[Pause von 10 Minuten.]
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Erlauben Sie mir, fortzufahren, Herr Vorsitzender!
Ich verlese nun das sechste Gebot der dem Gerichtshof soeben vorgelegten zwölf Gebote. Dieses sechste Gebot befindet sich auf Seite 17 des dem Gerichtshof vorliegenden Dokumentenbuches und lautet wie folgt:
»6. Da die neu erschlossenen Räume für Deutschland und Europa auf die Dauer gewonnen werden müssen, kommt es entscheidend auf Eure Haltung an. Ihr müßt Euch bewußt sein, daß Ihr Repräsentanten Großdeutschlands und Bannerträger der nationalsozialistischen Revolution und des neuen Europa für Jahrhunderte seid. Ihr müßt daher auch die härtesten und rücksichtslosesten Maßnahmen, die aus Staatsnotwendigkeiten gefordert werden, mit Würde durchführen. Charaktermängel des Einzelnen werden grundsätzlich zu seiner Abberufung führen. Wer aus solchen Gründen abberufen wird, kann auch im Reich nicht mehr an entscheidender Stelle stehen.«
Für welche grausamen und unbarmherzigen Maßnahmen die verbrecherische Hitler-Regierung diejenigen, die sie die »Bannerträger der nationalsozialistischen Revolution« nannte, vorbereitete, und welche Verbrechen von diesen Bannerträgern begangen wurden, werden wir später aufzeigen. Auf diese Weise werden die abstrakten theoretischen Abhandlungen durch bestimmte und unzweideutige amtliche Befehle klargemacht.
Die Gruppen der Henker wurden in besonderen Schulen vorgebildet, deren Netz die niedersten Rangstufen erfaßte.
Ich möchte dem Gerichtshof die Anklageschrift des Staatsanwalts für Außerordentliche Angelegenheiten der Sowjetunion Über die deutsch-faschistischen Verbrechen in der Stadt und der Provinz von Charkow vorlegen. Dieses Dokument wurde bereits durch das Urteil des Militärgerichtshofs voll bestätigt, das dem Hohen Gerichtshof vorgelegt wird. Das Urteil befindet sich auf Seite 20 des Dokumentenbuches.
Die Anklageschrift und das Urteil werden dem Hohen Gerichtshof als Beweisstück USSR-32 vorgelegt.
Auf der ersten Seite der Anklageschrift befindet sich ein Auszug aus der Zeugenaussage des Angeklagten Retzlaff. Er steht auf Seite 24 des Dokumentenbuches, letzter Absatz. Ich verlese diesen Auszug der Zeugenaussage:
»So sagte der in vorliegender Strafsache unter Anklage gestellte Obergefreite der Deutschen Wehrmacht, Reinhard Retzlaff, der im Sonderbataillon ›Altenburg‹ seine Ausbildung erhalten hatte, in der Voruntersuchung aus: Der Lehrgang umfaßte sogar einige Vorträge führender Beamter der GFP (Geheime Feldpolizei), durch die unmittelbar darauf hingewiesen wurde, daß die Völker der Sowjetunion und insbesondere diejenigen russischer Nationalität minderwertig seien und in ihrer überwiegenden Mehrheit vernichtet, zu einem unbedeutenden Teil aber von deutschen Gutsherren als Sklaven ausgenutzt werden müssen.
Diese Weisungen entsprangen der Politik der Deutschen Regierung gegenüber den Völkern besetzter Territorien und wurden, wie zugegeben werden muß, in der Praxis von jedem deutschen Wehrmachtsangehörigen, darunter auch von mir, unweigerlich ausgeführt.«
So sahen die Lehrgänge aus, die der Schulung und Ausbildung der untersten Ränge der Polizeibeamten gewidmet waren.
Aber das faschistische System der Ausbildung von Mördern kannte auch andere Schulungsarten, die insbesondere der Technik der Tarnung der Verbrechenspuren gewidmet waren. Der Gerichtshof hat bereits unser Beweisstück USSR-6 (c) erhalten. Dieses Schriftstück stellt einen Anhang zu dem Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die im Gebiet von Lemberg begangenen Verbrechen dar. Es handelt sich um die Aussage des Zeugen Manussewitsch, der vom Stellvertreter des Staatsanwalts im Gebiet Lemberg auf besondere Anordnung der Außerordentlichen staatlichen Kommission vernommen wurde. Das Protokoll dieser Vernehmung ist unter Beachtung der gesetzlichen Anforderungen der Ukrainischen Sowjetrepublik rechtsgültig angefertigt worden. Der Gerichtshof wird dieses Dokument auf Seite 48 des Dokumentenbuches finden.
Manussewitsch wurde von den Deutschen im Janovskylager gefangengehalten, wo er in jener Gefangenengruppe arbeitete, die die Leichen von ermordeten Bürgern der Sowjetunion zu verbrennen hatte. Nach Beendigung der Verbrennung von 40000 Leichen der im Janovskylager Ermordeten wurde die Gruppe für ähnliche Zwecke in ein Lager geschickt, das sich im Lissenitzkywald befand.
Ich verlese nun das Protokoll über das Verhör, das der Gerichtshof auf Seite 52 des Dokumentenbuches finden kann. Die Stelle, die ich verlese, befindet sich im zweiten Absatz, Zeile 26 von oben.
Ich zitiere:
»In diesem Lager wurden in der Todesfabrik besondere zehntägige Kurse zur Verbrennung von Leichen eingerichtet. Dort waren 12 Mann beschäftigt. Die Hörer kamen zu diesen Kursen aus den Lagern von Lublin, Warschau u. a. Ihre Familiennamen kenne ich nicht, es waren aber nicht Mannschaften, sondern Offiziere, vom Oberst bis herunter zu den Feldwebeln. Der Lehrer für diese Kurse war der Kommandeur der Krematorien, Oberst Schallock.
