[Der Zeuge erhält das Dokument.]
Das ist ein Beweisstück und scheint ein höchst geheimes Dokument zu sein, von dem nur drei Exemplare hergestellt wurden, ist das richtig?
VON BRAUCHITSCH: Darf ich bitten, daß ich dieses Schreiben erst einmal lesen darf, bevor ich dazu sprechen kann?
JUSTICE JACKSON: Ich möchte Sie zunächst auf die Unterschrift am Ende des Dokuments aufmerksam machen und frage Sie, ob Sie dieselbe erkennen?
VON BRAUCHITSCH: Die Unterschrift lautet Warlimont.
JUSTICE JACKSON: Wer war Warlimont?
VON BRAUCHITSCH: Warlimont war der stellvertretende Chef des Wehrmachtführungsstabes.
JUSTICE JACKSON: Und Sie kannten ihn gut, und er kannte Sie gut, ist das richtig?
VON BRAUCHITSCH: Ich kannte ihn vom Sehen und habe ihn bei dieser Gelegenheit zum erstenmal gesprochen.
JUSTICE JACKSON: Haben Sie anläßlich dieser Zusammenkunft, die in diesem Protokoll niedergelegt ist, Warlimont zum erstenmal getroffen und gesprochen?
VON BRAUCHITSCH: Jawohl, wo ich zum erstenmal offiziell mit ihm gesprochen habe.
JUSTICE JACKSON: Diese Zusammenkunft hat am 6. Juni 1944 stattgefunden?
VON BRAUCHITSCH: Nach dem Schreiben, ja.
JUSTICE JACKSON: Nun mache ich Sie auf Absatz 1 dieses Sitzungsprotokolls aufmerksam, aus dem hervorgeht, daß Obergruppenführer Kaltenbrunner die Sitzung eröffnete und berichtete, daß kurz vorher eine Konferenz mit dem Reichsmarschall, dem Reichsaußenminister und dem Reichsführer-SS über die Frage der Flieger stattgefunden habe. So fängt es an, nicht wahr?
VON BRAUCHITSCH: Mir ist von dem niedergelegten Wortlaut und der Tatsache dieser Besprechung nichts bekannt.
JUSTICE JACKSON: Wer war damals der Reichsmarschall?
VON BRAUCHITSCH: Ich erinnere mich an diese Tatsache dadurch, daß am 6. Juni die Invasion begann, und zwar in der Nacht vom 5. auf 6. Juni um zwei Uhr rief ich Reichsmarschall Göring selbst an und unterrichtete ihn von dem Beginn der Invasion. Er ist am Vormittag abgefahren von Veldenstein, um nachmittags bei der Lagebesprechung in Kießheim zu sein.
JUSTICE JACKSON: Diese Zusammenkunft soll in Kießheim am Nachmittag des 6. Juni stattgefunden haben, nicht wahr?
VON BRAUCHITSCH: Ich habe schon einmal gesagt, daß ich von der Besprechung als solcher und von dem Inhalt dieser Beratung keine Kenntnis habe.
JUSTICE JACKSON: Ja ich weiß, Sie waren nicht anwesend. Göring war Reichsmarschall, stimmt das?
VON BRAUCHITSCH: Jawohl.
JUSTICE JACKSON: Ribbentrop war damals Außenminister, nicht wahr?
VON BRAUCHITSCH: Jawohl.
JUSTICE JACKSON: Und wer war Reichsführer- SS?
VON BRAUCHITSCH: Himmler.
JUSTICE JACKSON: Nun, als Ergebnis dieser Zusammenkunft hat der Reichsaußenminister... lesen Sie nur den nächsten Satz: »... des Reichsaußenministers, der jede Art von Terrorangriff gegen die heimische Zivilbevölkerung... einbeziehen wollte«. Man war sich darüber einig, daß diese Konferenz, der Sie beigewohnt haben, stattfinden sollte. Ist das nicht der Sinn des ersten Absatzes?
