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[Dr. Heinz Fritz tritt ans Pult.]

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Hoher Gerichtshof! In diesem Falle sind nur zwei Zeugen beantragt.

Der erste ist von Schirmeister, ein Beamter im Propagandaministerium des verstorbenen Dr. Goebbels. Die Anklagevertretung erhebt keinen Einspruch gegen diesen Zeugen.

Hinsichtlich des zweiten Zeugen, Dr. Otto Kriegk, heißt es im Antrag, daß er seine Informationen und Instruktionen von dem Angeklagten Fritzsche erhalten habe und daher über die Anweisungen sprechen kann, die an Journalisten gegeben wurden. Unter der Annahme, daß dies mehr oder weniger offizielle Anweisungen waren, die er in Erfüllung seiner Aufgaben gab, glaube ich auch hier nicht, daß von seiten der Anklagevertretung irgendein Einwand erhoben werden kann. Ich weiß jedoch nicht, wie sich Dr. Fritz zu einem Fragebogen stellt, oder ob er darauf besteht, daß Dr. Kriegk zu diesem Punkt vernommen wird. Wenn ich recht verstehe, wird es sich mehr oder weniger darum handeln, daß er zusammenfassend über die Weisungen, die gegeben wurden, spricht. Angesichts der bescheidenen Zahl der in diesem Falle beantragten Beweise will ich mich nicht sträuben, sofern ein besonderer Grund geltend gemacht wird, weshalb Dr. Kriegk vorgeladen werden soll.

DR. HEINZ FRITZ, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN FRITZSCHE: Herr Präsident, meine Herren Richter! Ich habe mich in meinen Beweismitteln außerordentlich beschränkt und wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir auch das persönliche Erscheinen des zweiten Zeugen, Dr. Kriegk, bewilligen würden, und zwar aus folgenden Gründen:

Erstens: Den Zeugen von Schirmeister habe ich benannt, weil er uns Auskunft geben soll über die internen Aufgaben, die der Angeklagte Fritzsche im Propagandaministerium gehabt hat, insbesondere über seine Beziehungen zu Dr. Goebbels. An den täglichen Pressekonferenzen, die der Angeklagte Fritzsche abgehalten hat, hat dieser erste Zeuge von Schirmeister nicht teilgenommen. Insbesondere für die subjektive Seite ist es aber von Bedeutung, welche Weisungen der Angeklagte Fritzsche den Journalisten gegeben hat, und zwar den wichtigsten deutschen Journalisten, die sich täglich bei der Pressebesprechung, den Pressekonferenzen, um ihn versammelt haben.

Zur weiteren Begründung meiner Bitte, das persönliche Erscheinen dieses Zeugen zu genehmigen, weise ich darauf hin, daß beide Dokumentensammlungen unter erstens und zweitens meiner Dokumentenliste noch nicht verfügbar sind für mich, so daß ich verschiedenes, was ich mit der Vorlage oder bzw. mit Zitaten aus diesen Dokumenten beweisen wollte, durch Befragen dieser beiden einzigen Zeugen zu beweisen hoffe.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich bestehe nicht auf einer eidesstattlichen Erklärung, sondern überlasse die Entscheidung dem Gerichtshof.

Was die Dokumente anlangt, so handelt es sich bei Nummer 1 um Radiovorträge des Angeklagten Fritzsche; dagegen wird natürlich kein Einspruch von der Anklagevertretung erhoben. Nummer 2 sind Akten der Abteilung »Deutscher Expreß-Dienst«; auch hier erheben wir in diesem Augenblick keinen Einspruch. Wir werden die Berichte vielleicht zu prüfen haben, wenn wir sie bekommen.

Hinsichtlich der dritten Gruppe bestehen gewisse Schwierigkeiten. Es sind dies beschworene Zeugenaussagen oder Briefe, die objektive Beobachtungen der Verfasser über die Tätigkeit des Angeklagten Fritzsche enthalten. Soweit es sich um offizielle Berichte oder ähnliches handelt, haben wir natürlich nichts einzuwenden, sofern sie aus der damaligen Zeit stammen. Die Anklagevertretung schlägt jedoch dem Gerichtshof ergebenst vor, ihre Stellungnahme zurückzustellen, bis sie diese im Dokumentenbuch gesehen hat; dann können wir sie prüfen und Einwendungen erheben, wenn sie vorgelegt werden.

DR. FRITZ: Ich bin mit diesem Verfahren einverstanden. Ich glaube, zu den Dokumenten 1 und 2 der Liste brauche ich nichts zu bemerken mit Rücksicht auf die Erklärung, die Sir David eben abgegeben hat.

