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[Kurze Pause.]

VORSITZENDER: Justice Jackson, ich möchte Ihnen mitteilen, daß die Sitzung heute um 4.30 Uhr aufgehoben wird.

JUSTICE JACKSON: Ich hoffe, daß wir vorher das Verhör beendet haben werden.

[Zum Zeugen gewandt:]

Ich werde nun Ihre Aufmerksamkeit auf Ihre Bemerkung auf Seite 2297 lenken, in der englischen Übersetzung ungefähr auf Seite 28, die folgenden Wortlaut hat:

»Milch: Im Osten ist natürlich auch irgendwo eine Front. Diese Front wird sich eine gewisse Zeit halten. Das, was der Russe als einzig für ihn brauchbar zunächst in dem von uns geräumten Gebiet erbt, sind die Menschen. Es fragt sich, ob man nicht grundsätzlich die Menschen vorher zurückführt, bis 100 Kilometer hinter die Front. Die ganze Zivilbevölkerung geht 100 Kilometer hinter die Front zurück.«

Haben Sie das gefunden?

MILCH: Jawohl, ich habe es gefunden.

JUSTICE JACKSON: Ich hatte Ihre Erklärung heute Morgen dahin verstanden, daß es eine in Ihrem Buch veröffentlichte Regel war, die Zivilbevölkerung nicht zu stören.

MILCH: Aus dem letzten Absatz, nach welchem mit Schanzarbeiten die Leute nicht mehr beschäftigt werden, geht hervor, daß diese Leute zuletzt als Schanzarbeiter eingesetzt waren. Was das für Leute im einzelnen waren, vermag ich nicht zu sagen. Sie waren also zur Arbeit schon irgendwo eingesetzt.

JUSTICE JACKSON: Und Sie wußten das? Sie wußten, daß sie zu solchen Arbeiten verwandt wurden?

MILCH: Es steht hier so. Ich weiß es heute nicht mehr. Das ist ja im Protokoll gesagt worden, vorausgesetzt, daß das Protokoll richtig ist.

JUSTICE JACKSON: Und Sie wußten, daß die Zivilbevölkerung gezwungen wurde, Schanzarbeiten für Ihre Truppen auszuführen?

MILCH: Ich habe keine Erinnerung mehr daran, aber damals ist es laut Protokoll so gesagt worden.

JUSTICE JACKSON: Ich mache Sie jetzt auf das Protokoll der elften Konferenz der Zentralen Planung vom 22. Juli 1942 aufmerksam, deutscher Text Seite 3062, englische Übersetzung Seite 38.

Ich weise zunächst auf die Tatsache hin, daß bei der Sitzung anscheinend unter den Anwesenden sich Speer, Sie selbst und Körner befanden. Vertrat Körner den Reichsmarschall?

MILCH: Ja, für den Vierjahresplan; er war der Vertreter für den Vierjahresplan.

JUSTICE JACKSON: Körner vertrat den Reichsmarschall bei allen Sitzungen dieser Körperschaft, nicht wahr?

MILCH: Ja, er hat ihn für den Vierjahresplan vertreten.

JUSTICE JACKSON: Und Sauckel war anwesend, und Vertreter der Eisen- und Kohlenverbände und des Ministeriums für Rüstung und Munition?

MILCH: Jawohl.

JUSTICE JACKSON: Es wurden das Arbeitsproblem und die Bedürfnisse dieser Industrien des längeren besprochen. Auf Seite 3062 verweise ich Sie auf die folgende Eintragung:

»Generalfeldmarschall Milch übernimmt es, die Heranschaffung der kriegsgefangenen Russen aus den Lagern zu beschleunigen.«

Ich frage Sie, welche Maßnahmen gedachten Sie zu treffen, um die Heranschaffung der Kriegsgefangenen aus den Lagern zu beschleunigen?

MILCH: Da ich Soldat war, habe ich es übernommen, diese Frage an das OKW heranzubringen, dem die Kriegsgefangenen unterstellt waren.

JUSTICE JACKSON: Sie haben sich also nicht persönlich mit den Kriegsgefangenen befaßt, Sie haben es aber übernommen, sie vom OKW zu bekommen?

