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[Das Plakat wird dem Zeugen überreicht.]

OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Euer Lordschaft! Es tut mir leid, daß ich kein Exemplar dieses Plakats für den Gerichtshof habe. Es ist eine sehr kurze Angelegenheit. Es wurde bereits in den tschechoslowakischen Bericht über die deutsche Besetzung eingeführt. Ich gebe Euer Lordschaft die Dokumentennummer USSR-60.

[Zum Zeugen gewandt:]

Wie Sie sehen, ist es von dem Angeklagten von Neurath unterschrieben, diesem humanen und gewissenhaften Mann.

STRÖLIN: Jawohl. Ich sehe daraus, daß die tschechischen Hochschulen geschlossen worden sind auf die Dauer von drei Jahren, und daß neun Täter erschossen worden sind. Es steht aber in dieser Bekanntmachung, soviel ich sehe, nichts Besonderes darin, warum das geschehen ist. Ich kann infolgedessen die Bekanntmachung nicht beurteilen, denn ich kann nicht wissen, was hier von Neurath bekanntgegeben hat. Diese Bekanntmachung sagt mir gar nichts, wenn ich nicht weiß, aus welchen Gründen er hier eine derartige Bekanntmachung herausgegeben hat. Daß Hochschulen geschlossen worden sind, und daß neun Täter erschossen worden sind, das wird ja wohl seine triftigen Gründe gehabt haben.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Herr Präsident! Darf ich dazu folgendes sagen, und zwar sage ich das im Interesse der Ersparung von Zeit. Diese Frage der Tschechoslowakei, dieses Plakats, das ich natürlich auch kenne, wird behandelt werden, wenn ich den Fall Neurath überhaupt behandle. Dort, während dieses Zeitpunkts des Verfahrens, werde ich dann Gelegenheit haben, den Beweis dafür zu erbringen, daß dieses Plakat nicht von dem Angeklagten von Neurath stammt. Da der Zeuge hier ja nicht in Prag war und also auch nur etwas wiedergeben könnte, was er nicht von sich aus wußte, sondern was ihm Herr von Neurath erzählt hat, glaube ich, daß diese Frage hier nicht am Platze liegt und unnötige Zeit in Anspruch nimmt, denn ich müßte ja doch dem widersprechen und müßte die Sache klarstellen, wie sie gewesen ist. Wir können ja nicht dem Zeugen Fragen stellen, die positiv, im besten Glauben, aber immerhin positiv falsch sind; nämlich von falschen Tatsachen ausgehend, die sich in Wirklichkeit anders zugetragen haben; denn ich werde den Beweis erbringen, daß Herr von Neurath zur Zeit, als dieses Plakat entworfen und angebracht wurde, gar nicht in Prag war und gar nicht orientiert war, was in Prag sich abspielte während seiner Abwesenheit.

Deswegen glaube ich, daß wir diese Frage hier heute gar nicht behandeln sollten, da, wie gesagt, der Zeuge aus eigener Wahrnehmung überhaupt nichts darüber wissen kann.

VORSITZENDER: Es wird Ihnen freistehen, zu beweisen, daß dieses Plakat angeschlagen wurde, als von Neurath von Prag abwesend war, und daß er keine Genehmigung dafür erteilt hat. Das würde ihn bezüglich dieses Plakats entlasten. Aber die Frage an diesen Zeugen lautete: Angenommen, daß dieses Plakat von von Neurath stammt, kann man dann diesen Mann als human bezeichnen? Nur das soll durch das Kreuzverhör festgestellt werden.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Doch der Zeuge weiß ja von diesem Plakat gar nichts. Er kann ja die Frage auch dann nicht richtig beantworten, wenn er nicht die Zusammenhänge kennt, wenn er nicht weiß, daß tatsächlich dieses Plakat nicht von Herrn von Neurath stammt.

VORSITZENDER: Der Zeuge wurde des längeren von Ihnen betragt, um zu zeigen, daß er human war und einen sehr guten Charakter hatte. Unter diesen Umständen kann die Anklagevertretung dem Zeugen Umstände vor Augen führen, die zeigen könnten, daß er nicht solch humaner Mann war. Das ist alles, was jetzt geschieht.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Dann kann doch der Zeuge höchstens nur antworten: »Ich weiß es nicht« oder: »Wenn es richtig ist, kann man es nicht als human bezeichnen«. Das können wir alle tun, das braucht der Zeuge nicht zu tun.

