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[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]

Nachmittagssitzung.

DR. KURT KAUFFMANN, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN KALTENBRUNNER: Herr Präsident! Ich bitte mir nur zu gestatten, eine Frage zu stellen, die ich nicht vorher stellen konnte.

Von dem Herrn Vertreter der russischen Anklage wurde gefragt, ob er mit Kaltenbrunner die Frage der dänischen Polizisten besprochen hätte. Dabei blieb vollkommen offen, wie sich Kaltenbrunner selbst verhalten hat. Diese eine Frage wollte ich nur stellen.

VORSITZENDER: Bitte, Dr. Kauffmann.

DR. KAUFFMANN: Herr Zeuge! Würden Sie dem Gerichtshof sagen, wie sich Kaltenbrunner verhalten hat, als Sie mit Kaltenbrunner die Frage der dänischen Polizisten, die unmenschlich behandelt worden waren, besprachen, wie sich hierbei Kaltenbrunner verhalten hat, was er getan hat?

VON STEENGRACHT: Die Frage ist vielleicht nicht ganz richtig so, wenn Sie sagen, »die unmenschlich behandelt worden waren«, denn sie konnten noch nicht behandelt worden sein, sie waren soeben erst in das Konzentrationslager eingeliefert worden. Ich bin also hingegangen in dem Augenblick, in dem ich es erfuhr, und sagte Kaltenbrunner, daß es unmöglich sei, daß die Leute in ein KZ kämen. Sie müßten entweder als Kriegsgefangene oder als Zivilinternierte behandelt werden.

Kaltenbrunner hörte sich das an und sagte, auch er sei dieser Ansicht und gab in meiner Gegenwart den Befehl, diese Leute aus dem Konzentrationslager in ein Kriegsgefangenenlager zu überführen. Ich nahm also an, daß damit die Sache erledigt sei, und erfuhr dann nach vierzehn Tagen, daß sie noch im Konzentrationslager seien. Ich wandte mich ernst an Kaltenbrunner. Kaltenbrunner sagte, er fände keine Erklärung dafür; ich fand auch keine dafür, denn in meiner Gegenwart war der Befehl gegeben worden, die Leute zu überführen. Wir haben dann anschließend häufig über diesen Fall verhandelt. Ich hatte den Eindruck, daß da andere Kräfte am Werke waren, und daß sich Kaltenbrunner nicht durchsetzen konnte.

DR. KAUFFMANN: War er denn gegen diese unmenschliche Behandlung?

VON STEENGRACHT: Er hat mir immer gesagt, er wäre dafür, daß sie ins Kriegsgefangenenlager kämen. Das war natürlich eine wesentliche Besserstellung.

DR. KAUFFMANN: Keine weiteren Fragen.

VORSITZENDER: Dr. Horn, wünschen Sie diesen Zeugen rückzuverhören?

DR. HORN: Ich habe keine weiteren Fragen an den Zeugen.

MR. BIDDLE: Herr Zeuge! War Ribbentrop dafür, den Versailler Vertrag zu verletzen, oder war er dagegen?

VON STEENGRACHT: Ich möchte sagen...

MR. BIDDLE: Können Sie Ja oder Nein sagen und dann später nähere Erklärungen geben?

VON STEENGRACHT: Er wollte eine Abänderung.

MR. BIDDLE: War Ribbentrop für die Wiederbesetzung des Rheinlandes?

VON STEENGRACHT: Zu der Zeit kannte ich Ribbentrop nicht und kann daher diese Frage nicht beantworten.

MR. BIDDLE: War Ribbentrop gegen die Wiederaufrüstung?

VON STEENGRACHT: Auch diese Frage kam ich nicht beantworten, weil ich ihn zu der Zeit noch nicht kannte. Ich habe ihn erstmalig im Jahre 1936 gesehen.

MR. BIDDLE: War er für den Anschluß?

VON STEENGRACHT: Das nehme ich an.

MR. BIDDLE: War er für den Dreimächtepakt?

VON STEENGRACHT: Jawohl.

MR. BIDDLE: Das ist alles.

VORSITZENDER: Dann kann sich der Zeuge zurückziehen.