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[Das Gericht vertagt sich bis

21. März 1946, 10.00 Uhr.]

Siebenundachtzigster Tag.

Donnerstag, 21. März 1946.

Vormittagssitzung.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Zeuge, können Sie sich daran erinnern, daß Sie mir gestern Abend gesagt haben, nur solche Kriegsgefangene, die sich eines Verbrechens oder Vergehens schuldig gemacht hatten, seien der Polizei übergeben worden?

GÖRING: So habe ich mich nicht ausgedrückt, sondern ich habe gesagt, wenn die Polizei Kriegsgefangene aufgegriffen hat, so wurden die, die während der Flucht ein Verbrechen begangen haben, von der Polizei – soweit ich weiß – in Haft behalten und nicht in das Lager zurückgegeben. Wie weit in anderen Fällen Kriegsgefangene von der Polizei behalten und nicht zurückgegeben wurden in das Kriegsgefangenenlager, das habe ich zum Teil erst hier aus den ganzen Vernehmungen und Erörterungen gehört.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wollen Sie sich bitte Dokument D-569 ansehen? Wollen Sie sich zuerst die Ecke oben links ansehen, woraus zu ersehen ist, daß es sich um ein vom Oberkommando der Wehrmacht veröffentlichtes Dokument handelt.

GÖRING: Das Dokument, das ich vor mir liegen habe, hat links oben folgenden Titel: »Der Reichsführer SS«, und den Untertitel: »Der Inspekteur der Konzentrationslager«.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Das Dokument ist vom 22. November 1941 datiert. Haben Sie es?

GÖRING: Jawohl, das habe ich.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wollen Sie sich jetzt bitte die Ecke unten links ansehen, und zwar die Verteilerliste. Die zweite Stelle, an die dieses Schreiben verteilt wird, ist das Luftfahrtministerium und der Oberbefehlshaber der Luftwaffe am 22. November 1941. Das waren Sie doch damals?

GÖRING: Das ist richtig. Dazu darf ich folgende Erklärung abgeben. Bei den vielen...

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Einen Augenblick bitte. Ich möchte, daß Sie zunächst das Dokument erfassen und später dazu Ihre Erklärung abgeben. Ich möchte Sie nicht unterbrechen. Sehen Sie sich bitte den dritten Satz des ersten Absatzes an. Er bezieht sich auf Sowjetkriegsgefangene. Der dritte Satz lautet:

»Soweit nach diesem Befehl flüchtige Sowjetkriegsgefangene in das Lager wieder eingeliefert werden, sind sie in jedem Falle der nächstgelegenen Dienststelle der Geheimen Staatspolizei zu übergeben.«

Absatz 2 handelt dann von der Sonderstellung, von den:

»... zur Zeit noch besonders häufig vorkommenden Straftaten sowjetischer Kriegsgefangener, die anscheinend im wesentlichen ihren Grund in ihren noch nicht geregelten Lebensverhältnissen haben, für welche die folgende Übergangsregelung geschaffen wird. Eine spätere Änderung bleibt vorbehalten.«

Falls ein Sowjetkriegsgefangener irgendeine andere Straftat begeht, muß der Lagerkommandant ihn dem Chef der Sicherheitspolizei übergeben.

Ist dieses Dokument so aufzufassen, daß ein Mann, der entkommen ist, der Sicherheitspolizei übergeben wird? Sie verstehen also: In diesem Dokument heißt es, daß ein Mann, der ausgebrochen ist, der Gestapo übergeben wird, und daß ein Mann, der ein Verbrechen begeht – wie Sie erwähnten –, der Sicherheitspolizei übergeben wird. War dies nicht das Verfahren, das von 1941 bis zu dem Datum im März 1944, mit dem wir befaßt sind, angewendet wurde?

GÖRING: Ich darf auch den Paragraphen vorher nochmal für mich durchlesen, um hier keine Sätze aus dem Zusammenhang herausreißen zu lassen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Herr Vorsitzender! Während der Zeuge das Dokument durchliest, darf ich die technische Seite der Einreihung der Beweisstücke besprechen? Als ich Feldmarschall Kesselring einem Kreuzverhör unterzog, habe ich drei Dokumente vorgelegt, nämlich: UK-66, GB-274; D-39, GB-275; und TC-91, GB-276. Dieses Dokument erhält also die Bezeichnung GB-277.