VORSITZENDER: Der Zeuge kann sagen: »Wenn das richtig ist, dann stimmt es mit dem, was ich von von Neurath weiß, nicht überein.«

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Das kann er auch nicht, das wird er auch nicht sagen, aus dem einfachen Grunde, weil man ja die Verhältnisse, weil er ja die Umstände gar nicht kennt, unter denen es veröffentlicht worden ist. Ich sehe offengestanden nicht ein, was diese Frage bringen soll, denn wenn jemand die Frage so gestellt bekommt, wird jeder anständige Mensch sagen, daß es inhuman ist; aber es hat ja auf die Tatsache gar keinen Einfluß, daß der Zeuge dann ein Urteil abgibt über eine Tatsache, die gar nicht existiert, die gar nicht richtig ist.

VORSITZENDER: Oberstleutnant Griffith-Jones! Glauben Sie nicht, daß dies unnötig Zeit in Anspruch nimmt, wenn der Zeuge nichts davon weiß? Ich verstehe, daß es wahrscheinlich der Zweck des Kreuzverhörs ist, die Zuverlässigkeit des Zeugen in Zweifel zu ziehen.

OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Ich danke dem Gerichtshof. Der Sinn dieses Kreuzverhörs, wenn es erlaubt ist, dies zu sagen, war dieser: Dieser Angeklagte hat einen Zeugen aufgerufen, der vor dem Gerichtshof unter. Eid aussagen soll. Wenn diese Aussage nicht bestritten wird, dann ist sie im Protokoll, und dann gibt es nichts, den Gerichtshof daran zu hindern, diesen Zeugen als einen Mann anzusehen, der in der Lage ist, eine derartig zuverlässige Aussage zu machen. Dieses Kreuzverhör findet nur statt, um zu zeigen, daß dieser Zeuge, ob er nun die Wahrheit oder die Unwahrheit sagt, bestimmt ungenau ist. Seine Aussagen über den guten Charakter des Mannes können einer Nachprüfung nicht standhalten. Das ist ganz klar. Und der Gerichtshof sagt ja nicht, daß wir nicht das Recht haben, ein Kreuzverhör über den Charakter anzustellen. Jedoch möchte ich die Zeit des Gerichtshofs nicht unnötig in Anspruch nehmen.

VORSITZENDER: Sehr wohl.

OBERST AMEN: Zeuge, wann waren Sie das letztemal in Neuyork-City?

STRÖLIN: In Neuyork war ich im Jahre 1936.

OBERST AMEN: Und damals haben Sie eine Rede in Madison Square Garden gehalten, ist das richtig?

STRÖLIN: Jawohl.

OBERST AMEN: Das war eine Versammlung im Garden?

STRÖLIN: Es war der Deutsche Tag, am 6. Oktober 1936.

OBERST AMEN: Eine Versammlung für den Deutschen Tag, stimmt das?

STRÖLIN: Es war eine Jahresversammlung der Deutschen, die am 6. Oktober stattfand.

OBERST AMEN: Und ein Großteil der Versammlungsteilnehmer waren Mitglieder des Deutsch-Amerikanischen Bundes; ist das richtig?

STRÖLIN: Ja.

OBERST AMEN: Tatsache war, daß die gesamte Versammlung unter der Leitung des Deutsch-Amerikanischen Bundes stattfand, nicht wahr?

STRÖLIN: Es war ein Festkomitee aus allen deutschen Vereinen, ich glaube Neuyork hat im ganzen 2000 deutsche Vereine gehabt: und diese 2000 deutschen Vereine hatten sich zu einem Festkomitee zusammengeschlossen und dieses Festkomitee hat den »Deutschen Tag« gemacht. Wie diese Zusammensetzung im einzelnen war, war mir nicht bekannt.

OBERST AMEN: Und Sie haben auf Einladung des Deutsch-Amerikanischen Bundes Ihre Rede gehalten, nicht wahr?

STRÖLIN: Nein, es war vom Festkomitee der Deutschen Vereine in Neuyork.

OBERST AMEN: Ja, und viele Mitglieder des Deutsch-Amerikanischen Bundes gehörten zu diesem Komitee, ist das richtig? Ja oder nein?

STRÖLIN: Ja.

OBERST AMEN: Und in der Tat waren viele Mitglieder Ihrer Organisation damals auch aktive Mitglieder des Deutsch-Amerikanischen Bundes, ist das richtig?

STRÖLIN: Ja.

OBERST AMEN: Und Sie persönlich hatten verschiedene Besprechungen mit diesen, sowohl hier in Deutschland, wie auch in Neuyork-City, richtig?

STRÖLIN: Nein, das ist nicht richtig.

OBERST AMEN: Nun, was ist richtig?