VORSITZENDER: Sir David, einige der Verteidiger wollen noch Ergänzungsanträge vorlegen. Es dürfte zweckmäßig sein, sich damit jetzt zu befassen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Euer Lordschaft werden mir vielleicht gestatten, mich mit meinen Kollegen zu besprechen, wenn wir uns der Reihe nach mit jedem einzelnen Antrag befassen; vielleicht haben sie irgendwelche weiteren Gesichtspunkte vorzubringen.

VORSITZENDER: Gewiß.

Ich glaube, es sind einige Ergänzungsanträge von Dr. Seidl vorgelegt worden.

DR. ALFRED SEIDL, VERTEIDIGER DER ANGEKLAGTEN HESS UND FRANK: Herr Vorsitzender, meine Herren Richter! Ich habe am 28. Februar 1946 einen Ergänzungsantrag für den Angeklagten Rudolf Heß dem Gerichtshof vorgelegt. Der Antrag wurde notwendig aus folgenden Gründen:

In meinem ersten Antrag habe ich den Zeugen Bohle, der früher Gauleiter der Auslandsorganisation der NSDAP war, für eine Reihe von Beweisthemen genannt, unter anderem in Bezug auf das Deutsche Auslandsinstitut und für die Tätigkeit des Volksbundes für das Deutschtum im Ausland. Als ich den Antrag auf Vernehmung des Zeugen Bohle stellte, hatte ich noch keine Gelegenheit gehabt, mit dem Zeugen zu sprechen. Dies habe ich nach einer Genehmigung durch den Gerichtshof nunmehr nachgeholt, und ich habe dabei festgestellt, daß der Zeuge Bohle zwar konkrete Angaben über die Tätigkeit der Auslandsorganisation machen kann, daß er aber kein eigenes Wissen, und zwar kein unmittelbares Wissen über die Tätigkeit des Deutschen Auslandsinstitutes und die Tätigkeit des Volksbundes für das Deutschtum im Ausland hat. Ich bitte daher als weiteren Zeugen noch zu genehmigen:

1. Dr. Karl Strölin, früher Oberbürgermeister in Stuttgart. Er war zuletzt der Präsident des Deutschen Auslandsinstituts. Dieser Zeuge befindet sich hier in Nürnberg im Untersuchungsgefängnis; es ist der gleiche Zeuge, den bereits der Angeklagte von Neurath für sich beantragt hat.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Vielleicht wäre es zweckmäßig, Euer Lordschaft, wenn Dr. Seidl angeben würde, welche Zeugen er endgültig beantragen will. Wenn ich ihn recht verstehe, will er Herrn Bohle nicht mehr. Stimmt das? Es ist mir nicht ganz klar, ob er diesen Zeugen zusätzlich oder an Stelle Herrn Bohles beantragen will.

DR. SEIDL: Es handelt sich beim Zeugen Dr. Strölin um einen ergänzenden Zeugen. Der Zeuge Bohle wird nach wie vor als Zeuge benötigt, aber lediglich für die Tätigkeit der Auslandsorganisation. Der Zeuge Strölin soll neben dem Zeugen Bohle, da dieser über die Tätigkeit des Auslandsinstituts keine eigene Kenntnis hat, über den letzten Anklagepunkt Angaben machen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wenn ich recht verstehe, bedeutet das, daß Dr. Seidl nun als Zeugen Herrn Bohle, Herrn Strölin und Dr. Haushofer und ein Affidavit, wie ich glaube, von Alfred Heß beantragt.

Ich bin nicht sicher, ob das nicht eine ziemliche Anhäufung von Zeugen zu einem Punkt darstellt, der nach Ansicht der Anklagevertretung einen engeren Raum einnimmt, als Dr. Seidl sich vorstellt. Die Anklagevertretung behauptete, daß die Auslandsorganisation verwendet wurde, um die Tätigkeit von Fünften Kolonnen zu unterstützen; es wurde aber nur folgendes geltend gemacht: Durch die Verwendung der Auslandsorganisation wurden erstens die Parteimitglieder im Ausland vollständig erfaßt und organisiert. Zweitens berichtete der Nachrichtendienst dieser Organisation durch die Organisation über alle deutschen Beamten jeder Regierungsabteilung, die ins Ausland gingen; er überprüfte sie in ihrer Arbeit ebenso wie alle deutschen Staatsangehörigen. Wegen dieses Nachrichtendienstes waren diese Deutschen bereit, sich verwenden zu lassen und wurden auch verwendet, wenn die Frage eines Überfalles auf ein Land auftauchte.

