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OBERST POKROWSKY: Auf der Seite 115 des Dokumentenbuches können Sie die Stelle finden, die ich jetzt zitieren werde, und zwar aus der Zeugenaussage der Bürgerin Bulytscheff:

»Die Bürgerin P. J. Bulytscheff, geboren 1894 in Kertsch, sagt aus: Ich war Zeugin, wie unsere kriegsgefangenen Soldaten und Offiziere der Roten Armee wiederholt gejagt wurden, und wie diejenigen, die infolge ihrer Wunden oder infolge allgemeiner Schwäche mit der Kolonne nicht mitkommen konnten, von den Deutschen gleich auf der Straße erschossen wurden. Ich habe dieses furchtbare Bild mehrfach gesehen. Einst, bei Frostwetter, wurde eine Gruppe gequälter, abgerissener Menschen barfuß einhergejagt. Diejenigen, die versuchten, ein Stück Brot, das von den Passanten auf die Straße geworfen wurde, aufzuheben, wurden von den Deutschen mit Gummiknüppeln und Gewehrkolben niedergeschlagen. Diejenigen, die unter diesen Schlägen hinfielen, wurden erschossen.«

Ich lasse einige Sätze aus, die meines Erachtens nicht vorgelesen zu werden brauchen.

»Während der zweiten Besetzung, als die Deutschen aufs neue in die Stadt Kertsch eindrangen, mißhandelten sie ganz unschuldige Menschen mit noch größerer Wut.«

Die Zeugin sagt aus, daß die faschistischen Henker in erster Linie die Angehörigen der Armee mißhandelten, und daß verwundete Soldaten mit Gewehrkolben erschlagen wurden. Auf derselben Seite 115 befindet sich der folgende Auszug:

»Kriegsgefangene wurden in große Gebäude hineingejagt, die dann in Brand gesteckt wurden. So wurde die Vojkow-Schule und das Klubhaus der Ingenieure und Techniker verbrannt, in denen sich 400 Soldaten und Offiziere der Roten Armee befanden.

Keinem von ihnen gelang es, aus dem brennenden Gebäude herauszukommen. Alle, die sich zu retten versuchten, wurden mit Maschinengewehrfeuer erschossen. Verwundete Soldaten im Fischerdörfchen Mayak sind tierisch zu Tode gequält worden.«

Eine andere Zeugin, die in diesem Dörfchen wohnte, A. P. Buryatschenko, sagte aus:

»Am 28. Mai 1942 haben die Deutschen alle friedlichen Bürger erschossen, die im Dörfchen verblieben waren und sich nicht hatten verstecken können. Die faschistischen Unmenschen mißhandelten die sowjetischen Kriegsgefangenen, schlugen sie mit Gewehrkol ben und erschossen sie dann.

In meiner Wohnung entdeckten die Deutschen ein junges Mädchen in Uniform, das den Faschisten Widerstand leistete; es rief: ›Schießt nur, Auswurf der Menschheit! Ich sterbe für das Sowjetvolk, für Stalin; euch Ungeheuer aber wird ein Hundetod ereilen.‹ Die junge Patriotin wurde auf der Stelle erschossen.«

In der Gegend der Stadt Kertsch befinden sich die Steinbrüche von Adschimuschkaisk. Dort wurden Soldaten der Roten Armee mit Gas vergiftet und ausgerottet. Eine Einwohnerin des Dorfes Adschimuschkaisk, N. N. Daschkov, hat ausgesagt:

»Ich habe selbst gesehen, wie die Deutschen ungefähr 900 Rotarmisten im Steinbruch aufgriffen, sie mißhandelten und dann erschossen. Die Faschisten wandten Gas an.«

Ich lasse einige Sätze aus; auf Seite 115 finden Sie folgenden Satz:

»Im Engels-Klub befand sich während der Besetzung ein Lager für sowjetische Kriegsgefangene, in denen mehr als 1000 Leute waren. Die Deutschen mißhandelten sie, gaben ihnen nur einmal am Tage zu essen und hetzten sie zu schweren, erschöpfenden Arbeiten; wer vor Erschöpfung umfiel, wurde auf der Stelle erschossen.«

Es erscheint mir notwendig, noch einige Zeugenaussagen zu verlesen:

»Eine Bewohnerin der Siedlung Gorky, N. I. Schumi loff, sagte aus:

Ich selbst habe gesehen, wie an meinem Hof eine Gruppe Kriegsgefangener vorbeigeführt wurde. Drei von ihnen konnten sich nicht bewegen. Sie sind daselbst von der deutschen Wache erschossen worden.‹«

Die Bürgerin P. I. Gerassimenko aus der Siedlung Semostroy hat ausgesagt:

»›Viele Soldaten und Offiziere der Roten Armee sind in unsere Siedlung getrieben worden. Das Gelände, in dem sie sich befanden, war von Stacheldraht umgeben. Entkleidete, barfüßige Leute starben an Kälte und Hunger. Sie wurden unter den schrecklichsten, unmenschlichen Bedingungen gehalten. Neben den Lebenden lag eine Menge Leichen, die mehrere Tage lang nicht fortgeschafft wurden. Dieser Umstand machte das Leben im Lager noch unerträglicher. Die Gefangenen wurden mit Gewehrkolben und Knüppeln geschlagen, sie wurden mit Abfällen gefüttert. Einwohner, die den Gefangenen Nahrung und Brot zukommen zu lassen versuchten, wurden geschlagen und die Kriegsgefangenen, die die Gaben anzunehmen versuchten, wurden erschossen.‹«

In der Schule Nummer 24 in Kertsch richteten die Deutschen ein Kriegsgefangenenlager ein. Über die Zustände, die in diesem Lager herrschten, sagte die Schullehrerin A. N. Naumoff aus:

