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[Zum Zeugen gewandt:]

Dann habe ich eine letzte Frage an Sie, Herr Zeuge. Können Sie etwas darüber sagen, wie weit Speer den Führer über die Folgen der schweren Luftangriffe auf Hamburg und so weiter in der Folgezeit unterrichtet hat?

MILCH: Er hat ihn sehr ausführlich unterrichtet und ihn auf die Schwierigkeit immer wieder besonders hingewiesen.

DR. FLÄCHSNER: Danke.

DR. ROBERT SERVATIUS, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN SAUCKEL, VERTEIDIGER DES KORPS DER POLITISCHEN LEITER: Herr Zeuge, die Zentrale Planung hat sich auch mit Arbeiterfragen befaßt?

MILCH: Jawohl.

DR. SERVATIUS: Wurde der Bedarf an Arbeitern festgestellt?

MILCH: Der wurde von der Industrie festgestellt und über die Arbeitsämter gemeldet. Wir brachten bei der Rüstung auch Zahlenunterlagen über die Fehlbestände.

DR. SERVATIUS: Darf ich Sie unterbrechen. Nachdem der Bedarf festgestellt war, was taten Sie dann? Zu welchem Zweck wurde der Bedarf festgestellt?

MILCH: Es wurde festgestellt, wieviele Arbeiter fehlten, weil ja laufend Arbeiter zum Kriegsdienst kommandiert wurden.

DR. SERVATIUS: Geschah es nicht, um Arbeiter zu fordern?

MILCH: Die Forderung kam von den Fabriken, wir unterstützten die Fabriken gegenüber Sauckel, indem wir ihm sagten, daß die Industrie die und die Forderung gestellt hätte. Wir sagten ihm, welche Zahlen davon nach unserer Auflassung übersetzt wären.

DR. SERVATIUS: War es eine Zusammenfassung des Bedarfs an Arbeitern?

MILCH: Nein; das war die gemeinsame Zahl, so wie sie statistisch von den Dienststellen von Herrn Sauckel erfaßt worden war.

DR. SERVATIUS: Wer stellte den Bedarf fest, Sauckel oder die Bedarfsträger?

MILCH: Die Fabriken.

DR. SERVATIUS: Welche Aufgabe hatte die Zentrale Planung bezüglich der Arbeitsfragen?

MILCH: Sie hatte für die Rohstoffverteilung zu sorgen und war auch interessiert an dem Aufkommen von Rohstoffen...

DR. SERVATIUS: Ich frage nicht bezüglich der Rohstoffe, sondern bezüglich der Arbeiterfrage.

MILCH: Sie müssen warten, bis ich zu Ende gesprochen habe, dann werden Sie sehen, was ich meine.

Die Rohstoffe mußten ja auch geschaffen werden und zur Schaffung der Rohstoffe mußten Arbeiter da sein. Zum Beispiel im Bergbau oder zum Beispiel in den Aluminiumfabriken.

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge, darf ich Sie unterbrechen? Es ist klar, daß zur Herstellung Menschen nötig sind; es kommt mir darauf an zu wissen, wer hat die Arbeiter gefordert und wer hat letzten Endes die Anzahl festgesetzt, die benötigt wurde?

MILCH: Gefordert haben sie die Fabriken und festgesetzt wurden sie von Sauckel, indem er eben das, was er bekommen konnte, was immer weniger war, wie das, was gefordert war, zur Verfügung stellte.

DR. SERVATIUS: War er hier völlig selbständig, oder hatte der Führer hier eine Entscheidung zu treffen?

MILCH: Soviel ich weiß, hat der Führer in diese Fragen sehr oft eingegriffen, denn es ist mir bekannt, daß Herr Sauckel sehr oft zu Hitler hinbestellt wurde.

DR. SERVATIUS: Fanden nicht Besprechungen beim Führer über alle grundsätzlichen Programme statt gerade wegen der Arbeiterfragen?

MILCH: Nein, über alle Programme nicht, aber es haben auch gelegentlich über diese Frage beim Führer Besprechungen stattgefunden. Aber diese Besprechungen über die Arbeiterfragen beim Führer waren meist sehr kurz. Er hat sich mit dieser Frage gar nicht in größerem Rahmen befassen wollen.

DR. SERVATIUS: Wie war der Vierjahresplan eingeschaltet?

