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[Der Zeuge Strölin betritt den Zeugenstand.]

VORSITZENDER: Wie heißen Sie?

ZEUGE KARL STRÖLIN: Karl Strölin.

VORSITZENDER: Sprechen Sie mir diesen Eid nach:

Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzufügen werde.

[Der Zeuge Strölin spricht die Eidesformel nach.]

VORSITZENDER: Sie können sich setzen, wenn Sie wollen.

DR. SEIDL: Herr Zeuge, Sie waren zuletzt Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart, ist das richtig?

STRÖLIN: Jawohl.

DR. SEIDL: Waren Sie in dieser Eigenschaft auch gleichfalls ehrenamtlicher Präsident des Deutschen Auslandsinstituts?

STRÖLIN: Jawohl.

DR. SEIDL: Sie haben heute vormittag eine eidesstattliche Versicherung unterschrieben, die ich Ihnen nun vorlesen werde:

»1. Das Deutsche Auslandsinstitut wurde im Jahre 1917 in Stuttgart gegründet. Daß Stuttgart zum Sitz dieses Instituts gewählt wurde, hängt damit zusammen, daß der schwäbische Volksstamm schon immer einen besonders hohen Prozentsatz an Auswanderern gestellt hat. So entstand gerade in Stuttgart das Bedürfnis, eine Einrichtung zu dem Zwecke zu gründen, die landsmannschaftliche Verbundenheit zwischen der alten und der neuen Heimat aufrechtzuerhalten. Diesem Zweck sollte das Deutsche Auslandsinstitut dienen. Es ergaben sich dabei folgende Aufgaben:

a) die wissenschaftliche Erforschung des Deutschtums in der Welt,

b) die Pflege der kulturellen Verbindung mit den Ausgewanderten,

c) die Unterrichtung des Inlandes über das Deutschtum im Ausland und über fremde Länder.

Der wissenschaftlichen Forschung dienten beim Deutschen Auslandsinstitut eine über 100000 Bände umfassende Bibliothek über Volkskunde und ein Pressearchiv für das Auslandsdeutschtum. Zu diesem Zwecke wur den fast alle im Ausland erscheinenden deutschsprachigen Zeitungen und eine große Anzahl fremdsprachiger Zeitungen gehalten und ausgewertet. In einer Kartothek wurde eine umfassende Bildsammlung angelegt. Einen immer stärkeren Umfang hatte, im Zuge des wachsenden Interesses der Auslandsdeutschen an der Heimat, die Familienforschung angenommen. Neben der sammelnden und registrierenden Tätigkeit übte das Deutsche Auslandsinstitut beratende und darstellende Funktionen aus. Auch Gegenstand der Beratung war lange Zeit hindurch die Auswandererfrage. Das hatte zur Voraussetzung, daß das Deutsche Auslandsinstitut auch über die Arbeitsmöglichkeiten und über die Lebensbedingungen in den einzelnen Auswanderungsgebieten unterrichtet wurde. Das Material des Deutschen Auslandsinstituts wurde auf Verlangen den verschiedenen Dienststellen und Organisationen zur Verfügung gestellt. Die darstellende Tätigkeit des Deutschen Auslandsinstituts bestand im wesentlichen in der Veranstaltung von Ausstellungen. Mittelpunkt dieser Tätigkeit war das Museum des Deutschtums im Auslande in Stuttgart. Die wissenschaftliche Arbeit des Deutschen Auslandsinstituts fand ihren Niederschlag besonders in den von ihm herausgegebenen Büchern, Zeitschriften und Kalendern mit heimatlichem Charakter. Durch Versendung solchen Buchmaterials wurde die Verbindung mit den Deutschen im Ausland aufrechterhalten. Im Verkehr mit den Deutschen im Auslande war der leitende Gedanke des Deutschen Auslandsinstituts, daß diese Auslandsdeutschen Bindeglieder zwischen den Völkern sein sollten, um das gegenseitige Verständnis und den Willen zur Zusammenarbeit zu vertiefen. Sie sollten Träger der Freundschaft zwischen der alten und neuen Heimat sein. Diesen Gedanken habe ich als Präsident des Deutschen Auslandsinstituts ganz besonders betont bei meiner Festrede auf dem Deutschen Tag in Neuyork, in Madison Square Garden im Oktober 1936. Das Deutsche Auslandsinstitut hatte im übrigen keinerlei Einrichtungen oder Beauftragte im Ausland als Vermittler dieser korrespondierenden Mitglieder. Eine unmittelbare oder Einzelbetreuung von Deutschen im Auslande war nicht Aufgabe des Deutschen Auslandsinstituts. Die Betreuung der Reichsdeutschen erfolgte durch die Auslandsorganisation der NSDAP, mit den Volksdeutschen hielt der Volksbund für das Deutschtum im Ausland Verbindung.

