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OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich zitiere nur einen Absatz aus diesem bereits vorgelegten Dokument. Die Stelle, die ich zitiere, finden Sie auf Seite 155 im Dokumentenbuch. Punkt 4 des Befehls lautet:
»Verhalten bei Erschießungen oder ernstlichen Verletzungen von Kriegsgefangenen. (G.O.)
Jede Erschießung oder ernstliche Verletzung eines Kgf ist als besonderes Vorkommnis zu melden; handelt es sich um brit., franz., belg. oder amerikanische Kgf, so ist außerdem nach OKW Az. f 24... zu verfahren.«
Dieser Befehl trägt das Datum vom 2. August 1943.
Aber schon am 5. November 1943 folgte ein weiterer Befehl, der die Verhaltungsmaßnahmen gegenüber den Sowjetkriegsgefangenen abänderte. Ich bitte den Gerichtshof, den als USSR-433 vorgelegten Befehl an das Lager 86 als Beweisstück zur Sache anzunehmen. Aus diesem Dokument zitiereich nur einen Punkt, und zwar Paragraph 12:
»Die Erschießung von sowjetrussischen Kriegsgefangenen. (G.O.)
Erschießungen und tödliche Unglücksfälle von sowjetrussischen Kgf sind ab sofort nicht mehr als besonderes Vorkommnis fernmündlich dem Kommandeur der Kriegsgefangenen zu melden.«
In manchen Fällen hat das Oberkommando der deutschen Wehrmacht den Kriegsgefangenen ein geringfügiges Entgelt für ihre Arbeit zugebilligt; aber auch hier erhielten die Sowjetkriegsgefangenen um die Hälfte weniger als die Kriegsgefangenen anderer Nationalitäten. Zur Bestätigung bitte ich den Gerichtshof als Beweisstück zur Sache eine Weisung des OKW vom 1. März 1944 anzunehmen. Ich lege dem Gerichtshof die Urkunde als USSR-427 vor. Ich möchte den Gerichtshof darum bitten, dieses Dokument den anderen Dokumenten beizufügen. Ich zitiere nur zwei Sätze aus diesem Dokument. Diese Stellen finden Sie auf Seite 274 Ihres Dokumentenbuches:
1. Satz:
»Kriegsgefangene, die vollwertig und ganztägig arbeiten, erhalten je Arbeitstag eine Grundvergütung von
RM. 0.70 Nicht-Sowjetkriegsgefangene
RM. 0.35 Sowjetkriegsgefangene.«
Der zweite Satz steht am Schluß dieses Dokuments. Sie finden ihn auf Seite 275 Ihres Dokumentenbuches, letzter Absatz:
»Die Mindestvergütung beträgt jedoch je Arbeitstag:
RM. 0.20 für Nicht-Sowjetkriegsgefangene
RM. 0.10 für Sowjetkriegsgefangene.«
Hiermit beende ich die Verlesung dieses Dokuments.
Wenn die anderen Kriegsgefangenen von den deutsch-faschistischen Mördern das Recht erhielten, täglich ein paar Züge frische Luft einzuatmen, so waren die Sowjetkriegsgefangenen auch dieses »Vorrechts« beraubt.
Ich bitte den Gerichtshof als USSR-424 den Originalbefehl an das Lager 44 als Beweisstück anzunehmen. Ich zitiere einen Satz aus Absatz 7 dieses Befehls, der die Überschrift hat:
»Spaziergänge der Kriegsgefangenen.
