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[Zum Zeugen gewandt:]

Nun dieses Schreiben Ihres Gesandten an das Auswärtige Amt...

VON RIBBENTROP: Der Inhalt ist mir bekannt, darf ich dazu Stellung nehmen?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Lassen Sie mich Sie zunächst auf Absatz 1 hinweisen, dann verweise ich Sie auf Absatz 3, so daß Sie nicht zu befürchten brauchen, daß ich ihn auslassen werde. Absatz 1:

»Maßgebend für Politik und taktisches Vorgehen der SdP ist ausschließlich die durch Gesandtschaft übermittelte Linie deutscher Außenpolitik. Meine«, das heißt also Ihr Gesandter, »Weisungen sollen strikte befolgt werden.

2) öffentliche Reden und Presse werden im Einverständnis mit mir einheitlich abgestimmt. Redaktionsstab der ›Zeit‹ soll verbessert werden.

3) Parteiführung gibt bisherige intransigente Linie, die letzten Endes zu politischen Verwicklungen führen könnte, auf und schwenkt auf Linie schrittweiser Förderung sudetendeutscher Belange ein. Ziele sind jeweils gemeinsam mit mir festzulegen und diplomatisch parallel zu fördern.«

Dokument 3060-PS.

Wenn Sie das gelesen haben, werden Sie nicht zugeben, wie ich vorhin sagte, daß die Tätigkeit der Sudetendeutschen Partei nur in Übereinstimmung mit den Anordnungen vor sich gehen sollten?

VON RIBBENTROP: Darf ich jetzt eine Stellungnahme dazu abgeben?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich möchte, daß Sie zuerst antworten. Ich bin sicher, daß der Gerichtshof Ihnen Gelegenheit geben wird, eine Erklärung abzugeben. Diese Frage ist sehr einfach mit Ja oder Nein zu beantworten. Stimmt es nicht, daß dieses Schreiben beweist, daß die Sudetendeutsche Partei nur entsprechend Ihren Anordnungen handeln sollte?

VON RIBBENTROP: Nein.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Warum nicht?

VON RIBBENTROP: Das möchte ich erklären. Gerade dieser Brief ist ein Kronzeuge dafür, daß die Dinge genau umgekehrt liegen. Zwischen der Sudetendeutschen Partei und vielen Reichsstellen waren Verbindungen angeknüpft worden, wie das ganz natürlich war, denn es gab eine sehr starke Bewegung in dem Sudetendeutschtum, die eine engere Verbindung mit dem Reich anstrebte, besonders nach Adolf Hitlers Machtübernahme. Diese Bestrebungen fingen an, die deutsch-tschechischen Beziehungen in starkem Ausmaße zu belasten, und es ist gerade dieser Brief ein Beweis dafür, daß ich bestrebt war, diese unkontrollierten Verbindungen, die zwischen dem Sudetendeutschtum und dem Reiche bestanden, allmählich in irgendeiner Form in die Hand zu bekommen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Das habe ich Sie nicht gefragt, Herr Zeuge. Was ich Ihnen vorlege – und ich habe es Ihnen schon dreimal vorgelegt und glaube, ich war ganz deutlich – ist, ob dieses Schreiben zeigt, daß diese Partei, die Sudetendeutsche Partei, von diesem Zeitpunkt ab nach Ihren Anordnungen handelte. Bestreiten Sie das noch immer?

VON RIBBENTROP: Jawohl, das bestreite ich absolut, sondern genau das Gegenteil ist der Fall. Dieser Brief bedeutet einen Versuch, um die Schwierigkeiten, die das natürliche Streben der Sudetendeutschen, mit dem deutschen Volke zusammenzukommen, in den deutsch-tschechischen Beziehungen hervorriefen, in eine vernünftige und geregelte Bahn zu lenken, was aber leider schon bald und kurz nach dem Briefe wieder nicht mehr gelang.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nun, wenn Sie bestreiten was ich Ihnen vorgelesen habe, was bedeutet es dann Ihrer Ansicht nach, wenn Ihr Gesandter dem Auswärtigen Amte schreibt, daß die Linie der deutschen Politik, wie sie von der Deutschen Gesandtschaft angeordnet wurde, allein für die Politik und Taktik der Sudetendeutschen Partei entscheidend ist? Was bedeutet das, wenn es nicht so aufzufassen ist, wie Sie gesagt haben, daß die Sudetendeutsche Partei Ihren Anordnungen unterstand? Was kann es sonst bedeuten, wenn dies nicht der Sinn ist?