»Im Lager waren viele Verwundete; die Unglücklichen verbluteten, sie wurden ohne Hilfe gelassen. Ich sammelte für die Gefangenen Arzneien und Verbandstoffe und ein Sanitäter, der sich unter den Kriegsgefangenen befand, legte ihnen Verbände an. Die Gefangenen litten an blutigem Durchfall, weil ihnen kein Brot gegeben wurde, sie vielmehr mit Abfällen gefüttert wurden. Menschen fielen vor Erschöpfung und Krankheit um, sie starben unter schrecklichen Qualen. Am 20. Juni 1942 wurden drei Kriegsgefangene mit einer Peitsche geschlagen, weil sie versuchten, aus dem Lager zu entfliehen. Gefangene wurden erschossen. Im Juni wurde einer, der weggelaufen war, wieder gefangengenommen und erschossen.«

Die Lehrerin der Stalin-Schule, Koschevnikoff, hat selbst gesehen, wie eine Gruppe gefangener Soldaten und Offiziere der Roten Armee auf dem Fabrik- und Küchengelände der Fabrik Voykoff erschossen wurde:

»Im Jahre 1943 jagten die deutschen Verbrecher die gefangenen Rotarmisten vom Kaukasus hierher. Der ganze Weg von der Stadt bis zur Furt, eine Entfernung von 18 bis 20 Kilometern, war mit Leichen der Rotarmisten besät. Unter den Kriegsgefangenen waren viele Verwundete und Kranke. Wer wegen Erschöpfung oder Krankheit nicht gehen konnte, wurde auf dem Wege erschossen.«

Eine unter vielen anderen Tatsachen sollte hier besonders hervorgehoben werden:

»Im Jahre 1942 warfen die Faschisten 100 gefangene Rotarmisten lebendig in einen Brunnen des Dorfes Adschimuschkaisk; die Leichen sind später von den Bewohnern herausgeholt und in einem Massengrab beigesetzt worden.«

Diese Mitteilungen sind in derselben Urkunde enthalten, aus der ich Ihnen soeben Auszüge zitiert habe.

In der Sitzung des Gerichtshofs vom 29. Januar 1946 wurde der Zeuge Paul Roser vernommen. Er hat ausgesagt, daß in vier Monaten von den zehntausend Russen, die er als Kriegsgefangene in den deutschen Lagern in der Stadt Rawa Ruska gesehen hat, nur zweitausend am Leben geblieben waren.

Wir verfügen über die Angaben noch eines anderen Augenzeugen über die zahlreichen Grausamkeiten und die unglaubliche Verhöhnung der Kriegsgefangenen in der Stadt Rawa Ruska. Zeuge V. S. Kotchan, der unter Beachtung aller durch unser Gesetz vorgeschriebenen Vorschriften von dem Hauptmann der Justizgarde Ryzhow am 27. September 1944 vernommen wurde, gab folgendes an. Das Protokoll dieses Verhörs überreiche ich Ihnen als Dokument USSR- 6(c):

»Ich habe unter den Deutschen im Lager der Kriegsgefangenen der Roten Armee vom Dezember 1941 bis April 1942 als Erdarbeiter gearbeitet.«

Diese Aussage befindet sich auf der Seite 124 des Dokumentenbuches. Ich lasse einige Zeilen aus, weil sie mit der Sache nichts zu tun haben:

»Dieses Barackenlager wurde von den Deutschen auf einem Platz in der Nähe der Eisenbahn eingerichtet. Das Lagergelände wurde ringsum von Stacheldraht umzäunt. Nach den Angaben der Kriegsgefangenen haben die Deutschen 12000 bis 15000 Menschen in diesem Lager zusammengetrieben. Während unserer Arbeit haben wir beobachtet, wie die Deutschen die Kriegsgefangenen der Roten Armee verhöhnt haben. Sie bekamen einmal am Tage zu essen, es waren ungeschälte, gefrorene Kartoffeln, die mit der Schale und dem Schmutz gekocht wurden. Im Winter wurden die Kriegsgefangenen in kalten Baracken untergebracht.

Mir ist ein Fall bekannt, in dem die Kriegsgefangenen, die ins Lager getrieben wurden, ihre ganze Kleidung, Militärmäntel, Stiefel, auch brauchbare Schuhe, ablegen mußten; sie verblieben in Lumpen und barfuß. Die Kriegsgefangenen mußten täglich zwischen vier und fünf Uhr morgens unter Bewachung zur Arbeit gehen und blieben draußen bis zehn Uhr abends. Dann wurden die müden, hungrigen, frierenden Menschen in die Baracken getrieben, in denen vorher tagsüber Fenster und Türen geöffnet waren, damit es dort möglichst kalt wurde; man erreichte damit, daß die Menschen erfroren. Am nächsten Morgen mußten die Gefangenen, von deutschen Soldaten bewacht, hunderte von Leichen ihrer erfrorenen Kameraden auf einen Traktor laden und in den Wolkowysski-Wald hinausfahren, wo sie in die schon vorher vorbereiteten Gruben ausgeladen wurden. Während die Gefangenen unter Bewachung zur Arbeit geführt wurden, stellte man am Lagerausgang einen mit Gewehren und Stöcken bewaffneten Soldatentrupp auf. Diejenigen Gefangenen, die sich, von Hunger und Kälte erschöpft, nur schlecht vorwärts bewegen konnten, tötete man durch Stockschläge und Bajonettstiche oder schoß sie nieder.«

Derselbe Zeuge beschreibt auch andere Greueltaten, zum Beispiel:

»Die deutschen Lagerbehörden brachten die splitternackten Kriegsgefangenen ins Freie, banden sie an die mit Stacheldraht umsäumte Wand und ließen sie draußen im klirrenden Dezemberfrost, bis sie erfroren waren. Das Lagergelände war ständig von dem Stöhnen und Schreien der von den Kolbenschlägen verstümmelten Menschen erfüllt. Einige wurden mit Kolbenschlägen auf der Stelle getötet.

Wenn die hungrigen und erschöpften Gefangenen ins Lager gebracht wurden, warfen sie sich auf den Haufen verrotteter und gefrorener Kartoffeln. Sie wurden dann von dem deutschen Begleitsoldaten erschossen.«

Ich lege dem Gerichtshof noch ein Beweisstück vor, und zwar unter derselben Nummer USSR-6 (c); es handelt sich um die Erklärung des französischen Kriegsgefangenen Emile Leger, Soldat im 43. Infanterie-Kolonialregiment, Ausweisnummer 29, Seite 120 des Dokumentenbuches.