Er erklärte an dem Ort, wo die Leichen ausgegraben und verbrannt wurden, wie es praktisch zu machen sei, wie die Maschine zur Zermahlung der Knochen eingerichtet ist, wie man die Grube ebnen soll, wie an dieser Stelle Bäume gepflanzt werden und wie die Asche von den Menschenleichen zu verstreuen und zu verbergen ist. Solche Kurse bestanden über einen langen Zeitraum hindurch. Während meines Aufenthalts, das heißt im Verlauf von fünfeinhalb Monaten meiner Arbeit im Janovsky- und Lissenitzkylager, gab es in diesen Kursen zehn Hörergruppen.«
Dem Gerichtshof werden später Photographien über diese Maschine zusammen mit einer Beschreibung, oder besser gesagt, einer technischen Gebrauchsanweisung, vorgelegt werden.
Zur Erziehung der Jugend gründeten die deutschen Faschisten eine besondere Organisation, die sogenannte »Hitlerjugend«. Der Angeklagte Baldur von Schirach war während langer Zeit der Leiter dieser Organisation.
Die Art der von den faschistischen Verbrechern für die Erziehung der deutschen Jugend angewandten Methoden wird von einer französischen Staatsbürgerin, Ida Vasso, geschildert, die die Leiterin eines französischen Altersheims in Lemberg war. Während der deutschen Besetzung von Lemberg hatte sie Gelegenheit, das Ghetto von Lemberg zu besuchen. Ida Vasso beschreibt in ihrer Aussage vor der Außerordentlichen staatlichen Kommission das dort herrschende System der Menschenausrottung.
Aus der Aussage von Frau Vasso ist zu ersehen, daß die Deutschen die Hitlerjugend dahin erzogen, auf lebende Ziele zu schießen; den Hitlerjungen wurden Kinder als lebende Zielscheibe für ihre Schießübungen zur Verfügung gestellt. Die Aussage von Frau Vasso wurde durch die Außerordentliche staatliche Kommission geprüft und voll bestätigt. Als Bestätigung dieses Tatbestandes lege ich dem Gerichtshof das Beweisstück USSR-6 vor, einen Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission: »Über die Greueltaten der Deutschen im Gebiet von Lemberg«.
Ich verlese nunmehr die Aussage von Frau Vasso. Diese Aussage ist in den Text des Berichts als geprüftes Beweismaterial eingeschlossen und befindet sich auf Seite 6. Der Gerichtshof wird diese Aussage der Frau Vasso im Dokumentenbuch auf der Rückseite der Seite 59, Absatz 5 finden, der mit der Zeile 14, gerechnet vom Anfang des Absatzes, beginnt:
»... Die kleinen Kinder waren Märtyrer. Sie wurden der Hitlerjugend übergeben, die sie als lebende Zielscheiben für ihre Übungen benützte.
›Kein Erbarmen für die anderen, alles für sich selbst‹, das war das Motto der Deutschen. Die ganze Welt muß von ihren Methoden erfahren. Wir, die wir hilflose Zeugen dieser scheußlichen Szenen waren, müssen über diese Schreckenstaten berichten, damit es alle wissen, und was am wichtigsten ist, damit es nie mand vergißt; denn keine Vergeltung wird die Millionen von Menschen wieder zum Leben erwecken.«
Auf derselben Seite 59, Zeile 10, Absatz 2 wird der Gerichtshof die Bestätigung dieser Erklärung von Frau Vasso finden. Die Außerordentliche staatliche Kommission hat festgestellt, daß die Deutschen in Lemberg niemanden verschonten. Ich zitiere:
»Sie verschonten weder Männer, Frauen noch Kinder. Die Erwachsenen wurden einfach ermordet, während die Kinder der Hitlerjugend als Zielscheibe für deren Schießübungen zur Verfügung gestellt wurden.«
Auf diese Weise wurden diese Unholde, die zur Ausführung des Programms der Hauptverbrecher für die physische Vernichtung der Bevölkerung von Osteuropa berufen wurden, geschaffen, ausgebildet und geschult.
Die faschistische Regierung hatte keinen Grund, zu befürchten, daß die »Bannerträger der nationalsozialistischen Revolution« im Osten irgendwelche Spuren der Menschlichkeit zeigen würden.
VORSITZENDER: Oberst Smirnow, verzeihen Sie bitte, wenn ich Sie unterbreche, aber ich habe erst vor kurzem Oberst Pokrowsky darauf aufmerksam gemacht, daß wir kein Kommentar über jedes einzelne Dokument wünschen.
Der uns soeben vorgelesene Satz ist nichts anderes als ein Kommentar zu dem schrecklichen Schriftstück, das Sie gerade verlesen haben. All das nimmt Zeit in Anspruch. Wenn Sie es ermöglichen könnten, das Kommentieren der Dokumente wegzulassen und diese einfach verlesen würden, so würde das viel Zeit ersparen.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich verlese die vorhin unter USSR-6 vorgelegte Aussage des Zeugen Manussewitsch, und zwar jenen Teil, in dem er von der Tätigkeit der Verwaltung des Janovskylagers spricht, deren Zeuge er gewesen ist, als er in einer Sondergruppe von Häftlingen arbeitete, die mit der Verbrennung der Leichen der in diesem Lager getöteten Menschen beschäftigt war. Ich verlese auf Seite 3 des Vernehmungsprotokolls. Der Gerichtshof wird dieses Schriftstück auf Seite 50 des Dokumentenbuches finden, Zeile 25 von oben. Ich verlese diesen Auszug zur Veranschaulichung jener von den Hitler- Verbrechern geschaffenen Gruppen und einiger von ihnen begangener Verbrechen.