VON RIBBENTROP: Das bedeutet genau das, was ich gesagt habe, daß die Gesandtschaft versuchen sollte, die sudetendeutsche Führung in eine vernünftige Bahn zu lenken, so daß diese illegalen Bestrebungen, die da waren, nicht etwa zu Schwierigkeiten der deutsch-tschechischen Beziehungen führen konnten. Das war der Sinn damals dieser Besprechungen mit der Gesandtschaft in Prag; und das wird ja eigentlich durch dieses Schreiben ganz klar zum Ausdruck gebracht.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Betrachten wir uns doch mal diese »vernünftige Bahn«, die Sie vorgeschlagen haben. Am nächsten Tag, am 17. März, schreibt Konrad Henlein an Sie und schlägt eine persönliche Aussprache vor; wenn Sie auf Seite 26 des deutschen Dokumentenbuches übergehen wollen, Seite 33 des englischen Buches, so finden Sie eine Notiz über die persönliche Aussprache, die Sie im Auswärtigen Amt am 29. März mit Konrad Henlein, Karl Hermann Frank und zwei anderen Herren hatten, deren Namen nicht so bekannt sind. Dokument 2788-PS, US-95.

Ich möchte nur, daß Sie sich vier Sätze ansehen, nach dem ersten:

»Der Herr Reichsminister betonte eingangs die Notwendigkeit einer strengen Geheimhaltung der anberaumten Besprechung.«

Und dann beziehen Sie sich auf die Zusammenkunft, die der Führer am vorhergehenden Nachmittag mit Konrad Henlein hatte. Ich möchte Ihnen das nur ins Gedächtnis zurückrufen.

Wenn Sie dann weiter unten sehen, nach den Punkten 1 und 2, ist ein Absatz, der mit den Worten beginnt: »Der Herr Reichsminister« und der zweite Satz ist:

»Es käme darauf an, ein Maximalprogramm aufzustellen, das als letztes Ziel den Sudetendeutschen die volle Freiheit gewähre. Gefährlich erschiene es, sich frühzeitig mit Zusagen der Tschechoslowakischen Regierung abzufinden, die einerseits gegenüber dem Ausland den Anschein erwecken könnten, als ob eine Lösung gefunden sei, und andererseits die Sudetendeutschen selbst nur teilweise befriedigen würden.«

Wenn Sie einen Satz weitergehen, nach einigen nicht sehr schmeichelhaften Bemerkungen über Benesch heißt es weiter:

»Das Ziel der von der Sudetendeutschen Partei mit der Tschechoslowakischen Regierung zu führenden Verhandlungen wäre letzten Endes... den Eintritt in die Regierung zu vermeiden.«

Beachten Sie die nächsten Worte:

»... durch den Umfang und die schrittweise Präzisierung der zu stellenden Forderungen...«

Und dann machen Sie die Stellung der Reichsregierung klar:

»Die Reichsregierung« – der übernächste Satz – »ihrerseits müsse es ablehnen, gegenüber der Prager Regierung oder gegenüber London und Paris als Vertreter« – beachten Sie die nächsten Worte – »oder Schrittmacher der sudetendeutschen Forderungen in Erscheinung zu treten.«

Die Politik, die ich Ihnen hier unterstelle, ging darauf hinaus, die Aktivität der Sudetendeutschen zu leiten. Sie sollten eine Verständigung mit der Tschechoslowakischen Regierung sowie eine Beteiligung an der Tschechoslowakischen Regierung vermeiden, und die Reichsregierung ihrerseits würde vermeiden, als Vermittler in dieser Angelegenheit zu handeln. Mit anderen Worten, Sie, Herr Zeuge, würden durch Ihren Einfluß auf die Sudetendeutschen Ihr Äußerstes tun, damit über die Schwierigkeiten oder die Minderheitenprobleme keine Vereinbarung zustande käme. Ist das nicht richtig? Haben Sie das nicht den Leuten bei dieser Besprechung gesagt?

VON RIBBENTROP: Nein, so trifft das nicht zu.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Geben Sie Ihre Erklärung. Wie erklären Sie diese Ausführungen?

VON RIBBENTROP: Ich habe Konrad Henlein damals kommen lassen, und ich glaube, es ist das einzige Mal gewesen – oder vielleicht habe ich ihn noch einmal gesehen, ein- oder zweimal leider nur, um auch ihn auf eine ruhige Entwicklung des sudetendeutschen Problems festzulegen. Die Forderungen der Sudetendeutschen gingen damals bereits sehr weit. Sie wollten zum Reiche. Das war mehr oder weniger unausgesprochen, oder wurde ausgesprochen. Dies schien mir eine Lösung, die gefährlich war, und die in irgendeiner Form aufgefangen werden mußte, weil es sonst zu einer kriegerischen Verwicklung führen konnte. Henlein ist dann schließlich auch zu mir gekommen, aber ich möchte gleich vorausschicken, daß es das einzige Mal war, glaube ich, daß ich Henlein umfassend in dieser Form sprach, und schon bald darauf wieder ist die Sache außerhalb meiner Kontrolle gekommen. Das ganze sudetendeutsche Problem, was also in dieser Niederschrift steht, und darüber besteht kein Zweifel, ist, daß ich erstens die Bestrebungen der Sudetendeutschen in eine ruhige Entwicklung bringen wollte, so daß wir sie auch diplomatisch unterstützen konnten, was mir durchaus berechtigt schien, und zweitens, daß dabei vermieden würde, daß plötzlich durch Terrorakte oder wilde Dinge eine Situation entstände, die zu einer deutsch-tschechischen und europäischen Krise führe. Das waren damals die Dinge, warum ich Konrad Henlein kommen ließ.