Es wurde nicht behauptet, daß der Organisation direkte Befehle gegeben wurden, zum Beispiel, Brücken zu sprengen oder Sabotageakte durchzuführen. Das ließe sich höchstens aus dem Arbeiten der Organisation, wie ich es beschrieben habe, folgern.

Ich betone dies nur, um Dr. Seidl zu helfen, damit er weiß, womit er sich auseinanderzusetzen hat. Die Anklagevertretung hat in dieser Hinsicht keine direkten Befehle zu Sabotageakten unter Beweis gestellt.

DR. SEIDL: Dem Angeklagten Rudolf Heß wurde in dem an ihn gerichteten Trialbrief zur Last gelegt, daß unter seiner Leitung sowohl die Auslandsorganisation der NSDAP als auch das Auslandsinstitut und der Volksbund für das Deutschtum im Ausland eine Tätigkeit entwickelt hätten, die sehr einer Fünften Kolonne gleichkam. Es ist richtig, daß sich bei der seinerzeitigen Anklageerhebung gegen den Angeklagten Heß persönlich im einzelnen nichts ergeben hat, worin von der Anklage diese Tätigkeit und vor allem die Schuld des Angeklagten Heß in Bezug auf die Tätigkeit dieser Organisation erblickt werden soll. Solange aber die Auslandsorganisation und das Deutsche Auslandsinstitut und der Volksbund für das Deutschtum im Ausland irgendeines Zusammenhanges mit Handlungen einer Fünften Kolonne beschuldigt werden, hat der Angeklagte Heß ein berechtigtes Interesse daran, klarzustellen: erstens, welcher Art die Tätigkeit dieser Organisation überhaupt war, und zweitens, welche Befehle und Anweisungen er dieser Organisation gegeben hat.

Der Zeuge Bohle wird über die Auslandsorganisation sehr konkrete Angaben machen können. Das gleiche ist notwendig in Bezug auf das Deutsche Auslandsinstitut, worüber Dr. Strölin, der sich hier in Nürnberg befindet, authentische Angaben machen kann, und in Bezug auf den Volksbund für das Deutschtum im Ausland der Zeuge Dr. Haushofer.

Ich bin jedoch damit einverstanden, daß insbesondere im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Zeugen Dr. Haushofer an diesen lediglich ein Fragebogen gerichtet wird.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich habe keinen Einspruch gegen eine Vernehmung Dr. Haushofers.

VORSITZENDER: Beantragen Sie nicht noch einen weiteren Zeugen?

DR. SEIDL: Jawohl, noch einen dritten.

Bevor ich zu dem dritten Zeugen komme, den ich zusätzlich zu wählen wünsche, will ich dem Gerichtshof davon Kenntnis geben, daß ich auf die persönliche Vernehmung der bereits vom Gerichtshof genehmigten Zeugin Ingeborg Sperr verzichte. Ich werde statt der persönlichen Vernehmung dem Gerichtshof eine kurze eidesstattliche Versicherung übergeben, die sich im Dokumentenbuch befindet, das ich bereits dem Generalsekretär übergeben habe.

Anstelle der Zeugin Ingeborg Sperr bitte ich jedoch, den Zeugen Alfred Leitgen zu laden. Leitgen war viele Jahre, und zwar bis zum Flug des Angeklagten Rudolf Heß nach England, dessen Adjutant. Ich konnte diese Zeugenladung nicht früher beantragen, nachdem ich erst jetzt erfahren habe, wo sich dieser Zeuge befindet. Ich glaube, daß die persönliche Vernehmung dieses Zeugen derart wichtig erscheint, daß man nicht davon absehen sollte.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Die zwei Punkte, die Dr. Seidl näher ausführte, scheinen beide erheblich; in Anbetracht der Tatsache, daß er bereit ist, auf die Vorladung der Sekretärin zu verzichten, erhebt die Anklagevertretung gegen diesen Zeugen keinen Einspruch.

VORSITZENDER: Werden noch weitere Anträge gestellt?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich bitte um Erlaubnis, Euer Lordschaft, noch eine Frage anzuschneiden. Dr. Servatius hat sich bereits mit einem Mitglied meines Stabes unterhalten. Ich glaube, daß sich diese Unterhaltung vorteilhaft und günstig auf das vom Herrn Vorsitzenden vorgeschlagene Verfahren auswirken wird; wenn der Gerichtshof die Güte hätte, Dr. Servatius für einen oder zwei Tage seine Rechte zu wahren, hoffen wir, dem Gerichtshof einen praktischen und nützlichen Vorschlag machen zu können.

VORSITZENDER: Bezieht sich das auf die Organisationen?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nein, auf den Angeklagten Sauckel.

