[Zum Zeugen gewandt:]
Welches Amt erhielten Sie bei Ihrer Übernahme?
KÖRNER: Ich wurde Staatssekretär des Preußischen Staatsministeriums.
DR. STAHMER: Was wissen Sie von der Einrichtung der Geheimen Staatspolizei, der Gestapo?
KÖRNER: Die Geheime Staatspolizei wurde in den ersten Monaten der Machtübernahme entwickelt aus der Politischen Polizeiabteilung Ia. Im Grunde genommen blieb die Politische Polizeiabteilung bestehen; sie wurde nur neu formiert, und zwar mit dem Namen der Geheimen Staatspolizei.
DR. STAHMER: Welchen Aufgabenkreis hatte sie?
KÖRNER: Sie hatte im wesentlichen die Staatsfeinde zu überwachen.
DR. STAHMER: Sind Sie unterrichtet über die Errichtung der Konzentrationslager?
KÖRNER: Ich weiß, daß zu dieser Zeit Konzentrationslager geschaffen wurden.
DR. STAHMER: Welchem Zweck dienten diese Lager?
KÖRNER: Sie sollten Staatsfeinde aufnehmen.
DR. STAHMER: Was heißt aufnehmen?
KÖRNER: Staatsfeindliche Elemente, in der Hauptsache Kommunisten, sollten in diesen Lagern zusammengefaßt werden.
DR. STAHMER: Und was sollte dort mit ihnen geschehen?
KÖRNER: Sie sollten dort in Sicherheitsverwahrung genommen werden und, soviel ich mich entsinne, sollte auch eine Umschulung stattfinden, damit sie später dem allgemeinen Volkskörper angeschlossen werden könnten.
DR. STAHMER: Wissen Sie etwas über die Behandlung, die dort den Häftlingen zuteil wurde?
KÖRNER: Soviel ich mich erinnere, ist sie immer gut gewesen.
DR. STAHMER: Haben Sie mal davon etwas gehört, daß sogenannte wilde Konzentrationslager errichtet waren?
KÖRNER: Jawohl, in dem Jahre 1933 wurden an verschiedenen Stellen wilde Konzentrationslager errichtet.
DR. STAHMER: Von wem?
KÖRNER: Ich kann mich erinnern, daß eines in Breslau errichtet wurde von dem SA-Gruppenführer Heines; und eines in Stettin. Ob noch anderswo irgendwelche Lager errichtet wurden, weiß ich nicht mehr.
DR. STAHMER: In Stettin?
KÖRNER: Ich glaube, es war Karpfenstein, ich kann es aber nicht mit Bestimmtheit sagen.
DR. STAHMER: Und was wurde aus diesen Lagern?
KÖRNER: Wie dem Reichsmarschall das zu Ohren kam, hat er sie unverzüglich auflösen lassen, da sie ohne seine Genehmigung gebildet waren.
DR. STAHMER: Wie verhielt sich der Reichsmarschall, wenn Beschwerden zu seiner Kenntnis kamen?
KÖRNER: Er ist den Beschwerden immer sofort nachgegangen.
DR. STAHMER: Kennen Sie einen bestimmten Fall, wo er besonders scharf durchgegriffen hat?
KÖRNER: Ja, ich kann mich des Falles Thälmann entsinnen.
DR. STAHMER: Und wie war das da?
KÖRNER: Es war dem Reichsmarschall zu Ohren gekommen, daß Thälmann nicht eine Behandlung erfahren hatte, wie der Reichsmarschall wünschte. Er ist dann dieser Sache sofort nachgegangen und hat Thälmann zu sich kommen lassen.
DR. STAHMER: Wer war Thälmann?
KÖRNER: Thälmann war einer der Führer der KPD-Leute und kommunistischer Reichstagsabgeordneter.
DR. STAHMER: Wie unterhielt sich der Reichsmarschall mit Thälmann?