MILCH: Es waren uns diese Kriegsgefangenen von der Regierung für die Arbeit zur Verfügung gestellt. Die Überführung dauerte sehr lange und, da mit dem OKW darüber zu sprechen war, wurde ich gebeten, und ich habe es übernommen, dem OKW zu sagen, daß das Tempo der Abtransporte etwas beschleunigt werden möchte.

JUSTICE JACKSON: Lassen Sie uns zur Sitzung Nummer 36 vom 22. April 1943, englische Übersetzung Seite 13, deutsche Seite 2125, übergehen. Ich verweise Sie da wieder auf die Tatsache, daß Speer, Sie, Sauckel und Körner unter den Anwesenden waren Auch hier wurde das Arbeitsproblem besprochen, nicht wahr?

MILCH: Jawohl.

JUSTICE JACKSON: Und Körner berichtete wie folgt:

»Am 1. April hatten wir in der Landwirtschaft einen Fehlbedarf von rund 600000 Menschen. Er sollte durch Hereinführung von Kräften aus dem Osten gedeckt werden, hauptsächlich durch Frauen. Diese Kräfte müssen erst gestellt werden, ehe wir andere Kräfte aus der Landwirtschaft herausziehen. Wir kommen jetzt in die Zeit der großen Feldarbeit, die viele Menschen erfordert«

und das Zitat geht noch weiter, ich will aber keine Zeit damit verlieren.

Ich verweise jetzt auf Seite 2128, Ihren Beitrag zu dieser Besprechung, der wie folgt lautet:

»Wenn man es so macht, wie ich es vorgeschlagen habe, was auch der Ansicht von Timm entspricht, kann kein Schaden entstehen. Man soll es unbedingt tun. Im übrigen bin auch ich der Meinung, wir müssen jetzt für den Kohlenbergbau unbedingt Leute heranbringen. Die Masse der Kräfte, die wir aus dem Osten bekommen, werden ja Frauen sein. Die Frauen aus dem Osten sind aber an die landwirtschaftlichen Arbeiten gut gewöhnt, ganz besonders an die Arbeiten, die in den nächsten Wochen für die Landwirtschaft entstehen, das Hacken und Verziehen der Rüben und so weiter. Dazu kann man die Frau durchaus nehmen. Nur muß man auf eins achten: Man muß der Landwirtschaft zunächst die Frauen geben und erst dann die Männer wegnehmen, Zug um Zug. Es ist schlecht, wenn die Männer weggehen und die Landwirte sitzen nun 4 bis 6 Wochen ohne Ersatzkraft da. Wenn die Frauen dann kommen, kommen sie zu spät.«

Ich frage Sie, wieviel Frauen wurden als Ergebnis dieser Besprechung zur landwirtschaftlichen Arbeit herantransportiert?

MILCH: Auf Grund dieser Konferenz gar keine, sondern diese Besprechung war ja nur Anregung von unserer Seite, da in Industrie und Landwirtschaft ein Ausgleich stattfinden sollte, um dieser die notwendigen Arbeitskräfte zu geben. Ohne die Arbeitskräfte für den Kohlenbergbau war der Krieg nicht mehr weiterzuführen. Es mußten also Arbeitskräfte heran. Und hier ist ein Vorschlag gemacht worden, wie man einen Austausch vornehmen könnte, Männer, die noch in der Landwirtschaft beschäftigt waren, durch Frauen zu ersetzen, die man natürlich nicht in Bergwerke schicken konnte.

JUSTICE JACKSON: Und wem machten Sie diese Vorschläge? Sie sagen, es war keine Entscheidung, sondern es waren nur Vorschläge?

MILCH: Nein, die Vorschläge wurden Vertretern des Arbeitsministeriums oder der Arbeits-Einsatzbehörde gegenüber gemacht. Ich lese den Namen Timm. Das war einer der höheren Beamten aus dieser Behörde.

JUSTICE JACKSON: Und Sauckel?

MILCH: Ich weiß nicht, ob Sauckel bei dieser Konferenz dabei war. Ich sehe immer nur den Namen Timm.