»Außer den Erschießungen wandte man im Janovskylager verschiedene Folterungen an. Im Winter wurde zum Beispiel ein Mensch mit zusammengebundenen Händen und Füßen in ein Faß, das voll Wasser war, hineingesetzt, in dem er erfror. Um das Janovskylager herum war ein Stacheldraht angebracht, und zwar zwei Reihen, die 1,20 Meter voneinander entfernt waren. Dahin brachte man Menschen, die dort vor Kälte und Hunger umkamen, da sie sich von dort nicht retten konnten. Bevor man aber für mehrere Tage dorthin gebracht wurde, wurde man verprügelt. Ein Mensch wurde am Hals, an den Händen oder Füßen aufgehängt, dann wurden die Hunde auf ihn gehetzt und rissen ihn in Stücke. Der Mensch wurde als Zielwand bei Schießübungen verwendet. Mit diesen Dingen beschäftigten sich am meisten die Gestapoleute Heine, Müller, Blum, der Chef des Lagers, Willhaus, und andere, an deren Namen ich mich nicht erinnere. Sie schlugen die Menschen fast zu Tode, hetzten die Hunde auf sie, die sie in Stücke rissen. Sie gaben einem Mann ein Glas in die Hand und schossen darauf; wenn das Glas getroffen wurde, so blieb der Mann am Leben, wenn man ihn aber in die Hand traf, so wurde er erschossen. Es wurde dabei gesagt, daß er arbeitsunfähig und infolgedessen zu erschießen sei. Die Menschen wurden an den Beinen angefaßt und auseinandergerissen; Kinder im Alter von einem Monat bis zu drei Jahren wurden in Fässern, die mit Wasser gefüllt waren, ertränkt. Manche Menschen wurden auch an Pfähle gebunden und standen da, bis sie an Sonnenstich zugrunde gingen.
Bevor die Leute zur Arbeit geschickt wurden, wurden sie untersucht. Während der Untersuchung wurden die Männer gezwungen 50 Meter zu laufen; wer diese Entfernung schnell durchlief, ohne zu stolpern, der blieb am Leben, die übrigen aber wurden erschossen. Im Lager gab es einen mit Gras bewachsenen Platz, auf dem man ebenfalls herumlaufen mußte; wenn jemand im Gras stolperte und hinfiel, so wurde er sofort erschossen. Das Gras reichte bis über die Hüfte. Die Frau en wurden an den Haaren aufgehängt, dabei wurden sie ausgezogen, hin und her geschaukelt, und so hingen sie, bis sie starben.
Folgendes trug sich zu: Der Gestapomann Heine schnitt einem jungen Burschen Fleischstücke heraus, einem anderen wurden an der Schulter 28 Wunden zugefügt, später arbeitete er in der Todesbrigade, und am Schluß wurde er erschossen. Einmal, als an der Küche eine Reihe stand, um Kaffee zu empfangen, kam der Henker Heine und fragte den ersten in der Reihe, warum er als erster hier stehe und erschoß ihn auf der Stelle. Auf diese Weise erschoß er einige Leute und so machte er es auch mit dem Letzten in der Reihe, den er fragte: ›Warum siehst du als Letzter in der Reihe?‹ Alle diese Bestialitäten habe ich selbst im Janovskylager erlebt...«
Die von mir verlesenen Aussagen des Zeugen Manussewitsch wurden durch die amtlichen Mitteilungen der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die deutschen Greueltaten im Gebiet Lemberg vollauf bestätigt. Aber das ist nicht alles; Manussewitsch spricht hier hauptsächlich von den Taten der Beamten der Lagerverwaltung der untersten und mittleren Ränge. Aus der Mitteilung der Außerordentlichen staatlichen Kommission können Sie ersehen, daß das System der gemeinsten Verhöhnungen gegenüber hilflosen Menschen von den höheren Lagerverwaltungsinstanzen eingeimpft und organisiert wurde. Sie gaben selbst ihren Untergeordneten ständig persönliche Beispiele unmenschlichen Tuns.
Ich werde zu diesem Dokument keinen Kommentar abgeben, möchte aber die verehrten Richter auf einen gewissen Obersturmführer Willhaus aufmerksam machen, der in diesem Dokument erwähnt ist.
Das Zitat, das ich verlese, finden Sie auf Seite 58, Rückseite des Dokumentenbuches, erste Spalte des Textes. Ich zitiere:
»Der SS-Hauptsturmführer Gebauer führte im Janovskylager ein unmenschliches Vernichtungssystem durch. Nach seiner Versetzung auf einen anderen Posten wurde sein System von dem Lagerkommandanten, SS-Obersturmbannführer Gustav Willhaus, und SS- Hauptsturmführer Warzek vervollkommnet. Ein früherer Insasse des Lagers erzählte der Kommission: Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie SS-Hauptsturmführer Fritz Gebauer Frauen und Kinder eigenhändig erwürgte, und wie man Männer mitten im Winter in Fässer steckte, um sie erfrieren zu lassen. Die Fässer wurden mit Wasser gefüllt und die Opfer wurden an Händen und Füßen gefesselt und in das Wasser gestellt. Die zum Tode Verurteilten blieben in den Fässern, bis sie erfroren.
Auf Grund von Aussagen vieler Zeugen, sowjetischer Kriegsgefangener und auch französischer Staatsangehöriger, die sich in deutschen Lagern befanden, ist festgestellt worden, daß die deutschen Verbrecher die furchtbarsten Methoden für die Vernichtung von Menschen erfunden haben. Diese Taten galten als besonders ehrenvoll; sie wurden von den höheren Wehrmachtskommandostellen und von der Deutschen Regierung gefördert.
SS-Hauptsturmführer Franz Warzek zum Beispiel liebte es, Kriegsgefangene mit beiden Füßen an Stangen zu hängen und sie in dieser Lage zu lassen bis sie starben. Obersturmführer Rokita schlitzte persönlich Kriegsgefangenen den Bauch auf. Der Leiter der Untersuchungsabteilung des Janovskylagers, Heine, durchbohrte die Körper der Kriegsgefangenen mit Stöcken oder einem eisernen Stab; er pflegte die Fingernägel der Frauen mit Zangen auszureißen, dann entkleidete er seine Opfer, hängte sie bei den Haaren auf und ließ sie hin und her schwingen. Dann schoß er nach den ›beweglichen Zielen‹.
Der Kommandant des Janovskylagers, Obersturmführer Willhaus, pflegte des Sportes wegen und zur Unterhaltung seiner Frau und Tochter regelmäßig mit einem automatischen Gewehr von dem Balkon seines Amtszimmers auf die in den Werkstätten beschäftigten Häftlinge zu schießen. Manchmal reichte er sein Gewehr auch seiner Frau, die ebenfalls schoß. Manchmal gab Willhaus, um seine neunjährige Tochter zu amüsieren, den Auftrag, zwei bis vierjährige Kinder in die Luft zu schleudern, während er auf sie schoß. Seine Tochter applaudierte und rief: ›Papa, mach das noch einmal!‹ Und er tat es noch einmal.