KÖRNER: Er hat ihn zu sich in sein Arbeitszimmer kommen lassen und hat ihn aufgefordert, alles zu sagen, weswegen eine Beschwerde an ihn gekommen wäre.
DR. STAHMER: Und weiter?
KÖRNER: Thälmann war zuerst sehr zurückhaltend, weil er irgendwie eine Finte dahinter vermutete. Es wurde ihm aber klar, als der Reichsmarschall menschlich auf ihn einsprach, daß er sich ohne weiteres offenbaren konnte, und er erzählte dann dem Reichsmarschall, daß er verschiedentlich nicht richtig behandelt worden sei. Der Reichsmarschall versprach die sofortige Abstellung und hat dann auch entsprechende Weisung sofort gegeben, außerdem Thälmann aufgefordert, falls wieder solche Sachen vorkommen sollten, es ihm unverzüglich zu melden. Er hat noch die Anordnung gegeben, daß, wenn irgendwelche Beschwerden von seiten Thälmanns an ihn kommen sollten, sofort an ihn weiterzugeben wären.
DR. STAHMER: Wissen Sie, wie lange die Gestapo in den Konzentrationslagern dem Reichsmarschall unterstanden hat?
KÖRNER: Bis Frühjahr 1934; ich glaube, es war März oder April.
DR. STAHMER: An wen wurde sie da abgegeben?
KÖRNER: Sie wurde auf Anordnung des Führers an Reichsführer Himmler abgegeben.
DR. STAHMER: Was wissen Sie über die Vorgänge bezüglich der Röhm-Revolte am 30. Juni 1934?
KÖRNER: Daß eine Röhm-Revolte geplant war, erfuhr ich, wie ich mich mit dem Reichsmarschall in Essen aufhielt, wo wir zur Hochzeit des Gauleiters Terboven anwesend waren. Während der Hochzeitsfeierlichkeiten kam Himmler und machte dem Führer einen Bericht. Später zog dann der Führer den Reichsmarschall ins Vertrauen und teilte ihm von dem Vorhaben Röhms Entsprechendes mit.
DR. STAHMER: Wissen Sie auch, was er ihm mitteilte?
KÖRNER: Ich kann nur sagen, daß das, was Himmler dem Führer mitgeteilt hat, auch Göring zur Kenntnis gebracht wurde.
DR. STAHMER: Kennen Sie keine näheren Einzelheiten?
KÖRNER: Nein, nähere Einzelheiten kenne ich nicht mehr, aber das genügt ja.
DR. STAHMER: Welche Anweisung erhielt Göring?
KÖRNER: Der Führer wies Göring an, sich nach den Hochzeitsfeierlichkeiten unverzüglich nach Berlin zurückzubegeben, da sich der Führer selbst nach Süddeutschland begab, um diesen Meldungen persönlich nachzugehen.
DR. STAHMER: Wann war diese Hochzeit?
KÖRNER: Sie war, soviel ich mich entsinne, zwei Tage vor dem Röhm-Putsch.
DR. STAHMER: Wissen Sie, ob am Tage nach dem Röhm-Putsch der Reichsmarschall bei Hitler gewesen ist?
KÖRNER: Nein, der Reichsmarschall war in Berlin. Wir sind noch am selben Abend nach Berlin zurückgefahren.
DR. STAHMER: Und am Tage nach dem Röhm-Putsch vom 30. Juni, also am 1. Juli?
KÖRNER: Da war der Reichsmarschall in Berlin.
DR. STAHMER: Wissen Sie etwas darüber, ob dort ein Gespräch zwischen ihm und Hitler stattgefunden hat?
KÖRNER: Jawohl, ich entsinne mich, daß der Reichsmarschall zum Führer in die Reichskanzlei fuhr, um ihm verschiedenes mitzuteilen. Besonders war dem Reichsmarschall zu Ohren gekommen, daß bei dieser Gelegenheit auch Unschuldige zum Opfer fallen konnten oder zum Opfer gefallen sind. Deswegen wollte er den Führer bitten, die ganze Aktion sofort abzustellen.