In seiner Erklärung wurde das Lager in Rava Russkaja das »berühmte Lager des langsamen Todes«, »Stalag Nummer 325«, erwähnt.

Nach meinem Dafürhalten ist dieser Satz eine Art Ergänzung zu den Aussagen der Zeugen Roser und Kotchan. Die Sowjetanklage verfügt über zahlreiche Dokumente, die die Nazi-Angreifer auch mehrerer anderer Verbrechen gegen die Kriegsgefangenen im Gebiet Lemberg überführen.

Ich glaube, es wird genügen, wenn ich hier einige Auszüge aus den Angaben des Zeugen D. Sch. Manussewitsch verlese. Diese Aussagen werden durch diejenigen der beiden anderen Zeugen: F. G. Asch und G. B. Khamaides bekräftigt. Alle drei Dokumente tragen gleichfalls die Nummer USSR-6 (c).

Die Zeugen Manussewitsch, Asch und Khamaides arbeiteten einige Zeit in der Brigade, die mit der Verbrennung der im Stadtgebiet Lemberg und insbesondere im Lissenitzki-Lager erschossenen Leute beauftragt wurde.

Der Zeuge Manussewitsch sagt aus. Ich zitiere, indem ich auf der zweiten Seite, Zeile 20 von unten, unseres Dokuments USSR-6 (c) beginne, was der Seite 129 des Dokumentenbuches entspricht:

»Nachdem die Leichenverbrennung beendigt war, wurden wir, die ›Todesbrigade‹, auf Kraftwagen zum Lissenitzki-Wald, gegenüber der Hefefabrik von Lemberg, gebracht. Hier im Walde befanden sich ungefähr 45 Gruben mit den Leichen der in den Jahren 1941 bis 1942 Erschossenen. In den Gruben lagen 500 bis 3500 Leichen. Es befanden sich dort Leichen italienischer, französischer, belgischer und russischer Soldaten, das heißt Kriegsgefangener, aber auch Leuten aus der Zivilbevölkerung. Sämtliche Kriegsgefangene wurden in ihrer Kleidung begraben. Deswegen konnte ich während des Ausgrabens die Menschen an ihrer Kleidung, ihren Rangabzeichen, Knöpfen, Medaillen, Löffeln und Eßgeschirren erkennen. Das alles wurde verbrannt, nachdem die Leichen ausgegraben waren. Genau so wie im Lager Janowski wurde an der Stelle, wo sich die Gruben befanden, Gras gesät, Bäume gepflanzt und Baumstümpfe aufgesetzt zu dem Zweck, die Spuren eines in der Menschengeschichte noch nie dagewesenen Verbrechens zu verwischen.«

Außer den Zeugenaussagen der Opfer selber und mehrerer Sowjetbürger verfügen wir noch über die Aussagen von deutschen Wehrmachtsangehörigen.

Ich unterbreite Ihnen Dokument USSR-62, das von über sechzig Soldaten verschiedener Teile und Waffengattungen der Deutschen Wehrmacht unterschrieben worden ist. Ihre Unterschriften befinden sich unter dem Protest, den sie im Januar 1942 an das Internationale Rote Kreuz gerichtet haben. Wir besitzen auch eine Bestätigung des Internationalen Roten Kreuzes, daß es dieses Dokument erhalten hat. In diesem Protest bringen sie die ihnen bekannten Tatsachen der verbrecherischen Behandlung der Sowjetkriegsgefangenen vor. Die Personen, die diesen Protest unterschrieben haben, waren selber Kriegsgefangene im Sowjetlager Nummer 78. Ihr Protest war ein Ergebnis des Vergleichs, den die Verfasser dieses Dokuments zwischen der Behandlung der Sowjetkriegsgefangenen, die sie selbst gesehen, und derjenigen, die sie im Lager Nummer 78 erfahren haben, zogen.

Ich werde hier Auszüge aus diesem Dokument zitieren. Der Wortlaut beginnt folgendermaßen, Seite 135 des Dokumentenbuches:

»Wir deutschen Kriegsgefangenen im Lager Nr. 78 haben die Note des Volkskommissars der Auswärtigen Angelegenheiten der Sowjetunion, des Herrn Molotow, über die Behandlung der Kriegsgefangenen in Deutschland gelesen. Wir würden die in dieser Note geschilderten Grausamkeiten kaum für möglich halten, wenn wir nicht selbst solche Bestialitäten hätten miterleben müssen. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, müssen wir bestätigen, daß Kriegsgefangene, die Bürger der Sowjetunion sind, sehr oft von den Angehörigen der Deutschen Wehrmacht mißhandelt oder gar erschossen wurden.«

Weiter bringt der Text die konkreten Beispiele der den Verfassern des Protestes bekannten Greueltaten:

Hans Drews aus Regenwalde, Soldat der 4. Kompanie, Panzerregiment 6, teilte mit:

»Ich kenne den Befehl des Generalleutnants Model von der 3. Panzerdivision, in dem gesagt wird, daß keine Gefangenen gemacht werden sollen. Generalmajor Nehring von der 18. Panzerdivision gab den gleichen Befehl. In der Instruktionsstunde am 20. Juni, zwei Tage vor dem Überfall gegen die Sowjetunion, wurde uns erklärt, daß den verwundeten Rotarmisten im künftigen Feldzug keine Verbände zu machen sind, da die deutsche Armee keine Zeit habe, sich mit Kriegsgefangenen Mühe zu machen.«

Über das Vorhandensein der schon im voraus erlassenen Anweisungen sagte auch der Soldat der Stabskompanie der 18. Panzerdivision, Harry Marek, aus Elsaß bei Breslau aus:

»Am 21. Juni, ein Tag vor Kriegsausbruch gegen Rußland, haben wir von unseren Offizieren folgenden Befehl erhalten:

Die Kommissare der Roten Armee sind an Ort und Stelle zu erschießen, denn man hat mit ihnen nicht viel Umstände zu machen. Auch mit den verwundeten russischen Kriegsgefangenen braucht man sich nicht abzugeben, man soll mit ihnen an Ort und Stelle ein Ende machen.«