VON BRAUCHITSCH: Ich habe erstens dieser Besprechung nicht beigewohnt, und zweitens ist mir der Inhalt, der mir vorgelegt worden ist, nicht bekannt.
JUSTICE JACKSON: Aber waren Sie nicht bei der Konferenz mit Kaltenbrunner anwesend, die Kaltenbrunner einberufen hatte?
VON BRAUCHITSCH: Ich war nicht in der Konferenz mit Kaltenbrunner, von welcher hier gesprochen wird.
JUSTICE JACKSON: Trotz Warlimonts Unterschrift auf dem Protokoll, die bezeugt, daß Sie anwesend waren?
VON BRAUCHITSCH: Ich habe trotz der Unterschrift... darf ich das ganze Schriftstück erst einmal lesen, um eine klare Antwort geben zu können?
JUSTICE JACKSON: Lesen Sie den letzten Satz, Herr Zeuge, ich mag das vielleicht falsch auslegen. Es heißt nicht, daß Sie anwesend waren, aber es heißt, daß Sie ihnen diese Auskunft gaben. Ich bitte Sie, den letzten Absatz zu betrachten und zu erklären, ob das nicht richtig ist.
VON BRAUCHITSCH: Der letzte Absatz in dem Dokument vor der Unterschrift kann sich nur auf eine Besprechung beziehen, welche, wenn ich mich richtig erinnere, am 6. Juni am späten Nachmittag bei General Warlimont stattfand, und zwar in Warlimonts Haus, was ich bereits in meiner vorherigen Aussage erwähnt habe.
JUSTICE JACKSON: Ich glaube, daß ich diese zwei Besprechungen verwechselt habe, und daß dieses Protokoll nicht beweist, daß Sie anwesend waren. Eine solche Konferenz, wie sie Warlimont beschreibt, hat stattgefunden, aber es war nicht dieselbe Zusammenkunft, der Kaltenbrunner beigewohnt hat. Stimmt das?
VON BRAUCHITSCH: Jawohl, ich weiß von der einen Zusammenkunft am 6. Juni am Spätnachmittag zwischen Warlimont und mir.
JUSTICE JACKSON: Und das ist die Konferenz, auf die er im ersten Absatz hinweist?
VON BRAUCHITSCH: Nein, das ist die Konferenz am Nachmittag und hat mit dem ersten Absatz, den ich selbst hier gelesen habe, nichts zu tun und steht in keinem Zusammenhang damit.
JUSTICE JACKSON: Absatz 3 steht in keinem Zusammenhang mit der ersten Zusammenkunft sagen Sie?
VON BRAUCHITSCH: Der Absatz 3 steht nicht in Verbindung mit dem Absatz 1. Ich habe von dem Absatz 1 keine Kenntnis gehabt, sondern ich habe vorhin erwähnt, daß ich den Auftrag gehabt habe, mit dem OKW über die Festlegung der Begriffe zu sprechen, die als völkerrechtswidrige Vergehen und verbrecherische Handlungen anzusehen seien.
JUSTICE JACKSON: Ich werde Sie nochmals fragen, damit wir uns nicht falsch verstehen. Die Konferenz, auf die sich Absatz 3 des Protokolls von Warlimont bezieht, ist eine Konferenz zwischen Ihnen und ihm am späten Nachmittag, und hat nichts zu tun mit der Kaltenbrunner-Konferenz, die an demselben Tage etwas früher stattfand?
VON BRAUCHITSCH: Jawohl.
JUSTICE JACKSON: Nun, wie war die Lage hinsichtlich der Bombardierung deutscher Städte zu Beginn des Jahres 1944?
VON BRAUCHITSCH: Die Lage war so, daß der Luftkrieg an Intensität immer weiter zugenommen hatte und Anfang 1944 außerordentlich stark gewesen ist.
JUSTICE JACKSON: Das wurde für den Reichsmarschall sehr peinlich, nicht wahr?
VON BRAUCHITSCH: Selbstverständlich war es für die Luftwaffe außerordentlich unangenehm, weil sie in ihren Abwehrkräften zu schwach war, um diese Angriffe wirksam bekämpfen zu können.