STRÖLIN: Es ist richtig, daß ich eingeladen worden bin, aber weitere Konferenzen haben nicht stattgefunden.

OBERST AMEN: Aber Sie bestreiten doch nicht, daß viele Mitglieder Ihrer Organisation seinerzeit auch Mitglieder des Deutsch-Amerikanischen Bundes waren?

STRÖLIN: Darüber weiß ich nicht Bescheid.

VORSITZENDER: [zum Zeugen] Ich habe gerade niedergeschrieben, daß Sie schon gesagt haben, daß es so war?

OBERST AMEN: Genau so.

STRÖLIN: Ich bitte, die Frage nochmals zu wiederholen.

OBERST AMEN: Haben Sie mir nicht gerade vor einigen Sekunden als Antwort auf eine frühere Frage gesagt, daß viele Mitglieder Ihrer Organisation zur Zeit Ihrer Rede in der Versammlung in Madison Square Garden auch Mitglieder des Deutsch-Amerikanischen Bundes waren?

STRÖLIN: Verstehen Sie darunter Mitglieder des Deutschen Auslandsinstituts als Organisation, von dem Sie sprechen?

OBERST AMEN: »Ihre Organisation« habe ich gesagt.

STRÖLIN: Ich hatte keine Organisation, sondern ein Institut.

OBERST AMEN: Richtig. Und unter wessen Schutz haben Sie diese Rede in Madison Square Garden gehalten?

STRÖLIN: Ich bin zu dieser Rede aufgefordert worden, weil ich kurz vorher zum Oberbürgermeister der Stadt der Auslandsdeutschen ernannt wurde. Ich war Oberbürgermeister dieser Stadt, und deswegen bin ich aufgefordert worden, dort die Festrede zu halten. Stuttgart ist zur Stadt der Auslandsdeutschen ernannt worden, weil die Schwaben den größten Anteil an den Auswanderern gestellt hatten, und deswegen Stuttgart sozusagen die Heimatstadt der deutschen Ausländer sein sollte.

OBERST AMEN: Nun, ist es nicht eine Tatsache, daß viele Mitglieder der Auslandsorganisation zu jener Zeit auch Mitglieder des Deutsch-Amerikanischen Bundes waren? Ja oder nein?

STRÖLIN: Ja.

OBERST AMEN: Ist es nicht auch eine Tatsache, daß zu jener Zeit viele Mitglieder des Instituts auch Mitglieder des Deutsch-Amerikanischen Bundes waren? Ja oder nein?

STRÖLIN: Ja, es waren einige dieser Deutschen aus Amerika gekommen; sie waren Studenten, die in Amerika studiert hatten und nach Deutschland von Amerika zurückkehrten.

OBERST AMEN: Und ist es nicht auch Tatsache, daß viele dieser Mitglieder des Deutsch-Amerikanischen Bundes, die auch Mitglieder der Auslandsorganisation und des Instituts waren, vor den Bundesgerichten der Vereinigten Staaten wegen verschiedener Spionagevergehen angeklagt, vor Gericht gestellt und verurteilt wurden? Ja oder nein?

STRÖLIN: Nein, darüber ist mir nichts bekannt.

OBERST AMEN: Sie haben das nie gehört?

STRÖLIN: Nein, ich habe nichts davon gehört. Den Fall Kappe, den kenne ich, aber der ist nicht im Zusammenhang mit dem Deutschen Auslandsinstitut.

OBERST AMEN: Das ist natürlich nur ein Fall. Vielleicht wissen Sie auch von anderen?

STRÖLIN: Können Sie mir Einzelheiten darüber sagen?

OBERST AMEN: Ich könnte wohl, aber ich stelle Ihnen lieber die Fragen, als daß ich Ihnen die Antworten sage.

STRÖLIN: Ich kann mich keines Falles erinnern; ich bitte, mich zu fragen.

OBERST AMEN: Nun, ich gehe zu einem anderen Gegenstand über, es ist schon ziemlich spät. Kennen Sie einen Herrn Alfred Weninger, W-e-n-i-n-g-e-r ?

STRÖLIN: Ich habe diesen Namen nicht verstanden. Alfred...

OBERST AMEN: Alfred Weninger, oder wie Sie es aussprechen.

STRÖLIN: Weninger, jawohl, ich bin vertraut mit diesem Namen.

OBERST AMEN: Wer ist das?

STRÖLIN: Alfred Weninger ist, soviel ich weiß, im Augenblick in Frankreich; und er ist, glaube ich, Jurist.

OBERST AMEN: Nun, wissen Sie es nicht, wissen Sie nicht, ob er ein Jurist ist oder nicht?

