[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]
DR. HORN: Darf ich dem Gericht noch einmal die Bitte aussprechen, ob festgestellt werden kann, ob bis morgen früh die Übersetzungen der Dokumente fertig sind. Ich möchte das weitere Vorgehen meiner Beweisführung davon abhängig machen, weil, wenn ich morgen früh die Übersetzungen habe, dann werde ich jetzt mit der Vernehmung des Angeklagten von Ribbentrop als Zeuge anfangen, und wenn die Übersetzungen nicht bis morgen früh fertigzustellen sind, dann würde ich das Gericht bitten, jetzt meine Urkunden vorlegen zu dürfen.
VORSITZENDER: Dr. Horn, dieser Prozeß läuft nun schon seit vielen Monaten und er dauert viel länger, als irgend jemand vorher angenommen hatte, auf jeden Fall länger, als irgendein Mitglied des Gerichtshofs annahm, und wir können keine weitere Verzögerung zulassen. Sie müssen fortfahren. Haben Sie noch weitere Zeugen?
DR. HORN: Nein, ich habe keine weiteren Zeugen, Herr Vorsitzender.
VORSITZENDER: Wollen Sie nicht den Angeklagten von Ribbentrop vernehmen?
DR. HORN: Jawohl.
VORSITZENDER: Warum können Sie ihn nicht jetzt vernehmen?
DR. HORN: Ich kann ihn vernehmen; ich habe gefragt, ob ich die Hilfe des Gerichts in Anspruch nehmen kann, ob ich die Dokumente morgen früh bekomme. Dann würde ich jetzt anfangen, den Angeklagten als Zeugen zu vernehmen und dann fortfahren mit den Dokumenten, wenn die Staatsanwaltschaft ihre Dokumente auch hat und zugleich ihre Einsprüche hier geltend machen kann.
VORSITZENDER: Sobald die Dokumente übersetzt sind, werden Sie sie selbstverständlich bekommen. Wir lassen gerade feststellen, ob sie bis morgen früh fertig sein werden oder nicht; aber wir haben noch 35 Minuten bis 5.00 Uhr. Wir möchten gern die Zeit ausfüllen.
DR. HORN: Jawohl, Herr Vorsitzender, dann werde ich den Angeklagten jetzt als Zeugen vernehmen.
VORSITZENDER: Wollen Sie bitte fortfahren, Dr. Horn.
DR. HORN: Jawohl, dann werde ich mit der Vorlegung der Urkunden fortfahren.
VORSITZENDER: Herr Dr. Horn! Sie haben doch gesagt, Sie wollten den Angeklagten von Ribbentrop als Zeugen vernehmen. Wir haben die Dokumente nicht hier, und Sie müssen tun, wie Sie sagten.
DR. HORN: Dann bitte ich den Angeklagten als Zeugen vernehmen zu dürfen.
[Der Zeuge Joachim von Ribbentrop betritt den Zeugenstand.]
VORSITZENDER: Wollen Sie Ihren vollen Namen sagen?
JOACHIM VON RIBBENTROP: Joachim von Ribbentrop.
VORSITZENDER: Wollen Sie mir diesen Eid nachsprechen: Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzusetzen werde.
[Der Zeuge spricht die Eidesformel nach.]
VORSITZENDER: Sie können sich setzen.
DR. HORN: Geben Sie bitte dem Gericht einen kurzen, erklärenden Bericht über die maßgeblichsten Punkte Ihrer Entwicklung.
VON RIBBENTROP: Ich bin am 30. April 1893 in Wesel geboren. Ich stamme aus einer alten Soldatenfamilie. Meine Mutter stammte vom Lande. Meine Schulzeit habe ich in Kassel und in Metz in Elsaß- Lothringen verbracht. Ich habe hier in Elsaß-Lothringen die erste Verbindung mit dem französischen Kulturkreis bekommen und wir haben damals eine innige Liebe zu diesem Land in uns aufgenommen.
Im Jahre 1908 nahm mein Vater den Abschied aus dem aktiven Militärdienst. Der Grund waren Differenzen, die damals mit der Person des Kaisers zusammenhingen. Mein Vater hatte schon starke außenpolitische Interessen und auch soziale Interessen. Ich hatte eine große Verehrung für ihn.