JUSTICE JACKSON: Und man machte ihr Vorwürfe und dem Reichsmarschall wurden auch wegen der Luftangriffe Vorwürfe gemacht, nicht wahr?
VON BRAUCHITSCH: Natürlich, das versteht sich von selbst.
JUSTICE JACKSON: Und der Reichsmarschall befand sich in der peinlichen Lage, daß er dem deutschen Volke im Jahre 1939 versichert hatte, daß es gegen Luftangriffe auf deutsche Städte geschützt sei. Sie haben das doch so verstanden, nicht wahr?
VON BRAUCHITSCH: Ich verstehe das, ich weiß aber auch, daß die Verhältnisse 1939, die zu dieser Äußerung geführt haben, eine ganz andere Voraussetzung hatten wie 1944; da stand ja die ganze Welt gegen uns.
JUSTICE JACKSON: Aber Tatsache war, daß deutsche Städte bombardiert wurden, und daß das deutsche Volk von dem Reichsmarschall Schutz erwartete. Ist das richtig?
VON BRAUCHITSCH: Es ist klar, daß das deutsche Volk erwartete, daß die Luftwaffe mit allen den ihr zu Gebote stehenden Kräften gegen diese Angriffe vorgehe.
JUSTICE JACKSON: Wie war damals das Verhältnis zwischen Göring und Hitler?
VON BRAUCHITSCH: Darf ich nochmals um die Frage bitten, ich habe das nicht ganz verstanden.
JUSTICE JACKSON: Wie war damals das Verhältnis zwischen Göring und Hitler? War irgendeine Veränderung in den Beziehungen festzustellen, als die Bombardierung deutscher Städte zunahm?
VON BRAUCHITSCH: Das Verhältnis zwischen dem Reichsmarschall und dem Führer war fraglos schlechter, als es früher gewesen ist. Ob das ausschließlich auf die Verhältnisse zurückzuführen ist, die durch den Luftkrieg ausgelöst worden sind, ist mir nicht bekannt.
JUSTICE JACKSON: Sie standen während der ganzen Kriegszeit in sehr engen Beziehungen zu Reichsmarschall Göring, stimmt das?
VON BRAUCHITSCH: Ich weiß nicht, was Sie als enge Verbindung bezeichnen im Verhältnis zwischen dem Oberbefehlshaber und seinem Adjutanten.
JUSTICE JACKSON: Sie waren besonders befreundet; er hatte großes Vertrauen zu Ihnen, und Sie hatten große Hochachtung vor ihm, stimmt das?
VON BRAUCHITSCH: Ich kann das wohl bestätigen, aber zu häufigen Aussprachen über die tiefsten Gründe, die den Reichsmarschall bewegten, ist es leider sehr selten gekommen.
JUSTICE JACKSON: Sie waren am 20. April 1945 bei ihm, als er das Telegramm absandte, in dem er vorschlug, daß er die Regierung Deutschlands selbst übernehmen wolle, woraufhin er verhaftet und zum Tode verurteilt wurde?
VON BRAUCHITSCH: Ja, ich war damals dabei.
JUSTICE JACKSON: Und die SS verhaftete Sie, den Reichsmarschall und noch verschiedene andere Leute, durchsuchte Ihre Häuser, beschlagnahmte alle Ihre Papiere und nahm Sie gefangen, stimmt das?
VON BRAUCHITSCH: Es stimmt, daß wir am 23. April abends 19.00 Uhr umstellt wurden, daß der Reichsmarschall sofort auf sein Zimmer geführt wurde und von diesem Zeitpunkt an nicht mehr ohne persönliche Daueraufsicht geblieben ist. Später wurden wir dann getrennt und in Einzelhaft gelegt. Wir wurden dann schließlich von ihm ganz getrennt, und zwar wurde dies ausgeführt durch die auf dem Berghof stationierten Truppen der SS.
