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[Verhandlungspause.]

VORSITZENDER: Der Gerichtshof ordnet an, daß Beweismaterial zur Frage der Repressalien zulässig ist. Die Bedeutung, die diesem oder ähnlichem Beweismaterial beizumessen ist, bleibt einer späteren Erwägung vorbehalten.

DR. STAHMER:

[zum Zeugen gewandt]

Wollen Sie dann bitte fortfahren?

GÖRING: Ich glaube, daß schon meine nächsten Ausführungen jene Voraussetzungen erfüllen oder erfüllt hätten, die Herr Oberrichter Jackson gefordert hat; ich bestreite nämlich keineswegs, daß sich Dinge ereignet haben, über die völkerrechtlich außerordentlich debattiert werden kann. Es sind auch Dinge vorgekommen, die man unter allen Umständen als Ausschreitungen über dieses Maß hinaus bezeichnen muß. Ich wollte nur dartun, wie es dazu gekommen ist, nicht vom völkerrechtlichen Standpunkt der Repressalie, sondern ausschließlich aus dem Gefühl des bedrohten Soldaten heraus, der nicht durch reguläre Truppen im offenen Kampf, sondern im Rücken durch Banden an der Ausführung seiner Aufgabe dauernd gehindert wird.

Durch all diese Dinge, auf die ich nicht näher einzugehen brauche, ist jene Erbitterung entstanden, die spontan oder in gewissen Fällen auch aus Staatsnotwendigkeit und Notstand befohlen, zu diesen zum Teil überschrittenen Einzelereignissen da und dort durch die Truppe geführt hat. Man muß sich in jene Zeit der stürmischen Kämpfe zurückversetzen. Heute, im Abstand von Jahren, in der ruhigen Erörterung der rechtlichen Basis, klingen diese Dinge sehr schwer und auch unverständlich. Äußerungen, aus der Erbitterung heraus getan, klingen heute ohne Verständnis dieser Lage ganz anders, und es war ausschließlich meine Absicht, einen Augenblick dem Gericht jene Atmosphäre zu schildern, in welcher und aus der heraus solche Handlungen, wenn auch nicht immer entschuldbar, so in vielen Fällen verständlich erscheinen, und auch von anderen in ähnlicher Lage durchaus durchgeführt wurden.

Dieses war und ist meine Antwort auf die Frage, warum die Verhältnisse in Frankreich zwei vollkommen verschiedene Kriegsphasen bedingt haben. Die erste – ich schließe damit ab – die des regulären Kampfes; die zweite: jenes Kampfes, der, nicht durch reguläre Truppen geführt, aus dem Hinterhalt kommend, im Untergrund, immer ganz andere Grausamkeiten und Ausschreitungen bringen wird und zu allen Zeiten gebracht hat, wie der regelrechte militärische Kampf. Es kommt hier dann auch oft zu Einzelereignissen, sei es durch einzelne oder durch Truppenteile, die die Oberste Führung dann durchaus nicht immer in der Hand hat und haben kann.

DR. STAHMER: Welche Maßnahmen hat die deutsche Besatzungsbehörde in Frankreich zur Hebung der französischen Landwirtschaft während der Besatzungszeit getroffen?

GÖRING: Ich kann mich hier kurz fassen und auf die Aussage des Zeugen Körner hinweisen, die ich nur bestätigen kann; das heißt, in Frankreich wurde die Landwirtschaft während der Besatzungszeit außerordentlich gefördert und gesteigert. Eine große Anzahl von Brachflächen, oder solche, die nicht richtig landwirtschaftlich genutzt waren, wurden dieser Nutzung zugeführt, und andere durch verstärkten Einsatz von Düngemitteln und sonstige Bearbeitung außerordentlich intensiviert. Die einzelnen Ausführungen darüber, was geschehen ist und die Zahlen, die eine landwirtschaftliche Produktionssteigerung im Laufe der Besatzungsjahre ergeben haben, sind mir nicht geläufig und könnten nur durch die betreffenden verantwortlichen Fachleute gegeben werden.

DR. STAHMER: Welche Gründe waren für die Einführung der Reichskredit-Kassenscheine in den besetzten Gebieten maßgebend?

GÖRING: Eine Maßnahme, die wohl von jeder Besatzungsmacht eingeführt wird, um den Geldumlauf zu regulieren und in den richtigen Grenzen zu halten und um eine Abstimmung zur Landeswährung damit herbeizuführen, also ähnlich dem Vorgang, der heute in allen besetzten Zonen Deutschlands desgleichen stattfindet.

