chef des Stabes Walli I ernannt. Später, als nach unserem Beispiel Abw. II und Abw. III ihre eigenen Stäbe Walli II und III organisierten, wurde dieses Organ im ganzen als Stab Walli bezeichnet und leitete den ganzen Nachrichten-, Abwehr- und Sabotagedienst gegen Rußland als vorgeschobener Stab. An der Spitze des Stabes Walli stand Oberstleutnant Schmalschläger.«

Ich gehe zum letzten Absatz von Pieckenbrocks Aussage über, die sich auf Seite 36 des Dokumentenbuches befindet:

»Aus mehreren Vorträgen des Obersten Lahousen bei Canaris, denen ich auch beiwohnte, ist mir bekannt, daß diese Abteilung große Vorarbeiten bezüglich des Krieges gegen die Sowjetunion durchführte. In der Zeit von Februar bis Mai 41 fanden mehrere Besprechungen der führenden Persönlichkeiten der Abw. II beim Stellvertreter von Jodl, General Warlimont, statt. Diese Besprechungen fanden in der Kavallerieschule in Krampitz statt.

Bei diesen Besprechungen über die Vorbereitungen zum Kriege gegen Rußland wurde die Verstärkung der Formation zur bes. Verwendung ›Brandenburg 800‹ und ihre Aufteilung unter Heereseinheiten beschlossen.«

Beachtenswert in der Aussage Pieckenbrocks, soweit ich sie eben verlesen habe, sind die Hinweise auf Sonderaufgaben, mit denen die Abteilung von Lahousen betraut war, sowie über die Einsatztruppen, die unter dem Decknamen »Brandenburg 800« bekannt waren.

Diese Punkte werden weiter durch die Aussage des Stellvertreters von Lahousen im Amt II Ausland/Abwehr beim Oberkommando der Wehrmacht geklärt, des Obersten des früheren deutschen Heeres, Erwin Stolze, der von der Roten Armee gefangen genommen worden ist.

Die Aussage von Stolze vom 25. Dezember 1945 wurde einem Abwehroffizier der Roten Armee gegenüber gemacht, und zwar Oberstleutnant Buraschnikoff. Ich lege das Beweisstück dem Gerichtshof als USSR-231 vor und bitte, es als Beweismaterial zuzulassen. Ich werde diejenigen Auszüge aus dieser Aussage verlesen, die mit Rotstift unterschrieben sind. Ich beginne mit dem Zitat auf Seite 48 des Dokumentenbuches; Stolze sagt aus:

»Weiterhin erhielt ich von Lahousen die Weisung, eine Sondergruppe unter meiner Leitung aufzustellen. Diese Gruppe erhielt die Deckbezeichnung ›A‹ und war ausschließlich für die Vorbereitung der Sabotage- und Zersetzungsarbeit im sowjetischen Hinterland bestimmt.

Um die gleiche Zeit hatte mich Lahousen mit einem Befehl des Wehrmachtführungsstabes bekannt gemacht, der Richtlinien für die Unterwühlungstätigkeit auf dem Sowjetgebiet nach dem Überfall Deutschlands auf Rußland enthielt. Der Befehl war vom Feldmarschall Keitel nach Abzeichnung durch General Jodl (oder im Auftrage Keitels von General Warlimont – genau kann ich mich nicht entsinnen -) unterzeichnet...«

Ich lasse jetzt zwei Zeilen aus, die für unsere Sache keine Bedeutung haben, und verlese weiter:

»In diesem Befehl wurde darauf hingewiesen, daß zur Unterstützung eines blitzartigen Schlages gegen die Sowjetunion Abw. II ihre Unterwühlarbeit gegen Rußland mit Hilfe eines V-Mann-Netzes auf die Entfachung des Nationalhasses zwischen den Völkern der S.U. zu steuern habe.«

Ich bitte, die Seite zu wenden und Ihre Aufmerksamkeit auf Seite 49 des Dokumentenbuches zu lenken, die der Seite 2 des Protokolls des Verhörs von Stolze entspricht:

»Um die obengenannten Weisungen Keitels und Jodls auszuführen, hatte ich mit den im Dienste der deutschen Abwehr stehenden ukrainischen Nationalisten Fühlung und mit Angehörigen anderer national-faschistischer Gruppen Verbindung aufgenommen.