JUSTICE JACKSON: Und das ereignete sich in Berchtesgaden?
VON BRAUCHITSCH: Dies ereignete sich in Berchtesgaden.
JUSTICE JACKSON: Ich glaube, Sie haben uns erzählt, daß Sie zur Zeit der Kapitulation alle von der SS erschossen werden sollten, und daß Sie durch Ihre eigene Unterschrift Ihre Einwilligung dazu geben sollten? Stimmt das?
VON BRAUCHITSCH: Nein, das trifft nicht so zu.
Mir ist bekannt, daß ein Befehl vorhanden war, daß wir, d. h. der Reichsmarschall und seine Familie und Umgebung, zum Zeitpunkt der Kapitulation in Berlin erschossen werden sollten. Das Zweite, was Sie anführen, ist etwas anderes; wir sollten gezwungen werden, uns freiwillig zur SS zu melden, weil man anerkennenswerterweise sagen muß, daß dieser SS-Führer uns zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bei sich haben wollte, um diesen Befehl nicht ausführen zu müssen. Zu dieser Zeit waren wir bereits vom Oberbefehlshaber getrennt.
JUSTICE JACKSON: Was wußten Sie von der Tätigkeit der SS? Was war die SS, und in welchen Beziehungen stand sie damals zur Wehrmacht? In welcher Beziehung stand die SS zur Luftwaffe? Erzählen Sie uns etwas über die SS.
VON BRAUCHITSCH: Ich kann darüber nur soviel sagen, daß an sich unter dem Begriff SS sehr viel zu verstehen gewesen ist, daß SD, Gestapo und die Waffen-SS ganz verschiedene Einzelbegriffe sind, daß die Gestapo als solche ein Druckmittel war, das viel freies Leben verhinderte.
JUSTICE JACKSON: Und die Waffen-SS ebenfalls; stimmt das?
VON BRAUCHITSCH: Die Waffen-SS war eine militärische Truppe. Ich persönlich habe keine schlechten Erfahrungen mit ihr gemacht, und ich bin auch nicht mit ihr ineinandergeraten.
JUSTICE JACKSON: Was wissen Sie über die eigentliche SS? Zeuge, ich bin überzeugt, Sie kennen die Stellung der SS, und ich habe das Gefühl, daß Sie uns offen erzählen wollen, was Sie über diese Stellung wissen. Erzählen Sie uns doch etwas über den Einfluß der SS bei diesen Gelegenheiten.
VON BRAUCHITSCH: Ich habe schon betont, daß ich als rein militärischer Adjutant ausschließlich über die Luftwaffe in der Lage bin, Auskunft zu geben; ich bin aber nicht in der Lage, über allgemeine Dinge, über die ich kein fachliches Urteil habe, sondern nur ein subjektives, auszusagen.
JUSTICE JACKSON: Haben Sie und Ihre Offizierskameraden denn nicht sehr oft über die SS gesprochen, und haben nicht alle gewußt, daß die SS genau wie die Gestapo eine Organisation war, die mit grausamen Unterdrückungsmaßnahmen arbeitete?
VON BRAUCHITSCH: Wir hatten in der Luftwaffe selber so unendlich viel Sorgen durch die zunehmende Luftmacht des Gegners, daß diese Sorgen uns mehr als ausreichend beschäftigt haben.
JUSTICE JACKSON: Aber Sie wußten doch von dem Feldzug gegen die Juden in Deutschland und in den besetzten Ländern, nicht wahr?
VON BRAUCHITSCH: Ich bin über den Feldzug gegen die Juden, wie er sich hier dargestellt hat und wie er durch die Presse gegangen ist, nicht unterrichtet gewesen.
JUSTICE JACKSON: Ich will Sie nicht über das, was die Zeitungen veröffentlicht haben, verhören; aber wollen Sie den Gerichtshof glauben machen, daß Sie über einen Feldzug gegen die Juden in Deutschland nichts wußten?