In besonders gearteten Fällen, wo Kgf im Arbeitseinsatz infolge ihrer innerhalb der Arbeitsstätte gelegenen Unterkünfte keinen Auslauf haben, können sie zum Zwecke der Erhaltung der Arbeitskraft an die frische Luft geführt werden.«
Ferner bitte ich den Gerichtshof, als Originalbeweisstück den Befehl an das Lager 46 anzunehmen. Das Dokument wird als USSR-425 vorgelegt. Ich erinnere den Hohen Gerichtshof daran, daß die Weisungen des vorhergehenden Befehls über die Spaziergänge der Kriegsgefangenen unter Ziffer 7 standen. Ich zitiere einen Satz aus Ziffer 10 des Befehls Nummer 46, der ebenfalls die Überschrift »Spaziergänge der Kriegsgefangenen« trägt, wobei zur Begründung dieses Punktes auf den Befehl des Kommandeurs des Kriegsgefangenenlagers 1259, Abschnitt 5, vom 2. Juni 1943 hingewiesen wird. Ich zitiere einen Satz:
»Zu der im Stalagbefehl Nr. 44 vom 8. Juni 1943 unter Ziffer 7 erschienenen Anordnung wird ergänzend bemerkt, daß sie nicht für sowjetische Kriegsgefangene gilt.«
Ferner bitte ich den Gerichtshof, die Anforderung des Arbeitsamtes »Mährisch-Schönberg« als Originalbeweisstück anzunehmen. Es ist die Anforderung von Kriegsgefangenen zur Verwendung bei nichtlandwirtschaftlichen Arbeiten. Ich zitiere zwei Sätze aus diesem Dokument. Den Teil, den ich vorlegen mochte, finden Sie auf Seite 160 des Dokumentenbuches:
»Der Austausch der auf dem Kriegsgefangenen-Arbeitskommando E 351, Papierfabrik Heinrichsthal, eingesetzten 104 engl. Kgf gegen 160 sowj.-russ. Kgf ist durch den in diesem Betrieb angetretenen Kräftebedarf erforderlich geworden. Eine zusätzliche Zuteilung von engl. Kgf auf den notwendigen Stand von 160 ist nicht möglich, da nach den in den letzten Monaten erfolgten Lagerüberprüfungen seitens der zuständigen Wehrmachtsstellen die vorhandenen Unterkünfte lediglich für 104 engl. Kgf ausreichen, während aber in den gleichen Räumen ohne Schwierigkeiten 160 russ. Kgf untergebracht werden konnten.«
Ich bitte den Hohen Gerichtshof um die Erlaubnis, noch ein Dokument zu zitieren, und zwar »Anweisung Nr. 8« für dieses Lager, datiert vom 7. Mai 1942. Es trägt die Überschrift: »Arbeitsausnutzung der Sowjetkriegsgefangenen.«
Ich lege dieses Dokument im Original als USSR- 426 vor und bitte, es als Beweisstück zur Sache anzunehmen. Ich zitiere einen Absatz mit der Überschrift:
»Maßnahmen zur Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit.«
Mir scheint, daß der grenzenlose Zynismus und die Grausamkeit dieses Dokuments feststehen und keines Kommentars bedürfen.
»Die Sowjetkriegsgefangenen befinden sich fast ohne Ausnahme in einem Zustand starker Unterernährung, der sie zu einer normalen Arbeitsleistung zur Zeit noch nicht befähigt.«
Ich beende die Verlesung dieses Dokuments.
Der Generalstab der Deutschen Wehrmacht befaßte sich besonders mit zwei Fragen, erstens mit Decken für sowjetische Kriegsgefangene und zweitens mit der Frage, auf welche Weise die Beerdigung der durch das erbarmungslose Konzentrationslagerregime umgebrachten sowjetischen Leute erfolgen sollte. Beide Fragen wurden in einem Dokument gelöst. Ich lege es dem Gerichtshof als USSR-429 vor und bitte, es als Beweisstück zur Sache annehmen zu wollen. Dieses Dokument werden die Herren Richter auf Seite 162 Ihres Dokumentenbuches finden.
Es handelt sich um eine Verordnung der Wehrkreisverwaltung VIII vom 28. Oktober 1941. Ich zitiere nur den Text und beginne das Zitat:
»Betrifft: Kriegsgefangene Sowjetrussen. Gelegentlich einer Besprechung beim OKW wurden folgende Ausführungen gemacht: 1. Decken: Die Sowjetrussen erhalten Papierdecken, die sie selbst herzustellen haben, und zwar steppdeckenartig aus Papiergewebe mit Knautschpapier oder ähnlichem gefüllt. Das Material will OKW zur Verfügung stellen.«
Der zweite Teil, wie sich die Herren Richter vergewissern können, ist folgender:
Die Überschrift ist:
»2. Beerdigung der Sowjetrussen. Die sowj. Kgf sind unbekleidet, nur in Packpapier gehüllt, ohne Sarg zu be erdigen. Särge werden nur zum Transport benutzt.