Ich hatte unter anderem persönlich den Anführern der ukrainischen Nationalisten – Melnyk (Deckname, ›Konsul I‹) und Bandera – die Weisung gegeben, sogleich nach dem Überfall Deutschlands auf Rußland provokatorische Putsche in der Ukraine zu organisieren mit dem Ziele, die Sowjettruppen in ihrem unmittelbaren Hinterlande zu schwächen, sowie auch die internationale öffentliche Meinung im Sinne einer sich angeblich vollziehenden Zersetzung des sowjetischen Hinterlandes zu beinflussen.

Es wurden von Abw. H auch spezielle Sabotagetrupps für die Unterwühlungstätigkeit in den baltischen Republiken der S.U. vorbereitet.«

Ich bitte weiterzublättern und auf Seite 50 des Dokumentenbuches, am dritten Absatz beginnend, folgende Aussage Stolzes zu lesen:

»Außerdem wurde ein besonderer militärischer Verband, das Lehr-Regiment z. b. V. ›Brandenburg 800‹, welches unmittelbar dem Chef der Abw. II, Lahousen, unterstellt war, für die Kampftätigkeit auf dem Sowjetgebiet vorbereitet.

Zu den Aufgaben dieses im Jahre 1940 aufgestellten Sonderverbandes gehörte die Besetzung kriegswichtiger Objekte – Brücken, Tunnels, wehrwichtiger Werke – und ihr Halten bis zum Eintreffen der Spitzentruppen der Deutschen Wehrmacht.

Zur Durchführung dieser Aufgaben hatte das Regiment, das hauptsächlich aus Auslandsdeutschen bestand, im Gegensatz zu den internationalen Regeln der Kriegsführung, weitgehend Uniformen und Waffen der Feindmächte für die Tarnung der Einsätze angewandt.

Im Laufe der Vorbereitung des Angriffes Deutschlands auf Rußland hatte die Führung des Regiments ›Brandenburg‹ ebenfalls Uniformstücke und Waffen der Roten Armee gesammelt und einzelne Trupps aus den Deutschen, die die russische Sprache beherrschten, zusammengestellt.«

Meine Herren Richter! Die von mir vorgelegten Aussagen von Stolze, Bentivigni und Pieckenbrock geben Aufschluß über die Arbeitsmethoden des deutschen Nachrichten- und Abwehrdienstes bei der Vorbereitung und Durchführung des Planes »Barbarossa«. Ich werde die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs mit diesen Fragen nicht weiter in Anspruch nehmen; aber bevor ich in meinem Beweisvortrag weitergehe, möchte ich mir erlauben, darauf hinzuweisen, daß das Amt des Angeklagten Kaltenbrunner ebenfalls mit der Tätigkeit des deutschen Nachrichtendienstes befaßt war. Ich werde mich darauf beschränken, ein Dokument vorzulegen, das bezeichnend ist, wie die Hitleristen ihre Verbindungen ausnützten, um Schwierigkeiten im Iran hervorzurufen. Bekanntlich wurden durch dieses Land Kraftfahrzeuge und Kriegsmaterial aller Art an die Sowjetunion transportiert.

Das Dokument, das ich als USSR-178 vorlegen möchte, wurde von uns den Archiven des Deutschen Auswärtigen Amtes entnommen, die von den vorrückenden Truppen der Roten Armee erbeutet wurden. Es handelt sich um einen Brief des Angeklagten Kaltenbrunner an den Angeklagten von Ribbentrop. Der Brief ist auf einem Briefbogen des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD geschrieben. Ich zitiere Auszüge aus diesem Brief, die sich auf Seite 52 des Dokumentenbuches befinden:

»28. Juni 1943. Geheime Reichssache.

An den Herrn Reichsaußenminister von Ribbentrop, Berlin.

Betrifft: Parlamentswahlen im Iran.

Sehr verehrter Herr Reichsminister!

Über die direkte Verbindung zum Iran ging hier nachstehende Meldung über Möglichkeiten einer deutschen Einflußnahme auf die bevorstehenden iranischen Parlamentswahlen ein:«

Sodann nach einigen Zeilen:

»Um einen entscheidenden Einfluß auf den Ausgang der Wahlen zu nehmen, seien allerdings Bestechungsgelder notwendig, und zwar für Teheran etwa 400.000.- und für den übrigen Iran mindestens 600.000.- Tomane.... Es sei auch zu betonen, daß die nationaliranisch gesinnten Kreise ein Eingreifen von deutscher Seite erwarten.

