[Der Dolmetscher wiederholt die Frage.]
DR. STAHMER: Ja.
VORSITZENDER: Ja, das war die Frage, und soweit ich hörte, ist darauf noch keine Antwort gegeben worden.
DR. STAHMER: Ich habe das nicht verstanden, Herr Präsident.
VORSITZENDER: Die Frage, die Sie gestellt haben, war, ob der 26. August vom Führer vorgesehen war, um gegen Polen vorzugehen, und der Angeklagte Göring hat jetzt schon längere Zeit gesprochen, ohne die Frage beantwortet zu haben.
GÖRING: Auf diese Frage habe ich geantwortet, daß tatsächlich zunächst der 26. August vom Führer für einen Einmarsch vorgesehen war, da er in der Situation, die ich geschildert habe, diesen Zeitpunkt für notwendig hielt. Es gelang aber dann, ihn noch einmal zu bewegen, einen Zeitaufschub zu geben, um weitere Verhandlungen zu führen.
DR. STAHMER: Worauf ist es zurückzuführen, daß der Vorschlag Hitlers scheiterte?
GÖRING: Welcher Vorschlag?
DR. STAHMER: Der letzte Vorschlag vom 27. August, den Herr Dahlerus nach London übermittelt hatte.
GÖRING: Dieser Vorschlag war ja ein inoffizieller; er wurde gefolgt von einem offiziellen Vorschlag, der in einer Note dem Englischen Botschafter vorgelesen wurde; das heißt, es wurde der Englischen Regierung mitgeteilt, welche Forderungen Deutschland an Polen stellen würde. Dieser Vorschlag ist nicht ganz erfaßt worden. Er wurde dann auf inoffiziellem Wege – aber de facto – sowohl der Englischen Regierung bekanntgegeben, und gelangte auf dem inoffiziellen Wege, der vorhin von Dahlerus beschrieben wurde, auch genau und exakt zur Kenntnis des Polnischen Botschafters. Es scheiterte daran, daß die Polnische Regierung nicht darauf eingegangen ist, diesen Vorschlag zu diskutieren. Zunächst war als Frist für die Entsendung eines Bevollmächtigten, ich glaube, der 30. oder 31. festgesetzt; trotzdem wartete man auch weiter auf einen Bevollmächtigten. Auf den Hinweis, daß unter Umständen der Polnische Botschafter dies sein könnte, wurde dessen Audienz abgewartet; als er erklärte, zu keinerlei Entgegennahme berechtigt zu sein, schritt der Führer am nächsten Tag zum Einmarsch. Dies Telegramm habe ich ebenfalls durch Dahlerus an den Englischen Botschafter weitergeleitet – das Telegramm der Polnischen Regierung an ihren Botschafter, in dem sie ihm in einem Zusatz verboten hat, irgendein Gespräch über Vorschläge zu führen oder irgendeinen Vorschlag oder irgendeine Note in dieser Richtung anzunehmen.
Ich habe Dahlerus spontan das dechiffrierte Telegramm, das ich zuerst über das vorgestern erwähnte Forschungsamt erhielt, gegeben, um es Sir Henderson zu übermitteln; ich sagte ihm noch dazu – und setzte mich hier über alle Bedenken hinweg –, daß es von außerordentlicher Wichtigkeit sei, daß die Englische Regierung raschestens erfahren solle, wie intransigent zur Zeit die Haltung der Polnischen Regierung wäre, um unter Umständen auf die Polnische Regierung im Sinne einer Aussprache einzuwirken. Ich gab damit den Schlüssel preis, das heißt, ich stellte damit unter Beweis, daß wir den Chiffrier-Schlüssel der polnischen Diplomatie hatten und verschüttete damit für Deutschland eine wesentliche und wichtige Quelle. Es war dies ein einmaliges Vorgehen, das ich nur rechtfertigen konnte aus dem absoluten Wunsch und Willen, in letzter Stunde den Zusammenstoß zu verhindern. Ich darf deshalb den Anhang an die offizielle Depesche vorlesen; er ist kurz und lautet: »Seitens der Polnischen Regierung an den Polnischen Botschafter Lipski in Berlin.«
Ich lasse den ersten Teil weg und bringe nur das Folgende:
»Als besondere Geheiminformation für den Botschafter wird dazu anschließend mitgeteilt: bitte unter keinen Umständen sachliche Diskussion führen. Im Falle des Vorbringens mündlicher oder schriftlicher Vorschläge seitens der Reichsregierung erklären, daß Sie keinerlei Vollmacht zur Entgegennahme oder Diskussion hätten, daß Sie lediglich obige Botschaft ihrer Regierung zu überbringen hätten und weitere Instruktionen erst einho len müßten.«
Daraus geht hervor, daß der Botschafter nicht, wie uns gesagt worden war, berechtigt war, irgend etwas in der Richtung zu tun, und dieses Telegramm, das ja auch der Führer zu lesen bekam, hat ihn wohl sehr stark auf die Möglichkeit der Hoffnungslosigkeit, mit Polen zu einer Verständigung zu kommen, hingewiesen.