VORSITZENDER: Oh, ja.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Euer Lordschaft, Sie werden sich erinnern, daß Sie gestatteten, die Sache in der Schwebe zu lassen. Wir haben jetzt nach den Ratschlägen Euer Lordschaft gearbeitet; leider hatte ich nicht genügend Zeit, mich selbst eingehend damit zu beschäftigen und das Endresultat zu sehen.

VORSITZENDER: Ich verstehe.

DR. SERVATIUS: Ich habe in der Besprechung bezüglich der Zeugen einen einschränkenden Vorschlag gemacht, der dem Gerichtshof noch schriftlich zugehen wird. Bezüglich der Dokumente habe ich auch annähernd eine Vereinbarung getroffen, wie es gehandhabt werden soll. Es sind aber noch zwei grundsätzliche Anträge, die ich gerne vortragen möchte, und die bisher noch nicht erwähnt worden sind. Aber ich glaube, es wird eine grundsätzliche Entscheidung des Gerichtshofs nötig sein. Es sind das die Anträge Dokument Nummer 80 und Nummer 81.

Zu Dokument Nummer 80 wird eine Photokopie eines Deportationsbefehls vorgelegt, der in der Stadt Oels von dem sowjetischen Ortskommandanten ergangen ist, wonach sich die männliche Zivilbevölkerung zum Abtransport zu melden hat, und es ergibt sich aus diesem Befehl, daß es sich um eine Arbeitsdeportation handelt. Ich will das vorbringen zum Nachweis dafür, daß das Haager Abkommen betreffend Landkriegsführung von der Sowjetarmee als obsolet behandelt worden ist. Ich habe nur diesen einen Deportationsbefehl. Ich wollte daher beantragen, der Gerichtshof möge von Artikel 17-E des Statuts Gebrauch machen und an Ort und Stelle durch einen Richter feststellen lassen, wie weit diese Deportation durchgeführt wurde; bei der Gelegenheit bitte ich, festzustellen, daß es sich nicht nur um die Stadt Oels handelt, sondern daß es im weitem Umfange in den Städten Oberschlesiens und Ostpreußens in gleicher Weise gehandhabt worden ist. Die Bevölkerung ist in einer großen Anzahl zur Arbeit abtransportiert worden, und wenn die Nachrichten zutreffen, die ich bekommen habe, ist ein Teil von Königsberg heute noch im Ural. Ich bin nicht in der Lage, nun Dokumente über all diese Dinge vorzulegen wegen der Postschwierigkeiten und der Schwierigkeiten überhaupt, aus dem Osten Nachricht zu bekommen. Der Gerichtshof müßte aber in der Lage sein, durch Befragung der Bürgermeister und sonstiger Dienststellen festzustellen, daß dies zutrifft, was ich hier behauptet habe.

Unter Nummer 81 bringe ich eine eidesstattliche Versicherung, die die Stadt Saaz in der Tschechoslowakei betrifft. Dort sind 10000 Einwohner der Stadt Saaz in ein Lager zusammengefaßt worden und haben jedenfalls bis Weihnachten 1945 unentgeltlich dort gearbeitet. Ich glaube, auch das ist ein Beweis dafür, daß die Haager Landkriegsordnung bezüglich des Arbeitseinsatzes als obsolet und überholt angesehen wird.

