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[Zum Zeugen gewandt:]

Welche Dienststellung hatten Sie bei Kriegsausbruch inne?

VON BRAUCHITSCH: Ich war bei Kriegsausbruch auf der Kriegsakademie und hatte meine Staffel gerade abgegeben.

DR. LATERNSER: Kann man davon sprechen, daß der Kriegsausbruch bei den Berufssoldaten eine freudige Stimmung auslöste? Wie war die Stimmung damals?

VON BRAUCHITSCH: Man kann nicht davon sprechen, daß durch den Kriegsausbruch eine begeisterte Zustimmung ausgelöst wurde, im Gegenteil standen wir mit tiefstem Ernst vor der Tatsache, die uns bekannt wurde. Wir sahen als junge Soldaten unsere Aufgabe darin, die uns anvertrauten Soldaten auszubilden und zu erziehen in dem Bereitsein für den Schutz unseres Vaterlandes.

DR. LATERNSER: Welche Dienststellungen hatten Sie dann im weiteren Verlauf des Krieges inne? Waren Sie insbesondere mal im Stabe einer Luftflotte tätig?

VON BRAUCHITSCH: Ich bin nicht im Stab einer Luftflotte tätig gewesen, sondern war, außer einer kurzen Zeit als Gruppenkommandeur, die ganze Zeit über Adjutant des Oberbefehlshabers der Luftwaffe.

DR. LATERNSER: Als Chefadjutant, wie Sie dies vorhin sagten, beim Oberbefehlshaber der Luftwaffe hatten Sie ja ziemlich große Einsichtsmöglichkeiten in die Luftwaffe?

VON BRAUCHITSCH: Soweit mir die Unterlagen zur Verfügung standen, ja.

DR. LATERNSER: Hatten nun nach Ihren Einsichtsmöglichkeiten die Luftflottenchefs Einfluß auf politische Entscheidungen oder auf die Art der Kriegsführung?

VON BRAUCHITSCH: Nach meinem Einblick hatten die Luftflottenchefs keinen Einfluß auf irgendwelche politische Entscheidungen. Ihnen oblag die sachliche Durchführung der ihnen gegebenen Befehle, wobei die Befehlsgebung über die Führung des Luftkrieges zunehmend von Hitler selbst ausgeübt wurde.

DR. LATERNSER: Ist von dem Oberbefehlshaber der Luftflotte eine Anregung ausgegangen, die Kriegsführung zu verschärfen?

VON BRAUCHITSCH: Mir selber sind keine Anregungen oder Verschärfungen, die von Luftflottenchefs ausgegangen sind, bekannt. Die Luftflottenchefs als solche waren Berufssoldaten, die auf Grund von Befehlen handelten.

DR. LATERNSER: Ich habe noch eine letzte Frage: Welche Verbindung bestand zwischen den Wehrmachtsteilen? War diese Verbindung rein dienstlicher Art, oder bestand darüber hinaus eine weitere Verbindung?

VON BRAUCHITSCH: Die Verbindung bestand unter den örtlich führenden Stellen an der Front, nach obenhin lief sie praktisch erst beim Führer selbst zusammen.

DR. LATERNSER: Ich habe keine weiteren Fragen.

VORSITZENDER: Hat noch irgendein anderer Verteidiger Fragen zu stellen? Wünscht die Anklagevertretung den Zeugen ins Kreuzverhör zu nehmen?

JUSTICE JACKSON: Ich bitte, dem Zeugen das Dokument 1156-PS aus den Dokumenten der Vereinigten Staaten vorzulegen.

[Dokument 1156-PS wird dem Zeugen vorgelegt.]

[Zum Zeugen gewandt:]

Kennen Sie dieses Dokument, Herr Zeuge?

VON BRAUCHITSCH: Mir ist dieses Dokument nicht bekannt.

JUSTICE JACKSON: Ich möchte Sie auf das Datum des 20. März 1941 und weiter auf die Tatsache aufmerksam machen, daß es sich um einen Bericht an den Reichsmarschall Göring über eine Konferenz vom 19. März 1941 handelt.

VON BRAUCHITSCH: Während meiner Dienstzeit habe ich nur an militärischen Vorträgen teilgenommen, soweit sie nicht im Führerhauptquartier stattgefunden haben oder persönliche Besprechungen waren. Mir ist ein solches Schreiben und die Tatsache als solche nicht bekannt.

JUSTICE JACKSON: Ich möchte Sie auf Punkt 2 aufmerksam machen, der sich auf Sie bezieht und folgenden Wortlaut hat: »Die von Wi bearbeiteten Weisungen für Zerstörungsmaßnahmen der Luftwaffe im Fall Barbarossa wurden vom Reichsmarschall Göring gebilligt. Ein Abdruck wurde Hauptmann von Brauchitsch zur Weiterleitung an den Generalstab der Luftwaffe übergeben«. Und ich frage Sie, ob das den Tatsachen entspricht?

VON BRAUCHITSCH: Ich kann mich an diesen Vorgang selbst nicht mehr erinnern und weiß auch über den Inhalt dieses hier angezogenen Schreibens keine Auskünfte mehr zu machen.

JUSTICE JACKSON: Sie wußten von dem Fall »Barbarossa«, nicht wahr?

VON BRAUCHITSCH: Ich habe über den Fall »Barbarossa« überhaupt erst Anfang 1941 gehört. Bei den Besprechungen war ich nicht zugegen.

JUSTICE JACKSON: Aber Sie wußten, daß in diesem Zusammenhang gewisse Zerstörungsmaßnahmen geplant waren, die von der Luftwaffe ausgeführt werden sollten, nicht wahr?

VON BRAUCHITSCH: Mir sind nur die ersten Aufträge der Luftwaffe bekannt, und ich erinnere mich, daß Flugplatzangriffe befohlen worden waren.

JUSTICE JACKSON: Waren nicht auch Angriffe auf Städte, besonders auf St. Petersburg vorgesehen?

VON BRAUCHITSCH: Zu dem Zeitpunkt, zu dem dieses Schreiben hier abgefaßt wurde, ist meiner Erinnerung und meines Wissens nach von den Zielen nicht gesprochen worden, sondern ausschließlich von Angriffen gegen Flugplätze, die also Hauptziele der Luftwaffe waren.

JUSTICE JACKSON: Ich bitte, dem Zeugen das Dokument 735-PS zu zeigen, das als Beweisstück GB-151 eingeführt ist.