DR. STAHMER: Sind von Ihnen diese Verhandlungen eingeleitet und durchgeführt worden mit dem ernstlichen Willen, den Frieden zu erhalten?
GÖRING: Das geht, wenn man die Schriftstücke im Zusammenhang liest, an sich aus dieser Schrift hervor; ich möchte mich aber nicht auf das Zeugnis dieses Buches stützen, sondern auf das, was ich hier unter Eid selbst auszusagen habe. Es war mein fester Wille, alles daran zu setzen, auch diese Frage, die aufgeworfen war, auf friedlichem Wege zu lösen. Ich habe den Krieg nicht gewollt und habe deshalb alles getan, um ihn, soweit es in meinen Möglichkeiten stand, zu vermeiden. Das hat nichts zu tun damit, welche Vorbereitungen ich pflichtmäßig in meiner Eigenschaft als hoher Offizier durchgeführt habe.
DR. STAHMER: Hier ist eine Angelegenheit behandelt worden wegen eines Flugzeugunfalles, der eventuell Herrn Dahlerus treffen konnte. Wie verhält es sich mit dieser Bemerkung?
GÖRING: Der Zeuge Dahlerus hat zum Schluß selbst gesagt, er müsse sich korrigieren dahin, daß er von mir diese absurde Darstellung nicht bekommen habe, sondern daß dies eine Kombination von ihm sei, weil ich kurz vorher in einem ganz anderen Zusammenhang den Namen Ribbentrop genannt habe. Ich war nur um eines besorgt, und darauf habe ich hingewiesen: Dahlerus flog zu dieser Zeit in meinem eigenen Flugzeug nach London; die Spannungen waren schon außerordentlich, und in allen Staaten waren Mobilmachungen und drohender Kriegszustand erklärt. Der offizielle Luftverkehr war längst eingestellt. Es war also nicht von der Hand zu weisen, daß unter Umständen ein deutsches Flugzeug, das mit einem Kurier nach London flog oder im umgekehrten Sinne, sagen wir ein englisches Flugzeug, das zu diesem Zeitpunkt mit einem Kurier nach Berlin geflogen wäre, gefährdet sein konnte durch unsere Flakstellungen oder ähnliches; und es lag mir daran, diese Gefährdung weitgehend durch Telephonate, soweit ich mich erinnere, mit den holländischen und den englischen Dienststellen auszuschließen, und nur darauf bezog ich meinen Hinweis an Dahlerus, daß er hoffentlich gut ankommen und zurückkommen möge; denn in diesen Zeiten könne sich leicht ein Unfall ereignen.
Herr von Ribbentrop hat von der Entsendung von Dahlerus überhaupt nichts gewußt. Ich habe mit Herrn von Ribbentrop über den Fall Dahlerus während der ganzen Zeit überhaupt nicht gesprochen. Er wußte also gar nicht, daß er flog, daß er zwischen mir und der Englischen Regierung hin und her ging. Es ist das eine absolute Kombination.
DR. STAHMER: Waren Sie am 26. September 1939 bei der Unterhandlung zwischen Dahlerus und Hitler zugegen?
GÖRING: Ja.
DR. STAHMER: Welche Äußerungen hat Hitler dort über Polen getan?
GÖRING: Es ist richtig, daß er geäußert hat, daß an eine Wiederherstellung in dem Sinne, wie Polen vor Beginn des Krieges bestanden habe, nach dem Verlauf des Kampfes, nun, nachdem die Waffen gesprochen hätten, von seiner Seite nicht mehr zu denken wäre, sondern daß er nunmehr selbstverständlich die alten deutschen Provinzen, die 1918 abgetrennt wurden, behalten würde. Er machte aber damals schon einen Hinweis, daß das Generalgouvernement in Warschau ihn nicht interessieren würde, machte aber den stärksten Hinweis darauf an Dahlerus, daß dies eine Frage sei, die in erster Linie und entscheidend nur zwischen Deutschland und Rußland endgültig zu regeln sei, und daß eine einseitige Regelung mit England schon daher nicht in Frage käme, weil Rußland schon den größeren Teil von Polen besetzt habe. Und das seien Abmachungen, die in keiner Weise nunmehr einseitig von ihm mit England reguliert werden könnten. Das waren in großen Zügen die Ausführungen des Führers.