In diesem Lager wurden Häftlinge ohne jeden Vorwand vernichtet, oft wegen einer Wette. Die Zeugin Kirschner teilte der Untersuchungskommission mit, daß Wepke, ein Gestapokommissar, in Gegenwart anderer Lagerhenker damit prahlte, daß er einen Knaben mit einem Axthieb in 2 Teile spalten könne. Man glaubte ihm nicht, daher fing er einen zehnjährigen Knaben auf der Straße, zwang ihn in die Knie, forderte ihn auf, sein Gesicht in den Händen zu verbergen, führte einen Schlag zur Probe aus, brachte das Haupt des Kindes in die passende Lage und spaltete den Knaben mit einem einzigen Schlag in zwei Hälften. Die Hitleristen beglückwünschten Wepke herzlichst und schüttelten ihm die Hand.
Im Jahre 1943, zu Hitlers 54. Geburtstag, wählte der Kommandant des Janovskylagers, Obersturmführer Willhaus, 54 Häftlinge und erschoß sie eigenhändig.
Im Lager gab es ein sogenanntes Spital für Gefangene. Die deutschen Henker Brambauer und Birmann untersuchten die Patienten am ersten und fünfzehnten Tag jeden Monats. Wenn sie Patienten fanden, die bereits länger als 14 Tage im Krankenhaus waren, erschossen sie diese auf der Stelle. Sechs oder sieben Leute wurden während jeder derartigen Untersuchung getötet.
Die Deutschen führten ihre Folterungen, Mißhandlungen und Erschießungen bei Musikbegleitung aus. Zu diesem Zweck errichteten sie ein besonderes Orchester, das aus Gefangenen bestand. Sie zwangen Professor Stricks und den bekannten Dirigenten Mund, dieses Orchester zu leiten. Sie forderten Komponisten auf, eine besondere Melodie zu komponieren, die sie den ›Todestango‹ nannten. Kurz vor der Auflösung des Lagers erschossen die Deutschen sämtliche Mitglieder des Or chesters.«
Dokumentarische Beweise in Form von Photoaufnahmen dieses »Todesorchesters« werden dem Gerichtshof später vorgelegt werden.
Was im Janovskylager vor sich ging, war keineswegs eine Ausnahme. Genau so haben sich die deutschen Lagerleiter in allen anderen Konzentrationslagern benommen, die in den besetzten Gebieten der Sowjetunion, Polens, Jugoslawiens und in anderen Ländern des östlichen Europas errichtet waren.
Dem Gerichtshof liegt bereits unter USSR-29 ein Dokument vor, das die Berichte der Polnisch-Sowjetischen Außerordentlichen Kommission zur Untersuchung der deutschen Greueltaten enthält, die im Vernichtungslager Maidanek im Bezirk Lublin ausgeführt wurden. Sie, meine Herren Richter, werden dieses Dokument auf Seite 63 Ihres Dokumentenbuches finden. Ich zitiere Teil 3 dieses Schriftstückes unter dem Titel: »Folter und Blutbad im Vernichtungslager«.
Ich beginne das Zitat auf Seite 64 des Dokumentenbuches, letzter Absatz, erste Spalte:
»Die Folter- und Martermethoden waren außerordentlich verschieden. Manche waren sogenannte ›Scherze‹, die oft mit dem Tode endeten. Dazu gehörten Scheinerschießungen, verbunden mit Betäubung des Opfers durch einen Schlag auf den Kopf mit einem breiten oder stumpfen Gegenstand, und Scheinertränkungen im La gerteich, die oft mit wirklicher Ertränkung endeten. Unter den deutschen Henkern befanden sich Spezialisten für besondere Folter- und Martermethoden. Gefangene wurden durch einen Schlag mit dem Gewehrkolben auf den Hinterkopf, durch einen Fußtritt in den Magen oder in die Leistengegend oder auf andere Weise getötet. Die SS-Folterer ertränkten ihre Opfer in dem schmutzigen Wasser, das vom Badehaus in den schmalen Graben floß. Der Kopf des Opfers wurde in dieses schmutzige Wasser getaucht und durch den Stiefel eines SS-Mannes niedergehalten bis der Tod eintrat. Eine Lieblingsmethode der Nazi-SS bestand darin, Gefangenen die Hände auf dem Rücken zusammenzubinden und dann an den Händen aufzuhängen. Der Franzose de Courantin, der dieser Bestrafung unterzogen war, bekundete, daß ein auf diese Weise Aufgehängter schnell das Bewußtsein verlor, woraufhin das Hängenlassen unterbrochen wurde; sobald er das Bewußtsein wieder erlangt hatte, wurde er wieder aufgehängt und dieser Vorgang wurde vielmals wiederholt.
Für das geringste Vergehen, besonders wegen Fluchtverdachts, wurden Lagerinsassen von den deutschen Teufeln erhängt. In der Mitte jeder Abteilung stand ein Balken mit einem Querarm, zwei Meter über dem Erdboden, an dem die Leute aufgehängt wurden. ›Ich sah von meiner Baracke aus‹ bekundete ein Zeuge Domashev, ehemaliger Lagerinsasse und Sowjetkriegsgefangener, ›wie Menschen an dem Balken in der Mitte der Abteilung erhängt wurden.‹
In der Nähe der Waschanstalt, in dem Raum zwi schen dem ersten und zweiten Flur befand sich ein besonderer Schuppen mit Balken an der Decke, an denen Gefangene in ganzen Gruppen aufgehängt wurden. Die weiblichen Gefangenen wurden nicht weniger erniedrigt und gefoltert. Das gleiche System des Appells, der Schwerarbeit, die weit über menschliche Kraft hinausging, das System der Schläge und Erniedrigung wurde auch ihnen gegenüber angewandt. Besondere Grausamkeiten wurden von dem weiblichen SS-Personal, der Oberwärterin Erich und den Wärterinnen Braunstein, Anni David, Weber, Knoblic, Ellert und Radli verübt. Die Kommission stellte viele Tatsachen fest, die auf unerhörte, von den weiblichen Henkern des Lagers ausgeführte Grausamkeiten, zurückzuführen waren.