DR. STAHMER: Als Dokument 141-PS ist hier eine Verfügung von Ihnen vom 5. November 1940 vorgelegt, durch die Sie eine Regelung bezüglich der in den Louvre gebrachten Kunstgegenstände getroffen haben.

Ist Ihnen diese Verfügung gegenwärtig, oder soll ich sie Ihnen vorlegen?

GÖRING: Sie ist mir vollkommen gegenwärtig, sie hat ja eine große Rolle hier gespielt.

Diese Kunstgegenstände wurden zunächst in den Louvre verbracht und nachher in das Ausstellungsgelände, das – glaube ich – »Salle du Jeu de Paume« heißt. Hier handelt es sich um jene Kunstgegenstände, die aus jüdischem Besitz, und zwar herrenlosem Besitz, da die Besitzer das Land verlassen hatten, zunächst beschlagnahmt worden waren. Dieser Befehl war nicht von mir ergangen, ich kannte ihn nicht, es war ein Führerbefehl. Erst als ich in Paris war, hörte ich davon, und hörte auch, daß die Absicht bestand, daß diese Kunst-Gegenstände in der Hauptsache, soweit sie von galeriemäßigem Wert waren, dem Museum in Linz, das der Führer errichten wollte, zugeführt werden sollten. Ich persönlich, ich gestehe das offen, hatte ein Interesse daran, daß nicht alles nach Süddeutschland kommen sollte. Ich selbst habe vorher, schon längere Zeit vorher, beschlossen gehabt und dies auch dem Finanzminister mitgeteilt, daß ich nach dem Kriege oder zu irgendeinem sonstigen mir richtig erscheinenden Zeitpunkt diejenigen Kunstschätze, die ich bereits vor dem Kriege selbst besessen habe, sei es durch Erwerb, sei es durch Geschenk, sei es durch Erbschaft, als eine von mir zu stiftende Galerie dem deutschen Volke übergeben wollte. Und zwar war die Absicht von mir, diese Galerie nach ganz anderen Gesichtspunkten, wie sonst Museen errichtet wurden, aufzustellen.

Die Pläne für den Auf- und Ausbau dieser Galerie, die als Anbau in dem großen Wald der Schorfheide, in Karinhall erfolgen sollte, und in der die Kunstgegenstände, ihren verschiedenen Entstehungen und Jahrhunderten nach, unter denselben Eindrücken ausgestellt werden sollten, waren fertig und konnten nur wegen des Kriegsausbruches nicht ausgeführt werden. Es sollte sich um Gemälde, Statuen, Gobelins und Kunstgewerbe der jeweils gleichen Epoche handeln, die zusammengestellt werden sollten. Ich sah nun die Dinge in »Salle du Jeu de Paume« und hörte, daß sie in der Hauptsache nach Linz gehen sollten; diejenigen, denen ein galeriemäßiger Wert nicht beigemessen wurde, sollten einer untergeordneten Bestimmung zugeführt werden. Da hat – ich gebe das auch offen zu – mich meine Sammlerleidenschaft sehr stark gefaßt, und ich habe gesagt: »Wenn die Dinge beschlagnahmt sind und bleiben, möchte ich einen geringen Teil wenigstens erwerben, um sie somit in diese von mir zu errichtende norddeutsche Galerie einzufügen«.

Der Führer genehmigte dies mit dem Vorbehalt, daß er zunächst selbst aber mindestens Photographien jener Gegenstände sehen wollte, die ich zu erwerben wünschte. Und es ist in einer ganzen Reihe von Fällen verständlicherweise dazu gekommen, daß er dann diese für sich selbst, das heißt, nicht für sich, sondern für sein Museum in Linz haben wollte, und ich sie wieder herausgeben mußte. Ich wollte aber von Anfang an eine absolut klare Trennung insofern, als ich jene Gegenstände, die ich für die von mir zu errichtende Galerie erwerben wollte, auch bezahlen wollte.