DR. STAHMER: Ich habe keine weiteren Fragen.
JUSTICE JACKSON: Ich verweise auf die Aussagen, die Sie gestern wie folgt gemacht haben, und frage Sie, ob diese stimmen:
»Ich glaube, ich war stellvertretender Vorsitzender« – mit Bezug auf den Reichsverteidigungsrat – »Ich weiß nicht genau, ich habe darüber gehört. Ich versichere Ihnen unter Eid, daß ich zu keiner Zeit und zu keinem Datum an einer Sitzung des Reichsverteidigungsrates teilgenommen habe, als er zusammentrat.«
Ist das eine richtige Niederschrift Ihrer Aussage?
GÖRING: Ja, ich habe gesagt, daß ich mich an keiner einzigen...
JUSTICE JACKSON: Das genügt. Das ist alles, was ich wissen wollte.
GÖRING: Ja.
JUSTICE JACKSON: Ich verweise Sie nun auf Dokument 3575-PS, US-781; es ist ein Protokoll der Sitzung des Reichsverteidigungsrats vom 18. November 1938, bei der Sie den Vorsitz geführt haben.
Ich verweise Sie auf Ihre Erklärung, daß die Sitzung ausschließlich aus einer dreistündigen Rede des Feldmarschalls bestand, und keine Diskussion stattfand. Stimmt das?
GÖRING: Ich muß es erst lesen, ich sehe das Dokument zum ersten Male.
JUSTICE JACKSON: Sie wußten nicht, daß wir dieses Dokument haben, als Sie gestern diese Frage beantworteten, nicht wahr? Wollen Sie bitte diese Frage beantworten.
GÖRING: Ich habe das Dokument nicht gesehen vorher. Ich muß es erst einmal sehen. Es heißt hier:
»Vermerk über die Sitzung des Reichsverteidigungsrates am 18. November 1938.«
Der Reichsverteidigungsrat, wie er hier beschrieben wurde, bestand aus wenigen Personen. Hier waren aber anwesend sämtliche Reichsminister und Staatssekretäre, ferner die Oberbefehlshaber Heer, Kriegsmarine, die Generalstabschefs der drei Wehrmachtsteile, Reichsleiter Bormann für den Stellvertreter des Führers, General Daluege, SS-Gruppenführer Heydrich, der Reichsarbeitsführer, der Preiskommissar, der Präsident des Reichsarbeitsamtes und andere.
Als ich meine Aussage machte, habe ich nur an den Reichsverteidigungsrat als solchen gedacht.
Hier handelt es sich um eine Sitzung über den Reichsverteidigungsrat im Rahmen eines großen Gremiums. Trotzdem war mir dies nicht gegenwärtig; aber es handelt sich hier um eine Sitzung über den Reichsverteidigungsrat in einem Gremium, das weit größer war, als das für den Reichsverteidigungsrat niedergelegte.
JUSTICE JACKSON: Ich verweise auf die Tatsache, daß der Feldmarschall sagte, daß die Aufgabe des Reichsverteidigungsrates darin bestünde, alle Kräfte der Nation für den beschleunigten Aufbau der deutschen Rüstung zusammenzuschließen. Finden Sie das?
GÖRING: Ja, ich habe es jetzt gefunden.
JUSTICE JACKSON: Der zweite Absatz.
GÖRING: Ja.
JUSTICE JACKSON: Unter II »Die materiellen Aufgaben. Die Aufgabe ist, das Rüstungsniveau von 100 auf einen Stand von 300 zu bringen.«
GÖRING: Ja.
DR. SIEMERS: Ich weiß nicht recht den Grund einzusehen, warum die Verteidigung immer wieder Urkunden, die im Gericht besprochen werden, und die dem Gericht vorgelegt werden, nicht erhält. Auch die jetzt besprochene Urkunde ist uns nicht bekannt, mir jedenfalls nicht.