VON BRAUCHITSCH: Mir ist nur bekannt gewesen, daß ein Teil der Juden ins Ghetto gekommen ist. Mir sind die Grausamkeiten gegen Juden, wie wir sie in der Presse gelesen haben, nicht bekannt gewesen.
JUSTICE JACKSON: Ihr Vater war Feldmarschall, nicht wahr?
VON BRAUCHITSCH: Jawohl.
JUSTICE JACKSON: Wann war er Feldmarschall?
VON BRAUCHITSCH: Feldmarschall ist ein militärischer Dienstgrad, den er innehatte von 1940 bis jetzt.
JUSTICE JACKSON: Ist ihm sein Rang niemals aberkannt worden?
VON BRAUCHITSCH: Der Rang wurde nicht aberkannt.
JUSTICE JACKSON: Sie wissen, daß Ihr Vater eines Tages Meinungsverschiedenheiten mit Hitler über militärische Planungen hatte.
VON BRAUCHITSCH: Ich weiß das; mein Vater hatte mit Hitler außerordentliche Schwierigkeiten in militärischen und politischen Fragen, die auch zu seinem Weggang im Dezember 1941 geführt haben.
JUSTICE JACKSON: Haben Sie nicht dem Erhebungsbeamten, der Sie im Auftrag der Vereinigten Staaten vernommen hat, gesagt, daß er im Jahre 1941 aus dem aktiven Dienst ausschied?
VON BRAUCHITSCH: Ja.
JUSTICE JACKSON: Und was war nach Ihrer Meinung der Grund für sein Ausscheiden? Sie gaben etwa folgende Gründe an: Weder auf militärischem noch auf politischem Gebiet habe er mit Hitler übereingestimmt und sich nicht mit ihm einigen können; da er mit seiner eigenen Meinung nicht durchdringen konnte, habe er seine abweichende Meinung durch seinen Rücktritt zum Ausdruck bringen wollen; das habe insbesondere für religiöse Fragen gegolten.
VON BRAUCHITSCH: Jawohl.
JUSTICE JACKSON: Das stimmt, nicht wahr?
VON BRAUCHITSCH: Diese Äußerung trifft zu, und ich halte sie nach wie vor aufrecht.
JUSTICE JACKSON: Ich hoffe, Sie sind stolz darauf.
Sie wurden auch gefragt:
»Wissen Sie, was er von 1941 bis Ende des Krieges getan hat?« und Sie antworteten: »Er hatte durch seine zweite Heirat ein kleines Haus in Bockenheim, einer kleinen Stadt in Schlesien, bekommen, machte Stammbaumforschungen und beschäftigte sich mit Forstwirtschaft, Volkswirtschaft und Jagen, aber er nahm nicht teil...«
VON BRAUCHITSCH: Nur mit historisch-militärischen Fragen und mit landwirtschaftlichen Fragen.
JUSTICE JACKSON: Entschuldigen Sie bitte, ich habe Ihre Antwort nicht verstanden.
VON BRAUCHITSCH: Er hat sich ausschließlich mit wirtschaftlichen Fragen beschäftigt und mit der Jagd, aber nicht mit militärischen Fragen.
JUSTICE JACKSON: Ja, nicht mit militärischen Fragen.
»Aber er hat an irgendwelchen blutigen politischen Unternehmungen nicht teilgenommen.«
Sie haben das so ausgedrückt, nicht wahr?
VON BRAUCHITSCH: Darf ich bitten, die Frage nochmals zu hören.
JUSTICE JACKSON: Hier ist Ihre vollständige Antwort. Sie haben mich unterbrochen. Dies ist Ihre Antwort an die Vernehmungsbeamten:
»Jawohl, er hatte durch seine zweite Heirat ein kleines Haus in Bockenheim, einer kleinen Stadt in Schlesien, bekommen, machte Stammbaumforschungen und beschäftigte sich mit Forstwirtschaft, Volkswirtschaft und Jagen, aber er hat an irgendwelchen blutigen politischen Unternehmungen nicht teilgenommen.«
Also mit Ausnahme der Volkswirtschaft bleiben Sie noch bei dieser Antwort, nicht wahr?