Für eine kurze Mitteilung, wie weit von seiten des Auswärtigen Amtes von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden soll, insbesondere, ob die benötigte 1 Million Tomane von dort zur Verfügung gestellt werden kann, wäre ich dankbar. Die Verbringung dieser Geldmittel würde gegebenenfalls gelegentlich eines der nächsten Flugeinsätze von hier möglich sein.

Heil Hitler! Ihr ergebener Kaltenbrunner, SS-Obergruppenführer.«

Dieses Dokument dürfte Ihnen einen Begriff über das Ausmaß von Fragen vermitteln, die den Reichsaußenminister interessierten.

Eine derartig sonderbare Tätigkeit des Auswärtigen Amtes war nicht ein Einzelfall.

Im Laufe der Zeit hat sich die Zusammenarbeit des Auswärtigen Amtes und des Reichsführers-SS verstärkt und immer mehr entwickelt. Als Ergebnis erschien ein sehr eigenartiges Dokument, das als eine Vereinbarung zwischen Himmler und Ribbentrop über die Organisation der Spionagetätigkeit angesehen werden kann.

Ich lege das Dokument als USSR-120 vor und bitte den Gerichtshof, es als Beweisstück entgegenzunehmen. Der Text ist auf den Seiten 53 und 55 im Dokumentenbuch des Gerichtshofs zu finden. Ich lese den Inhalt dieser Vereinbarung mit geringen Anmerkungen vor:

»Der Führer hat mit Befehl vom 12. Februar 1944 den Reichsführer-SS beauftragt, einen einheitlichen deutschen geheimen Meldedienst zu schaffen. Der geheime Meldedienst hat, soweit das Ausland in Betracht kommt, die Aufgabe, Nachrichten auf politischem, militärischem, wirtschaftlichem und technischem Gebiet für das Reich zu beschaffen. Der Führer hat hierzu be stimmt, daß der Meldedienst, soweit das Ausland in Betracht kommt, im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Auswärtigen geregelt werden soll. Zwischen dem Reichsminister des Auswärtigen und dem Reichsführer-SS ist daraufhin das Einverständnis über folgende Punkte festgestellt worden:

1. Der geheime Meldedienst des Reichsführers-SS ist ein wichtiges Instrument für die Nachrichtenbeschaffung auf außenpolitischem Gebiet, das dem Reichsaußenminister zur Verfügung steht. Aus diesem Grunde ist die enge kameradschaftliche und loyale Zusammenarbeit zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Reichssicherheitshauptamt das erste Erfordernis. Die Beschaffung außenpolitischer Nachrichten durch den Auswärtigen Dienst wird hierdurch nicht berührt.

2. Das Auswärtige Amt stellt dem Reichssicherheitshauptamt die für die Durchführung des Meldedienstes erforderlichen Informationen über die außenpolitische Lage und die Intentionen der deutschen Außenpolitik zur Verfügung und übermittelt dem Reichssicherheitshauptamt seine außenpolitischen Erkundungs- und sonstigen Aufträge, die durch Organe des geheimen Meldedienstes ausgeführt werden.

3. Das beim geheimen Meldedienst eingehende außenpolitische Nachrichtenmaterial wird vom Reichssicherheitshauptamt...«

VORSITZENDER: Würde es als Zusammenfassung dieses Dokuments nicht genügen, wenn Sie sagen, daß es sich um ein Dokument handelt, das von Himmler und Ribbentrop unterzeichnet ist und die Zusammenlegung des deutschen geheimen Nachrichtendienstes zeigt? Dieser Gerichtshof ist nicht an den Einzelheiten dieser Zusammenlegung interessiert. Da wir, dem Statut gemäß, bestrebt sind, den Prozeß möglichst zu beschleunigen, ist es unnötig, alle Einzelheiten dieser Zusammenlegung zu verlesen.

GENERALMAJOR ZORYA: Gut, ich fasse dieses Dokument zusammen und möchte sagen, daß diese Vereinbarung, von Himmler und Ribbentrop unterschrieben, damals ein derartiges Verhältnis schuf, daß es schwierig war, die Zustände im faschistischen Deutschland zu verstehen und zu erkennen, wo das Amt von Himmlers Gestapo aufhörte und wo das Auswärtige Amt des Angeklagten Ribbentrop begann.