Auf Arbeitskommandos wird die Bestattung von der zuständigen Gemeinde vorgenommen. Die Kosten hierfür erstatten die zuständigen M. Stammlager.
Die Auskleidung der Kgf veranlassen die Wachmannschaften. Im Auftrag: gez. Großekettler.«
Aber nicht nur die Leitung der Wehrkreisverwaltung befaßte sich damit, wie die sowjetischen Kriegsgefangenen beerdigt werden sollen, sondern auch das Innenministerium sandte an das Lager einen Schnellbrief mit dem besonderen Vermerk:
»Zur Veröffentlichung nicht geeignet (auch nicht auszugsweise in der Presse).«
Ich bitte den Gerichtshof, dieses Dokument als Beweisstück USSR-430 anzunehmen. Die Stelle finden die Herren Richter auf Seite 276 des Dokumentenbuches. Ich zitiere nur fünf Sätze dieses ziemlich umfangreichen Dokuments:
»... Wegen der Leichenüberführung (Gestellung von Fahrzeugen) ist mit Dienststellen der Wehrmacht in Verbindung zu treten. Für die Überführung und Bestattung ist ein Sarg nicht zu fordern. Die Leiche ist mit starkem Papier (möglichst Öl-, Teer- oder Asphaltpapier) oder sonst geeignetem Material vollständig einzuhüllen. Die Überführung und Bestattung ist unauffällig durchzuführen. Bei gleichzeitigem Anfall mehrerer Leichen ist die Bestattung in einem Gemeinschaftsgrab vorzunehmen. Hierbei sind die Leichen nebeneinander (aber nicht übereinander) in der ortsüblichen Grabestie fe zu betten. Auf Friedhöfen ist als Begräbnisort ein entlegener Teil zu wählen. Feierlichkeiten oder Ausschmückung der Gräber haben zu unterbleiben.«
Ich lasse die nächsten Sätze aus:
»Die Kosten sind so niedrig wie möglich zu halten.«
So haben die deutschen Verbrecher sogar in den eigens für die Vernichtung von Menschenleben geschaffenen Einrichtungen des deutschen Faschismus eine Politik der unterschiedlichen Behandlung aus rassischen und politischen Gründen durchgeführt.
Praktisch konnte diese Diskriminierung nur bedeuten, daß ein Teil der Lagerhäftlinge dem unumgänglichen Ende, dem Tode, schneller als der andere Teil zugeführt wurde; aber auch hier waren die Verbrecher bemüht, das Ende jener Opfer besonders qualvoll zu gestalten, die sie auf Grund ihrer menschenhassenden Theorie als »Untermenschen« betrachteten oder die sie eines aktiven Widerstandes für fähig hielten.
Ich bitte den Gerichtshof um die Erlaubnis, einen Absatz aus dem vorher dem Gerichtshof vorgelegten Dokument USSR-415 verlesen zu dürfen. Es ist der Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission: »Über die Verbrechen im Lager Lamsdorf«.
Dieses Zitat wird das Ausmaß der verbrecherischen Tätigkeit der Hitler-Banden bezeugen. Damit schließe ich die Beweisführung über dieses Lager.
Die Herren Richter werden die von mir zitierte Stelle auf Seite 146, Absatz 3 des Dokumentenbuches finden. Ich beginne:
»Nach dem Gutachten der Sonderkommission haben die Deutschen im Lager Lamsdorf seit seinem Bestehen mehr als 100000 sowjetische Kriegsgefangene zu Tode gefoltert. Der größte Teil ging in den Gruben und in den Betrieben oder auf dem Rückweg ins Lager zugrunde. Ein Teil wurde in den Wohnbunkern verschüttet, viele wurden bei der Evakuierung des Lagers getötet. 40 000 Kriegsgefangene wurden in dem Lager Lamsdorf selbst zu Tode gemartert.«
Herr Vorsitzender! Die Sowjetische Anklagevertretung möchte Sie bitten, noch einen Zeugen, Doktor Kiwelischa, vernehmen zu lassen. Er ist Arzt und seine Zeugenaussage ist für die Feststellung des besonderen Regimes für die sowjetischen Kriegsgefangenen äußerst wertvoll. Die Sowjetische Anklagevertretung bittet um Ihre Zustimmung, diesen Zeugen verhören zu dürfen.
VORSITZENDER: Ja, Oberst Smirnow.