Deshalb verfügte ich, daß ein Kunstsachverständiger, und zwar nicht ein deutscher, sondern ein französischer – es war irgendein Professor, an den Namen erinnere ich mich nicht –, den ich auch nicht gesprochen habe, die Dinge abschätzen sollte, und daß ich dann dazu Stellung nehme, ob mir der Preis zu hoch ist, ob ich verzichte, oder ob ich diesen Preis bezahlen wollte. Ein Teil, der erste Teil, wurde auf diese Weise beglichen, dann wurde ein Stopp eingelegt, weil ein Teil dieser Gegenstände hin und her ging, das heißt, sie gingen zum Führer zurück und blieben nicht bei mir, und erst nach Abschluß der Angelegenheit sollte die Bezahlung erfolgen. Ich habe nun auch in diesem Erlaß, den ich als »vorläufigen Erlaß« bezeichnete, und den der Führer erst noch zu genehmigen hatte, betont, daß all die Dinge von mir bezahlt würden, die Dinge, die keinerlei musealen oder Galeriewert hatten, sollten versteigert werden, an französische Geschäfte oder an deutsche, oder wer sich an dieser Versteigerung beteiligen wollte; und daß der Erlös aus all diesen Dingen, soweit sie nicht beschlagnahmt, sondern bezahlt wurden, den Hinterbliebenen der französischen Kriegsopfer auszuliefern wäre. Ich habe dann wiederholt angefragt, wohin die Überweisung erfolgen sollte, und erklärt, daß in Zusammenarbeit mit den französischen Stellen ja doch solch ein Konto errichtet werden müßte. Es ging dann immer wieder um die Errichtung dieses Kontos. Die Summe lag stets auf meiner Bank bereit, bis zum Schluß.

Eines Tages, als ich wieder angefragt habe, erhielt ich eine überraschende Antwort, nämlich, daß der Reichsschatzmeister der Partei auf eine Erstattung dieser Summen verzichtete. Ich habe sofort zurückgeschrieben, meine Sekretärin wäre in der Lage, dies eidlich zu bezeugen, daß ich überhaupt nicht verstehe, was der Reichsschatzmeister der Partei damit zu tun habe; ich möchte das französische Konto wissen, auf welches ich die Beträge überweisen kann; hier könnte die Partei, das heißt der Reichsschatzmeister, in keiner Weise mir die Zahlung erlassen oder nicht, denn ich selbst habe diese ja gewünscht. Selbst nachdem bereits das französische Land wieder besetzt war, forderte ich das Konto an, wohin ich die bereitliegende Summe überweisen könnte.

Zusammenfassend und abschließend möchte ich sagen:

Nach einem Erlaß betrachtete ich diese Dinge als für das Reich beschlagnahmt. Infolgedessen glaubte ich mich auch berechtigt, daraus Erwerbungen zu erzielen, besonders da ich nicht nur dem Reichsfinanzminister sondern auch meiner ganzen Umgebung niemals ein Hehl daraus gemacht habe, daß diese Gegenstände, ebenso wie die vorhin erwähnten aus meinem Besitz, soweit sie Musealwert hatten, in dieser vorhin beschriebenen Galerie zusammengefaßt werden sollten.

Was nun den Tausch anbelangt, so möchte ich auch dies richtigstellen. Unter den beschlagnahmten Bildern befanden sich auch solche modernster Art, Bilder, die ich persönlich ablehne und ablehnte, die aber im französischen Kunsthandel, soviel mir gesagt wurde, begehrt waren. Ich habe daraufhin gesagt, von mir aus können dann auch solche Bilder geschätzt und erworben werden, um sie dann gegen alte Meister, die mich interessierten, zu tauschen. Ein Druck ist in dieser Richtung von mir nie ausgeübt worden. Ich habe mich nur damit befaßt, ob einer mir einen zu hohen Preis abforderte, dann ging ich auf das Angebot nicht ein, oder, wie in jedem Kunstgeschäft, ob mir das Angebot paßte und vor allem, ob das Angebotene auch echt und richtig war.

Dies nur zum Tausch; ich habe keinesfalls hier einen Druck ausgeübt.

Später, nachdem ich die Dinge erworben hatte, habe ich einen Teil derselben, ebenso wie einen Teil meiner eigenen, selbstverständlich zum allgemeinen musealen Tausch verwendet, das heißt, ein Museum war interessiert an diesem einen Bild, ich war interessiert für meine Galerie an einem Bild, das dieses Museum besaß, so wurde getauscht.

Dieser Tausch erfolgte auch mit Kunsthändlern des Auslandes. Es handelte sich aber nicht ausschließlich um Bilder oder Kunstgegenstände aus diesem Erwerb, sondern ganz generell auch um solche, die ich im freien Handel, sei es in Deutschland, in Italien oder in anderen Ländern erworben hatte, oder die ich von früher her besaß.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit gleich hinzufügen, daß unabhängig von diesem Erwerb, ich möchte das beziehen auf »Salle du Jeu de Paume«, wo diese beschlagnahmten Gegenstände waren, ich selbstverständlich auch in Frankreich wie in allen anderen Ländern vor und während des Krieges im freien Handel Kunstwerte erworben habe.