Wir zogen damals nach der Schweiz und nach ungefähr einem Jahr Aufenthalt in der Schweiz ging ich als junger Mensch nach London und habe hier ein Jahr lang hauptsächlich Sprachstudien getrieben. Ich habe damals meinen ersten Eindruck von London bekommen und von der Größe des Britischen Imperiums.
Ich bin dann nach einem Jahr, im Jahre 1910, nach Kanada gegangen. Ursprünglich wollte ich in die deutschen Kolonien; aber dann ging ich nach Amerika. Ich wollte die Welt sehen. In Kanada war ich mehrere Jahre, zwei Jahre ungefähr, Arbeiter, Streckenarbeiter auf der Eisenbahn, und später habe ich mich dem Bank- und Bauwesen zugewandt.
Im Jahre 1914 überraschte mich in Kanada der erste Weltkrieg. Wie alle Deutschen hatten wir nur den einen Gedanken: Man braucht jeden Menschen zu Hause, und wie kann man der Heimat helfen? Ich fuhr dann nach Neuyork. Bin dann im Jahre 1914 im September schließlich mit einigen Schwierigkeiten nach Deutschland gekommen. Nach einem Fronteinsatz von ungefähr vier Jahren wurde ich nach einer Verwundung nach Konstantinopel geschickt, nach der Türkei, wo ich den Zusammenbruch Deutschlands im ersten Weltkrieg erlebte. Es war damals mein erster Eindruck von den furchtbaren Folgen eines verlorenen Krieges. Der damalige Botschafter Graf Bernstorff und der spätere Botschafter Dr. Dieckhoff waren die Reichsvertreter in der Türkei. Sie wurden nach Berlin zitiert, um Beziehungen des Grafen Bernstorff zu dem Präsidenten Wilson auszunutzen und zu sehen – es war unser aller Hoffnung –, daß auf Basis dieser Punkte vielleicht ein Friede zustandegebracht werden könnte und damit wieder eine Versöhnung.
Ich bin dann nach einigen Schwierigkeiten im März 1919 nach Berlin gekommen und wurde Adjutant des damaligen Generals von Seeckt für die Friedensdelegation in Versailles. Ich habe dann, als der Versailler Vertrag kam, in einer Nacht dieses Dokument gelesen und stand unter dem Eindruck, daß es keine Regierung der Welt geben könnte, die ein solches Dokument unterschreiben würde. Das war mein erster Eindruck von Außenpolitik in der Heimat.
Ich habe dann meinen Abschied im Jahre 1919 als Oberleutnant aus der Wehrmacht genommen und mich dem kaufmännischen Berufe zugewandt. Durch diese kaufmännischen Beziehungen habe ich vor allem England und Frankreich ziemlich eingehend in den folgenden Jahren kennengelernt. Ich habe manche Beziehungen auch damals schon zu Politikern bekommen. Ich versuchte meinem eigenen Lande zu helfen, indem ich gegen Versailles Stellung nahm. Erst war es sehr schwierig, aber schon in den Jahren 1919, 1920 und 1921 habe ich gewisses Verständnis in diesen Ländern auf meinem kleinen bescheidenen Weg damals gefunden.
Ich habe dann gesehen, es war ungefähr seit den Jahren 1929/1930, daß Deutschland nach einer Scheinblüte in den Jahren 1926, 1927 und 1928 plötzlich wirtschaftlich starken Erschütterungen ausgesetzt war und daß die Dinge ziemlich schnell bergab gingen.
In den Jahren 1931/1932 merkte man als Mann der Wirtschaft, der ich damals war, daß praktisch die Folgen von Versailles sich so auswirkten, daß das deutsche Wirtschaftsleben immer mehr zum Erliegen kam. Ich habe mich dann umgesehen; ich stand damals der Deutschen Volkspartei nahe, und ich sah, wie die Parteien in Deutschland immer mehr wuchsen. Ich erinnere mich, daß wir zum Schluß ungefähr dreißig Parteien oder mehr in Deutschland hatten, daß die Arbeitslosigkeit immer größer wurde und die Regierung immer mehr an Vertrauen verlor. Ich entsinne mich deutlich aus diesen Jahren der Anstrengungen, die der damalige Reichskanzler Brüning machte, die zweifellos aufrichtig und ehrlich gemeint waren, denen aber trotzdem kein Erfolg beschieden war.