Wenn der Gerichtshof es gestattet, gehe ich nun auf das nächste Dokument über. Ich möchte jedoch bemerken, daß das soeben verlesene Dokument, ich habe die Vereinbarung Himmler-Ribbentrop hinsichtlich der Führung der Spionagearbeit im Ausland im Auge, uns auch gestattet, festzustellen, daß unter dem Deckmantel deutscher diplomatischer Vertretungen in Ländern, die normale diplomatische Beziehungen mit Deutschland unterhielten, diese tatsächlich als weitverzweigtes Gestaponetz arbeiteten.

Wenn diese Zusammenfassung nach der Meinung des Gerichtshofs dem Inhalt des Dokuments entspricht, so möchte ich auf den nächsten Abschnitt meiner Darlegung übergehen: Deutschlands Vasallen:

Als der Plan »Barbarossa« hier im Gerichtssaal verlesen wurde, hat meiner Meinung nach ein Teil des Gesamtplans verhältnismäßig geringe Aufmerksamkeit gefunden. Ich habe Teil 2 des Planes »Barbarossa« im Sinn, 446-PS, der den Titel trägt:

»Voraussichtliche Verbündete und deren Aufgaben.«

Bezüglich der Fragen, die in diesem Teil besprochen werden, möchte ich die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs in Anspruch nehmen.

Lassen Sie mich Ihnen zunächst den Inhalt dieses Teiles ins Gedächtnis rufen. Das Dokument Nummer 446-PS, Fall »Barbarossa«, befindet sich auf Seite 14 des Dokumentenbuches. Ich halte es für unumgänglich, den Teil II des Falles »Barbarossa« zu verlesen:

»1.) An den Flügeln unserer Operation ist mit der aktiven Teilnahme Rumäniens und Finnlands am Kriege gegen Sowjetrußland zu rechnen. In welcher Form die Streitkräfte beider Länder bei ihrem Eingreifen deutschem Befehl unterstellt werden, wird das Oberkommando der Wehrmacht zeitgerecht vereinbaren und festlegen.

2.) Rumäniens Aufgabe wird es sein, zusammen mit der dort aufmarschierenden Kräftegruppe den gegenüberstehenden Gegner zu fesseln und im übrigen Hilfsdienste im rückwärtigen Gebiet zu leisten.

3.) Finnland wird den Aufmarsch der aus Norwegen kommenden abgesetzten deutschen Nordgruppe (Teile der Gruppe XXI) zu decken und mit ihr gemeinsam zu operieren haben. Daneben wird Finnland die Ausschaltung von Hangö zufallen.

4.) Mit der Möglichkeit, daß schwedische Bahnen und Straßen für den Aufmarsch der deutschen Nordgruppe spätestens von Operationsbeginn an zur Verfügung stehen, kann gerechnet werden.«

In der Rede des Hauptanklagevertreters der USSR, General Rudenko, wurde Ihre Aufmerksamkeit auf den Satz gelenkt, mit dem dieser Abschnitt beginnt:

»An den Flügeln unserer Operation ist mit der aktiven Teilnahme Rumäniens und Finnlands am Kriege gegen Sowjetrußland zu rechnen.«

Dies ermöglichte dem Hauptankläger der Sowjetunion, in seiner Rede auf die Tatsache hinzuweisen, daß am 18. Dezember 1940, dem Datum des »Barbarossa«-Dokuments, Rumänien und Finnland schon im Fahrwasser der räuberischen Politik der Hitler-Verschwörung fuhren.

Es gibt jedoch noch ein weiteres Dokument, das schon von der Amerikanischen Anklagebehörde vorgelegt wurde und das Deutschlands voraussichtliche Verbündete in seinem Angriff gegen die Sowjetunion anführte.

Es handelt sich um das Dokument, das die Nummer C-39 trägt und betitelt ist: »Vorläufiger Plan Barbarossa«. Es stellt, wie der Angeklagte Keitel in seinem Begleitbrief ausführte, eine Zeittafel für die Vorbereitungen zum Plan »Barbarossa« nach dem 1. Juni 1941 dar. Dieser Plan wurde von Hitler bestätigt.