MILCH: Auch der Vierjahresplan hat sich, soviel ich weiß, um diese Fragen gekümmert. Ich glaube aber, als Hilfsorgan hierin für Hitler, der eben selbst diese Einzelfragen bei sich nicht erläutert wissen wollte.

DR. SERVATIUS: Ist Ihnen bekannt, daß nach den Verordnungen Sauckel dem Vierjahresplan, also Göring, unterstand und von ihm seine Befehle hätte bekommen müssen?

MILCH: Das ist mir nicht so genau bekannt wie die Verhältnisse waren.

DR. SERVATIUS: Eine andere Frage. Wie haben die Arbeiter, die ausländischen Arbeiter gearbeitet; waren die willig und fleißig?

MILCH: In der großen Masse ausgezeichnet.

DR. SERVATIUS: Worauf führen Sie das zurück?

MILCH: In den ersten Jahren waren diese Arbeiter froh, daß sie auf diese Weise Arbeit und Brot hatten. Sie wurden bei uns gut behandelt, soweit ich das überhaupt beurteilen kann, und ihre Ernährungssätze lagen über denen der deutschen Bevölkerung. Sie bekamen ebenso wie die deutschen Arbeiter ihre Schwerarbeiter-, Schwerstarbeiter- und Langarbeiterzulagen. Besonders gut waren die französischen und russischen Arbeiter. Klagen habe ich gelegentlich gehört über die holländischen Arbeiter.

DR. SERVATIUS: Sind Ihnen die Verordnungen Sauckels über die Betreuung bekannt?

MILCH: Ich kann mich entsinnen, daß Herr Sauckel darüber auch einmal in der Zentralen Planung uns einen Vortrag gehalten hat.

DR. SERVATIUS: Vertrat er einen humanen Standpunkt oder einen scharfen Standpunkt?

MILCH: Einen durchaus humanen Standpunkt. Sauckel hatte ein sehr schweres Amt von Hitler bekommen. Er ist selbst, soviel ich weiß, ein Arbeiter gewesen, er kannte schwere Arbeit als Seemann selbst und hatte ein sehr offenes Herz für die Arbeiter.

DR. SERVATIUS: Ich habe keine Fragen mehr an den Zeugen.

PROFESSOR DR. HERMANN JAHRREISS, STELLVERTRETENDER VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN JODL: Herr Zeuge, haben Sie an dem Wehrmachtsmanöver 1937 teilgenommen?

MILCH: In Mecklenburg, glaube ich.

PROF. DR. JAHRREISS: Ja, jawohl. Ist Ihnen in Erinnerung, ob damals auch ausländische Offiziere als Gäste zugegen waren?

MILCH: Jawohl. Ich weiß, es war eine große englische Abordnung und ein General, der später Gouverneur von Gibraltar wurde.

PROF. DR. JAHRREISS: General Ironside?

MILCH: Jawohl, Ironside. Den habe ich persönlich gesprochen und auch Herren seines Stabes begrüßt. Es waren Italiener da und eine größere Zahl anderer Nationen. Ich kann im Augenblick nicht mehr genau sagen, ich habe es nicht mehr im Gedächtnis, welche Nationen es gewesen waren.

PROF. DR. JAHRREISS: War vielleicht auch eine französische Abordnung da?

MILCH: Ich glaube ja, ich kann es nicht mehr genau sagen, mein Gedächtnis ist für diese Sache nicht mehr ganz genau. General Ironside habe ich persönlich gesprochen.

PROF. DR. JAHRREISS: Wissen Sie, Herr Zeuge, ob damals diesen ausländischen Offizieren auch die neuesten deutschen Rüstungsprodukte gezeigt worden sind?

MILCH: Jawohl.

PROF. DR. JAHRREISS: Auch im Einsatz?

MILCH: Es wurde ja nur Einsatz gezeigt, außer einer Vorführung mit einem neuen Flugzeug, das noch nicht allgemein im Einsatz war. Das wurde so gezeigt.

PROF. DR. JAHRREISS: Wissen Sie, ob wir, das heißt Deutschland, fremden Mächten auch Einblick in die Luftschutzeinrichtungen gegeben haben?

MILCH: Sehr häufig. Es war ein Mister Fraser aus England zusammen mit Lord Trenchard bei mir, und Herr Fraser interessierte sich für Luftschutzeinrichtungen, und es wurden ihm die modernsten Sachen sofort gezeigt.

PROF. DR. JAHRREISS: Wann war das, bitte?

MILCH: Ich schätze 1937 oder 1938. Ich will eben sehen, ob ich das finde.