Heinz Stalbe, der Chef der deutschen Lagerpolizei, bekundete in einer Vollsitzung der Kommission, daß er mit eigenen Augen gesehen hat, wie der Direktor des Krematoriums, Oberscharführer Mußfeld, die Hände und Füße einer Frau band und sie lebend in den Verbrennungsofen warf. Die Zeugen Jelinski und Olech, die im Lager gearbeitet hatten, sprechen auch von der Verbrennung lebender Gefangener im Krematoriumsofen.
Der Zeuge Atrochov sagte aus: ›Sie rissen ein Kind von der Brust einer Mutter weg und töteten es, indem sie es vor den Augen der Mutter gegen die Wand schmetterten; sie hielten ein ganz kleines Kind an einem Fuß fest, traten auf den anderen und rissen es auseinander.‹
Besonders verhaßt war der stellvertretende Lager kommandant, SS-Obersturmführer Tumann. Er ließ ganze Gruppen von Gefangenen hinknien und tötete sie durch Schläge mit dem Gewehrkolben auf den Kopf; er hetzte Schäferhunde gegen die Gefangenen. Er nahm an allen Hinrichtungen weitgehend Anteil.
So wurden Hunger, unerträgliche Arbeit, Folter, Marterung, Erniedrigung und Mord mit unerhörtem Sadismus als Mittel zur Massenvernichtung der Lagerinsassen angewandt.«
Man möchte glauben, daß es nur die SS und besondere Polizeieinheiten waren, die diese Greueltaten durchführten. Dem ist nicht so. Ich werde beweisen, daß breite Massen der faschistischen Deutschen Wehrmacht vorsätzlich von den Hauptkriegsverbrechern in einen Zustand völliger moralischer Entartung gestürzt wurden. Um dies zu bestätigen, wende ich mich dem Inhalt der Note des Volkskommissars für Auswärtige Angelegenheiten der USSR, V. M. Molotow, vom 6. Januar 1942 zu, die dem Gerichtshof bereits als Dokument USSR-51 vorliegt. Die Stelle, die ich zitieren werde, können die Herren Richter auf der Rückseite der Seite 3 des Dokumentenbuches, Absatz 4, erste Spalte des Textes finden.
Ich beginne mit dem Zitat:
»Grenzenlos sind der Volkszorn und die Empörung, die in der gesamten Sowjetbevölkerung und in der Roten Armee durch die zahllosen Fälle gemeiner Gewalttaten und niederträchtiger Schandtaten hervorgerufen sind. Schandtaten gegen die Frauenehre, sowie Massenmorde an Sowjetbürgern und -bürgerinnen, die von den faschistischen deutschen Offizieren und Soldaten verübt werden. Überall, wo das deutsche Bajonett zu herrschen beginnt, wird ein unerträgliches Regime des blutigen Terrors, qualvoller Folterungen und bestialischer Mordtaten eingeführt. Die Plünderungen, mit denen sich die deutschen Offiziere und Soldaten allerorts befassen, werden begleitet von Mißhandlungen und Mordtaten an einer riesigen Zahl völlig unschuldiger Menschen. Wer der Forderung nicht nachkommt, alle Lebensmittel bis zur letzten Krume abzuliefern oder alle Kleidungsstücke bis zum letzten Hemd herzugeben, wird von den Okkupanten zerfleischt und erhängt, einerlei ob alt oder jung, ob Frauen oder Kinder. Bei den Zwangsarbeiten werden die Leute, die die festgesetzten Arbeitsnormen nicht vollständig erfüllen, geschlagen und erschossen.
Am 30. Juni zogen die Hitler-Banditen in die Stadt Lemberg ein, und gleich am nächsten Tage veranstalteten sie ein Massenmorden unter der Losung: ›Schlagt die Juden und die Polen tot‹. Als sie Hunderte von Menschen erschlagen hatten, da veranstalteten die Hitler-Banditen eine Ausstellung der Ermordeten in der Passage. An die Häuserwände wurden verstümmelte Leichen, hauptsächlich von Frauen gelegt. Auf den ersten Platz dieser schaurigen Ausstellung legten sie die Leiche einer Frau, auf die ihr Kind mit einem Bajonett aufgespießt war.
Solcherart waren die ungeheuerlichen Greueltaten der Hitler-Faschisten gleich von Anfang des Krieges an. In dem Blute Unschuldiger watend, setzten die Hitler- Schufte ihre niederträchtigen Verbrechen fort.
In der Siedlung Krasnaja Poljana in der Nähe von Moskau riefen die deutschen Faschistenschufte am 2. Dezember die gesamte Ortsbevölkerung im Alter von 15 bis 60 Jahren zusammen und sperrten sie in dem kalten Gebäude des Kreisexekutivkomitees ein, in dem die Fensterscheiben eingeschlagen waren, und gaben ihnen acht Tage lang weder Brot noch Wasser. Unter denen, die auf diese Art gefoltert wurden, befanden sich die Arbeiterinnen einer Fabrik in Krasnaja Poljana, A. Saizewa, T. Grudinka, E. Naljotkina und M. Michailowa, deren Säuglinge in ihren Armen starben.
Nicht selten kommt es vor, daß die Hitler-Faschisten Sowjetkinder als Zielscheiben für Schießübungen benutzten.
In dem Dorf Bjely Rast, im Kreis Krasnaja Poljana, stellte eine Gruppe betrunkener deutscher Soldaten vor der Anfahrt eines Hauses den 12jährigen Wolodja Tkatschew als Zielscheibe auf und eröffneten auf ihn das Feuer aus Maschinenpistolen. Der Knabe wurde völlig von Kugeln durchlöchert. Hierauf richteten die Banditen ein regelloses Feuer auf die Fenster der Häuser. Die Kollektivbäuerin I. Mossolowa wurde von ihnen mit ihren drei Kindern auf der Straße angehalten und an Ort und Stelle mit ihren Kindern niedergeschossen.
In dem Dorf Woskressenkoje, Kreis Dubininski, schossen sich die Hitler-Faschisten auf einen dreijährigen Knaben mit Maschinengewehren ein.