Der Soldat des Infanterieregiments 339, Division 170, Wilhelm Metzik aus Hamburg-Altona, hat folgende Tatsache vorgebracht:

»Als wir am 23. Juni in Rußland einbrachen, kamen wir in einer Ortschaft neben Belzy an. Dort habe ich selber gesehen, wie 5 russische Kriegsgefangene von zwei deutschen Soldaten aus Maschinenpistolen in den Rücken geschossen wurden.«

Der Soldat Wolfgang Scharte von der 2. Kompanie, Panzerjägerabteilung 3, aus Hebhardshaben bei Braunschweig, bestätigte ebenfalls das Vorhandensein der Anweisungen, nach denen die politischen Funktionäre der Roten Armee auszurotten seien:

»Einen Tag vor unserem Auftreten gegen die Sowjetunion erklärten uns die Offiziere folgendes: Wenn Sie unterwegs russische Kommissare, die man am Sowjet stern am Ärmel erkennen kann, und auch russische Frauen in Uniform treffen werden, so sind diese sofort zu erschießen.

Wer das nicht tut und diesen Befehl nicht ausführt, wird zur Verantwortung gezogen und bestraft.

Am 29. 6. 1941 habe ich selbst gesehen, wie die Angehörigen der Deutschen Wehrmacht verwundete Rotarmisten erschossen, die auf einem Getreidefeld unweit der Stadt Dubno lagen. Darauf wurden sie noch mit einem Bajonett durchstochen. Daneben standen deutsche Offiziere und lachten dazu.«

Josef Berndsen aus Oberhausen, Soldat der Panzerdivision 6, teilte mit:

»Noch vor dem Einzug in Rußland wurde in einer der Instruktionsstunden gesagt: ›Die Kommissare sind zu erschießen‹.«

Ein deutscher Offizier, Leutnant im 112. Pionierbataillon, Jakob Korzilias aus Horforst bei Trier, sagte aus:

»In einem Dorf am Bolva wurden auf Befehl des Adjutanten des Stabes 112 fünfzehn verwundete Rotarmisten aus dem Hause, wo sie sich befanden, hinausgeworfen. Sie wurden nackt ausgezogen und mit Bajonetten erstochen. Dies wurde mit Genehmigung des Missionschefs, Generalleutnants Mitt getan.«

Alois Götz aus Hagenbach am Rhein, Soldat der 8. Kompanie des Infanterieregiments 427 sagte aus:

»Am 27. Juni wurden auf Befehl des Chefs des Bataillons, Hauptmann Wittmans, bei Augustowo 2 Kommis sare der Roten Armee erschossen.«

Auf der dritten Seite des Dokuments USSR-62 finden wir folgende Mitteilung von Paul Sender aus Königsberg, Soldat des 4. Zuges der 13. Infanterieschützenkompanie aus dem 2. Schützenregiment, Seite 137 des Dokumentenbuches:

»Am 14. Juli auf dem Wege Porchow-Staraja Russa wurden von dem Obergefreiten der 1. Kompanie des 2. Inf.-Regiments Schneider 12 kriegsgefangene Rotarmisten in einem Straßengraben erschossen. Auf meine Frage erklärte Schneider: ›Weshalb soll ich mir mit denen noch Mühe machen? Sie sind auch eine Kugel nicht wert.‹

Mir ist noch ein anderer Fall bekannt: Während der Kämpfe bei Porchow wurde ein Rotarmist gefangengenommen. Bald darauf wurde er von dem Gefreiten der 1. Kompanie erschossen. Sobald der Rotarmist zu Boden gefallen war, zog der Gefreite aus seiner Tasche alles heraus, was sich in dieser zu essen befand.«

Meine Zitate aus dem Protest der deutschen Kriegsgefangenen möchte ich damit beenden, daß ich zwei Zeugnisse von Fritz Rummler und Richard Gillig verlese. Ihre Aussagen befinden sich in dem unteren Teil auf Seite 4 des Dokuments.

Der Obergefreite in der 9. Kompanie des 3. Bataillons des 518. Regiments, 295. Schützendivision, Fritz Rummler, aus Strehlen in Schlesien, hat über folgende Vorfälle berichtet, das Zitat befindet sich auf Seite 138 des Dokumentenbuches:

»Im August habe ich in der Stadt Zlatopol gesehen, wie zwei Offiziere und zwei Soldaten zwei kriegsgefangene Rotarmisten erschossen, nachdem sie ihnen ihre Soldatenmäntel auszogen. Diese Offiziere und Soldaten gehörten den Panzerkampftruppen des Generals von Kleist an. Im September wurden auf dem Wege nach Krasnodar zwei kriegsgefangene Rotarmisten von der Besatzung eines deutschen Panzerkraftwagens mit dem Auto überfahren. Das wurde nur aus Blut- und Mordlust verübt. Unteroffizier Schneider aus der Panzerkampftruppe von Kleist war Ältester dieses Panzerkampfwagens. Ich habe gesehen, wie 4 kriegsgefangene Rotarmisten in unserem Bataillon vernommen wurden. Die Rotarmisten weigerten sich, auf militärische Fragen zu antworten, die ihnen Bataillonskommandeur Major Warnicke stellte. Er geriet in Wut und verprügelte eigenhändig die Kriegsgefangenen, bis sie ohnmächtig wurden.«

Der Gefreite im 9. Transportzug der 34. Division, Richard Gillig, sagte aus:

»Ich war mehrmals Augenzeuge der unmenschlichen und grausamen Behandlung gegen die russischen Kriegsgefangenen. Die deutschen Soldaten zogen vor meinen Augen auf Befehl ihrer Offiziere den kriegsgefangenen Rotarmisten ihre Stiefel aus und trieben sie barfuß weiter. Viele solcher Fälle beobachtete ich in Torutin.