Dann ist Dokument 90 und 91. Das sind zwei Hefte mit eidesstattlichen Versicherungen, und zwar gedacht als Ersatz für eine Enquete. Es würde ja unerheblich sein, wenn ich eine oder zwei eidesstattliche Versicherungen vorbringen würde über Zustände in den Arbeitslagern. Man könnte das als unerheblich zurückweisen, weil gegenüber der großen Anzahl von Fabriken und Lagern, die es gibt, durch diese Versicherungen wenig bewiesen würde. Diese Massenerscheinungen müssen irgendwie juristisch erfaßt werden. Das Statut hat daher die Berichte der Regierungen zugelassen. Ich bin nicht in der Lage, eine Regierung für meine Sache zu bemühen; ich muß daher sehen, einen Ausgleich zu schaffen, indem ich selbst eidesstattliche Versicherungen sammle und in sinnvoller Weise in einer Mappe gruppiere, um sie dem Gerichtshof vorzulegen. Daher geht mein Vorschlag auf einen Beweisantritt, der zufällig neuartig ist und eine Schwierigkeit für mich bildet; aber die gleichen Einwände sind dabei berechtigt, welche man gegen eine Enquete vorbringen könnte. Eine Enquete hat große Schwächen, insbesondere, wenn sie nur einseitig aufgenommen ist, ohne daß der mitinteressierte Partner daran teilgenommen hat. Hier bei meinen Versicherungen ist diese Gefahr ganz stark reduziert; denn es findet sich so leicht niemand, der diese eidesstattlichen Versicherungen ausstellt, es sei denn, daß er wirklich ernste Gründe dafür hat. Ich bitte den Gerichtshof daher, darüber zu entscheiden, was ich bezüglich meines Antrages über Dokument 90 und Dokument 91 gesagt habe. Das sind die Sachen, die ich hier vorbringen wollte; das übrige werde ich mit der Staatsanwaltschaft besprechen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Hoher Gerichtshof! Ich habe bereits die Gründe angegeben, aus denen die Anklagevertretung gegen die Dokumente Nummer 80 und 81 Einspruch erhebt. Um ihre Zulässigkeit zu prüfen, ist es am zweckmäßigsten, anzunehmen, Dr. Servatius habe den Beweis für die von ihm behaupteten Tatsachen schon erbracht. Wenn dies geschieht, sind wir meiner Ansicht nach noch meilenweit entfernt von einem Beweis dafür, daß Artikel 52 obsolet geworden ist. Diese beiden Argumente sind kennzeichnend für die Gefahr, auf die ich mir erlaubte, den Gerichtshof hinzuweisen – diese vage und hypothetische Behauptung, es lägen Beweise dafür vor, daß Artikel 52 obsolet geworden ist. Es wird daher vorgeschlagen, daß der Gerichtshof das Vorgehen der Sowjetunion in der Arbeiterfrage prüft und, soweit ich verstehe, eine Kommission bestellt, die Beweise zu diesem Punkt sammelt. Ich möchte die Argumente nicht wiederholen, aber die Anklagebehörde erhebt schärfsten Einspruch gegen die Behauptung und erklärt, daß nichts dargetan ist, was eine Grundlage für sie bietet.

Hinsichtlich der Dokumente Nummer 90 und 91 glaube ich, wird es das beste sein, die Entscheidung noch aufzuschieben. Wir wollen die eidesstattlichen Erklärungen erst einmal sehen, um eine Ahnung von ihrem Inhalt und der Informationsquelle zu bekommen. Dann kann sich die Anklagevertretung über sie schlüssig werden. Zur Zeit möchte ich sie nicht ausgeschlossen wissen wollen; meine Kollegen und ich werden ihnen jedenfalls die größere Beachtung schenken, wenn sie vorgelegt werden.

VORSITZENDER: Mir wird mitgeteilt, daß noch weitere Ergänzungsanträge für den Angeklagten Schacht und für den Angeklagten Keitel vorliegen. Ich glaube jedoch, das scheint ein Irrtum zu sein.

Ist der Verteidiger des Angeklagten Bormann anwesend?

DR. BERGOLD, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN BORMANN: Ja.

VORSITZENDER: Sind Sie schon bereit, irgend etwas vorzutragen?

DR. BERGOLD: Nein.

VORSITZENDER: Ich glaube, der Gerichtshof hat eine Verfügung getroffen, daß Ihr Antrag bis zur Einbringung eines weiteren Antrages innerhalb der nächsten drei Wochen zurückgestellt wird. Sie sind also noch nicht bereit? Mir wird mitgeteilt, daß Ihre Dokumente schon alle vorliegen. Ist das richtig?

DR. BERGOLD: Herr Vorsitzender! Meine Dokumente liegen zur Zeit vor, soweit ich Informationen habe. Da ich aber Informationen mir nur selbst konstruieren und mir aus den Büchern zusammensuchen muß, kann ich dem Gerichtshof nicht sagen, ob das alle meine Dokumente sein werden. Ich habe daher gebeten, den langjährigen Sekretär Wunderlich sprechen zu dürfen und eine andere Sekretärin. Erst von diesen zwei werden wir den genügenden Aufschluß bekommen. Bormann ist ja für mich nicht erreichbar. Ich bitte daher, praktischerweise alles zu einem späteren, Zeitpunkt zusammen vortragen zu dürfen.

VORSITZENDER: Sehr gut. Der Gerichtshof wird daher jetzt... Ich erfahre eben, daß Anträge der Angeklagten Keitel und Rosenberg vorliegen.

DR. BERGOLD: Herr Vorsitzender! Die Verteidiger der Angeklagten Keitel und Rosenberg sind zur Zeit nicht anwesend. Sie waren vermutlich der Ansicht, daß sie heute nicht gehört werden. Vielleicht kann man das morgen, vor Beginn des Falles Göring, erledigen.

VORSITZENDER: Gut, der Gerichtshof wird sich nun vertagen.