JUSTICE JACKSON: Aus dem Protokoll geht hervor, daß er da war, aber, ob er nun da gewesen ist oder nicht, Sie haben Sauckel bezüglich des Arbeiterbedarfs Vorschläge gemacht und ihn gebeten, Arbeitskräfte heranzuschaffen, nicht wahr?

MILCH: Jawohl, es war notwendig im Kohlenbergbau Arbeiter zu haben. Neue Arbeiter waren nicht zu gewinnen, also konnte nur ein Austausch gemacht werden.

JUSTICE JACKSON: Wir verstehen Sie. Sie würden uns viel Zeit ersparen, wenn Sie nur die Fragen beantworteten.

Jetzt kommen wir zur Sitzung Nummer 54 der Zentralen Planung vom 1. März 1944; englische Übersetzung Seite 1, deutsche Seite 1762. Ich erinnere Sie daran, daß bei dieser Besprechung offenbar Sauckel, Milch, Schreiber und Körner unter den Anwesenden waren. Diese Sitzung fand im Reichsluftfahrtministerium statt und Sie diskutierten darüber, daß es wünschenswert sei, junge Männer aus Frankreich heranzuholen, so daß sie nicht als Partisanen zur Verfügung stehen würden, falls die Alliierten auf französischem Gebiete landen sollten. Können Sie sich an eine solche Sitzung erinnern?

MILCH: Im einzelnen kann ich mich nicht erinnern. Ich habe schon bei anderen Vernehmungen, sowohl hier in Nürnberg als auch in England, zu Protokoll gegeben, daß es unmöglich ist, mich im einzelnen an diese Sachen, die ja in großer Menge auf uns eingestürmt sind, genau zu erinnern, zumal mein Gedächtnis dadurch gelitten hat, daß ich bei meiner Gefangennahme sehr schwer mißhandelt worden bin durch Schläge über den Kopf.

JUSTICE JACKSON: Es wird Ihnen helfen, wenn Sie auf Seite 1799 lesen; dort steht neben dem Namen Milch folgende Eintragung:

»Milch:... Wenn in Frankreich die Landung kommt und etwas gelingt, so haben wir in Frankreich den Partisanenaufstand, wie er noch niemals auf dem Balkan und im Osten gewesen ist, nicht deshalb, weil die Leute es durchsetzen könnten, sondern weil wir es Ihnen ermöglichen, weil sie nicht richtig angefaßt sind. Vier ganze Jahrgänge sind in Frankreich groß geworden und aufgewachsen, Leute zwischen 18 und 23 Jahren, also in dem Alter, wo junge Menschen aus Patriotismus, oder weil sie aufgehetzt sind, bereit sind, jede Sache zu tun, die dem persönlichen Haßgefühl – und das haben die Leute gegen uns selbstverständlich – irgendwie Vorschub leistet. Diese Leute hätten jahrgangsweise erfaßt und zu uns gebracht werden müssen; denn sie bilden die größte Gefahr bei einer Landung. Ich bin fest überzeugt und habe das mehrfach zum Ausdruck gebracht: wenn die Landung kommt, sind Sabotagefälle an allen Bahnen, Werken und Versorgungsbetrieben an der Tagesordnung, und dann steht allerdings die Wehrmacht nicht mehr als Exekutive zur Verfügung, sondern muß an der Front kämpfen und hat dann im Rücken den viel gefährlicheren Feind in der Vernichtung des Nachschubs und so weiter. Wenn man da durch strenge Maßnahmen und eine klare Exekutive zugefaßt hätte, wäre die volle Ruhe des Friedhofs hinter der Front eingetreten für den Augenblick, wo etwas losgeht. Ich habe das schon sehr oft betont, fürchte aber, daß auf diesem Gebiet gar nichts geschieht. Wenn man nämlich dann anfangen will zu erschießen, ist es zu spät; dann hat man nicht mehr Leute, um die Partisanen umzulegen.«

Und dann sagen Sie weiter, daß nur die Wehrmacht diese Aktion durchführen sollte, die erforderlich ist, um diese Leute aufzubringen. Frischt das Ihre Erinnerungen auf?