Ich war Augenzeuge solch eines Vorfalls. Ein kriegsgefangener Rotarmist wollte nicht freiwillig seine Stiefel abgeben. Die Wachsoldaten verprügelten ihn derart, daß er sich nicht bewegen konnte. Ich habe gesehen, wie den Gefangenen nicht nur die Stiefel, sondern die ganze Ausrüstung bis auf die Wäsche weggenommen wurde.«

Ich lasse einige Sätze aus und gehe zum Schluß der Erklärung von Gillig über:

»Bei dem Rückzug unserer Kolonne sah ich unweit der Stadt Meclyn, wie kriegsgefangene Rotarmisten von den deutschen Soldaten verprügelt wurden. Ein Gefangener erschlaffte und sank zu Boden. Ein Wachmann lief auf ihn zu und begann ihn mit den Stiefeln und mit dem Gewehrkolben zu schlagen. Dasselbe taten auch die anderen Soldaten. Vor der Stadt fiel der Kriegsgefangene tot zu Boden.«

Weiter heißt es in der Erklärung:

»Es ist kein Geheimnis, daß es in der Deutschen Wehrmacht, an der Front, in den Divisionsstäben, besondere Fachleute gibt, die sich damit beschäftigen, daß sie die Rotarmisten und Sowjetoffiziere martern, um sie auf solche Weise zu zwingen, militärische Nachrichten und Befehle preiszugeben.«

Ich überreiche dem Gerichtshof eine Photographie dieser Erklärung. Daraus sind über sechzig eigenhändige Unterschriften deutscher Wehrmachtsangehöriger unter Angabe ihrer Regimenter und auch der kleineren Abteilungen ersichtlich.

Ich überreiche ferner dem Gerichtshof vier Photographien deutscher Herkunft. Eine jede von diesen Aufnahmen wurde von einem Deutschen unter Hinweis auf Zeit und Ort der Aufnahme gemacht. Auf der einen dieser Aufnahmen ist die Verteilung des Essens, auf der anderen die Suche nach dem Essen, auf der dritten und vierten eine Ansicht des Kriegsgefangenenlagers Uman zu sehen.

VORSITZENDER: Wo sind die Photographien?

OBERST POKROWSKY: Wenn ich nicht irre, so haben Sie die Photokopie der Aussagen bekommen und nicht die Photographien.

VORSITZENDER: Das ist keine Reproduktion der Photographien; dies sind die Unterschriften der sechzig deutschen Gefangenen.

OBERST POKROWSKY: Die Photographien werden Ihnen sofort zugestellt werden. Anscheinend sind sie aus Versehen nicht in die Dokumentenmappe eingefügt worden.

VORSITZENDER: Gut, fahren Sie fort!

OBERST POKROWSKY: Auf der ersten Aufnahme kann man sehen, daß das verteilte Essen offenbar nicht ausreicht. Die Menschen schlagen sich beinahe, um Essen zu bekommen.

Auf der zweiten Aufnahme sehen Sie, wie die hungrigen sowjetischen Kriegsgefangenen um eine leere Scheune herumgehen und die für das Vieh bestimmten Ölkuchen essen, die sie gefunden haben.

Was die dritte und vierte Photographie anbelangt, so kann ich wichtige Aussagen des Zeugen Bingel vorbringen. Die Zitate aus seinen Aussagen haben direkte Beziehung zur Frage der Behandlung der Sowjetkriegsgefangenen.

Bingel wurde von mir vernommen. Das Protokoll seiner Vernehmung überreiche ich dem Gerichtshof als Dokument USSR-111.

Am 27. Dezember 1945 sagte der ehemalige Kompanieführer der Wehrmacht, Bingel, folgendes aus, ich zitiere von Seite 8 des Protokolls seiner Vernehmung:

»Antwort: In einem meiner Berichte habe ich die inneren Zustände des Kriegsgefangenenlagers in Uman erwähnt, Landesschützenbataillon 783 war zeitlich in diesem Lager als Wachkompanie eingesetzt; dadurch bekam ich auch Einblick, was in diesem Lager geschah und vor sich ging. Die Aufgabe dieses Bataillons war lediglich Gefangenen- und Bahnstreckenbewachung sowie Straßenkontrolle. Das Lager, das naturgemäß sechs- bis siebentausend Gefangene faßte, war derartig überfüllt. Es enthielt etwa 74000 Gefangene.

Frage: Waren da Baracken?

Antwort: Nein, das war eine frühere Ziegelei und auf diesem Gelände stand weiter nichts als die niedrigen Trockenhäuser, in denen man früher die Ziegel aufgestapelt und getrocknet hatte.

Frage: Und da waren die Gefangenen untergebracht?

Antwort: ›Untergebracht‹ kann man wohl nicht sagen, denn die Dächer faßten höchstens je zwei- bis dreihundert Mann, die übrigen übernachteten im Freien.

Frage: Was ist Ihnen über das Regime im Lager bekannt?

Antwort: Das Regime im Lager war etwas eigenartig. Das ganze Lager machte den Eindruck, als wenn der Kommandant des Lagers, Hauptmann Becker, überhaupt nicht imstande wäre, eine derart große Menschenmasse zu organisieren, zu verpflegen und unterzubringen. Im Innern des Lagers befanden sich ganze zwei Küchen, die jedoch kaum die Bezeichnung ›Küchen‹ verdienten. Es waren lediglich einige Eisenfässer aufgestellt, die man auf Steinfundamente aufgesetzt hatte. Darin wurden die Suppen gekocht. Diese Küchen konnten schätzungsweise höchstens, wenn sie den ganzen Tag kochten, für zweitausend Mann einmal am Tage eine Suppe kochen. Die tägliche Verpflegung war demgemäß sehr mangelhaft. Es gab für die Gefangenen pro Tag für 6 Mann ein Brot, was aber kaum als Brot zu bezeichnen war. Beim Fassen des Essens stürzte sich dann alles auf diese paar Liter Suppe. Es waren ja immerhin etwa 70000 Mann, die abgespeist werden sollten. Wenn es zu Zwischenfällen dabei kam, dann schlug die innere Bewachung des Lagers mit Knüppeln dazwischen. Ich hatte überhaupt den Eindruck, als wenn in diesen Lagern der Knüppel maßgebend wäre.«

Entschuldigen Sie bitte, daß ich jetzt unterbreche! Es ist mir eben gesagt worden, Herr Präsident, daß zwei Photographien, wie es sich herausgestellt hat, dem Gerichtshof schon vorgelegt wurden und ihre Echtheit beglaubigt ist. Bitte, hier sind sie. Sofort werden noch zwei weitere Photographien gebracht. Ich fahre mit der Verlesung des Protokolls fort:

»Frage: Was ist Ihnen über die Sterblichkeit in diesen Lagern bekannt?

