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[Das Gericht vertagt sich bis 14.10 Uhr.]

Nachmittagssitzung.

VORSITZENDER: Hat die Verteidigung einige Fragen an den Zeugen zu richten?

DR. HORN: Herr Zeuge, können Sie uns den Grund sagen, warum die Besprechung zwischen Hitler und Henderson am 29. August ungünstig verlief?

DAHLERUS: Nein, ich hatte nur den Bericht darüber, daß sie sich nicht einigen konnten, und daß sie in Streit gekommen seien.

DR. HORN: Wissen Sie, über welchen der sechs Punkte ein Streit ausgebrochen war?

DAHLERUS: Soweit ich mich erinnern kann, handelte es sich um die Fassung der deutschen Antwort, worin gesagt wurde, daß Vertreter Polens während der nächsten 24 Stunden erwartet würden.

DR. HORN: Hat Ihnen dann Hitler im Beisein Görings nicht erklärt, warum er diese Forderung stellt, und zwar, weil sich die beiden Heere, das polnische und das deutsche, in Bereitschaft gegenüberstanden und jeden Augenblick ein ernsthafter Konflikt zu befürchten war, und deshalb Hitler kein Ultimatum bezüglich des Kommens eines polnischen Unterhändlers stellen wollte, sondern dadurch nur den Ausbruch eines Konfliktes vermeiden wollte?

DAHLERUS: Ja, dahingehende Erklärungen sind gemacht worden.

DR. HORN: Ist es richtig, Herr Zeuge, wie Sie in Ihrem Buch schreiben, daß Ihnen in der Polnischen Botschaft der Polnische Botschafter Lipski sagte, daß im Falle eines Krieges die polnische Armee im Triumph nach Berlin marschieren würde?

DAHLERUS: Nein, zu mir hat er das nicht gesagt, aber er machte dahingehende Bemerkungen zu Forbes.

DR. HORN: Und Forbes hat Ihnen diese Bemerkungen wieder überbracht?

DAHLERUS: Jawohl.

DR. HORN: Wie kam es zu Ihrem Treffen mit Herrn Forbes am 24. September in Oslo?

DAHLERUS: Ich ergriff die Initiative und reiste nach Oslo, um ihn dort zu sprechen.

DR. HORN: Bitte, können Sie den Inhalt des Schreibens von Forbes kurz bekanntgeben?

DAHLERUS: Ich habe es schon vorgelesen.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof hat bereits gesagt, daß er nicht wünscht, daß es verlesen wird; ich kann nicht einsehen, was die Sache mit Ribbentrop zu tun hat.

DR. HORN: Der frühere Außenminister von Ribbentrop ist wegen der Führung der gesamten deutschen Außenpolitik angeklagt. Ich halte es daher für wichtig, daß dieses Schreiben, das für den weiteren Verlauf der Außenpolitik, so wie Ribbentrop sie sah, entscheidend geworden ist, für seine späteren Friedensfühler zum Beispiel, verlesen wird.

DAHLERUS: Um Europa zu retten, von der ewig wiederkehrenden Angst vor deutschen Angriffen zu erlösen.

VORSITZENDER: Ist dieser Brief jemals Ribbentrop gezeigt worden?

DAHLERUS: Nein.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof hat schon entschieden, daß dieser Brief nicht verlesen wird.

DR. HORN: Sie haben dann am 26. September 1939 eine Besprechung mit Hitler gehabt. Ist es richtig, daß Hitler Ihnen damals sagte, er könne über Polen auch nicht mit England verhandeln, denn der größere Teil von Polen sei von Rußland besetzt, und Rußland werde ihn nach seinem Wissen bestimmt nicht herausgeben?

DAHLERUS: Er erklärte, daß er nicht bereit sei, die polnische Frage zu diskutieren und fügte später hinzu, daß er, abgesehen von seiner Entscheidung, auch nicht glaube, daß Rußland bereit sei, über das von Rußland besetzte Gebiet zu diskutieren.

DR. HORN: Waren Sie zur Zeit, als Sie Ihre Verhandlungen führten, politisch unabhängig?

DAHLERUS: Absolut.

DR. HORN: Danke sehr, ich habe keine weiteren Fragen.

DR. LATERNSER: Ich habe nur eine Frage an den Zeugen.

Herr Zeuge! Haben bei den vielen Verhandlungen, die Sie mit deutschen Stellen in dieser Zeit gehabt haben, jemals hohe militärische Führer aktiv teilgenommen?

DAHLERUS: Niemals.

DR. LATERNSER: Danke sehr.

VORSITZENDER: Hat einer von den anderen Verteidigern Fragen zu stellen?