[Pause von 10 Minuten.]
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender, ich habe erfahren, daß die elf Seiten, die in dem englischen Text nicht enthalten waren, Ihnen übergeben worden sind. Trifft das zu?
VORSITZENDER: Jawohl.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Darf ich fortfahren?
VORSITZENDER: Bitte.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich zitiere nun aus Franks Tagebuch diejenige Stelle, die der Gerichtshof auf Seite 93 des Dokumentenbuches, zweite Spalte des Textes, zweiter Absatz von oben unter der Überschrift: »Tagung der politischen Leiter der NSDAP am 15. Januar 1944 in Krakau«, finden wird.
Ich beginne das Zitat; Dr. Frank:
»Ich habe mich nicht gescheut, zu erklären, daß, wenn ein Deutscher erschossen würde, bis zu 100 Polen erschossen würden.«
In dieser schwarzen Zeit sah das polnische Volk in den Opfern Franks und denen seiner Untergebenen Märtyrer. Daher scheint es mir wichtig, folgendes Zitat zu verlesen. Am 16. Dezember 1943 hat Frank in Krakau bei einer Regierungssitzung gesagt, das Zitat befindet sich auf Seite 92 des Dokumentenbuches, dritter Absatz von oben, Spalte 1. Ich zitiere:
»Zu überlegen wäre, ob man nicht aus Zweckmäßigkeitsgründen die Exekutionen möglichst dort vornehmen lasse, wo das Attentat auf einen Deutschen erfolgt sei. Vielleicht müsse man auch überlegen, ob man nicht dafür besondere Exekutionsstätten schaffen wolle, denn es sei festgestellt worden, daß die polnische Bevölkerung zu den jedermann zugänglichen Exekutionsorten ströme, um die blutgetränkte Erde in Gefäße zu füllen und diese in die Kirche zu bringen.«
Hoher Gerichtshof, ich habe Ihre Aufmerksamkeit auf das Tagebuch von Frank gelenkt, da er einer der engsten Mitarbeiter Hitlers war. Außerdem ist er der bekannteste »gelehrte Jurist« des deutschen Faschismus. Er war tatsächlich ein »alter ego« von denen, die im Janovskylager Kinder entzweigehauen haben. Gerade Frank ist einer der Urheber gewesen, der gleichzeitig die Grundlagen für die Gesetze des deutschen Faschismus gelegt hat, die jeder Gerechtigkeit Hohn sprachen. Im wesentlichen besteht das Endergebnis der ganzen armseligen juristischen Weisheit in dem Buch »Mein Kampf«, das ich studiert, und in dem ich keinen anderen Sinn gefunden habe als nur den der niederträchtigen Formel: »Macht ist Recht«. Ich zitiere von der 64. Ausgabe, auf Seite 740.
Frank stellte für Hitler den notwendigen bösen Gnom der Jurisprudenz dar, der die unmenschlichen Theorien des Faschismus in die Form des »Gesetzes« kleidete. Um zu zeigen, wie weit unter Franks Führung die Herabwürdigung der grundlegenden, im Straf- und Zivilrecht aller zivilisierten Völker verankerten Rechtsbegriffe gegangen war, lege ich dem Gerichtshof das Originalstück einer Verordnung Franks vor, die in dem »Verordnungsblatt des Generalgouvernements« für das Jahr 1943 veröffentlicht wurde. Sie trägt das Datum des 2. Oktober 1943 und wird von der Sowjetischen Delegation als USSR-335 vorgelegt. Der Gerichtshof wird das Dokument auf Seite 95 des Dokumentenbuches finden. Ich zitiere das Dokument vollständig:
»Verordnung zur Bekämpfung von Angriffen gegen das deutsche Aufbauwerk im Generalgouvernement. Vom 2. Oktober 1943.
Auf Grund des § 5, Abs. 1 des Erlasses des Führers vom 12. Oktober 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 2077) verordne ich bis auf weiteres:
§ 1.
(1) Nichtdeutsche, die in der Absicht, das deutsche Aufbauwerk im Generalgouvernement zu hindern oder zu stören, gegen Gesetze, Verordnungen oder behördliche Anordnungen und Verfügungen verstoßen, sind mit dem Tode zu bestrafen.(2) Abs. 1 gilt nicht für Angehörige der mit dem Großdeutschen Reich verbündeten oder nicht mit ihm im Kriege befindlichen Staaten.