Antwort: Man konnte im Lager wohl tagtäglich mit 60 bis 70 Leichen rechnen.

Frage: Woran sind die Leute gestorben?

Antwort: Bevor Epidemien ausbrachen, handelte es sich meist um erschlagene Leute.

Frage: Während der Essensausgabe?

Antwort: Während der Essensausgabe, während der Arbeitszeit und auch so im Laufe des Tages wurden die Leute erschlagen.«

Bingel wurde zum zweitenmal von uns vernommen. Es wurden ihm die Photographien aus dem Uman-Lager vorgelegt. Es sind dieselben, die Sie jetzt in Händen haben.

Dem Bingel wurde folgende Frage gestellt:

»Ist das hier dargestellte Lager dasselbe, worüber Sie gesprochen haben, oder ein anderes?«

Dann wurden ihm Photographien von den Negativen 13 mal 18 und 13 mal 22 vom 14. August 1941 vorgelegt. Bingel antwortete:

»Jawohl, es ist das Lager, über das ich gesprochen habe. Es ist eigentlich nicht das Lager selbst, sondern die Lehmzisterne, die dem Lager gehörte und wo die von der Front kommenden Kriegsgefangenen untergebracht wurden. Nachher wurden sie auf einzelne Ge bietsabschnitte verteilt.

Frage: Was können Sie über die zweite Photographie sagen?

Antwort: Die zweite Photographie stellt dasselbe Lager dar, nur von der rechten Seite aufgenommen. Die Gebäude, die hier zu sehen sind, waren fast die einzigen Steingebäude in diesem Lager. Dieses Ziegelgebäude wurde nicht für die Unterbringung der Kriegsgefangenen benutzt, obwohl es ganz leer und unversehrt war und es dort ausgezeichnete große Räume gab.«

Es ist schwer zu sagen, ob das, was die Hitleristen den sowjetischen Kriegsgefangenen in dem sogenannten »Großlazarett« der Stadt Slavuta, Kamenez-Podolsk-Gebiet, angetan haben, den Gipfel der menschlichen Gemeinheit erreicht hat oder nicht. Aber auf alle Fälle ist die Tötung der sowjetischen Kriegsgefangenen durch die Hitler-Faschisten im »Großlazarett« eine der finstersten Seiten in der Geschichte der faschistischen Verbrechen.

Ich lege dem Gerichtshof als Dokument USSR-5 einen Bericht der Außerordentlichen Staatskommission vor, und werde einige Auszüge aus diesem Bericht und dessen Beilage verlesen:

»Nach Verjagung der faschistischen Horden aus der Stadt Slavuta haben die Truppenteile der Roten Armee auf dem Gelände der früheren Garnison etwas gefunden, was die Deutschen ›Großlazarett‹ für die Sowjetkriegsgefangenen nannten. Im ›Lazarett‹ befanden sich mehr als 500 erschöpfte und schwerkranke Menschen. Die Befragung dieser Leute, sowohl wie die spezielle Untersuchung seitens der gerichtsmedizinischen Sachverständigen und der Sachverständigen des Zentralinstituts für Ernährung im Volkskommissariat für Gesundheitswesen der USSR haben es ermöglicht, alle Einzelheiten über den Vernichtungsprozeß zahlloser sowjetischer Kriegsgefangener, der in dieser schrecklichen Anstalt stattgefunden hat, zu ermitteln.«

Auf Seite 153 des Dokumentenbuches befindet sich die Stelle, die ich jetzt verlesen werde.

»Im Herbst 1941 haben die deutsch-faschistischen Angreifer die Stadt Slavuta besetzt und dort ein Lazarett für kranke Soldaten und Offiziere der Roten Armee eingerichtet, das ›Großlazarett‹ Slavuta, Teillager 301, genannt wurde.

Das ›Lazarett‹ war etwa 11/2 bis 2 km südöstlich von Slavuta gelegen und bestand aus zehn dreistöckigen Gebäuden. Alle Gebäude waren von einem dichten Stacheldrahtnetz umgeben. Die Sperre entlang waren alle 10 Meter Wachtürme aufgebaut, in denen sich Maschinengewehre, Scheinwerfer und die Wachen befanden.

Die Verwaltung, die deutschen Ärzte und die Wachtposten des Großlazaretts, vertreten durch den Kommandanten, Hauptmann Plank, seinen Nachfolger Major Pavlisk, seinen Stellvertreter Kronsdorfer, Hauptmann Boye, Stabsarzt Dr. Borbe, dessen Stellvertreter Dr. Sturm, Oberfeldwebel Ilsemann und Feldwebel Becker, führten eine Massenvernichtung der Kriegsgefangenen durch. Das wurde durch eine besondere Hungermethode, durch Überfüllung, durch gesundheitswidrige Ver hältnisse, durch Folter und glatten Mord erreicht und weiterhin dadurch, daß die Kranken und Verwundeten nicht behandelt und die bis zum Äußersten erschöpften Menschen gezwungen wurden, schwere Arbeit zu leisten.«

Die Außerordentliche Staatskommission nennt dieses deutsche »Großlazarett« das Lazarett des Todes. Ich zitiere einen kleinen Abschnitt aus demjenigen Teil, der diesen Titel trägt. Es ist die dritte Seite des russischen Originals und Seite 153 des Dokumentenbuches:

»Die deutschen Behörden haben im ›Großlazarett‹ fünfzehn- bis achtzehntausend Schwer- und Leichtverwundete, ebenso wie auch sowjetische Kriegsgefangene, die an Infektions- und Nichtinfektionskrankheiten litten, zusammengepfercht.

