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[Dr. Siemers tritt an das Rednerpult.]

VORSITZENDER: Wir brauchen wirklich nicht mehr als einen Verteidiger über einen derartigen Punkt zu hören. Der Gerichtshof hat bereits über Ihren Einspruch betreffend eine vorherige Vorlage der Dokumente dahin entschieden, daß Ihr Einspruch abgewiesen wurde.

DR. SIEMERS: Herr Präsident, ich bedauere. Mein Antrag ging dahin, daß die Verteidigung gleichzeitig mit dem Gerichtshof diese Urkunden bekommt. Ich bin nicht der Meinung, wie Herr Dr. Dix, daß nur ein Verteidiger es bekommt. Wenn es sich um ein Protokoll über den Reichsverteidigungsrat handelt, dann ist es ein Protokoll, das mehrere Angeklagte interessiert. Es genügt also nicht ein Exemplar, sondern es muß jeder Verteidiger dieses Exemplar haben. Ich glaube, daß Justice Jackson...

VORSITZENDER: Aber nicht in diesem Augenblick. Es bestehen, wie wir alle wissen, die allergrößten Schwierigkeiten, alle diese Dokumente herbeizuschaffen. Die Anklagebehörde und die Übersetzungsabteilung haben außergewöhnliche Anstrengungen gemacht, um den Angeklagten Dokumente und zwar Dokumente in deutscher Sprache zu liefern. Es ist nicht notwendig, daß alle Verteidiger diese Dokumente zur Zeit der Vernehmung des Zeugen im Kreuzverhör zur Hand haben. Ich bin überzeugt, daß die Anklagebehörde alles tun wird, ihnen diese Dokumente, alle Dokumente, die gebraucht werden, zu geeigneter Zeit zukommen zu lassen.

Nach Ansicht des Gerichtshofs ist es vollkommen ausreichend, wenn die Verteidigung für den ins Kreuzverhör genommenen Zeugen eine Ausfertigung erhält. Wie ich bereits gesagt habe, wird Ihnen die Anklagebehörde zweifellos Abschriften dieser Dokumente zum geeigneten Zeitpunkt zukommen lassen.

Sie erscheinen für den Angeklagten Raeder, und ich fürchte, daß der Angeklagte Raeder, nach dem jetzigen Tempo zu schließen, noch für längere Zeit nicht auf der Zeugenbank erscheinen wird.

DR. SIEMERS: Dies hat zur Folge, daß der Verteidiger, der im Moment nicht daran beteiligt ist, das Kreuzverhör nicht verstehen kann. In der technischen Frage bitte ich den Gerichtshof zu bedenken, daß ich Justice Jackson mit dem technischen Punkt nicht folgen kann. Das Dokument ist vervielfältigt und zwar mit Hilfe einer Matrize. Bei einer Matrizenvervielfältigung ist es vollkommen gleichgültig, ob 20 – 40 – 80 oder 150 Exemplare hergestellt werden. Es macht zeitlich keinen Unterschied, es sei denn, 4 oder 5 Minuten bei einer Vervielfältigung. Ich glaube daher, daß man sich kaum in diesem Falle auf die technische Schwierigkeit berufen kann.

VORSITZENDER: Die Anklagebehörde wird Ihre Erklärung berücksichtigen; der Gerichtshof hat jedoch nicht angeordnet, daß jedes Dokument jedem Verteidiger während des Kreuzverhörs ausgehändigt werden soll.

GÖRING: Ich möchte von dem Dokument noch einmal ausführen, daß es sich hier nicht um eine...

JUSTICE JACKSON: Darf ich ergebenst bitten, daß der Zeuge belehrt wird, Fragen zu beantworten und mit seinen Erklärungen solange zu warten, bis sein Verteidiger ihn befragt; andernfalls kann dieses Kreuzverhör, was die Zeit betrifft, nicht erfolgreich durchgeführt werden.

VORSITZENDER: Ich habe bereits bei verschiedenen Gelegenheiten erklärt, daß es die Pflicht der Angeklagten, wenn sie sich auf der Zeugenbank befinden, und auch der Zeugen ist, Fragen direkt zu beantworten, wenn diese direkt mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Wenn sie nachher Erklärungen zu machen haben, so können sie dies tun, aber erst, nachdem sie die Frage direkt beantwortet haben.

JUSTICE JACKSON: Ich verweise Sie auf Punkt 3, unter II »Finanzen«, der wie folgt lautet:

»Sehr kritische Lage der Reichsfinanzen. Abhilfe zunächst durch die der Judenschaft auferlegte Milliarde und durch Reichsgewinne bei Arisierung jüdischer Unternehmungen.«

Finden Sie das im Protokoll?

GÖRING: Das steht drin.

JUSTICE JACKSON: Und das Protokoll ist von Wörmann unterzeichnet, oder nicht?