2. Das Deutsche Auslandsinstitut hat niemals irgendeine Tätigkeit entwickelt, die man als Fünfte Kolonnentätigkeit bezeichnen könnte. Es ist von keiner Seite an mich oder an das Institut ein in dieser Richtung liegendes Ansinnen gestellt worden.

3. Der Stellvertreter des Führers, Rudolf Heß, hat keinerlei Einfluß auf die Tätigkeit dieses Instituts genommen. Er hat keinerlei Richtlinien oder Weisungen erteilt, die das Institut zu einer Tätigkeit im Sinne einer Fünften Kolonne hatten veranlassen können.«

Herr Zeuge, sind diese Angaben richtig?

STRÖLIN: Diese Angaben sind richtig.

DR. SEIDL: Ich habe zunächst keine Frage an den Zeugen.

VORSITZENDER: Wünscht ein anderer Verteidiger Fragen an den Zeugen zu stellen?

DR. OTTO FREIHERR VON LÜDINGHAUSEN, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN VON NEURATH: Mit Erlaubnis des Gerichtshofs möchte ich jetzt an Sie ein paar Fragen stellen, Herr Zeuge:

Erstens, von wann bis wann waren Sie Oberbürgermeister von Stuttgart.

STRÖLIN: Von 1933 bis zum Ende des Krieges.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Und seit wann kennen Sie den Angeklagten von Neurath? Was war er damals, und welchen Ruf genoß er?

STRÖLIN: Ich kenne den Herrn von Neurath aus der Zeit vom ersten Weltkrieg her. Er war damals am Ende des ersten Weltkrieges Kabinettschef des Königs von Württemberg. Er genoß einen sehr guten Ruf. Als Oberbürgermeister bin ich dann mit Herrn von Neurath häufiger zusammengekommen. Er wurde im Jahre 1938 Ehrenbürger der Stadt Stuttgart.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Sie sind dann später noch in engere Beziehungen mit ihm getreten als er zurückkehrte aus der Tschechoslowakei?

STRÖLIN: Als er zurückkam aus der Tschechoslowakei zog sich Herr von Neurath zurück auf seinen Hof Leinfelden, in der Nähe von Stuttgart, und hier bin ich in engere und nähere Beziehungen mit ihm getreten.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Was wissen Sie über seine Herkunft, seine Familie, seine Erziehung, überhaupt seine Persönlichkeit?

STRÖLIN: Von Neurath entstammt einer alten schwäbischen Familie. Sein Vater war Oberst-Kammerherr des Königs von Württemberg, sein Großvater und sein Urgroßvater waren Minister. Von Neurath war hochgeachtet als ein vornehmer Charakter, als eine distinguierte Persönlichkeit stets hilfsbereit, außerordentlich human, verantwortungsbewußt, gerade und offen.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Haben Sie während seiner Tätigkeit als Außenminister und eventuell auch später Gelegenheit gehabt, mit ihm über Politik, insbesondere auch über seine Ansicht über Auslandspolitik zu sprechen?

STRÖLIN: Von Neurath hat sich mit mir wiederholt über diese Fragen, natürlich nur in allgemeiner Form, unterhalten. Als Reichsaußenminister war er davon überzeugt, daß es Deutschland auf friedlichem Wege gelingen werde, wieder den ihm gebührenden Platz einzunehmen. Jeden anderen Weg lehnte er ab. Er strebe danach, vertrauensvolle Beziehungen zu den europäischen Großmächten zu erhalten und zu stärken, insbesondere aber auch zu England. Er habe gerade auf diesem Gebiete getan, was überhaupt möglich war.

