[Keine Antwort.]
Wünscht einer der Verteidiger Fragen zu stellen?
[Keine Antwort.]
Die Zeugin kann sich zurückziehen.
[Die Zeugin verläßt den Zeugenstand.]
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender! Ich möchte mit dem Teil meines Vortrags beginnen, der sich mit der Schaffung geheimer Stellen zur Vernichtung friedlicher Bürger durch die deutschen Faschisten beschäftigt.
Es handelt sich hier nicht um Konzentrationslager, weil die Menschen an diesen Stellen gewöhnlich nicht länger als zehn Minuten oder höchstens 2 Stunden lebten. Aus der Zahl dieser schrecklichen Sammelstellen, die von den deutschen Faschisten eingerichtet wurden, möchte ich dem Gerichtshof den Beweis über zwei derartige Stellen geben, und zwar über das polnische Dorf Kulm und über Treblinka. In diesem Zusammenhang möchte ich den Gerichtshof bitten, einen der Zeugen zu laden, dessen Aussage wohl interessant ist, weil er als jemand betrachtet werden kann, der aus der anderen Welt zurückgekehrt ist, denn der Weg nach Treblinka wurde selbst von den deutschen Henkern der »Himmelfahrtsweg« genannt. Ich spreche von dem Zeugen Rajzman, einem polnischen Bürger, und ich bitte den Gerichtshof, diesen Zeugen zuzulassen, damit er befragt werden kann.
VORSITZENDER: Es ist nunmehr 12.45 Uhr und wohl besser, wenn wir diesen Zeugen um 14.00 Uhr hören. Wir wollen jetzt vertagen.
[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]
Nachmittagssitzung.
VORSITZENDER: Der Gerichtshof wurde davon unterrichtet, daß sich der Zeuge Wielen, auf den man sich gestern berufen hatte, in einem Kriegsgefangenenlager oder im Gefängnis in der Nähe von London, in England, befindet und daß er deshalb in kürzester Zeit hierhergebracht werden kann, um verhört zu werden. Der Gerichtshof wünscht deshalb, daß die Verteidiger sich darüber schlüssig werden, ob sie Oberst Westhoff und diesen Mann Wielen hierher gebracht haben wollen, um sie während der Beweisführung der Anklagebehörde ins Kreuzverhör zu nehmen, oder ob sie es vorziehen, diese beiden Zeugen vorzuladen, wenn die Verteidiger ihren Fall vorbringen. Wie ich mit Bezug auf alle Zeugen schon erklärt habe, können diese nur einmal geladen werden.
Wenn sie im Verlauf des Anklagevortrages vernommen werden, dann müssen alle Angeklagten von ihrem Recht, die Zeugen zu befragen, zu diesem Zeitpunkt Gebrauch machen. Wenn andererseits die Verteidiger beschließen, die Zeugen während ihres eigenen Vortrages vorladen zu lassen, dann werden in gleicher Weise die Zeugen nur einmal vorgeladen, und das Recht, sie zu verhören, muß alsdann ausgeübt werden.
Ferner: Die Erklärung oder Aussage, die gestern vorgelegt und vom Gerichtshof als zulässig angesehen wurde, wird im Zuge des Vortrages der Anklagevertretung zu einem von dieser zu wählenden Zeitpunkt verlesen werden.
DR. NELTE: Herr Präsident! Ich bitte, darauf eine Erklärung erst nach Rücksprache mit meinen Verteidigerkollegen abgeben zu dürfen. Ich hoffe, daß das im Laufe des Nachmittags geschieht.
VORSITZENDER: Wenn ich Sie recht verstehe, wollen Sie die anderen Verteidiger fragen, bevor Sie uns eine Antwort geben. Gut. Geben Sie uns Bescheid, wenn es Ihnen paßt. Bitte fahren Sie fort, Oberst Smirnow!
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender, ich möchte jetzt den Zeugen vernehmen.