Die Verstorbenen wurden durch neue Gruppen verwundeter und kranker sowjetischer Kriegsgefangener abgelöst. Auf dem Wege dorthin wurden die Kriegsgefangenen gemartert, ausgehungert und ermordet. Aus jeder Staffel, die im ›Lazarett‹ ankam, warfen die Hitler- Faschisten Hunderte von Leichen heraus.«

Nach den Angaben der Untersuchungskommission wurden aus jeder Staffel, die auf der Zweigbahn ausgeladen wurde, 800 bis 900 Leichen hinausgeworfen. In dem Bericht der Kommission heißt es weiter:

»Auf dem Wege, den wir verfolgten, gingen Tausende von sowjetischen Kriegsgefangenen an Hunger, Kälte, Durst, Mangel an Hilfe und an der rohen Willkür der deutschen Wache zugrunde... Die Hitler-Banditen empfingen regelmäßig die Gefangenen an den Toren des ›Lazaretts‹ mit Gewehrkolben- und Gummiknüppelhieben. Nachher wurden den Neuangekommenen das Lederschuhwerk, die warme Kleidung und die persönlichen Sachen abgenommen.«

Im nächsten Abschnitt, auf derselben Seite, berichtet die Staatskommission, daß die Infektionskrankheiten unter den im ›Lazarett‹ befindlichen Kriegsgefangenen seitens der deutschen Ärzte verbreitet wurden:

»Die deutschen Ärzte schufen absichtlich eine unglaubliche Überfüllung im ›Großlazarett‹. Die Kriegsgefangenen wurden gezwungen, ganz dicht nebeneinander zu stehen; sie fielen vor Müdigkeit und Erschöpfung um und starben daraufhin.

Die Faschisten hatten verschiedene Methoden, um im Lazarett Platz zu machen.«

Der frühere Kriegsgefangene J. I. Khuazhev berichtete, daß

»die Deutschen in dem Raum durch Schüsse aus Maschinenpistolen Platz machten. Nachdem geschossen war, drückten sich die Leute unwillkürlich dichter aneinander, daraufhin stießen die Hitleristen noch einige Kranke und Verwundete hinein und dann wurde die Tür geschlossen.«

Die vorsätzliche Verbreitung der Infektionskrankheiten in diesem Todeslager, das man zum Hohn »Lazarett« nannte, wurde mit den primitivsten Methoden erreicht:

»Die an Flecktyphus, Tuberkulose und Ruhr Erkrankten wurden in einen Block, in eine Zelle, zusammen mit den Schwer- und Leichtverwundeten gesteckt.«

In dem Raum, wo normalerweise nicht mehr als 400 Menschen untergebracht werden konnten, lagen 1800 Kranke, die an Typhus und Tuberkulose litten.

»Die Zellen wurden nicht aufgeräumt. Die Kranken blieben mehrere Wochen in dem gleichen Unterzeug, in dem sie gefangengenommen wurden. Sie schliefen ohne jedes Bettzeug. Mehrere waren halb oder ganz nackt. Der Raum wurde nicht geheizt und die primitiven von den Gefangenen selbst gebauten Öfen fielen auseinander. Es gab kein Wasser zum Waschen im ›Lazarett‹, nicht einmal Trinkwasser. Infolge dieser gesundheitswidrigen Verhältnisse war das ›Lazarett‹ unglaublich verlaust.«

Die Ausrottung der Menschen durch vorsätzliche Verbreitung der Erkrankungen war verbunden mit Aushungerung. Die Ration für die sowjetischen Kriegsgefangenen bestand aus 250 gr Ersatzbrot und 2 Liter der sogenannten »Balanda«-Suppe. Das Mehl, aus dem das Brot für die Kranken und Verwundeten gebacken wurde, war aus Deutschland geschickt worden. 15 Tonnen davon wurden im Lazarettspeicher gefunden. Auf den Etiketten der Zehnpfundsäcke stand die Inschrift »Spelzmehl«. Proben dieses Ersatzmehles wurden nach dem Zentral-Ernährungsinstitut des Gesundheitskommissariats der USSR zur Analyse im Laboratorium gesandt.

Ich überreiche hiermit Dokumente, die sich auf die Vernichtung der sowjetischen Kriegsgefangenen durch die Nazis im »Großlazarett« beziehen. Die Dokumente tragen die Nummer USSR-5(a); auf den Seiten 9, 10 und 11 dieses Dokuments ist für den Gerichtshof eine Photokopie des Gutachtens des Zentralinstituts für Ernährung ersichtlich. Das Gutachten wurde nach den Angaben der von zwei Stellen durchgeführten Analysen verfaßt, und zwar vom Front-Militärlaboratorium und vom Zentral-Ernährungsinstitut. Man hat versucht, Brot aus Ersatzmehl unter Beimischung von echtem Mehl zu backen. Es hat sich herausgestellt, daß es unmöglich ist, Brot aus dem Ersatzmehl allein zu backen. In dem Gutachten des Instituts heißt es:

»Offenbar wurde das Brot mit einer kleinen Beimischung echten Mehls als Bindemittel gebacken. Die Ernährung mit einem solchen ›Brot‹ ohne irgendwelche anderen vollwertigen Nahrungsmittel und Produkte kommt der Aushungerung gleich und führt unvermeidlich zu einer akuten Erschöpfung.«

Die Analyse hat gezeigt, daß dieses »Mehl« nichts anderes ist als gleichmäßig, aber ziemlich grob zerkleinertes Stroh mit langen, manchmal zwei bis drei Millimeter langen Teilchen. Unter dem Mikroskop wurden auf jedem Sehfeld

»neben den Holzfasern auch Stärkekörner, die ihrer Struktur nach an Haferkörner erinnern, in kleinen Men gen entdeckt«.