Es kamen dann andere Regierungen, das ist bekannt, auch diesen war kein Erfolg beschieden. Die Ausfuhren deckten sich nicht mehr in Deutschland. Der Goldbestand der Reichsbank wurde immer geringer; Steuerflucht; keinerlei Vertrauen mehr in Regierungsmaßnahmen; das war ungefähr das Bild, was ich in den Jahren 1930/1931 in Deutschland erhielt. Ich habe dann gesehen, wie die Streiks zunahmen, wie die Menschen unzufrieden waren und wie es anfing, daß in den Straßen immer mehr Umzüge stattfanden und die Zustände immer chaotischer wurden.
Ich glaube nicht, daß ich übertreibe, wenn ich sage, daß das Bild, das sich in Jahren 1931/1932 vor allem, in Deutschland ergab, den Vorboten eines Bürgerkrieges nicht ganz unähnlich war. Auf mich hat das als Deutschen – ich glaube, immer ein patriotischer Mensch gewesen zu sein wie viele andere Deutsche – einen ungeheuren Eindruck gemacht. Ich stand an sich der politischen Welt eigentlich fern, aber ich habe mir in diesen Jahren gesagt, daß irgend etwas geschehen muß und daß jeder an seiner Stelle, wo er auch sei, helfen oder mithelfen müßte, um eine nationale Front auf breiter Basis herbeizuführen, die wieder das Vertrauen der Menschen, vor allem auch der großen Masse, der Arbeitermasse des Volkes haben würde. Gleichzeitig war ich mir bewußt, daß dies, ich glaube dies sogar sicher, von den meisten der Männer, die damals Versailles gemacht haben, nicht gewollt war, aber es war ein Faktum, das, glaube ich, kein Mensch auch heute mehr wegdisputieren kann.
Ich habe schon einmal erwähnt die Enttäuschung, die ich damals als junger Offizier erlebte durch persönliche Beziehungen, vor allem auch zu dem damaligen Botschafter Dieckhoff, der ein entfernter oder angeheirateter Verwandter von mir war, die Enttäuschung, die über die Tatsache bei uns allen bestand, in der Wehrmacht, in dem deutschen Volk und in Regierungskreisen natürlich noch viel mehr, daß diese Wilsonschen Punkte so schnell verlassen worden waren. Ich habe nicht die Absicht, irgendeine Propagandarede hier zu halten, sondern ich möchte nur die Tatsachen ganz nüchtern feststellen, wie ich sie damals erlebt habe. Es ist kein Zweifel, daß die Wehrlosigkeit des deutschen Volkes damals dazu geführt hat, daß sich leider die Richtung bei unseren damaligen Feinden fortsetzen konnte, die nicht zur Versöhnung, sondern die zum Haß oder zur Rache ausschlug. Ich bin überzeugt, daß das auch bestimmt nicht an der Intention des damaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten Wilson selbst gelegen hat. Ich glaube selbst wohl, daß er darunter in den späteren Jahren gelitten hat. Jedenfalls war dies meine erste Berührung mit der deutschen Politik.
Dieses Versailles wurde nun...