DR. STAHMER: Ist das geschehen?
KÖRNER: Jawohl, das ist geschehen.
DR. STAHMER: In welcher Form?
KÖRNER: Nach den Meldungen des Reichsmarschalls beim Führer wurde dann vom Führer persönlich eine Anordnung erlassen, daß keinerlei wilde Aktionen mehr stattfinden dürften, daß die Aktion abgeblasen ist, und wenn noch Schuldige festgestellt würden, so müßten diese einem ordnungsgemäßen Gericht zugeführt werden, das darüber zu entscheiden hat, ob gegen den Mann vorgegangen werden muß oder nicht.
DR. STAHMER: Wissen Sie etwas darüber, ob der Reichsmarschall an den Vorgängen in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 bei dieser Aktion gegen die Juden beteiligt war?
KÖRNER: Nein, der Reichsmarschall war bestimmt nicht beteiligt, er hatte keine Ahnung von dieser Aktion.
DR. STAHMER: Woher wissen Sie das?
KÖRNER: Weil ich mit dem Reichsmarschall wie alljährlich am 9. November in München war und am 9. November abends von München nach Berlin fuhr; wenn der Reichsmarschall etwas gewußt hätte, so hätte er ohne Zweifel mir oder denen, die bei ihm waren, etwas gesagt; er hatte keine Ahnung.
DR. STAHMER: Wann erfuhr er davon?
KÖRNER: Er erfuhr das kurz vor Einlaufen in Berlin beziehungsweise auf dem Anhalter Bahnhof in Berlin.
DR. STAHMER: Durch wen?
KÖRNER: Durch den Adjutanten.
DR. STAHMER: Und wie verhielt er sich bei dieser Meldung?
KÖRNER: Der Reichsmarschall war wütend, wie ihm diese Meldung gemacht wurde, weil er die ganze Aktion als solche restlos ablehnte.
DR. STAHMER: Und was unternahm er?
KÖRNER: Er setzte sich unverzüglich mit dem Führer in Verbindung, um sofortige Abstellung dieser ganzen Aktion zu verlangen.
DR. STAHMER: Welche Aufgaben hatten Sie im Bereich des Vierjahresplanes?
KÖRNER: Ich war der Leiter der Geschäftsstelle des Vierjahresplanes.
DR. STAHMER: Welche Aufgaben hatten Sie?
KÖRNER: Die Geschäftsführung zu leiten und zu überwachen.
DR. STAHMER: Und wie kam es zu diesem Vierjahresplan, wann war es, und wie kam es dazu?
KÖRNER: Der offizielle Vierjahresplan wurde im Oktober 1936 verkündet, aber die Entstehungsgeschichte des Vierjahresplanes war die Ernährungskrise des Jahres 1935. Im Herbst 1935 bekam der Reichsmarschall den Auftrag vom Führer, die Ernährungsschwierigkeiten...
VORSITZENDER: Herr Zeuge, bitte versuchen Sie, nicht so schnell zu sprechen, es ist sehr schwer, die Übersetzung zu verstehen.
KÖRNER: Jawohl.
Im Herbst 1935 bekam der Reichsmarschall vom Führer den Auftrag, die deutsche Volksernährung zu sichern, da dieselbe durch die sehr schlechten Ernten der Jahre 1934 und 1935 in Gefahr war. Es fehlten uns damals mindestens zwei Millionen Tonnen Brotgetreide und mehrere hunderttausend Tonnen Fett, die auf irgendeine Weise herangeschafft werden mußten.
Der Reichsmarschall löste diese Aufgabe befriedigend, und das veranlaßte den Führer, sich von ihm Vorschläge ausarbeiten zu lassen, wie die gesamte deutsche Wirtschaft auf die Dauer krisenfest werden könnte.
