HOME

<< Zurück
|
Vorwärts >>

[Zum Zeugen gewandt]:

Herr Zeuge, Sie haben eben ausgesagt, daß Sie im August 1941 im Gebiet von Uman in Gefangenschaft geraten sind. Wissen Sie, ob in jener Zeit durch die Deutschen sehr viele Gefangene gemacht worden sind?

KIWELISCHA: Ja, ich weiß. Es wurden ungefähr 100000 Kriegsgefangene zu jener Zeit gemacht.

DR. LATERNSER: Wissen Sie auch darüber etwas, ob in der damaligen Zeit die deutschen Truppen ziemlich schnell vorangekommen sind auf dem russischen Gebiet?

KIWELISCHA: Darüber kann ich nichts sagen. Die deutschen Truppen kamen schnell vorwärts. Doch ehe wir umzingelt wurden, haben wir hartnäckig gekämpft und gingen kämpfend zurück bis zum 9. August.

DR. LATERNSER: Wie stark an Gefangenen war die Kolonne, in der Sie marschiert sind?

KIWELISCHA: Vier- bis fünftausend Mann.

DR. LATERNSER: Wann haben Sie nun die erste Verpflegung durch die deutschen Truppen bekommen?

KIWELISCHA: Ich persönlich habe von den deutschen Truppen zuerst in der Stadt Uman zu essen bekommen.

DR. LATERNSER: Als Sie die erste Mahlzeit bekommen haben, wie lange waren Sie da bereits in Gefangenschaft?

KIWELISCHA: Ich war da ungefähr 4 bis 5 Tage bereits in Gefangenschaft.

DR. LATERNSER: Sie waren im sowjetrussischen Heer Truppenarzt und haben daher sicher auch einen gewissen Einblick und Urteil darüber, daß die Verpflegung der Truppen nicht so einfach ist.

KIWELISCHA: Ich habe diesen Eindruck nicht erhalten, um so mehr als die Deutschen genügend Zeit und die Möglichkeit gehabt haben, die Kriegsgefangenen mit Nahrung zu versorgen. Ich möchte dazu noch bemerken, daß, wenn die deutschen Truppen die Kriegsgefangenen nicht versorgen konnten, die Zivilbevölkerung alles versucht hat, um die sowjetrussischen Kriegsgefangenen zu verpflegen. Doch gaben augenscheinlich weder die deutschen Behörden noch das deutsche Militär irgendwelche Anweisungen dazu. Ich habe bereits berichtet, daß weder die Kriegsgefangenen noch die Zivilbevölkerung die Möglichkeit hatten, sich einander zu nähern. Im Gegenteil, man erschoß diejenigen Zivilisten, die versuchten, den Kriegsgefangenen Essen zu bringen, und jeden Kriegsgefangenen, der Essen von Zivilisten annahm.

DR. LATERNSER: Sie werden sich doch sicher vorstellen können, daß, wie Sie eben angegeben haben, es große Schwierigkeiten bereiten muß, wenn in einem Raum um Uman damals 100000 Gefangene gemacht worden sind.

KIWELISCHA: Im Raum von Uman waren nicht alle Kriegsgefangenen in einem Lager konzentriert. Es gab einige Durchgangslager und Stammlager. In Uman gab es ihrer mehrere.

DR. LATERNSER: Ich habe jetzt nicht davon gesprochen, über die Ernährung im Lager Uman, sondern wir sprechen immer noch über die Ernährung für die ersten Tage nach der Gefangennahme.

KIWELISCHA: Bei der Gefangennahme war ich von den anderen Kriegsgefangenen nicht abgesondert. Man versorgte mich genau so wie alle anderen Kriegsgefangenen. Ich befand mich in der allgemeinen Kolonne der Kriegsgefangenen. Die deutschen Befehlsstellen machten in den ersten Tagen der Gefangenschaft keinen Unterschied.

DR. LATERNSER: Aber Sie werden doch gewisse Schwierigkeiten zugeben müssen, die für die Ernährung bestehen, wenn plötzlich eine Kolonne, wie die Ihrige, in Stärke von 5000 Mann durch die vorgehende Truppe versorgt werden muß?

KIWELISCHA: Selbst wenn das deutsche Militär Schwierigkeiten gehabt hätte, uns zu ernähren, so hätte es den Kriegsgefangenen erlauben können, Nahrung in Empfang zu nehmen, die die sowjetrussische friedliche Bevölkerung ihnen geben wollte.

DR. LATERNSER: Darauf werden wir gleich nochmal kommen. Sie sagen, daß Sie eine Kolonne von 5000 Gefangenen waren. Können Sie mir sagen, wie stark die Bewachungsmannschaft war, die deutsche Bewachungsmannschaft, für diese Kolonne von 5000 Mann?

KIWELISCHA: Ich kann die genaue Zahl nicht angeben, doch waren sehr viele deutsche M.G.-Schützen da. Die Kolonne war zu sehr ausgedehnt, so daß ich die Zahl nicht angeben kann.

DR. LATERNSER: Gut, das verstehe ich, daß Sie mir diese Antwort nicht geben können mit der genauen Zahl. Aber schildern Sie doch einmal dem Gericht, wie groß der Abstand war zwischen den einzelnen Bewachungsposten, die längs der Kolonne mit dieser marschiert sind!

KIWELISCHA: Der Abstand war beispielsweise folgendermaßen: Zwei bis drei Soldaten, die in einer Reihe gingen, marschierten hinter einer zweiten Gruppe, die ebenso groß war, und zwar im Abstand von fünf bis sechs Schritten.

DR. LATERNSER: Also, alle 50 bis 60 Meter, zu beiden Seiten oder nur auf einer Seite marschierten deutsche Truppen, und zwar immer 2, 3, einzeln, wie Sie sagen, oder habe ich Sie nicht richtig verstanden?

KIWELISCHA: Nicht fünfzig bis sechzig Meter, sondern fünf bis sechs Meter.

DR. LATERNSER: Waren das ältere Bewachungsmannschaften oder handelte es sich dabei um jüngere Soldaten?

KIWELISCHA: Es handelte sich um Soldaten des deutschen Heeres. Sie waren jeden Alters.

DR. LATERNSER: Ist vor Abmarsch der Kolonne den russischen Gefangenen angekündigt worden, daß auf sie geschossen würde für den Fall, daß sie die Kolonne verlassen?

KIWELISCHA: Ich habe bereits gesagt und wiederhole, daß keinerlei Warnung vorausgegangen war.

DR. LATERNSER: Auch nicht, bevor die Kolonne abmarschiert ist?

KIWELISCHA: Nein.

VORSITZENDER: Ich glaube, es ist jetzt Zeit, bis 2.00 Uhr zu unterbrechen.