In der Kreishauptstadt Wolowo, im Gebiet Kursk, wo sich die Deutschen vier Stunden befanden, schleuderte ein deutscher Offizier den zweijährigen Sohn einer Frau namens Boikowa mit dem Kopf an die Wand und tötete ihn, nur weil das Kind geweint hatte.
In dem Dorfsowjet Slobin, Bezirk Orel, ermordeten die Faschisten das zweijährige Kind des Kollektivbauern Kratow, weil es sie durch sein Weinen am Schlafen hinderte.
In dem Dorf Semjonowskoje, im Bezirk Kalinin, fesselten und vergewaltigten die Deutschen die 25 jährige Olga Tichonowa, die Frau eines Rotarmisten, Mutter von drei Kindern, die hochschwanger war. Nach der Vergewaltigung durchschnitten sie ihr den Hals, durchstachen ihre beiden Brüste und schnitten sie auf sadistische Art ab. In dem gleichen Dorf erschossen die Okkupanten einen Knaben von 13 Jahren, auf dessen Stirn sie einen fünfzackigen Stern einschnitten.
Im Monat November ging die Telegraphistin Iwanowa aus der Stadt Kalinin zusammen mit ihrem 13 jährigen Sohn Leonid zu ihren Verwandten in das Dorf Buraschowo bei Kalinin. Als sie die Stadt verließen und die Hitler-Faschisten sie bemerkten, begannen diese aus einer Entfernung von 60 Metern auf sie zu schießen, wobei der Knabe getötet wurde. Mehrere Male versuchte die Mutter, die Leiche des Kindes aufzuheben und wegzutragen, aber jedesmal, wenn sie es versuchte, eröffneten die Deutschen das Feuer auf sie, so daß sie gezwungen war, ihr Kind liegen zu lassen. Acht Tage lang gestatteten die deutschen Soldaten nicht, die Leiche wegzuschaffen. Sie wurde von der Frau Iwanowa erst geborgen und beerdigt, als die betreffende Gegend von unseren Truppen besetzt wurde.«
Ferner ist in der Note von einem anderen Kinde die Rede, das ebenfalls ein Opfer der Faschisten wurde. Die Herren Richter werden diesen getöteten Knaben in unserem Filmdokument sehen. Ich bitte den Gerichtshof, die weiteren Ausführungen der Note, die ich verlesen werde, zur Kenntnis zu nehmen:
»In Rostow am Don spielte der Schüler einer Handwerksschule, der 15 jährige Witja Tscherewitschny, auf dem Hof mit seinen Tauben. Zu dieser Zeit gingen deutsche Soldaten vorbei und versuchten, ihm die Tauben wegzunehmen. Der Junge protestierte. Die Deutschen nahmen ihn mit, und an der Ecke der 28. Linie und der 2. Maiskaja Uliza erschossen sie ihn, weil er die Tauben nicht hergegeben hatte. Durch Tritte mit den Absätzen entstellten die Hitler-Faschisten das Gesicht des Knaben bis zur Unkenntlichkeit.
Das Anfang September durch unsere Truppen befreite Dorf Basmanowo, Kreis Glinkow im Bezirk Smolensk, stellte, nachdem die Deutschen darin gehaust hatten, einen einzigen Aschenhaufen dar. Gleich am ersten Tage trieben die faschistischen Scheusale mehr als 200 Schüler und Schülerinnen, die zur Einbringung der Ernte eingetroffen waren, auf dem Felde zusammen. Die Kinder wurden umzingelt und bestialisch niedergeschossen. Eine bedeutende Gruppe von Schülerinnen wurde von den Hitler-Faschisten für die Herren Offiziere ins Hinterland mitgenommen.
Die Besetzung der Dörfer und Städte beginnt gewöhnlich mit der Errichtung von Galgen, an denen die deutschen Henker die ersten besten ihnen in die Hände fallenden friedlichen Einwohner aufhängen. Dabei lassen die Faschisten die Galgen mit den Gehängten viele Tage und sogar viele Wochen stehen. Ebenso verfahren sie mit Personen, die sie auf den Straßen der Städte und Dörfer erschießen, die Leichen blieben viele Tage lang ungeborgen liegen.
Nach der Besetzung der Stadt Charkow hängten die deutschen Räuber mehrere Personen an den Fenstern eines großen Hauses im Stadtzentrum auf. Außerdem wurden in Charkow am 16. November an den Balkons zahlreicher Häuser 19 Personen von den Faschisten aufgehängt; eine dieser Personen war eine Frau.«
Ein weiteres Zeugnis für die moralische Verkommenheit der Verbrecher sind die bestialischen Vergewaltigungen, die überall an Frauen verübt wurden.
Ich zitiere die Note an der Stelle, die die Herren Richter auf der Seite 4 des Dokumentenbuches finden werden:
»Die niederträchtigen Gewalttaten an Frauen und Mädchen erstreckten sich in den okkupierten Gebieten auf alle Orte.
In dem ukrainischen Dorf Borodajewka, im Bezirk Dnjepropetrowsk, vergewaltigten die Faschisten alle Frauen und Mädchen.
In dem Dorf Beresowka, im Bezirk Smolensk, vergewaltigten und verschleppten betrunkene deutsche Soldaten alle Frauen und Mädchen im Alter von 16 bis zu 30 Jahren.
In der Stadt Smolensk eröffnete das deutsche Kom mando in einem der Hotels ein Offiziersbordell, in das Hunderte von Mädchen und Frauen geschleppt wurden. Sie wurden an den Armen und an den Haaren gezerrt und erbarmungslos über das Pflaster geschleift.
In allen Orten brechen die vertierten deutschen Banditen in die Häuser ein, vergewaltigen Frauen und Mädchen vor den Augen der Angehörigen und ihrer Kinder, verüben Schandtaten an den Vergewaltigten und metzeln ihre Opfer an Ort und Stelle bestialisch nieder.