Der Text dieses Planes befindet sich auf Seite 57 des Dokumentenbuches. In dem zweiten Teil dieses Dokuments, betitelt: »Besprechungen mit befreundeten Staaten« lesen wir:

»a) Die Bulgaren sind gebeten, die zur Sicherung an der türkischen Grenze stehenden Verbände nicht in größerem Umfange zu schwächen.

b) Die Rumänen haben auf Veranlassung des Oberbefehlshabers der deutschen Truppen in Rumänien mit einer getarnten Teilmobilmachung begonnen, um ihre Grenzen gegen einen etwaigen russischen Angriff verteidigen zu können.

c) Die Ausnutzung ungarischen Gebietes für den Aufmarsch von Teilen der Heeresgruppe Süd wird nur insoweit erwogen, als es zweckmäßig ist, zwischen den ungarischen und rumänischen Truppen einen deutschen Verband einzuschieben. Vor Mitte Juni wird aber in dieser Frage an die Ungarn nicht herangetreten werden.

d) 2 deutsche Divisionen sind im Ostteil der Slowakei aufmarschiert; weitere werden im Raum um Prosov ausgeladen werden.

e) Vorbereitende Besprechungen mit dem finnischen Generalstab sind seit 25. 5. im Gange.«

Herr Vorsitzender, um die folgenden Dokumente mit der Aussage des Zeugen Paulus zu verbinden, berufe ich mich auf die Aussage des Zeugen über die rechtzeitige Vorbereitung des Angriffskrieges an der rumänischen Front. Es deutet an, daß entsprechende Vereinbarungen mit Rumänien zur Umgestaltung der rumänischen Armee nach dem Muster und Vorbild des deutschen Heeres noch im September 1940 getroffen wurden, nämlich, als eine militärische Sonderkommission nach Rumänien gesandt wurde. Führer dieser Kommission war General der Kavallerie Hansen. Zum Stabschef wurde Generalmajor Hauffe ernannt, zum Oberquartiermeister Major Merk. Generalmajor von Rotkirch befehligte die 13. Panzerdivision.

Die Aufgabe dieser Militärmission war, die rumänische Armee neu zu gestalten und sie für den Angriff auf die Sowjetunion im Sinne des Falles »Barbarossa« vorzubereiten. Über diese Aufgabe wurden General Hansen und sein Stabschef, wie Paulus bezeugt hat, von Paulus unterrichtet und die weiteren Richtlinien erhielten sie vom Oberbefehlshaber, Feldmarschall von Brauchitsch.

General Hansen erhielt Direktiven von zwei Seiten: vom OKW für seine Militärmission und vom OKH für alle Fragen hinsichtlich der Landstreitkräfte; Anweisungen militärischen und strategischen Charakters ergingen nur vom OKW.

Die Verbindung zwischen dem deutschen und rumänischen Generalstab wurde durch die Militärmission hergestellt.

Die vereinbarte Formgebung, mehr noch, die Bekanntgabe der wahren Ziele der faschistischen Führer in diesen Ländern war den Vasallenstaaten nicht immer genehm.

Ich lege nunmehr als USSR-233 das Protokoll einer Unterredung Ion Antonescus mit dem Angeklagten Ribbentrop vor, die am 12. Februar 1942 stattfand. Dieses Dokument ist aus dem Privatarchiv des Marschalls Antonescu entnommen, das von den vorrückenden Truppen der Roten Armee erbeutet wurde. Das Dokument befindet sich auf Seiten 59 und 62 des Dokumentenbuches.

Im Zusammenhang mit der Rede Ribbentrops in Budapest über Transsylvanien machte Antonescu im Laufe dieser Unterredung die folgende Eintragung; letzter Absatz auf Seite 2 des russischen Textes des Dokuments, Seite 60 im Dokumentenbuch:

»Ich habe ohne Zögern betont, daß am 6. September, als ich die Führung des Landes allein und nur mit Hilfe des Herrn Mihai Antonescu übernommen hatte, ich, ohne mein Volk zu fragen, erklärt habe, daß die zu führende Politik die eines Anschlusses an die Achsenmächte sein mußte; ich habe erklärt, daß dies ein einzigartiges Beispiel in der Geschichte der Völker darstelle, daß zwei Männer es gewagt hätten, eine offene Erklärung abzugeben und ihr Volk aufzufordern, an einer Politik mitzuarbeiten, die natürlich hassenswert erscheinen mußte...«

Als er diese zynische Eintragung machte, hat Ion Antonescu kaum damit gerechnet, daß sie so weitgehende Publizität erlangen würde.

Herr Vorsitzender, ich habe jetzt ein sehr langes Dokument zu verlesen, das längere Zeit in Anspruch nehmen wird.

VORSITZENDER: Wir werden uns jetzt vertagen.