Ich hatte später Gelegenheit, mit ihm das Buch von Henderson anzusehen: »Zwei Jahre bei Hitler«, in dem ja auch gerade besonders hervorgehoben wurde, wie außerordentlich beliebt – »extremely popular« – von Neurath damals in London gewesen ist. Ich erinnere mich, daß wir auch über den Satz zusammen sprachen, den Henderson geschrieben hat, daß er die Aufrichtigkeit von Neuraths zum Frieden und zu friedlichen und guten Beziehungen zu England anerkannte. Auch die Pflege der Beziehungen zu den Vereinigten Staaten lag von Neurath sehr am Herzen. Ich erinnere mich daran, daß er nach meiner Amerikareise mit mir darüber sprach, daß es gut war, daß ich bei meinen Reden den Willen Deutschlands zur Freundschaft mit den Vereinigten Staaten betont hätte. Ich erinnere mich aber auch daran, wie scharf von Neurath den Ton der Rede Hitlers kritisierte, die dieser Anfang 1939 als Antwort auf die Botschaft Roosevelts gehalten hatte. Er sagte damals, die internationale Spannung sei durch diese Rede erhöht worden. Dann kam von Neurath auf das Münchener Abkommen zu sprechen, an dem er selbst lebhaften Anteil genommen hatte. Er sprach dann aber später immer wieder von der Tragik, die nun darin bestanden hätte, daß, trotz aller Bemühungen, das Verhältnis zwischen England und Deutschland kein dauernd vertrauensvolles geblieben sei. Er wies darauf hin, wie tragisch das für Europa und für die Welt gewesen sei. Aus allen Gesprächen mit von Neurath habe ich immer wieder die Überzeugung bekommen können, daß er den Willen zur Verständigung und zum friedlichen Ausgleich gehabt hat, und ich habe aus allen seinen Äußerungen die Überzeugung gewonnen, daß er nie eine Politik gemacht hätte, die zum Kriege führen könnte.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Was waren die Gründe zu seiner Ernennung zum Ehrenbürger von Stuttgart? Das geschah doch nach seinem Ausscheiden aus dem Amt als Reichsaußenminister?

STRÖLIN: Die Ernennung erfolgte im Jahre 1938 aus Anlaß seines 65. Geburtstages, am 2. Februar 1938. Die Ernennung sollte Dank und Anerkennung sein, nicht nur der Stadt Stuttgart, sondern des ganzen Schwabenlandes für die von von Neurath bewiesene Friedensliebe und für die Ruhe und Besonnenheit, mit der er die Außenpolitik geführt hatte. Sie sollte aber auch ein Zeichen der Achtung sein vor der geraden und lauteren Persönlichkeit von Neuraths.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Herr Zeuge! Die englische Anklage behauptet hier, daß Herr von Neurath mehrfach Versicherungen an Auslandsregierungen abgegeben habe, beziehungsweise an deren Vertreter, in denen er versichert habe, Deutschland habe keinerlei kriegerische oder aggressive Absichten diesen Staaten gegenüber, daß diese Erklärungen aber in Wirklichkeit nur zum Schein abgegeben worden seien, um diese Staaten in Sicherheit zu wiegen, denn er, von Neurath, hätte damals schon gewußt, und es auch gutgeheißen, daß Hitler tatsächlich aggressive Absichten gegen diese Staaten hatte.

Halten Sie, nach Ihrer Kenntnis seiner Persönlichkeit, ihn einer derartigen Infamie überhaupt für fähig?

STRÖLIN: Nein, ich halte von Neurath für eine derartige Handlungsweise nicht fähig.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Hat Herr von Neurath Ihnen seinerzeit Mitteilung gemacht über sein Ausscheiden aus der Stellung als Reichsaußenminister?