Aber selbst die schweren Bestimmungen von Versailles, wie wir sie miterlebt haben, aus eigenstem und engstem Augenschein, wurden ja bekanntlich nicht eingehalten. Auch das ist vielleicht eine Folge, eine Nachwirkung eines Krieges, in dem die Menschen in eine bestimmte Richtung hineingekommen sind und Dinge nicht halten wollten oder konnten. Die Bestimmungen von Versailles, das ist bekannt, sind weder in territorialer Weise noch in anderen sehr wichtigen Punkten dann eingehalten worden. Ich darf erwähnen, daß eine der wichtigsten Fragen – Territorialfragen – damals Oberschlesien und vor allem auch Memel war, das kleine Land, und daß die Ereignisse, die sich abspielten, auf mich persönlich einen sehr großen Eindruck machten. Oberschlesien besonders deshalb, weil mich viele persönliche Beziehungen hier verbanden und weil wir alle nicht verstehen konnten, daß selbst diese schweren Bestimmungen von Versailles nicht gehalten worden waren. Es ist eine Frage der Minderheit, die ja auch eine sehr große Rolle gespielt hat. Im weiteren Verlauf werde ich noch auf diese Punkte näher eingehen müssen, vor allem im Zusammenhang auch mit der polnischen Krise. Aber gleich von Anfang an sind die deutschen Minderheiten bekanntlich schweren Zeiten ausgesetzt gewesen. Es ist damals besonders wieder Oberschlesien und diese Gebiete gewesen, die unter dieser Frage, unter dieser Behandlung zu leiden hatten. Es war ferner und als einer der wichtigsten Punkte, natürlich von Versailles, die Frage der Abrüstung. Auch diese ist hier schon in diesem Gerichtssaal behandelt worden. Deshalb möchte ich nicht näher darauf eingehen.
Es war jedenfalls die Vorenthaltung der Gleichberechtigung auf all diesen Gebieten und die Vorenthaltung gleichen Rechts, die mich in diesem Jahre bestimmten, mich mit der Politik auch mehr zu befassen. Ich habe damals, ich möchte das hier ganz offen aussprechen, sehr oft mit Franzosen und Engländern, Freunden, gesprochen. Es war damals bereits eine bekannte Tatsache natürlich – nach dem Jahre 1930 hatte die NSDAP über 100 Sitze im Reichstag bekommen –, daß hier der natürliche Wille des deutschen Volkes zum Durchbruch kam, um sich dieser Behandlung zu widersetzen, was letzten Endes nichts anderes bedeutete, als daß sie leben wollten. Ich habe damals diesen Freunden von mir, die mich auf Adolf Hitler ansprachen – ich kannte ihn damals noch nicht –, sie haben mich gefragt: »Was ist denn Adolf Hitler für ein Mann, was wird da kommen, was ist das?« Ich habe damals die sehr offene Antwort gegeben: »Geben Sie Deutschland eine Chance und Sie werden Adolf Hitler nicht haben. Geben Sie ihm keine Chance, dann wird Adolf Hitler zur Macht kommen.« Das war ungefähr 1930/31. Die Chance wurde Deutschland nicht gegeben und so kam er am 30. Januar 1933 – kam es zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten.
DR. HORN: Wie und wann lernten Sie Hitler kennen?
VON RIBBENTROP: Ich habe Adolf Hitler zum erstenmal gesehen am 13. August 1932 auf dem Berghof. Ich kannte in Berlin ungefähr seit dem Jahre 1930/1931 den Grafen Helldorf, dessen Name als Nationalsozialist bekannt ist. Er war mit mir Regimentskamerad in meiner Schwadron und hat vier Jahre Krieg mit mir zusammen verlebt. Durch ihn bin ich dann mit dem Nationalsozialismus in Berlin zum erstenmal zusammengekommen. Ich habe ihn damals gebeten, mir eine Besprechung mit Hitler zu vermitteln. Er tat dies, soweit ich mich erinnere, durch die Vermittlung von Herrn Röhm – damals. Ich besuchte Adolf Hitler und habe mit ihm damals ein langes Gespräch gehabt, das heißt Adolf Hitler hat mir seine Gedanken über die Lage, die sich im Jahre 1932 im Sommer ergab, auseinandergesetzt. Ich habe ihn dann wieder gesehen im Jahre 1933, das ist hier von dem Parteigenossen Göring schon geschildert worden, in meinem Hause in Dahlem, das ich zur Verfügung stellte, um auch meinerseits alles zu tun, um eine nationale Front damals zu errichten. Mein Eindruck von Adolf Hitler war