Ich habe dies bereits in den letzten Tagen mehrfach festgestellt, daß Urkunden von der Anklage plötzlich vorgelegt werden, ohne daß man sich auch nur die Mühe macht, uns im geringsten zu beteiligen.
JUSTICE JACKSON: Das ist vollständig richtig. Ich glaube, daß jeder Anwalt weiß, daß eine der großen Fragen in diesem Verfahren die der Glaubwürdigkeit ist. Wenn wir jedoch beim Kreuzverhör jedes Dokument vorlegen sollen, ehe wir uns im Kreuzverhör, nachdem die Aussage gemacht ist, darauf berufen können, dann wird die Aussicht auf ein erfolgreiches Kreuzverhör zunichte gemacht.
Er kannte dieses Dokument natürlich nicht. Wir haben aber hier die Erfahrung machen müssen, daß, wenn wir ein Dokument nach dem andern vorlegen, wir immer wieder Erklärungen bekommen, die sorgfältig vorbereitet waren und hier an Hand von Notizen verlesen wurden. Noch nie haben Angeklagte eine bessere Möglichkeit gehabt, ihren Fall vorzubereiten, als diese Angeklagten, und ich bin der Ansicht, daß ihr Kreuzverhör nicht durch die Forderung beeinträchtigt werden soll, daß wir die Dokumente vorher vorzulegen haben.
VORSITZENDER: Wollen Sie etwas sagen?
DR. SIEMERS: Ich darf dazu zweierlei sagen.
1. Ich bin durchaus damit einverstanden, wenn Justice Jackson gern von dem Überraschungsmoment Gebrauch machen will. Ich wäre nur dankbar, wenn der Verteidigung dann auch gestattet wird, mit Überraschungsmomenten zu arbeiten. Uns ist jedoch bisher gesagt worden, daß wir jedes Dokument, das wir vorlegen wollen, wochenlang vorher zeigen müssen, damit die Anklage mehrere Wochen Zeit hat, hierzu Stellung zu nehmen.
2. Wenn mit einem Überraschungsmoment gearbeitet wird, dann, glaube ich, sollte man zum mindesten uns, als den Verteidigern, diese Überraschung auch in dem Augenblick zukommen lassen, in dem Moment, wo man das Dokument dem Gericht und dem Zeugen überreicht. Ich habe aber in diesem Augenblick weder die Dokumente des heutigen Tages, noch die Dokumente der früheren Tage.
VORSITZENDER: Was Sie soeben gesagt haben, trifft überhaupt nicht zu. Sie sind niemals gezwungen worden, Dokumente offenzulegen, die Sie einem Zeugen im Kreuzverhör vorlegen wollten. Es handelt sich hier um ein Kreuzverhör, und es steht deshalb der Anklagebehörde durchaus frei, einem Zeugen irgendein Dokument vorzulegen, ohne es vorher bekanntzugeben, genau so, wie es auch der Verteidigung frei steht, einem von der Anklagebehörde aufgerufenen Zeugen irgendwelche Dokumente beim Kreuzverhör vorzulegen.
Ich bin überzeugt, daß, wenn die Verteidigung den Zeugen über ein derartiges Dokument nochmals vernehmen will, eine Abschrift dieses Dokuments ihm zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt wird.
Das Gericht entscheidet daher, daß dieses Dokument dem Zeugen jetzt vorgelegt werden darf.
DR. SIEMERS: Hat die Verteidigung die Möglichkeit, jetzt, wo es im ganzen Saal bekannt wird, das Dokument auch zu bekommen?
VORSITZENDER: Sicherlich.
DR. SIEMERS: Ich wäre dankbar, wenn ich jetzt ein Exemplar erhielte.
JUSTICE JACKSON: Ich möchte ganz ehrlich sagen, daß ich nicht weiß, ob wir genügend Abschriften haben, um sie allen Verteidigungsanwälten auszuhändigen.
VORSITZENDER: Das mag sein, vielleicht können Sie ihnen aber ein oder mehrere Exemplare zur Verfügung stellen?
JUSTICE JACKSON: Aber ich glaube nicht, daß wir Abschriften aushändigen sollten, bevor das auf dies Dokument bezügliche Verhör beendet ist, das heißt...
VORSITZENDER: Ja, Dr. Dix?