MILCH: Jawohl. Es ist richtig in diesem Sinne ungefähr; ob es aber wörtlich genau ist, kann ich nicht sagen. Es mußte eben in diesem Kampf unseres Landes auf Leben und Tod dafür gesorgt werden, daß nicht in unserem Rücken durch eine geheime Armee plötzlich der Widerstand zusammenbrechen mußte, wie es dann später leider von unserem Standpunkt aus der Fall gewesen ist.

JUSTICE JACKSON: Und Sie schlugen vor, die Bevölkerung hinter der Front zu eliminieren, soweit sie eine Gefahr für Ihre Operationen bei einer Invasion darstellen könnte?

MILCH: Nein, diese Leute sollten rechtzeitig, wie von der Französischen Regierung zugesagt gewesen war, zur Arbeit nach Deutschland geschickt werden. Das war meine Ansicht. Es war notwendig, daß diese Leute zur Arbeit nach Deutschland kamen, so wie es die Französische Regierung in ihrem Vertrag mit der Deutschen Regierung versprochen hatte, statt daß ihre Leute in die Maquis gingen, um nachher Sabotage zu treiben, wodurch als Gegenmittel gegen diese Sabotage das Erschießen erst notwendig wurde.

JUSTICE JACKSON: Sie haben den Gebrauch von Zwangsarbeit nicht nur auf Ihre Feinde beschränkt; auch Ihre eigenen Verbündeten wurden herangezogen, nicht wahr? Lesen Sie zum Beispiel auf Seite 1814. Haben Sie sich nicht selbst an dieser Diskussion beteiligt?

»Milch: Ist nicht der Weg besser, daß man, um die S-Betriebe zu schützen, die gesamte Verpflegungsfrage für die Italiener in deutsche Hand nimmt und sagt: Zu fressen kriegt nur, wer in einem S-Betrieb ist oder nach Deutschland kommt.«

MILCH: Das war nach dem Abfall des einen Teiles von Italien und handelte sich um italienische Soldaten, die sich gegen Mussolini erklärt hatten. Und diese Leute saßen hinter der Front herum, wollten nicht arbeiten und machten Sabotage gegen die Deutsche Wehrmacht. Infolgedessen ist hier der Vorschlag gemacht worden, daß man den Leuten sagt: Ihr könnt eure Verpflegung und alles in Ordnung bekommen, ihr müßt aber dann auch irgendwo arbeiten, und zwar entweder in Italien in den Erzbetrieben oder in Deutschland.

JUSTICE JACKSON: Ich glaube, Sie sagten in Ihrem direkten Verhör oder vielleicht früher in Ihrem Kreuzverhör, daß Sie überhaupt nichts über Zwangsarbeiter aus den besetzten Gebieten gewußt hätten, daß Sie keine Kenntnis hatten. Ist das auch jetzt noch Ihre Aussage?

MILCH: Ich habe das nicht ganz verstanden. Zwangsarbeit?

JUSTICE JACKSON: Zwangsarbeit, ja.

MILCH: Jawohl.

JUSTICE JACKSON: Sie wußten nichts davon?

MILCH: Bei diesen Leuten handelte es sich um Kriegsgefangene, Italiener, die uns zur Arbeit zur Verfügung standen nach Übereinkunft mit der Italienischen Regierung, die von uns anerkannt war. Mussolini hatte ausdrücklich diese Männer für diesen Zweck zur Verfügung gestellt.

JUSTICE JACKSON: Verzeihen Sie, wenn ich Sie hier unterbreche, aber wir wollen uns hier nicht mit Mussolini aufhalten. Ich frage Sie, ob Sie immer noch bei Ihrer früheren Behauptung bleiben, die, soweit ich mich erinnere, dahin lautete, daß Sie nichts von Zwangsarbeitern wußten, die von den besetzten Gebieten nach Deutschland gebracht wurden. Ist das Ihre Aussage oder nicht?

MILCH: Soweit es sich um freie Arbeiter handelt und um freie Leute, behaupte ich das immer noch. Für mich handelt es sich um Leute, die uns zur Verfügung gestellt waren. Und, Herr Oberrichter, für uns bestand damals, als das gesagt wurde, noch eine Italienische Regierung, wenn das auch heute vergessen ist; aber damals war sie noch da.