Ich darf hinzufügen, daß es ungefähr so war: wenn ich nach Rom oder Florenz, nach Paris oder Holland kam, lag schon immer, als wenn die Leute vorher geahnt hätten, daß ich komme, in kürzester Frist ein ganzer Berg von schriftlichen Angeboten aus allen möglichen Kreisen, Kunsthändlern und Privaten vor; wenn auch das meiste falsch war, so waren doch auch mich interessierende echte Gegenstände, die angeboten wurden, darunter. Ich habe im freien Handel, im freien Ankauf, eine Reihe von Kunstgegenständen erworben. Besonders auch aus privater Hand wurden mir sehr häufig am Anfang Angebote gemacht. Auch das möchte ich betonen: ich wurde besonders in Paris ziemlich betrogen. Man schlug sofort, wenn man wußte, es war für mich, 50 bis 100 Prozent auf den Preis auf.

Das ist von mir kurz und abschließend zu den Dingen zu sagen.

DR. STAHMER: Haben Sie zum Schutze der französischen Kunststätten und Denkmäler Vorkehrungen getroffen?

GÖRING: Ich möchte mich hier zunächst zu dem staatlichen Kunstschatz Frankreichs äußern, das heißt zum Besitz der staatlichen Museen. Aus den staatlichen Museen habe ich weder einen Gegenstand beschlagnahmt noch sonst irgendwie entnommen. Ausgenommen waren zwei Tauschverträge mit dem Louvre auf völlig freiwilliger Basis; ich tauschte hier eine Figur, die in der Kunstgeschichte bekannt ist als »La Belle Allemande«, eine aus Deutschland stammende Holzfigur, gegen eine andere deutsche Holzfigur, die schon lange Jahre vor dem Kriege mein persönliches Eigentum war, und zwei Bilder. Ein Tausch, wie er schon vor dem Krieg zwischen mir und anderen Museen da und dort gemacht wurde, und wie er unter den Museen auch üblich ist. Sonst habe ich immer alle Stellen angewiesen, das äußerste zu tun, um diese Kunstschätze vor Zerstörung durch Bomben oder Kampfeinwirkung zu schützen.

So erinnere ich mich, als mir Direktoren des Louvre sagten, daß die meisten Dinge einfach nur in die Räume der sogenannten Loire-Schlösser gestellt worden waren, ich mich im Hinblick auf die vermehrten Bombenangriffe, die kamen, bereit erklärte, auf ihre Anforderung, und wenn sie es wünschten und wenn es sich als notwendig erwiese, ihnen zu helfen, die Dinge in sicheren Gewahrsam, wohin sie bestimmten, zu bringen; sie klagten, keine Transportmittel zu besitzen.

Nun komme ich zu den Kunststätten, worunter ich Gebäude, Kirchen und andere Denkmäler, also feststehender Art, verstehe. Und hier kann ich sagen, daß ich vielleicht manchmal einen Befehl gegeben habe, der mich zu meinen rein militärischen Pflichten in einen kleinen Widerspruch führte, denn ich habe meinen Fliegern eingeschärft, unter allen Umständen die herrlichen gotischen Kathedralen der französischen Städte zu schützen und nicht anzugreifen, selbst dann nicht, wenn es sich in diesen Orten um Truppenstauungen oder ähnliches handelte; ich habe angeordnet, daß, wenn Angriffe sein müßten, in erster Linie die zielsicheren Stukaverbände verwendet werden sollten.

Es wird mir jeder Franzose bestätigen müssen, der damals dort war, daß sich das eigenartige Bild ergab, ob in Amiens, Rouen, Chartres oder in sonstigen Städten: Abgesehen davon, daß bei einer Bombendetonation Glas kaputt geht, aber die kostbaren Fenster waren vorher Gott sei Dank entfernt, waren wohl die Häuser der Umgebung der Kathedralen den Angriffen zum Opfer gefallen, aber mit Ausnahme, soweit ich mich erinnere, der kleinen Kathedrale in Beauvais – die größere war ebenfalls verschont – sind diese Kunststätten wichtigster und schönster Art verschont, und zwar bewußt verschont geblieben, im Gegensatz zu dem, was später in Deutschland geschah. Dies erkannte auch die Französische Regierung mir gegenüber wiederholt an.

Sonst habe ich zu diesem Punkt nichts auszuführen.

DR. STAHMER: Welche Gründe veranlaßten Sie, den Oberst Veltjens mit der Zentralisierung des schwarzen Marktes in Frankreich zu beauftragen?