DR. DIX: Ich möchte eine Bitte aussprechen; daß wenigstens die technischen Möglichkeiten – daß wenigstens den Verteidigern derjenigen Defendants, die gerade im Kreuzverhör verhört werden, und zwar gleichzeitig mit dem Gericht, eine Abschrift der Urkunde gegeben wird, die dem Zeugen Defendant vorgelegt wird, damit sie in der Lage sind, genau so wie das Gericht, dem Verhör zu folgen.
Wenn Justice Jackson gesagt hat, daß er meint, daß es richtig wäre, dem Verteidiger dieses Dokument – also in diesem Falle dem Kollegen Stahmer – das Dokument erst zu geben, wenn das Verhör – in diesem Falle von Göring – beendigt ist, so bitte ich dringend, im Interesse der Würde und des Prestiges der Verteidigung, von dieser Anregung auch seitens des Justice Jackson Abstand zu nehmen. Ich glaube, daß nicht gemeint ist, daß insinuiert wird, daß der Verteidiger die Möglichkeit hätte, daß er – im Besitze dieser Urkunde, gleichzeitig mit dem Gerichtshof und gleichzeitig mit dem Zeugen – in die Lage gesetzt wird, etwa durch Zeichen oder sonstwie den Angeklagten zu beeinflussen und damit die cross examination von Justice Jackson beziehungsweise des Prosecutors zu stören. Das zu sagen und zu meinen, hat sicherlich Justice Jackson fern gelegen, aber man könnte daraus die Folgerung ziehen.
Deshalb fasse ich meine Bitte dahin zusammen: Wird in der cross examination zum Zwecke der cross examination, und zwar unter dem Gesichtspunkt des durchaus gerechtfertigten Gesichtspunktes der Überraschung, einem Zeugen ein Dokument vorgelegt, das gleichzeitig dem Gerichtshof vorgelegt wird, so soll zum mindesten im selben Moment der Verteidiger, der in Frage kommende Verteidiger, derjenige, der entweder den Zeugen gerufen hat, oder dessen Angeklagter in der Witnessbox sitzt, auch eine Abschrift dieser Urkunde erhalten, damit er sich überhaupt ein Bild über das machen kann, was dem Zeugen vorgehalten wird; denn Göring konnte eben diese Urkunde lesen; Herr Stahmer konnte sie nicht lesen. Er war also außerstande, zunächst dem nächsten Teil der cross examination von Justice Jackson zu folgen.
Das ist sicherlich nicht gewollt, wäre sicherlich auch nicht billig, und ich darf deshalb Justice Jackson bitten, sich dieser meiner Anregung und meinem Antrag anzuschließen, um so eine Einigkeit zu erzielen, und damit den Gerichtshof der Entscheidung über eine meines Erachtens selbstverständliche Frage zu entheben.
VORSITZENDER: Justice Jackson! Der Gerichtshof neigt zu der Ansicht – der Gerichtshof ist der bestimmten Ansicht, daß Sie vollständig recht haben, und daß, wie ich bereits erwähnt habe, überhaupt keine Notwendigkeit besteht, dem Angeklagten das Dokument zu zeigen, bevor Sie es im Kreuzverhör verwenden. Würden Sie aber etwas dagegen einzuwenden haben, wenn dem Verteidiger des im Kreuzverhör zu vernehmenden Angeklagten eine Abschrift ausgehändigt wird und zwar zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie es im Kreuzverhör verwenden?
JUSTICE JACKSON: In manchen Fällen ist das in Anbetracht der Dokumentenlage praktisch unmöglich. Eine große Anzahl dieser Dokumente haben wir sehr spät bekommen. Unsere Vervielfältigungseinrichtungen sind beschränkt.
VORSITZENDER: Ich wollte nicht sagen, daß Sie das Dokument allen geben sollen, sondern nur Dr. Stahmer.
JUSTICE JACKSON: Wenn wir Abschriften haben, so erhebe ich keinen Einspruch dagegen. Wenn wir sie aber nicht in deutscher Sprache haben, – es ist immer sehr schwer für uns, deutsche Exemplare dieser Dokumente zu erhalten...
DR. DIX: Darf ich noch etwas sagen? Wenn es eben nicht in deutsch geht, dann geht es sicherlich in englisch, denn eine englische Kopie wird ja sicherlich vorhanden sein. Im übrigen wird ja, wenn es sich um deutsche Zeugen handelt, wie Göring, wird ja doch die Urkunde in deutscher Sprache vorgelegt; sie ist doch sicherlich dem Zeugen in deutscher Sprache vorgelegt. Ich glaube, das wird bestimmt möglich sein.