VON BRAUCHITSCH: Ich habe niemals gesagt, daß er an irgendwelchen blutigen Dingen teilgenommen hat, es muß ein Irrtum sein. Ich habe dieses Protokoll nie wieder gesehen und nicht unterschrieben.
JUSTICE JACKSON: Ich habe mich nicht klar genug ausgedrückt. Sie sagten, daß er nicht an irgendwelchen blutigen politischen Unternehmungen teilgenommen hat. Das ist hier als Ihre Aussage angegeben.
VON BRAUCHITSCH: Er hat nicht teilgenommen, aber ich habe nichts von einer blutigen Bewegung gesagt.
JUSTICE JACKSON: Haben Sie in dem Verhör diese Ausdrücke nicht gebraucht?
VON BRAUCHITSCH: Nein, ich kann mich nicht erinnern, das gesagt zu haben; ich habe das Protokoll nicht unterschrieben und auch nach der Vernehmung nicht wieder gesehen.
JUSTICE JACKSON: Und behaupten Sie, daß Sie diese Worte in dem Verhör durch den Erhebungsbeamten, Hauptmann Horace Hahn, am 26. Februar 1946 nicht gebraucht haben?
VON BRAUCHITSCH: Ich sage, daß ich keine Ausdrücke über irgendeine »blutige Teilnahme an irgendwelchen blutigen Auseinandersetzungen« usw. erwähnt habe. Dieser Ausdruck ist mir fremd, und ich weiß auch nicht, in welchem Zusammenhang er hier gefallen sein sollte.
JUSTICE JACKSON: Also Sie wissen nichts von irgendwelchen Aktionen, an denen er teilgenommen hat?
VON BRAUCHITSCH: Nein, mein Vater hat sich zurückgezogen.
JUSTICE JACKSON: Er hat sich von diesem ganzen Nazikram völlig zurückgezogen. Er sonderte sich von ihm ab und zog sich lieber in ein kleines Dorf zurück, als daß er an einem Programm weiter teilnahm, mit dem er nicht übereinstimmte, nicht wahr? Stimmt das?
VON BRAUCHITSCH: Jawohl.
RECHTSANWALT HORST PELCKMANN, MITVERTEIDIGER DER SS: Ich glaube, daß mir ein formales Recht zur Befragung dieses Zeugen nicht mehr zusteht, nachdem Herr Justice Jackson die Befragung vorgenommen hat; ich wäre aber dankbar, wenn es mir gestattet würde, nachdem Herr Justice Jackson den Zeugen auch über SS-Fragen befragt hat.
VORSITZENDER: Die Erklärung des Zeugen über die SS war, daß er nichts von ihr wußte. Woraus leiten Sie eine Berechtigung zu einem Kreuzverhör her?
RA. PELCKMANN: Er wurde befragt, ob er auf dem Obersalzberg von der SS bewacht wurde, die auch den Auftrag hatte, ihn zu erschießen, beziehungsweise auch Göring zu erschießen. Mir liegt daran, klarzustellen, ob dies die SS oder der SD war.
VORSITZENDER: Gut.
RA. PELCKMANN: Ich frage daher den Zeugen: Wissen Sie, ob die Beauftragten, die Sie eben nannten, SS- oder SD-Leute waren? Kennen Sie, Herr Zeuge, den Unterschied?
VON BRAUCHITSCH: Mir ist der Unterschied im großen und ganzen klar. Ich glaube, daß die Truppe, die den Bewachungsauftrag hatte, die SS war; den engeren Auftrag hatte aber der Reichssicherheitsdienst (SD).
RA. PELCKMANN: Danke sehr.
VORSITZENDER: Wünscht einer der anderen Anklagevertreter, den Zeugen ins Kreuzverhör zu nehmen?
Dr. Stahmer, wollen Sie ein Rückkreuzverhör vornehmen?
DR. STAHMER: Ich habe nur zwei kurze Fragen.