Das Institut kam zu der Schlußfolgerung:

»Das Vorhandensein der Spreu im Brot wirkt reizend und deswegen führt die Ernährung mit diesem Brot zu Erkrankungen des Verdauungsapparates.«

Ein wenig vorauseilend möchte ich über die Ergebnisse der gerichtsmedizinischen Obduktion der einhundertzwölf ausgegrabenen Leichen aus Platz Nummer I und der äußerlichen Untersuchung der ungefähr 500 Leichen sprechen. Im ersten Fall wurde die Erschöpfung als Todesursache bei 96 Opfern festgestellt. Im zweiten Fall stellt das Gutachten auf Seite 7 des Dokuments USSR-5 (a) fest:

»Die Behauptung, daß die Unterernährung die Hauptursache der Sterblichkeit im Kriegsgefangenenlager war, wird noch durch die Angaben der äußeren Besichtigung der 500 Leichen bestätigt. Bei dieser Besichtigung ergab sich, daß der Prozentsatz der höchsten Unterernährung fast 100 Prozent betrug.«

Ein wenig weiter stellen die Sachverständigen in demselben Gutachten im Abschnitt »d« des Paragraphen 5 fest, daß die Zustände in dem »Großlazarett« in Slavuta auch durch völlig unbrauchbare Nahrungsmittel charakterisiert werden können.

»...Das Brot wies 64 % Holz-Sägemehl auf, die ›Balanda‹-Suppe bestand aus verfaulten Kartoffeln mit einer Beimischung von Abfällen, Rattenexkrementen und dergleichen.«

Die Kriegsgefangenen, die nach der Befreiung von Slavuta ihrem faschistischen Henker entronnen und am Leben geblieben waren, erklärten, und ich zitiere aus Seite 4 des Dokuments USSR-5, Seite 153 des Dokumentenbuches:

»Im ›Großlazarett‹ gab es periodisch Ausbrüche von Erkrankungen unbekannten Charakters, welche die deutschen Ärzte ›Paracholera‹ nannten. Diese Erkrankung war das Ergebnis der barbarischen Experimente der deutschen Ärzte. Diese Epidemien pflegten spontan zu entstehen und zu verschwinden. 60 bis 80 Prozent der Fälle von Paracholera endeten mit dem Tode. Einige an dieser Krankheit Verstorbene wurden von den deutschen Ärzten seziert; die russischen kriegsgefangenen Ärzte wurden zur Obduktion nicht zugelassen.«

In dem gerichtsmedizinischen Gutachten Punkt 8, Seite 7 des Dokuments USSR-5 (a), Seite 159 des Dokumentenbuches, wird gesagt:

»Keinerlei objektive Umstände können all die Verhältnisse rechtfertigen, unter denen die Kriegsgefangenen im Lager lebten. Und dazu kommt noch, daß, wie aus den Akten hervorgeht, in der Stadt Slavuta große Mengen von Lebensmitteln in den deutschen Militärspeichern und große Vorräte an Medikamenten und Verbandmaterial in den Militärapotheken vorhanden waren.«

Im »Großlazarett« gab es viel Sanitätspersonal. Doch, wie aus dem Bericht des staatlichen Ausschusses hervorgeht, bekamen die Kranken und verwundeten Offiziere und Soldaten der Roten Armee nicht einmal die einfachste medizinische Pflege. Wie kann man überhaupt von Krankenpflege sprechen, wenn das »Großlazarett« einem ganz entgegengesetzten Zweck diente? Die Verwaltung des »Großlazaretts« erstrebte nicht nur die Ausrottung der Kriegsgefangenen, sondern tat auch alles, um die letzten Tage der Kranken und Verwundeten mit Leiden und Qualen auszufüllen.

Ein Abschnitt aus dem Ausschußbericht trägt den Titel: »Folter und Erschießungen der sowjetischen Kriegsgefangenen«. Einen Teil dieses Berichts, der auf Seite 4 des Dokuments USSR-5, Seite 153 des Dokumentenbuches, veröffentlicht ist, verlese ich nunmehr:

»Im ›Großlazarett‹ wurden Kriegsgefangene aufs grausamste gefoltert. Bei der Aushändigung des Essens und auf dem Wege zur Arbeit hagelten Schläge auf sie nieder. Die faschistischen Henker verschonten nicht einmal die Sterbenden.

Bei der Ausgrabung von Leichen entdeckten die gerichtsmedizinischen Sachverständigen unter anderem die Leiche eines Kriegsgefangenen, dem ein Messer in der Leistengegend steckte. Mit dem Messer in der Wunde war er, noch atmend, ins Grab geworfen worden.

Eine Methode der Massenfolterung im Lazarett bestand darin, daß man die kranken und verwundeten Männer in den Bunker einsperrte. Es war dies ein unge heizter Raum mit Steinboden. Die Männer in dieser Zelle wurden tagelang ohne Essen gelassen und viele kamen darin um. Um die kranken und schwachen Gefangenen noch mehr zu erschöpfen, zwangen die Hitleristen sie, um die Gebäude des Lazaretts zu laufen. Diejenigen, die nicht imstande waren, es zu tun, wurden halbtot geschlagen.

Oft wurden Kriegsgefangene einfach ermordet, sozusagen als Zeitvertreib für die Wachtposten. Ein ehemaliger Kriegsgefangener, Buchtichuk, erzählte, wie die Deutschen Eingeweide toter Pferde über den Stacheldraht warfen und mit ihren automatischen Selbstladegewehren das Feuer eröffneten, wenn die Kriegsgefangenen, halb verrückt vor Hunger, zum Draht liefen. Der Zeuge Kirsanow sah, daß man einen Kriegsgefangenen mit dem Bajonett tötete, weil er sich bückte, um eine Kartoffel vom Boden aufzuheben. Ein anderer ehemaliger Kriegsgefangener, Shatalov, beobachtete, wie ein Wachsoldat einen Kriegsgefangenen erschoß, der versuchte, noch ein wenig von der ›Balanda‹-Suppe zu bekommen.

Im Februar 1942 sah er einen Wachtposten, der einen Kriegsgefangenen anschoß, als er einen Haufen mit Abfällen aus der Küche für das deutsche Lagerpersonal nach etwas Eßbarem durchsuchte. Der verwundete Mann wurde sofort zu einer Grube geführt, ausgezogen und erschossen.«

VORSITZENDER: Wir werden jetzt vertagen.