GÖRING: Nein, das stimmt nicht. Wie bitte? Es steht hier auf der Photokopie Wörmann. Das ist nicht Bormann. Die Bormannsche Unterschrift kenne ich ganz genau, die ist ganz anders.

JUSTICE JACKSON: Ich sagte, Wörmann.

GÖRING: Wörmann, ja.

JUSTICE JACKSON: Gut, meine schlechte Aussprache! Stimmt es nicht, daß Sie einen Arbeitsausschuß im Reichsverteidigungsrat eingerichtet haben, der von Zeit zu Zeit zusammentrat und gewisse Arbeiten durchführte?

GÖRING: Ich habe schon neulich ausgeführt: Das ist der Referentenausschuß.

JUSTICE JACKSON: Ich verweise Sie auf das Beweisstück EC-405, das Protokoll einer Besprechung des Arbeitsausschusses des Reichsverteidigungsrates, 10. Sitzung.

GÖRING: Ich habe vorhin den Herrn Präsidenten so verstanden, daß, wenn ich die Frage beantwortet habe, ich eine Ausführung, die mir notwendig erscheint, dazu machen kann. Nachdem ich nun Ihre Frage bezüglich des ersten Dokuments klar beantwortet habe, darf ich nun meinerseits die Ausführung dahingehend machen, daß ich noch einmal betone, daß es sich hier nicht um eine Sitzung des geschlossenen Reichsverteidigungsrates handelt, sondern um eine generelle Einberufung aller Minister, Staatssekretäre und zahlreicher anderer Personen. Und daß ich meine Ausführungen damit begonnen habe:

I. Organisation des Reichsverteidigungsrates. Der Reichsverteidigungsrat war bereits durch Kabinettsbeschlüsse von 1933 und 1934 ins Leben gerufen, ist aber niemals zusammengetreten. Durch das Reichsverteidigungsgesetz – das neue – vom 4. September 1938 ist er neu gegründet worden. Vorsitzender ist der Führer; der Generalfeldmarschall Göring, ich, war mit seiner ständigen Vertretung beauftragt. Über den Reichsverteidigungsrat, von dem hier vorher die Rede war, bestehend aus dem Generalbevollmächtigten der Wirtschaft, Schacht – besser gesagt aus dem Dreierkollegium, ist hier innen nochmal attestiert, schriftlich, wie ich hier richtig gesagt habe, daß er niemals zusammengetreten ist. Ich bitte jetzt die Frage, die ich vergessen habe, zu diesem zweiten Dokument.

JUSTICE JACKSON: Sie haben ausgesagt, daß die Besetzung des Rheinlandes nicht im voraus geplant war.

GÖRING: Nur kurz vorher, habe ich betont.

JUSTICE JACKSON: Wie lange vorher?

GÖRING: Soweit ich mich erinnere, höchstens zwei bis drei Wochen.

JUSTICE JACKSON: Ich richte jetzt Ihre Aufmerksamkeit auf das Protokoll der 10. Sitzung des Arbeitsausschusses des Reichsverteidigungsrates, Dokument EC-405, gegen Ende des Dokuments, die Besprechung vom 26. Juni 1935, die wie folgt lautet:

GÖRING: Darf ich bitten, welche Seite? Es ist sehr groß, dies Dokument, und ist mir neu.

JUSTICE JACKSON:... Ich habe nicht genügend Exemplare...

GÖRING: Bitte, welche Seite, sonst müßte ich das ganze Dokument erst durchlesen.

JUSTICE JACKSON: Sehen Sie sich den letzten Abschnitt an:

»Das Niederlegen schriftlicher Anweisungen für Mobilmachungszwecke ist nur soweit zulässig, als es zur reibungslosen Durchführung der für die entmilitarisierte Zone vorgesehenen Maßnahmen unbedingt notwendig ist. Die Aufbewahrung in Panzerschränken muß ausnahmslos gewährleistet sein.«

Finden Sie diese Stelle?

GÖRING: Es handelt sich hier in dem Dokument, das mir vorgelegt ist, um Ausführungen einzelner Persönlichkeiten, die dauernd abwechseln, also ein Zwiegespräch. Ich bitte noch einmal: Der letzte Absatz enthält von dem, was Sie ausgeführt haben, nichts, also es muß hier scheinbar ein Unterschied zwischen dem englischen und dem deutschen Text vorhanden sein. Der letzte Absatz ist hier ganz belanglos. Wo soll ich nachlesen, bitte?

JUSTICE JACKSON: Sie finden dies im drittletzten Abschnitt, wenn mein Dokument das richtige ist. Haben Sie das gleiche Dokument?

GÖRING: Es muß mir gesagt werden, wer da spricht. Denn es sprechen ja hier immer verschiedene Personen.