Diese Vorschläge wurden im ersten halben Jahre des Jahres 1936 ausgearbeitet und in der Mitte des Sommers dem Führer vorgelegt. Aus diesen Vorschlägen heraus entstand beim Führer der Gedanke eines Vierjahresplanes, den er auf dem Parteitag 1936 verkündete. Am 18. Oktober 1936 erließ der Führer einen Erlaß, der den Reichsmarschall zum Beauftragten für den Vierjahresplan ernannte.
DR. STAHMER: Welche Ziele wurden mit dem Vierjahresplan verfolgt?
KÖRNER: Wie ich schon vorhin sagte, die deutsche Wirtschaft insgesamt krisenfest zu gestalten; die wesentlichen Aufgaben, die gestellt waren: den deutschen Export, soweit es überhaupt möglich war, zu steigern, und die dann noch bestehenden Exportlücken, soweit es auch nur möglich war, zu schließen, hauptsächlich auf dem landwirtschaftlichen Gebiete, die Steigerung der Produktion.
DR. STAHMER: Diente der Vierjahresplan auch der Aufrüstung?
KÖRNER: Dem Wiederaufbau der Deutschen Wehrmacht diente er selbstverständlich auch mit, indirekt.
DR. STAHMER: Hatte der Vierjahresplan auch den Arbeitseinsatz zu regeln?
KÖRNER: Jawohl, es wurde in dem Vierjahresplan ein Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz ernannt. Zum Generalbevollmächtigten wurde der damalige Präsident des Reichsarbeitsamtes, Präsident Syrup ernannt.
DR. STAHMER: Wann wurde er ernannt?
KÖRNER: Das war gleich mit Beginn des Vierjahresplanes, im Herbst 1936.
DR. STAHMER: Welche Aufgaben hatte er im einzelnen?
KÖRNER: Er hatte die Aufgabe, den Arbeitseinsatz zu regeln, damit das wilde Durcheinander, das auf dem Arbeitsmarkt herrschte, aufhörte.
DR. STAHMER: Wie lange blieb Syrup?
KÖRNER: Syrup schied im Frühjahr 1942 durch Krankheit aus.
DR. STAHMER: Wer wurde sein Nachfolger?
KÖRNER: Sein Nachfolger wurde Gauleiter Sauckel.
DR. STAHMER: Durch wen wurde Sauckel berufen?
KÖRNER: Sauckel wurde durch den Führer berufen.
DR. STAHMER: Und welchen Auftrag erhielt er?
KÖRNER: Er erhielt den Auftrag, als Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz den Arbeitseinsatz zu regeln.
DR. STAHMER: Wem unterstand er?
KÖRNER: Er unterstand formell dem Beauftragten für den Vierjahresplan, aber seine Weisungen bekam er direkt vom Führer.
DR. STAHMER: Und in welcher Weise wirkten Sie mit?
KÖRNER: Ich hatte vom Frühjahr 1942 praktisch gar keinen Einfluß mehr auf den Arbeitseinsatz, da ja Sauckel seine Weisungen direkt vom Führer holte und auch entsprechend gleich direkt durchführte.
DR. STAHMER: Haben Sie überhaupt nie mehr mit Sauckel verhandelt?
KÖRNER: Nein, Verhandlungen haben, soweit ich mich entsinne, nicht mehr stattgefunden, weil er seine Direktiven vom Führer bekam.
DR. STAHMER: Durch wen wurden die Arbeitskräfte verteilt?
KÖRNER: Die Arbeitskräfte wurden durch die Arbeitsämter verteilt. Die Arbeitsämter unterstanden Sauckel.
DR. STAHMER: Wie war das Verhältnis des Reichsmarschalls zu Himmler?
KÖRNER: Es war nicht besonders gut, es war oft auch mit erheblichen Spannungen durchsetzt, insbesondere herrschte überhaupt kein Vertrauensverhältnis.
DR. STAHMER: Ich habe keine weiteren Fragen.
VORSITZENDER: Wünscht irgendein anderer Verteidiger Fragen an den Zeugen zu richten?