GÖRING: Der Oberst Veltjens war ein Oberst der Reserve. Im ersten Weltkrieg Flieger. Er war dann in die Wirtschaft gegangen. Er war also nicht in seiner Eigenschaft als Oberst, sondern in seiner Eigenschaft als Wirtschaftler eingesetzt. Er war auch nicht nur für den schwarzen Markt in Frankreich sondern auch für den in Holland und Belgien von mir beauftragt. Und das kam so: Nach einer gewissen Zeit der Besatzung wurde mir gemeldet, daß verschiedene Dinge, an denen mir kriegswirtschaftlich sehr gelegen war, nur auf dem schwarzen Markt zu haben wären. Damals lernte ich zum ersten Male den Begriff des schwarzen Marktes kennen, das heißt, es seien wohl noch Kupfer, Zinn und andere uns interessierende Dinge vorhanden; diese lägen aber zum Teil in Holland in den Kanälen und Grachten versenkt und seien in den anderen Ländern auch wohlweislich versteckt; bei Einsatz der notwendigen Geldmittel würden sie aber herauskommen, während wir auf Grund einer Beschlagnahmeorder nur sehr wenig kriegswichtige Rohstoffe in die Hand bekommen würden. Ich ließ mich damals, wie während des ganzen Krieges, ausschließlich und immer nur von den für das Endkriegsziel, die Erringung des Sieges, maßgebenden Absichten und Vorstellungen lenken. Es war mir wichtiger, Kupfer und Zinn, um nur ein Beispiel zu nennen, auf jeden Fall zu bekommen, auch wenn ich, noch so hohe Summen einsetzen mußte, als sie nicht zu bekommen, aus der Überlegung heraus, daß solche Summen in dieser Höhe nicht gerechtfertigt wären. Ich habe also Veltjens ganz generell gesagt: »Welche Dinge die deutsche Kriegswirtschaft interessiert, wissen Sie. Wo Sie diese Dinge und wie Sie diese Dinge bekommen, das ist mir letzten Endes gleich. Werden sie durch die angeordnete Beschlagnahme erfaßt, um so besser; müssen wir viel Geld dafür aufwenden, aber bekommen wir sie dafür, muß auch dieser Weg gegangen werden.« Das Unangenehme war, daß aber auch andere Dienststellen, zunächst ohne mein Wissen, wie das hier richtig von der Französischen Regierung ausgeführt wurde, ebenfalls auf diese Weise an die sie interessierenden gleichen Dinge heranzukommen versuchten. Diesen Wettbewerb auch nun noch intern zu haben, ging mir allerdings über alles hinaus. Hier habe ich Veltjens nun die Vollmacht gegeben, einzig und allein die Stelle zu sein, die zivilen Händler, die nur auf diesem Weg behaupteten, die Dinge heranschaffen zu können, zu kontrollieren und als einzige aufkaufende Stelle dafür aufzutreten und mit meiner Vollmacht die anderen Dienststellen auszuschalten.

Wie schwer ein schwarzer Markt endgültig zu bekämpfen ist, geht aus mehrerem hervor. Ich habe nachher gänzlich, auch für Veltjens und seine Organisation, den schwarzen Markt verboten, auf eine besondere Bitte des Ministerpräsidenten Laval hin. Trotzdem war er damit nicht beseitigt, und es ist nur eine Bestätigung meiner Auffassung, daß die Französische Anklagedelegation ausgeführt hat, der schwarze Markt habe sogar den Krieg noch überdauert. Soviel ich weiß, blüht er heute auch in vollem Umfange hier wieder in Deutschland. Es sind dies nun mal Erscheinungen, die immer im und nach einem Krieg auftauchen werden, sobald eine außerordentliche Verknappung oder Zurückhaltung und ein Verstecken der Waren auf der einen Seite und das Begehren, sie zu erhalten, auf der anderen vorhanden ist.

DR. STAHMER: Soll ich jetzt aufhören?

VORSITZENDER: Dr. Stahmer, der Gerichtshof hat angenommen, der Zeuge, der Angeklagte, würde mit seiner Vernehmung im wesentlichen bis heute mittag fertig werden. Können Sie mir nun sagen, wie lange der Angeklagte noch für seine Aussage benötigen wird?

DR. STAHMER: Ich habe ja damit gerechnet, daß ich heute Morgen fertig werde. Es sind aber einige Unterbrechungen gewesen. Ich hoffe, daß ich heute im Laufe des Tages fertig werde.

VORSITZENDER: Ich weiß von keiner Unterbrechung, mit Ausnahme des Einspruches von Herrn Justice Jackson zur Frage der Repressalien.

DR. STAHMER: Es ging eine technische Störung voraus.

VORSITZENDER: Ja. Der Gerichtshof wird dann morgen von 10.00 bis 13.00 Uhr verhandeln.