In der Stadt Lemberg wurden 32 Arbeiterinnen der Lemberger Konfektionsfabrik vergewaltigt und dann von den deutschen Sturmtruppen ermordet. Die betrunkenen deutschen Soldaten schleppten die Lemberger Mädchen und jungen Frauen in den Kostjuschkopark, um sie bestialisch zu vergewaltigen. Der alte Geistliche W. L. Pomasnew, der mit einem Kreuz in den Händen den Versuch machte, die Vergewaltigung der Mädchen zu verhindern, wurde von den Faschisten mißhandelt. Sie rissen ihm den Priesterrock ab, zündeten ihm den Bart an und erstachen ihn mit Bajonetten. In Weißrußland, nahe der Stadt Borrissow, fielen den Hitler-Faschisten 75 Frauen und Mädchen in die Hände, die beim Anmarsch der deutschen Truppen geflohen waren. 36 Frauen und Mädchen wurden von den Deutschen vergewaltigt und darauf bestialisch ermordet. Das 16 jährige Mädchen L. I. Meltschukowa führten die Soldaten auf Befehl des deutschen Offiziers Hummer in den Wald, wo sie es vergewaltigten. Nach einiger Zeit sahen andere Frauen, die ebenfalls in den, Wald geführt worden waren, daß bei den Bäumen Bretter standen, an denen die sterbende Meltschukowa aufgespießt war. Die Deutschen haben ihr vor den Augen der anderen Frauen, unter ihnen der W. J. Alperenko und W. M. Beresnikowa, die Brüste abgeschnitten.
Aus dem Dorf Borowka des Rayons Swenigorod, im Bezirk Moskau, führten die Faschisten bei ihrem Rückzug mehrere Frauen gewaltsam mit sich, wobei sie diese trotz ihrer Bitten und ihrer Proteste von ihren minderjährigen Kindern trennten.
In der Stadt Tichwin, im Bezirk Leningrad, wurde die 15 jährige M. Kolodezkaja, die durch einen Granatsplitter verwundet war, in das in einem früheren Kloster eingerichtete Krankenhaus geführt, wo sich verwundete deutsche Soldaten befanden. Trotz ihrer Verwundung wurde die Kolodezkaja von einer Gruppe deutscher Soldaten vergewaltigt, wodurch ihr Tod herbeigeführt wurde.«
Ich lasse einen Absatz aus und fahre fort:
»Aber die Hitler-Faschisten beschränken sich nicht darauf, einzelne Bürger des Sowjetlandes zu ermorden. In der Geschichte des hitler-faschistischen Raubes und Terrors in den besetzten Sowjetgebieten ragen durch ihre furchtbare Barbarei die Massenmorde an Sowjetbürgern heraus, die in der Regel auf die von den Deutschen vorgenommene vorübergehende Besetzung von Städten, Dörfern und anderen Ortschaften folgten.
Nehmen wir einige Beispiele für das von den deutschen Okkupanten unter den Einwohnern ganzer Dörfer ausgeführte Gemetzel: In dem Dorf Jaskino, im Bezirk Smolensk, erschossen die Hitler-Faschisten alle Greise und Halbwüchsigen, und brannten die Häuser bis auf die Grundmauern nieder. In dem Dorf Potschinok im gleichen Bezirk trieben die Deutschen alle alten Männer, alten Frauen und Kinder in dem Verwaltungsgebäude der Kollektivwirtschaft zusammen, schlossen die Türen und verbrannten alle Eingesperrten. In dem ukrainischen Dorf Jemeltschino, im Bezirk Shitomir, sperrten die Deutschen 68 Personen in einem kleinen Bauernhaus ein. Die Fenster und Türen wurden luftdicht verschlossen, so daß alle Eingesperrten den Erstickungstod fanden. In dem jetzt von unseren Truppen befreiten Dorf Jerschowo, Kreis Swenigorod, im Bezirk Moskau, trieben die Deutschen beim Verlassen des Dorfes etwa 100 friedliche Einwohner und verwundete Rotarmisten in der Kirche zusammen. Dort wurden sie eingesperrt und darauf wurde die Kirche in die Luft gesprengt. In dem Dorf Agrafenowka, im Bezirk Rostow, verhafteten die Faschisten am 16. November die gesamte männliche Bevölkerung im Alter von 16 bis zu 70 Jahren und erschossen jeden dritten.«
Der nächste Teil der Note ist dem Massenverbrechen der Deutschen, den sogenannten »Aktionen«, insbesondere in Kiew, gewidmet. Ich muß den Gerichtshof darauf aufmerksam machen, daß die in der Note genannte Zahl der Getöteten in Babje Yar in Wirklichkeit höher ist.
Nach der Befreiung von Kiew wurde festgestellt, daß der Umfang der von den deutsch-faschistischen Eindringlingen verübten Verbrechen bei weitem höher ist als nach den ersten Informationen angenommen wurde.
Aus dem Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die Stadt Kiew, der dem Gerichtshof später vorgelegt werden wird, ist zu ersehen, daß in Babje Yar während dieser furchtbaren, sogenannten Aktion nicht 52000, sondern 100000 Menschen erschossen wurden.
Ich zitiere weiter auf Seite 4 des Dokumentenbuches, Absatz 3:
»Furchtbare Massaker und Pogrome wurden von den deutschen Eindringlingen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew angerichtet. In wenigen Tagen ermordeten und zerfleischten die deutschen Banditen 52000 Männer, Frauen, Greise und Kinder. Sie wüteten schonungslos unter Ukrainern, Russen und Juden, die irgendwie ihre Ergebenheit für die Sowjetmacht gezeigt hatten. Die diesem Gemetzel entronnenen Sowjetbürger aus Kiew geben ein erschütterndes Bild über eine dieser Massenhinrichtungen: Auf dem jüdischen Friedhof der Stadt Kiew wurden zahlreiche Juden, unter denen sich Frauen und Kinder aller Altersstufen befanden, zusammengeholt. Vor der Erschießung wurden alle splitternackt ausgezogen und mißhandelt.
Die erste für die Erschießung bestimmte Gruppe mußte sich auf den Boden eines Grabens legen, und zwar mit dem Gesicht nach unten. Sie wurde daraufhin mit Maschinenpistolen erschossen. Hierauf bedeckten die Deutschen die Erschossenen leicht mit Erde, worauf die nächste Partie der Opfer als zweite Schicht auf sie gelegt und ebenfalls aus Maschinenpistolen erschossen wurde.«
Ich überspringe einen Absatz und fahre mit dem Zitat fort. Sie werden später die Verbrechen der Hitler-Banditen, von denen in der Note die Rede ist, sehen. Die deutschen Verbrechen in Rostow werden durch Filmdokumente vorgeführt werden.