STRÖLIN: Ja, er ist als Jurist angestellt.

OBERST AMEN: Welcher Nationalität ist er?

STRÖLIN: Er ist Franzose.

OBERST AMEN: Ist er ein Freund von Ihnen?

STRÖLIN: Jawohl.

OBERST AMEN: Haben Sie zu seinen Gunsten, zumindest in einem Falle, interveniert?

STRÖLIN: Ich habe dafür gesorgt, daß er aus dem Gefängnis herausgekommen ist.

OBERST AMEN: Das war im März 1943?

STRÖLIN: Nein, das muß ein Mißverständnis sein. Ich meine einen Alfred Weninger, der Franzose ist, und dem ich während des Krieges geholfen habe, daß er nicht zum Tode verurteilt wurde, und daß er nachher aus dem Gefängnis herausgekommen ist. Das war aber in der Zeit von 1942 bis 1944. Ein anderer Alfred Weninger ist mir nicht bekannt. Das muß ein Doppelname sein.

OBERST AMEN: Nein, es ist richtig. Er wurde zusammen mit zwölf anderen Kameraden verhaftet und ist wegen Spionage und Zusammenarbeit mit dem Feinde verurteilt worden?

STRÖLIN: Jawohl; und dem habe ich geholfen.

OBERST AMEN: Und Sie haben bei dem Generalanwalt des Volksgerichtshofs interveniert?

STRÖLIN: Ja, bei Freisler habe ich interveniert.

OBERST AMEN: Und auch bei dem Innenministerium und dem Justizministerium in Berlin?

STRÖLIN: Beim Innenminister habe ich eine Denkschrift abgegeben über die damaligen Zustände im Elsaß, die darauf abgestellt war, eine Begnadigung der Elsässer herbeizuführen.

OBERST AMEN: Und als Ergebnis Ihrer Bemühungen haben diese Leute die einstweilige Aufhebung ihrer Urteile erlangt? Ist das richtig?

STRÖLIN: Jawohl. Darf ich dazu ausdrücklich sagen, daß ich hier den Herrn von Neurath gebeten habe, zu intervenieren, und daß es ihm zu verdanken war, daß durch seinen Brief an Hitler die Begnadigung dieser Elsässer durchgeführt worden ist.

OBERST AMEN: So daß dieser Mann Ihnen, gelinde gesagt, gegenwärtig sehr verpflichtet ist. Ist das richtig?

STRÖLIN: Ja, ich nehme das an.

OBERST AMEN: Nun, Sie haben ihm doch sein Leben gerettet, nicht?

STRÖLIN: Ich habe es vielen anderen auch gerettet. Ich weiß nicht, ob die Menschen daraufhin dankbar sind oder nicht.

OBERST AMEN: Nun, auf jeden Fall nehme ich an, daß Sie nicht die Wahrheit dessen bezweifeln werden, was er als den Inhalt einer Unterhaltung mit Ihnen angegeben hat. Stimmt das?

STRÖLIN: Das bezweifle ich nicht, daß er sich daran erinnern wird.

OBERST AMEN: Erinnern Sie sich, daß Sie mit ihm im Juni 1940 eine Unterredung hatten?

STRÖLIN: Das kann ich im Augenblick nicht sagen, ohne daß Sie mir Näheres angeben, um was es sich dabei gehandelt haben kann.

OBERST AMEN: Nun, ich werde Ihnen sagen, was Sie nach seiner Behauptung gesagt haben sollen, und ich frage Sie, ob Sie sich daran erinnern, das zu ihm gesagt zu haben, entweder mit denselben Worten, die ich zitieren werde, oder dem wesentlichen Inhalt nach. Verstehen Sie?

STRÖLIN: Ja, ich habe verstanden.

OBERST AMEN: Hier sind die Worte: »Ich warne Sie vor dem Nationalsozialismus, der vor nichts zurückschreckt und aus der Justiz seinen sklavischen Diener macht. Sie sind Verbrecher, und ich habe nur den einen Wunsch, herauszukommen.« Haben Sie das Weninger wörtlich oder dem Inhalt nach gesagt? Ja oder nein?

STRÖLIN: Ich habe nicht genau verstanden, was Sie gesagt haben. Ich bitte, das zu wiederholen.

OBERST AMEN: Sie verstehen doch englisch, nicht wahr, Zeuge?

STRÖLIN: Wenig, ich verstehe es wenig.

OBERST AMEN: Sie wurden doch tatsächlich auf englisch von einem unserer Vernehmungsbeamten verhört, nicht wahr?

