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[Zum Zeugen gewandt:]

Herr Zeuge, ich vertrete den Angeklagten von Schirach, den früheren Reichsjugendführer. Da würde mich nun folgendes interessieren. Hat es die HJ, die Hitler-Jugend, auch im Ausland gegeben oder nur im Reichsgebiet?

BOHLE: Die Hitler-Jugend bestand auch unter den Reichsdeutschen im Ausland.

DR. SAUTER: Dann bitte ich mir zu sagen, diese HJ, die Hitler-Jugend im Ausland, unterstand diese den politischen Weisungen der zuständigen Landesleiter der Auslandsorganisation, oder ist das nicht richtig?

BOHLE: Doch, die Hitler-Jugend im Ausland unterstand politisch den Hoheitsträgern der Partei.

DR. SAUTER: Es ist hier im Prozeß einmal die Behauptung aufgestellt worden, daß Angehörige der Hitler-Jugend für Agentendienste und für Spionagezwecke im Ausland geschult und für diese Zwecke auch verwendet wurden. Bestimmte Tatsachen, also bestimmte Einzelfälle, sind allerdings nicht angeführt, sondern es ist nur diese allgemeine Behauptung aufgestellt worden, und es wurde dabei behauptet, daß Hitlerjungen im Ausland sogar als Fallschirmabspringer eingesetzt beziehungsweise im Inland als Fallschirmabspringer ausgebildet worden seien, um dann im Ausland als Fallschirmabspringer verwendet zu werden.

Das ist die Behauptung, die ich Ihnen vorlege, und nun bitte ich Sie, sich darüber zu äußern, ob auf Grund Ihrer Kenntnis als des zuständigen Leiters der Auslandsorganisationen derartiges vorgekommen und derartiges überhaupt möglich war?

BOHLE: Ich möchte dazu folgendes sagen: Ich halte es für völlig ausgeschlossen, daß Mitglieder der Hitler-Jugend im Ausland in dieser Weise mißbraucht worden sind. Ich kann das um so eher behaupten, als ich ganz bestimmt von den Führern der Partei in den verschiedenen Staaten das Gegenteil erfahren haben würde. Es ist mir auch nicht das allergeringste über eine Ausbildung von Hitlerjungen als Fallschirmjäger oder dergleichen bekannt geworden. Ich halte diese Behauptungen für absolut aus der Luft gegriffen.

DR. SAUTER: Ich darf also annehmen, als das Ergebnis Ihrer Aussage, daß derartige Dinge auf Grund der ganzen Organisation bestimmt zu Ihrer Kenntnis gekommen wären, wenn so etwas vorgekommen oder vielleicht auch nur geplant gewesen wäre. Stimmt das?

BOHLE: Jawohl.

DR. SAUTER: Und dann, Herr Zeuge, hätte ich noch eine letzte Frage:

Es ist hier im Sitzungssaal auch eine weitere Behauptung über die HJ aufgestellt worden, also die Hitler-Jugend. Es ist nämlich behauptet worden, daß in Lemberg es einmal vorgekommen sei, daß die Hitler-Jugend oder Angehörige der Hitler-Jugend auf kleine Kinder als Zielscheiben geschossen haben. Nähere Einzelheiten sind allerdings auch in diesem Bericht nicht angegeben, sondern nur die Behauptung aufgestellt worden. Es würde mich folgendes interessieren:

Sie wissen ja, die Hitler-Jugend umfaßte, glaube ich, zum Schluß sieben oder acht Millionen Mitglieder.

VORSITZENDER: Dr. Sauter, hat diese Frage etwas mit der Auslandsorganisation zu tun?

DR. SAUTER: Mit der Auslandsorganisation insofern doch, weil ja meinem Mandanten, dem Angeklagten Schirach, vorgeworfen wird, daß diese Hitler-Jugend im Ausland derartige Greueltaten begangen Hat.

VORSITZENDER: Es hat doch niemand gesagt, daß sie das im Ausland getan haben. Soll die Hitler-Jugend Kinder als Zielscheiben sogar im Ausland verwandt haben?

DR. SAUTER: Jawohl, es ist gesagt worden, daß in Lemberg, im Generalgouvernement, nicht in Deutschland, sondern in Lemberg, das stimmt schon, im Ausland...

VORSITZENDER: Sie meinen, nachdem der Krieg angefangen hatte?

DR. SAUTER: Jawohl.

VORSITZENDER: Ich dachte, daß dieser Zeuge über diese selbe Organisation vor dem Krieg gesprochen hat.

DR. SAUTER: Das weiß ich nicht, ob er auch über die Auslandsorganisation während des Krieges gesprochen hat. Aber jedenfalls, Herr Präsident, der Zeuge kennt ja diese Verhältnisse, weil er die Auslandsorganisation unter sich hatte. Infolgedessen scheint mir der Zeuge besonders dazu berufen zu sein, über diese Dinge Auskunft zu geben.

VORSITZENDER: Es scheint mir, daß wir sehr weit von der Sache abschweifen, aber fahren Sie fort.

DR. SAUTER: Ja, Herr Präsident, sonst müßte ich ja den Zeugen meinerseits eigens wieder als Zeugen laden.