schon damals ein sehr großer. Mir fiel besonders auf: seine blauen Augen in seiner dunklen Erscheinung und dann vielleicht als Hervorstechendes, sein abgeklärtes, ich möchte sagen, sein abgeschlossenes, nicht verschlossenes, sondern abgeschlossenes Wesen und die Art, mit der er seine Gedanken äußerte und zum Ausdruck brachte. Diese Gedankenäußerungen hatten etwas immer Abschließendes und Definitives und sie schienen aus seinem innersten Wesen zu kommen. Ich hatte den Eindruck, hier einem Mann gegenüber zu sein, der wußte, was er wollte und der einen unerschütterlichen Willen besaß und eine sehr starke Persönlichkeit war. Ich kann es zusammenfassen, daß ich damals aus dem Gespräch mit Adolf Hitler wegging mit der Überzeugung, daß, wenn überhaupt noch jemand, dieser Mann in der Lage sein würde, Deutschland aus dieser großen Schwierigkeit und Not, die damals bestand, zu erretten. Auf die Ereignisse des Januar brauche ich nicht weiter einzugehen. Nur eine Episode möchte ich hier erzählen. Das war in meinem Haus in Dahlem, als es sich damals darum handelte, ob Adolf Hitler Reichskanzler werden sollte oder nicht. Ich weiß, daß damals, ich glaube, ihm die Vizekanzlerschaft angeboten war, und da habe ich dann gehört, mit welcher ungeheuer starken Kraft und Überzeugung – wenn man will, auch Brutalität und Härte – er seine Meinung äußern konnte, wenn er glaubte, daß sich Widerstände zeigen könnten, die zur Wiedererstehung und Errettung seines Volkes führen könnten.
DR. HORN: Glaubten Sie an die Möglichkeit einer Revision des Versailler Vertrages auf dem Wege gegenseitiger Verständigung?
VON RIBBENTROP: Ich muß sagen, daß die vielen Geschäftsreisen, die in den Jahren 1920 bis 1932 mich ins Ausland brachten, mir zeigten, wie unendlich schwierig es in diesem damals bestehenden System war oder sein müßte, auf dem Verhandlungsweg eine Revision des Versailler Vertrages herbeizuführen. Trotzdem habe ich gespürt, wie doch von Jahr zu Jahr sich die Kreise in England und Frankreich immer mehr vergrößerten, die zu der Überzeugung kamen, daß irgendwie Deutschland geholfen werden mußte. Ich habe in diesen Jahren sehr viele Beziehungen zu Männern der Geschäftswelt, des öffentlichen Lebens, der Kunst und Wissenschaft, vor allem auch der Universitäten in England und Frankreich angeknüpft. Ich lernte hierbei die Einstellung der Engländer und der Franzosen kennen. Ich möchte das hier zum Ausdruck bringen, daß schon kurz nach Versailles es meine Überzeugung war, daß eine Änderung dieses Vertrages überhaupt nur durchzuführen wäre in einer Verständigung mit Frankreich und England. Ich glaubte auch, daß auf diese Weise nur die internationale Lage gebessert und die sehr starken Konfliktstoffe, die überall als Folge des ersten Weltkrieges sich aufgespeichert hatten, beseitigt werden konnten. Es war also klar, daß nur durch eine Verständigung mit den Westmächten, mit England und Frankreich, überhaupt eine Revision von Versailles möglich sein würde. Ich hatte schon damals das bestimmte Gefühl, daß nur durch eine solche Verständigung auch wirklich der Friede auf die Dauer in Europa erhalten werden konnte. Wir jungen Offiziere hatten damals zu viel erlebt, und ich denke an die Freischarkämpfer in Schlesien und all diese Dinge im Baltikum und so weiter. Ich möchte noch hinzufügen und ganz offen sagen, daß ich von Anfang an, am ersten Tage, an dem ich den Versailler Vertrag gesehen und gelesen habe, mich als Deutscher verpflichtet gesehen habe, gegen diesen Stellung zu nehmen und zu versuchen, alles zu tun, damit hier an Stelle dieses Vertrages ein besserer treten könnte. Es war gerade das Eintreten Adolf Hitlers gegen Versailles, das mich damals zum ersten überhaupt mit ihm und mit der Nationalsozialistischen Partei zusammenbrachte.
DR. HORN: Haben Sie sich bemüht, Hitler Ihre Anschauungen darüber näher zu bringen?
VORSITZENDER: Herr Dr. Horn! Es ist jetzt 5.00 Uhr und der Gerichtshof glaubt, es ist jetzt besser, sich zu vertagen.