STRÖLIN: Ich habe nur gelegentlich einmal etwas englisch gesprochen, aber ich glaube, daß er mich nicht recht verstanden haben wird.

OBERST AMEN: Und Sie haben vollkommen verstanden, was ich Ihnen gerade vorgelesen habe?

STRÖLIN: Ich habe es im Deutschen nicht genau verstanden, und ich bin mir über den Sinn dessen, was Sie damit fragen wollen, nicht klar.

OBERST AMEN: Nun, ich werde es Ihnen nochmals vorlesen, aber ich behaupte, daß Sie nur Zeit gewinnen wollen, um über Ihre Antwort nachzudenken. Ich frage Sie erneut, ob Sie Weninger in diesen Worten oder im wesentlichen im Juni 1940 das Folgende gesagt haben:

»Ich warne Sie vor dem Nationalsozialismus, der vor nichts zurückschreckt und aus der Justiz seinen sklavischen Diener macht. Sie sind Verbrecher, und ich habe nur den einen Wunsch, herauszukommen.«

Haben Sie verstanden?

STRÖLIN: Ja, ich habe Sie verstanden. Ich kann mich aber daran nicht erinnern.

OBERST AMEN: Leugnen Sie, diese Erklärung abgegeben zu haben, wenn ich Ihnen sage, daß Weninger es behauptet, Weninger, der, wie Sie uns gerade mitteilten, Ihnen äußerst verpflichtet ist?

STRÖLIN: Ich kann mich dieser Erklärung nicht erinnern. Es kann sein, daß ich eine kritische Erklärung abgegeben habe, aber an den Wortlaut kann ich mich nicht erinnern.

OBERST AMEN: Bestreiten Sie, diese Erklärung gemacht zu haben? Antworten Sie ja oder nein!

STRÖLIN: Ich bestreite es, daß ich sie in dieser Form gemacht habe.

OBERST AMEN: Aber haben Sie es dem Inhalt nach gesagt? Haben Sie diese Erklärung abgegeben?

STRÖLIN: Ich kann mich überhaupt nicht erinnern.

OBERST AMEN: Erinnern Sie sich, gegenüber Weninger eine andere Erklärung abgegeben zu haben, und zwar im Jahre 1936 in Straßburg? Waren Sie mit Weninger in Straßburg im Jahre 1936 zusammen?

STRÖLIN: Das kann ich mich im Augenblick nicht erinnern.

OBERST AMEN: Aber Sie bestreiten es nicht?

STRÖLIN: Ich kann mich nicht erinnern.

OBERST AMEN: Es ist ganz gut möglich?

STRÖLIN: Es ist denkbar, aber ich kann mich nicht daran erinnern. Ich kann mich jetzt nicht plötzlich erinnern, wann ich dort war.

OBERST AMEN: Und haben Sie nicht Weninger in Straßburg, und zwar im Jahre 1936, wörtlich oder dem Sinne nach das Folgende gesagt:

»Wenn ich im Ausland bin, dann schäme ich mich, ein Deutscher zu sein.« Ja oder nein?

STRÖLIN: Das war damals vollkommen ausgeschlossen, denn im Jahre 1936 war ich sehr stolz darauf, ein Deutscher zu sein.

OBERST AMEN: Nun, dann streiten Sie ab, eine derartige Erklärung gegenüber Weninger gemacht zu haben?

STRÖLIN: Im Jahre 1936 habe ich diese Erklärung ganz bestimmt nicht gemacht.

OBERST AMEN: Wann haben Sie sie gemacht?

STRÖLIN: Ich kann mich überhaupt nicht erinnern, daß ich Weninger gegenüber eine derartige Erklärung abgegeben habe, wenigstens nicht im Jahre 1936.

OBERST AMEN: Wann haben Sie eine derartige Erklärung gegenüber Weninger oder irgend jemand anderem abgegeben; in welchem Jahre entschlossen Sie sich, solche Erklärungen abzugeben?

STRÖLIN: Ich kann mich überhaupt nicht erinnern, daß ich eine solche Erklärung abgegeben habe.

OBERST AMEN: Aber Sie streiten es nicht ab?

STRÖLIN: Daß es einen Zeitpunkt gegeben hat, wo man nicht mehr stolz war auf Deutschland, das gebe ich ohne weiteres zu.

VORSITZENDER: Wünscht ein anderer Anklagevertreter den Zeugen ins Kreuzverhör zu nehmen?

DR. SEIDL: Ich habe keine Fragen mehr an den Zeugen.

VORSITZENDER: Dann kann der Zeuge abtreten.