»Der Blutdurst der Nazis gegenüber den Einwohnern der Stadt Rostow ist besonders bekanntgeworden. Die Deutschen, die 10 Tage lang in Rostow hausten, metzelten nicht nur einzelne Personen und Familien nieder, sondern vernichteten in ihrem Blutrausch Dutzende und Hunderte von Einwohnern, besonders in den Arbeitervierteln der Stadt. In der Nähe des Gebäudes der Eisenbahnverwaltung erschossen deutsche Soldaten am hellichten Tag mit Selbstladewaffen 48 Personen. Auf dem Bürgersteig der Rostower Hauptstraße erschossen die hitlerischen Mörder 60 Personen. Auf dem armenischen Friedhof wurden 200 Personen ermordet. Sogar die von unseren Truppen aus Rostow verjagten deutschen Generale und Offiziere haben sich öffentlich damit gerühmt, sie würden nach Rostow eigens zu dem Zweck zurückkehren, um ein blutiges Strafgericht gegen die Stadtbevölkerung zu veranstalten, die bei der Vertreibung ihrer Feinde aus ihrer Heimatstadt aktiv mitgeholfen hat.«
Auf direkte Initiative der Befehlshaber der Einheiten der deutsch-faschistischen Armee wurde die kämpfende Truppe beim Angriff wie auch beim Rückzug von den friedlichen Einwohnern, hauptsächlich von Frauen, Greisen und Kindern, gedeckt.
Ohne diese Tatsache kommentieren zu wollen, muß ich trotzdem hinzufügen, daß so nur Menschen handeln konnten, die sich an die dem Gerichtshof bereits bekannten Befehle Keitels erinnerten, Befehle, die anordneten, daß Menschenleben »in besetzten Ländern nichts kosten«.
Ich zitiere die Note des Volkskommissars für Auswärtige Angelegenheiten weiter. Sie werden diese Stelle auf Seite 7 des Dokumentenbuches, letzter Absatz, finden:
»Außer allem bisher Gesagten verfügt die Sowjetregierung über dokumentarisches Material, das die sich systematisch wiederholenden ungeheuerlichen Verbrechen der faschistischen deutschen Armeeführung beweisen: die Ausnützung der friedlichen Sowjetbevölkerung als Kugelfang für die deutschen Truppen während der Kämpfe gegen die Rote Armee.
Am 28. August 1941 versammelten die faschistischen deutschen Truppen bei einem Übergang über den Fluß Iputj, da sie nicht in der Lage waren, den standhaften Widerstand der Truppenteile der Roten Armee zu überwinden, die ortsansässige Bevölkerung der bjelorussischen Stadt Dobrusch im Bezirk Gomel und trieben dann unter Androhung des Erschießens Frauen, Greise und Kinder vor sich her, hinter denen sie dann ihre Kampfgliederungen entfalteten und zum Angriff vorgingen.
Das gleiche gemeine Verbrechen wurde von der deutschen Armeeführung gegenüber der Zivilbevölkerung im Gebiet von Leningrad wiederholt, und zwar in der Gegend des Sowjetgutes Wybory, und ebenso im Kreis Jelnja, im Bezirk Smolensk. Die faschistischen Schufte haben sich dieser bestialischen und feigen Methode bis in die letzten Tage bedient. Am 8. Dezember deckten die Nazis ihren Abzug aus dem Dorf Jamnoje, im Bezirk Tula, durch ortsansässige Einwohner. Am 12. Dezember nahmen sie in dem gleichen Kreise 120 Greise und Kinder zusammen und schickten sie während der Kämpfe gegen die angreifenden Truppenteile der Roten Armee ihren Soldaten voraus. In den Kämpfen, die unsere Truppen zur Befreiung der Stadt Kalinin führten, sammelten die Truppenteile des deutschen Regiments 303 der 162. Division bei einem Versuch, zum Gegenangriff überzugehen, in einem vor der Stadt gelegenen Dorf Frauen und stellten sie vor sich auf, als sie in den Kampf gingen. Zum Glück gelang es den Sowjettruppen, diesen Angriff abzuschlagen, sich zwischen die Hitleristen und ihre Opfer einzukeilen und die Frauen zu retten.«
Die Nazi-Armeen verwendeten zum Schutz ihrer Soldaten, allen internationalen Regeln zum Trotz, die Zivilbevölkerung für besonders gefährliche Arbeiten, insbesondere für die Räumung von Minenfeldern.
Ich verlese jetzt einen Auszug aus dem Teil 2 dieser Note. Der Gerichtshof findet ihn auf Seite 2 des Dokumentenbuches, Absatz 4. Ich zitiere:
»Überall, wo deutsche Truppen und deutsche Behörden auf Sowjetterritorium erschienen, wurde sofort ein Regime der grausamsten Ausbeutung, der Rechtlosigkeit und der Willkür gegenüber der schutzlosen Zivilbevölkerung errichtet. Ohne Alter oder Gesundheit der Sowjetbürger zu berücksichtigen, trieben die Nazis, nachdem sie viele Häuser besetzt oder zerstört hatten, zahlreiche Sowjetbürger in Konzentrationslager, wo sie unter Androhung von Foltern, Erschießungen und Hungertod gezwungen wurden, die verschiedensten schweren Arbeiten, darunter auch Arbeiten militärischen Charakters, unbezahlt zu verrichten. In zahlreichen Fällen wurde die Zivilbevölkerung, nachdem sie für diese oder jene militärischen Arbeiten verwendet worden war, aus Sicherheitsgründen Mann für Mann erschossen.
So trieben die Okkupanten in dem Dorf Kolpino, im Gebiet Smolensk, alle Bauern zur Anlegung von Brücken und Unterständen für die deutschen Truppenteile zusammen. Nach Beendigung der Bauarbeiten an diesen Befestigungen wurden alle Bauern erschossen.«
VORSITZENDER: Es scheint Zeit zu sein, die Sitzung zu vertagen.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl, Herr Vorsitzender.