JUSTICE JACKSON: Ich verweise Sie nunmehr auf Seite 1827 des Protokolls der Sitzung, bei der Sie anwesend waren, und bei der die Diskussion stattgefunden hat, die Sie soeben zugegeben haben. Ich verweise Sie auf die Zeile neben dem Namen Sauckel, aus der ersichtlich ist, daß Sauckel damals, wie folgt, berichtete:

»Von den 5 Millionen ausländischen Arbeitern, die nach Deutschland gekommen sind, sind keine 200000 freiwillig gekommen.«

MILCH: Darauf kann ich mich keineswegs entsinnen.

JUSTICE JACKSON: Sie können sich also daran nicht erinnern; gut.

MILCH: Nein, daran kann ich mich nicht erinnern.

JUSTICE JACKSON: Gut, dann gehen wir zur Konferenz Nummer 23 der Zentralen Planung vom 3. November 1942 über. Die englische Übersetzung finden Sie auf Seite 27, den deutschen Text auf Seite 1024. Sie waren offensichtlich anwesend und nahmen an der Diskussion teil. Ich verweise Sie auf Seite 1024, Zeile 10, auf die folgende Eintragung des stenographischen Protokolls:

»Speer: Dann könnten wir doch den Franzosen über die Industrie so etwas vorspiegeln, als ob wir Ihnen die Walzer und Schmelzer, die sie haben, als Kriegsgefangene frei geben würden, wenn sie uns die Namen aufgäben.

Rohland: In Paris haben wir ein eigenes Büro eingerichtet. Also Sie meinen, die Franzosen sollen melden, welche Schmelzer als Kriegsgefangene in Deutschland sind?

Milch: Ich würde einfach sagen, Ihr bekommt zwei Leute für einen dieser Art.

Speer: Die französischen Firmen wissen genau, wer von den Kriegsgefangenen Schmelzer ist. Da sollen Sie unter der Hand so tun, als ob sie freigegeben würden. Die melden uns die Namen, und dann holen wir sie raus. Machen Sie das mal.

Rohland: Das ist eine Idee.«

Nun, Ihr Beitrag war, zu sagen, daß Sie zwei Mann an Stelle von einem Mann haben wollten. Ist das richtig?

MILCH: Ja, das heißt zwei Leute von einem anderen Beruf für einen dieser besonderen Fachleute. Wie knapp wir waren, sehen Sie daraus...

JUSTICE JACKSON: Und das war Ihr ganzer Zweck?

MILCH: Das war der einzige Zweck, diese Leute zu bekommen und ihnen dafür andere zu geben.

JUSTICE JACKSON: Jetzt kommen wir zur 53. Sitzung der Zentralen Planung vom 16. Februar 1944, englische Übersetzung Seite 26, deutscher Text beginnend mit Seite 1851. Ihr Name ist wieder in der Anwesenheitsliste vermerkt. Die Sitzung hat im Luftfahrtministerium stattgefunden. Ich verweise Sie zuerst auf die Eintragung auf Seite 1863, die Worte neben dem Namen Milch:

»Die Rüstungsindustrie arbeitet auch sehr weitgehend mit Ausländern, und zwar nach den letzten effektiven Zahlen mit 4 %. Die neueren Zuweisungen von GBA sind hauptsächlich Ausländer, und wir haben viel deutsches Personal für die Einziehungsaktion abgeben müssen. Besonders die Luftrüstung, die eine junge Industrie ist, beschäftigt sehr viele junge Leute, die auch Soldat sein müßten; wie schwer das ist, wird klar, wenn man das abzieht, was für die Erprobungsstellen arbeitet. In der eigentlichen Massenfabrikation ist die Zahl der Ausländer weit überwiegend und liegt zum Teil bei 9 % und mehr. Unser hochwertigster neuer Motor wird zu 8 % von russischen Kriegsgefangenen gemacht, und die übrigen 1 %, sind deutsche Männer und Frauen. An den Ju 52, die jetzt nur noch als Transportmaschinen bei uns gelten, arbeiten bei einer monatlichen Produktion von 50 bis 60 Maschinen nur 6 bis 8 deutsche Männer, im übrigen nur ukrainische Frauen, die alle Arbeitsrekorde der Facharbeiter gedrückt haben.«

Können Sie sich daran erinnern?