STRÖLIN: Ich war zufällig am 4. Februar 1938 bei von Neurath auf dem Außenministerium, gerade in dem Augenblick, als die Bewilligung seines Abschiedsgesuches herauskam. Er schilderte, wie es zu diesem Abschiedsgesuch gekommen sei. Von Neurath sei bis Ende des Jahres 1937 davon überzeugt gewesen, daß Hitler durchaus mit der von ihm geführten Außenpolitik einverstanden gewesen sei. Hitler habe, ebenso wie er, es nicht auf kriegerische Verwicklungen ankommen lassen wollen. Völlig unerwartet habe nun Hitler Ende 1937 eine veränderte Haltung eingenommen. Hitler habe plötzlich andere Töne angeschlagen, und man habe von diesen nicht wissen können, ob sie vielleicht ernst gemeint gewesen seien. Von Neurath habe dann in persönlicher Unterredung mit Hitler versucht, ihm diese veränderte Auffassung wieder auszureden. Er habe aber dabei den Eindruck bekommen müssen, daß er seinen Einfluß auf Hitler verloren habe. Das habe ihn veranlaßt, seine Demission einzureichen.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Nach seiner oder gleichzeitig mit seiner Enthebung als Reichsaußenminister wurde von Neurath doch zum Präsidenten des Geheimen Kabinettsrats ernannt. Wissen Sie irgend etwas über diese Stellung, wie es dazu kam, was damit bezweckt wurde und was für eine Tätigkeit er als solcher ausgeübt hat?

STRÖLIN: Er hat diese Ernennung zum Präsidenten des Geheimen Kabinettsrats gleichzeitig mit seiner Verabschiedung erhalten. Dieses Kabinett ist aber niemals zusammengetreten, und zwar ebensowenig wie das Reichskabinett. Das Geheime Kabinett sollte von Hitler selbst einberufen werden, und er hat es eben nicht einberufen, von Neurath glaubte dann später, daß man ihn zu diesem Präsidentenposten nur ernannt hätte, um dem Auslande gegenüber zu verschleiern, daß der frühere Reichsaußenminister auf die Politik des Reiches keinerlei Einfluß mehr habe.

VORSITZENDER: Dr. von Lüdinghausen, es ist mir nicht klar, woher dieser Zeuge wissen, kann, ob der Geheime Kabinettsrat jemals einberufen wurde. Auf jeden Fall haben wir es schon von Göring gehört und wahrscheinlich werden wir es noch einmal von dem Angeklagten von Neurath hören. Was eine klare Wiederholung eines bereits angeführten Beweismittels ist. Wir sollten nicht die Zeit des Gerichtshofs damit vergeuden.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Haben Sie mit Herrn von Neurath auch manchmal über seine Einstellung und sein Verhältnis zur Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter-Partei gesprochen?

STRÖLIN: Von Neurath verhielt sich gegenüber der Partei kritisch und ablehnend, ablehnend und abwartend zunächst. Die Partei stand zu ihm in einem schlechten Verhältnis. Die Partei stand auf dem Standpunkt, von Neurath sei kein Nationalsozialist.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Haben Sie mit ihm auch mal über die Politik der Nazis gegenüber den christlichen Kirchen, das heißt der katholischen und evangelischen Kirche, gesprochen?

STRÖLIN: Von Neurath war gläubiger Christ und lehnte die Politik der Partei gegenüber den christlichen Kirchen ab. Er unterstützte besonders die Bestrebungen des Landesbischofs Bohr um religiöse Freiheit. Er setzte sich wiederholt dafür ein, daß Seminare, die beschlagnahmt waren, wieder freigegeben wurden. Auf Grund der Besprechung mit von Neurath bin ich persönlich bei Kirchenminister Kerrl gewesen und habe mit ihm die Frage der Kirchen-Politik besprochen. Ich mußte dabei feststellen, daß der Kirchenminister Kerrl an sich eifrig bemüht war, den Gedanken des positiven Christentums durchzusetzen und zu vertreten. Es ist ihm aber nicht gelungen, weil er in seiner Tätigkeit ständig sabotiert war, insbesondere von Himmler und von Bormann.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Haben Sie dann später, als Herr von Neurath endgültig in Leinfelden in seinem Gut wieder Wohnung nahm, mit ihm über seine Tätigkeit als Reichsprotektor gesprochen?

