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[Der Angeklagte erhält das Dokument.]

GÖRING: Dieser Erlaß vom 7. Oktober 1939 ist nach Beendigung des Polenfeldzuges herausgegeben. Polen war damals besiegt. Der Polnische Staat als solcher existierte nicht mehr. Ich verweise hier auf die Note des damaligen Volkskommissars des Äußeren in Rußland, Molotow, der hierzu Stellung nimmt, und folgedessen war jenes Unrecht, das wir Deutsche empfunden hatten, als im Diktat von Versailles deutsche Provinzen losgetrennt und Polen übergeben wurden, durch den Sieg der Waffen ausgeglichen. Es war deshalb für uns eine Selbstverständlichkeit, daß jener Teil Polens, der bis 1918 deutsch war, wieder rückgedeutscht wurde, das heißt in den Verband Deutschlands zurückkehrte. Nun waren in diesem Gebiet im Verlauf der Jahre weit über eine Million Deutsche, die früher dort gewohnt hatten, dort Besitz hatten, vor allen Dingen landwirtschaftliche Bauernhöfe, Güter et cetera, vertrieben, ausgewiesen und enteignet worden. Das geht hervor aus all den vielen Beschwerden, die im Laufe der Jahre nach 1919 an den Völkerbund in dieser Richtung gegangen sind, und ein Studium dieser ganzen Beschwerden und dieser ganzen dort eingereichten Vorkommnisse, die ja in den Archiven in Genf heute noch sein müßten, wird bestätigen, in welch gewaltigem Umfang damals die Polonisierung dieser deutschen Gebiete vor sich ging. Dieser Erlaß bezweckte nun, daß das wieder rückgängig gemacht wurde und daß diese Gebiete wieder deutsch wurden, das heißt die Besiedelung jener Güter und Höfe, von denen Deutsche vertrieben waren, wieder Deutsche hinkommen sollten. Daß Himmler diese Aufgabe bekam, damit war ich nicht ganz einverstanden; aber das spielte in dem Augenblick keine so entscheidende Rolle. Er bekam diese Aufgabe nicht in seiner Eigenschaft als Chef der Polizei, sondern, es ist ja bekannt, daß er sich besonders immer für Fragen einer neuen Gestaltung des deutschen Menschen sehr besonders interessierte, und so wurde diese Stelle, Volkstum oder wie sie hieß, – einen Moment mal – das ist ja auch gleichgültig, also jedenfalls bekam er diese Aufgabe. Der Führer erließ das Gesetz, ich zeichnete selbstverständlich mit, da ich Vorsitzender des Ministerrates zu dieser Zeit war, und dann wurde es noch gezeichnet von Lammers, dem Chef der Reichskanzlei, das sind selbstverständliche Mitzeichnungen. Ich stehe absolut positiv dazu; es entsprach durchaus meiner Auffassung, daß dort, wo die Deutschen seinerzeit vertrieben wurden und es deutsche Gebiete waren, sie wieder zurückkehren sollten. Ich mache aber darauf aufmerksam, daß es sich hier um die ehemals deutschen Provinzen handelt, genau ausgesprochen.

DR. STAHMER: Die besetzten polnischen Westprovinzen meinen Sie?

GÖRING: Ja. Das Gouvernement zum Beispiel war nicht für die Eindeutschung bestimmt. Wenn dort – ich weiß es nicht genau – Deutsche später angesiedelt worden sind, so trifft das nicht auf die Grundlage dieses Erlasses zu. Sie fragten vorhin noch nach der Stellung zur Frage Memel, glaube ich.

DR. STAHMER: Ja.

GÖRING: Danzig, Polnischer Korridor habe ich betont; Memel war eine verhältnismäßig kleine Angelegenheit. In Memel sollte nach dem Statut von Versailles oder Völkerbund eine Abstimmung stattfinden. Kurz vorher haben die Litauer Memel und das Memelgebiet besetzt, um die Abstimmung zu verhindern, es Litauen einverleibt und damit ein »fait accompli« geschaffen. Beschwerden der damaligen deutschen Reichsregierung nützten natürlich genau so wenig, wie alle vorherigen Beschwerden beim Völkerbund. Man bedauerte es, fand es für falsch und nicht richtig, was die Litauer machten, aber von Herausgabe oder beziehungsweise Durchführung der vorgeschriebenen Wahl konnte keine Rede sein. Nachdem die Litauer entgegen allen Bestimmungen damals Memel besetzt hatten, war es selbstverständlich unser absolutes nationales Recht, diesen Übergriff wieder in Ordnung zu bringen und Memel nunmehr unsererseits zu besetzen.

DR. STAHMER: Am 19. Oktober 1939 haben Sie einen Erlaß herausgegeben, der die Herausnahme von Wirtschaftsgütern aus Polen anordnete. Dieser Erlaß ist als Dokument EC-410 dem Gericht vorgelegt. Ich bitte, zu dieser Anordnung Stellung zu nehmen.