MILCH: Ich kann mich genau entsinnen.

JUSTICE JACKSON: Und hier auf Seite 1873 machen Sie den folgenden Vorschlag:

»Milch: Man müßte die Liste der Bummelanten Himmler zu treuen Händen geben, der sie schon zur Arbeit bringen wird. Das ist volkserzieherisch sehr wichtig und hat auch eine abschreckende Wirkung für andere, die auch bummeln möchten.«

MILCH: Jawohl, das handelt sich wieder um die, von mir heute vormittag beschriebenen Bummelanten in der Landwirtschaft.

JUSTICE JACKSON: Unter den ausländischen Arbeitern, nicht wahr?

MILCH: Nein, dies waren Engländer, die Bummelanten.

JUSTICE JACKSON: Engländer sind in Deutschland Ausländer, nicht wahr? Ich kann nicht verstehen, was Sie damit meinen, wenn Sie sagen, es waren keine Ausländer, es waren Engländer.

MILCH: Engländer haben niemals für uns gearbeitet. Es können also keine Engländer gewesen sein.

JUSTICE JACKSON: Was waren sie? Sie sagen, es waren alles Deutsche.

MILCH: Was man unter Bummelanten verstand, war eine Gruppe von Leuten, die nur im Krieg zur Arbeit verpflichtet wurden, Deutsche, die in normalen Verhältnissen nicht zu unserer Arbeiterschaft gehörten, sondern die eben im Kriege zwangsweise herausgeholt wurden.

JUSTICE JACKSON: Ich komme gleich nochmals darauf zurück. Ich möchte Sie zuerst einmal fragen, wie Himmler diese Leute zum Arbeiten brachte. Was unternahm Himmler, welcher Methoden bediente er sich? Warum haben Sie Himmler Vorschläge in dieser Angelegenheit gemacht?

MILCH: Weil Himmler in einer Besprechung über Verpflegungszulagen Vortrag gehalten hatte-der Arbeiter bei uns hatte die normale Grundverpflegung der übrigen Bevölkerung und darüber hinaus ganz erhebliche Zulagen, die beim Schwerstarbeiter das Mehrfache der normalen Grundverpflegung waren. Diese Verpflegung wurde im normalen Arbeitsbetrieb durch die Ernährungsämter gegeben, unabhängig von der Frage, wo oder wie der Mann arbeitete. Bei Himmler war der Vorschlag gemacht worden, daß er diese Zulagen nur dann ausgab und nur in der Höhe, wie die Männer durch ihre Arbeit es verdienten. Da Himmler dabei irgendwelche Leute hatte, die aus den Konzentrationslagern waren und so weiter, war das möglich. Für die freien Arbeiter konnten wir dieses Verfahren nicht einführen, daher der Vorschlag, Leute, die Arbeitssabotage in ihrem eigenen Lande trieben, dadurch zur Erziehung zu bringen, die ihnen entsprechend ihrer Arbeit zustehenden Zulagen nur zu geben, wenn sie diese Arbeiten auch ausführten.

JUSTICE JACKSON: Sie kennen den Unterschied zwischen Arbeitslagern und Konzentrationslagern, nicht wahr?

MILCH: Ja, natürlich.

JUSTICE JACKSON: Und diese Leute, die in diesen Industrien arbeiteten, wurden vorwiegend in Arbeitslagern untergebracht, wo ihre Rationen kontrolliert werden konnten, ohne daß Himmler sich einzumischen brauchte.

