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[Pause von 10 Minuten.]

VORSITZENDER: Einen Augenblick bitte, Dr. Sauter. Ich möchte Herrn Dr. Nelte erst sprechen.

Dr. Nelte! Der Gerichtshof hat Ihren Antrag betreffend das Dokument »Charakteristik von Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel« geprüft und sich auf das Protokoll vom 25. Februar 1946 (Band VIII, Seite 260) bezogen, das Sie anscheinend im Sinne hatten. Sie haben aber scheinbar nicht bemerkt, daß das gleiche Dokument »Charakteristik von Keitel« im Absatz 2 der Verfügung des Gerichtshofs abgelehnt wurde. Dieser Absatz enthält die nach Beratung des Gerichts gefällte Entscheidung, die auf jener Seite des Protokolls, auf die ich mich bezogen habe, niedergelegt ist. Nach Ansicht des Gerichtshofs können Sie daher jenes Dokument, das bereits vom Gerichtshof abgelehnt war, nicht vorlegen.

DR. NELTE: Ich habe das ganze Sitzungsprotokoll nicht vor mir. Ich weiß aber, daß die Ablehnung des Affidavits mit der Begründung erfolgte, daß in den Fällen ein Affidavit nicht vorzulegen sei, wenn der Zeuge gerufen werden könne, und das sei hier der Fall. Daraufhin hat Sir David Maxwell-Fyfe unter Anfügung dieser besonderen Dokumentennummer meines Dokumentenbuches folgendes gesagt: »Das Gericht wird sich vielleicht daran erinnern, daß im Falle des Zeugen Dr. Blaha mein verehrter Kollege, Herr Dodd, so vorging, daß er den Zeugen fragte...« Dieses Affidavit gehört zu diesem Dokument.

VORSITZENDER: Ich weiß das, Dr. Nelte, und habe Sie schon auf die betreffende Seite des Protokolls verwiesen, auf das ich mich bezog. Aber die Verteidiger müssen sich völlig darüber klar sein, daß der Gerichtshof Entscheidungen über solche Anträge für Zeugen und Dokumente nicht in öffentlicher Verhandlung trifft, und der Gerichtshof hat durchaus klar zum Ausdruck gebracht, daß er gestellte Anfragen später prüfen würde; jedesmal ist dem Verteidiger eine klare schriftliche Entscheidung über die zugelassenen oder abgelehnten Zeugen, Fragen oder Dokumente, gegeben worden. Die »Charakteristik von Keitel« fällt unter Absatz 2 dieser Entscheidung. Nach Ansicht des Gerichtshofs hätte dieses Dokument daher niemals angeboten werden dürfen. Das ist alles.

DR. NELTE: Ich versuchte, klar zu machen, warum ich zu der Annahme kommen konnte, daß trotz der Ablehnung des Affidavits das Material desselben bei der Anwesenheit des Zeugen gebraucht werden könnte.

DR. FRITZ SAUTER, VERTEIDIGER DER ANGEKLAGTEN FUNK UND VON SCHIRACH: Ich bitte folgende Fragen stellen zu dürfen, zunächst für den Angeklagten Funk:

[Zum Zeugen gewandt:]

Herr Zeuge! Der Angeklagte Funk ist im Sommer 1931 der Partei beigetreten. Er war damals, wie Sie wissen, Chefredakteur der »Berliner Börsenzeitung«. Ist Ihnen bekannt, daß er sich in dieser Tätigkeit einer besonderen Wertschätzung sowohl bei der Presse wie auch bei den Kreisen des deutschen Wirtschaftslebens erfreute?

GÖRING: Ich weiß, daß damals Funk und seine Wirtschaftsartikel in der Börsenzeitung sehr beachtet wurden und daß er viele Verbindungen zu den Wirtschaftskreisen gehabt hat.

DR. SAUTER: Wir haben gehört, Herr Zeuge, daß dem Angeklagten Funk vorgeworfen wird, er habe durch die Tätigkeit den Machtantritt der Partei stark gefördert und es würde mich interessieren, von Ihnen zu hören, ob Funk vor dem Machtantritt der Partei überhaupt in der Partei irgendeine Rolle gespielt hat, oder ob es richtig ist, daß er nach seiner Niederlegung der Chefredaktion der Berliner Börsenzeitung einen sogenannten wirtschaftspolitischen Informationsdienst herausgab. Aber nicht etwa für Kreise der Partei, sondern für alle Wirtschaftskreise, einschließlich derjenigen der deutschen Volkspartei?

GÖRING: Ich darf die Bitte aussprechen, mir vielleicht die Frage präziser vorzulegen, das ist ja eine ganze Erzählung. Ich kann mich aber kurz fassen. Vor der Machtergreifung kannte ich nur die Tätigkeit Funks als Redakteur der Börsenzeitung, die ich vorhin erwähnte, und da wurde er mehrfach, wenn ich mit gewissen Wirtschaftskreisen sprach, erwähnt. Ich habe erst nach der Machtergreifung überhaupt gehört, daß Funk vorher schon bei der Partei war und sein Verhältnis dort und seine Tätigkeit muß also nicht von so großer Bedeutung gewesen sein, sonst wäre es mir ja irgendwie aufgefallen. Über seinen Informationsdienst, ob er für die Demokraten oder Volkspartei war, weiß ich nichts.

DR. SAUTER: Funk ist dann nach der Machtergreifung Pressechef der Reichsregierung geworden. Das ist Ihnen bekannt?

GÖRING: Ja.

DR. SAUTER: Und in der Folgezeit wurde er dann Staatssekretär im Reichspropagandaministerium. Das ist Ihnen auch bekannt?

GÖRING: Ja.

DR. SAUTER: Nun würde mich interessieren, was die Tätigkeit als Pressechef der Reichsregierung anlangt, hatte Funk dabei irgendeinen Einfluß auf die Beschlüsse des Reichskabinetts?

GÖRING: Die Ernennung Funks zum Reichspressechef kenne ich genau. Nach der Vereidigung des Reichskabinetts sollte auch der neue Reichspressechef ernannt werden. Wir waren in einem Zimmer des Hotels Kaiserhof, und der Führer wollte nicht jemand aus der Presseorganisation, der unmittelbar aus der Partei war, sondern einen, der an sich vorher mit der Presse zu tun hatte, aber nicht so parteiprominent oder gebunden sei. Ich weiß nicht genau, wer den Namen Funk sagte. Aber ich weiß, daß er dann sagte: »Einverstanden.« Funk wurde geholt, und ich glaube, es war für ihn eine große Überraschung, den Eindruck hatte ich. Der Reichspressechef hatte zur Zeit, als Hindenburg noch Reichspräsident war....