STRÖLIN: Von Neurath sagte, daß er den Posten als Reichsprotektor in Böhmen und Mähren nur äußerst ungern angenommen habe. Er habe ihn zweimal abgelehnt, aber er glaubte dann doch, ein Opfer seiner Person bringen zu müssen. Er habe geglaubt, gerade dort ausgleichend und versöhnend wirken zu können. Er hat persönliche Schwierigkeiten gehabt mit Himmler und Frank; er erzählte mir von seinen Bestrebungen, eine bessere Behandlung der Tschechen zu erreichen, und von seinen vergeblichen Vorstellungen bei Hitler. Als ich von Neurath einmal in Prag besuchte, wurde ich zu dem Staatspräsidenten Hacha gebeten und dieser sagte mir betont, wie froh er darüber sei, daß von Neurath nach Böhmen-Mähren geschickt worden sei, da er ein hohes Vertrauen genieße und in jeder Beziehung eine ausgleichende Funktion erfülle. Als Grund seiner Ablösung und Abberufung erzählte mir von Neurath, daß er, von Neurath, dem Führer zu milde gewesen sei in der Behandlung der Tschechen, und daß dieser es vorgezogen hätte, einen besonders erprobten SS-Führer an diese Stelle zu setzen.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Wer sollte da hingesetzt werden?

STRÖLIN: Das war Heydrich.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Hat das der Herr von Neurath zum Anlaß genommen, seine Demission zu geben?

STRÖLIN: Offenbar.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Nun, Herr von Neurath war auch Ehrengruppenführer der SS. Hat er Ihnen einmal erzählt, wieso er zu dieser, sagen wir mal, Auszeichnung gekommen ist?

STRÖLIN: Er hat mir erzählt, daß er zum Ehrenführer der SS ernannt worden sei, ohne danach gefragt worden zu sein. Als er Hitler nach dem Grunde fragte, sagte dieser, daß demnächst der Besuch von Mussolini stattfinde, und er, Hitler, wünsche, daß jeder, der in seinem Gefolge sei, eine Uniform trage. Da er, von Neurath, keine Uniform besitze, habe er ihn zum Ehrenführer der SS ernannt. Von Neurath sagte, er habe nicht die Absicht, sich Himmler zu unterstellen. Darauf hätte Hitler gesagt, das sei auch nicht notwendig, es sei ja nur eine Uniformtrage.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Wie war dann die Stellung Herrn von Neuraths zum Kriege?

STRÖLIN: Ich habe Herrn von Neurath am ersten Kriegstag in Stuttgart auf die Bahn gebracht. Er war damals niedergeschlagen, geradezu bestürzt. Er nannte den Krieg ein fürchterliches Unglück, ein »Aufs- Spiel-Setzen« der Existenz des Volkes. Er sagte damals, alle seine Arbeit aus den Jahren 1932 bis 1938 sei damit vernichtet worden. Während des Krieges sei von Neurath dann verschiedentlich mit dem Führer zusammengekommen. Jedesmal habe er dabei die Gelegenheit benützt, Hitler darauf anzugehen, doch dem Friedensgedanken näherzutreten. Damit sei er, von Neurath,...

VORSITZENDER: Wie kann der Zeuge das sagen, er war doch bei solchen Zusammenkünften nicht gegenwärtig? Wie kann uns der Zeuge das sagen, was der Angeklagte von Neurath zum Führer sagte?

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Sie hören ja, das ist, was der Angeklagte ihm erzählt hat. Das hat der Angeklagte direkt dem Zeugen erzählt.

STRÖLIN: Das hat mir von Neurath wiederholt erzählt. Er hat mir...

VORSITZENDER: Es wird alles äußerst kumulativ sein.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ich glaube nicht. Der Zeuge wird das nur der Anklage gegenüber selbst bestätigen brauchen.

VORSITZENDER: Dr. Lüdinghausen! Der Gerichtshof nimmt an, daß der Angeklagte von Neurath diese Aussage selbst machen wird, und der Gerichtshof wünscht nicht, von Zeugen Aussagen über Sachen, die ihnen erzählt wurden, zu hören.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Gut, dann verzichte ich auf das weitere, und möchte nur noch eine Frage stellen.