MILCH: Nein, die deutschen Arbeiter waren nicht in Arbeitslagern untergebracht, sondern sie wohnten zu Hause und bekamen deshalb durch die Ernährungsämter, je nach ihrer Wohnung, ihre Zusatzverpflegung. Ich mache nochmals darauf aufmerksam, daß der Wunsch, hier durchzugreifen, von unserer deutschen Arbeiterschaft ausging, von den Betriebsobmännern, die natürlich mit Ärger sahen, daß Leute, die nichts leisteten, die ihr Vaterland in der Not im Stich ließen, daß diese durch Lebensmittelzulagen besser behandelt wurden als die normale Bevölkerung.

JUSTICE JACKSON: Sie sagen immer noch, daß alle, über die Sie sprachen, deutsche Arbeiter waren und niemals Fremdarbeiter. Nun, sind Sie sich darüber im klaren?

MILCH: Bei dem Wort »Bummelanten« sprach ich von deutschen Arbeitern. Nach meiner Auffassung handelt es sich nur um diese.

JUSTICE JACKSON: Ich mache Sie nun auf Seite 1913 aufmerksam; Sie haben gesagt:

»Milch:... Infolgedessen ist es gar nicht möglich, jeden Ausländer voll auszunützen, es sei denn, daß der Akkord ihn zwingt, und daß wir die Möglichkeit haben, gegen Ausländer, die ihren Kram nicht machen, vorzugehen.«

Haben Sie die Niederschrift gefunden?

MILCH: Jawohl.

JUSTICE JACKSON: Und dann fahren Sie fort, sich zu beschweren:

»Faßt aber der Betriebsobmann einmal einen Kriegsgefangenen an und haut ihm eine Ohrfeige runter, gibt es sofort den größten Klamauk; der Mann kommt ins Gefängnis und so weiter. Es gibt genug Instanzen in Deutschland, die es für ihre Hauptpflicht halten, nicht für die Kriegsproduktion, sondern für die Menschenrechte der anderen einzutreten. Ich bin auch für die Menschenrechte, aber wenn ein Franzose erklärt: ›Ihr Burschen werdet alle aufgehängt, dem Betriebsführer wird als erstem der Hals abgeschnitten‹, und wenn dann der Betriebsführer sagt: ›Dem haue ich eine herunter‹, dann ist er hereingefallen. Es gibt keinen Schutz für ihn, nur den Schutz für den ›armen Kerl‹, der das gesagt hat.«

Haben Sie das auf der Sitzung gesagt?

MILCH: Das kann durchaus sein.

JUSTICE JACKSON: Was schlugen Sie vor?

MILCH: Ich kann mich erinnern, daß solche Fälle vorgekommen sind, daß ausländische Arbeiter ihre deutschen Vorgesetzten bedroht und auch angegriffen haben, und wenn sich dann der Mann zur Wehr setzte, wurde gegen ihn vorgegangen. Das habe ich nicht für richtig gehalten.

JUSTICE JACKSON: Nun, Sie selbst hatten Abhilfe geschaffen, nicht wahr? In der nächsten Zeile sagen Sie:

»Ich habe meinen Ingenieuren gesagt: ›Wenn ihr einem solchen Mann nicht eine herunterhaut, bestrafe ich euch; je mehr ihr auf diesem Gebiete tut, um so mehr werdet ihr von mir gelobt; es passiert euch nichts; dafür stehe ich ein.‹ Das hat sich noch nicht herumgesprochen. Ich kann ja nicht mit jedem Betriebsführer sprechen. Aber ich möchte den sehen, der mir da in den Arm fällt, weil ich die Möglichkeit habe, mich mit jedem, der mir in den Arm fallen will, auseinanderzusetzen.«

Finden Sie das?

MILCH: Ich kann mich an die Worte im einzelnen nicht entsinnen, ich stehe aber auf dem Standpunkt, daß es eine Unmöglichkeit war, wenn ein Gefangener oder ein ausländischer Arbeiter seinem deutschen Vorgesetzten sagen kann: ›Wir werden euch den Hals abschneiden‹ und den Betriebsführer...

JUSTICE JACKSON: Wollen Sie damit sagen, daß, wenn ein Kriegsgefangener versuchte oder drohte, seinem Arbeitgeber den Hals abzuschneiden, sich deutsche Offiziere für ihn eingesetzt haben würden gegen seinen Arbeitgeber. Das glauben Sie doch selber nicht?