Nun, was die einzelnen von dem Herrn Anklagevertreter vorgelesenen Sätze betrifft, so ist es klar, die Sudetendeutsche Partei hatte damals sehr weitgehende Forderungen gehabt. Sie wollte natürlich, am liebsten hätte sie gesehen, daß Adolf Hitler Prag ein Ultimatum gestellt hätte: »Bitte, das habt Ihr durchzuführen und Schluß.«

Das wollten wir nicht, das war ganz selbstverständlich; sondern wir wollten eine ruhige Entwicklung und ruhige Lösung der Dinge haben. Ich habe daher damals mit Konrad Henlein gesprochen, in welcher Weise die Sudetendeutsche Partei vorgehen müßte, um allmählich ihre Forderungen durchzusetzen. Diese Forderungen, die damals mir vorschwebten, waren die Forderung einer sehr weitgehenden kulturellen und eventuell auch sonstigen Autonomie.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wenn Sie von einer kulturellen und sozialen Autonomie sprechen, warum haben Sie dann diesen Herren nicht angeraten, zu einer Vereinbarung mit der Prager Regierung zu gelangen?

VON RIBBENTROP: Das kann ich jetzt im einzelnen nicht mehr sagen. Das mag aus der taktischen Erwägung heraus geschehen sein. Ich nehme an, daß Konrad Henlein solchen Vorschlag gemacht hat und ich dem zugestimmt habe. So im einzelnen habe ich das Problem natürlich auch nicht gekannt, und diese Aufzeichnung, die wird wohl..., ich nehme an, daß das so war, daß Herr Henlein selbst nur sein Programm entwickelt hat – das steht hier nicht im einzelnen drin –, und daß ich dann diesem mehr oder weniger zugestimmt habe. Also, ich nehme an, daß es damals aus taktischen Erwägungen vielleicht Henlein nützlich schien, noch nicht in die Regierung einzutreten und Verantwortung und so weiter auf sich zu nehmen, sondern zunächst zu versuchen, die Dinge auf andere Weise vorwärts zu treiben.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Das war am 29. März, und Sie haben dem Gerichtshof vor einem Augenblick von Ihren Sorgen über den Frieden erzählt. Sie haben doch sehr bald gewußt, daß friedliche Mittel keinen Ausweg mehr boten, nicht wahr? Können Sie sich daran nicht erinnern? Versuchen Sie es einmal und konzentrieren Sie sich darauf, denn es ist offenbar, daß Sie hierüber nachgedacht haben. Können Sie sich daran erinnern, wann Hitler Ihnen mitteilte, daß er im Begriff sei, militärische Vorbereitungen für die Besetzung der Tschechoslowakei im Herbst zu treffen?

VON RIBBENTROP: Adolf Hitler hat mit mir über militärische Dinge sehr wenig gesprochen. An eine solche Mitteilung entsinne ich mich nicht, aber ich weiß natürlich, daß der Führer zu einem bestimmten Zeitpunkt entschlossen war, dieses Problem zu lösen, und nach der Erfahrung, die Deutschland in den vergangenen Jahren gemacht hatte, war es selbstverständlich für ihn, daß er in irgendeiner Form dabei, ich möchte sagen, auch militärische Maßnahmen ergriff, um seinen Forderungen besseren Nachdruck zu geben.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Lassen Sie mich Ihnen dabei behilflich sein. Sehen Sie sich Seite 31 Ihres Dokumentenbuches an. Es steht auf Seite 37 im englischen Dokumentenbuch; Dokument 2360-PS, GB-134.

VON RIBBENTROP: Seite 31?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Seite 31 Ihres Dokumentenbuches. Es ist ein Zitat aus der Hitler-Rede vom Januar 1939 und es stellt zufällig diesen Punkt klar. Er sagte nämlich – haben Sie die Stelle gefunden, Zeuge?

VON RIBBENTROP: Ja, ich habe sie.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE:

»Ich habe mich daher auf Grund dieser unerträglichen Provokation, die noch verstärkt wurde durch eine wahrhaft infame Verfolgung und Terrorisierung unserer dor tigen Deutschen, entschlossen, die sudetendeutsche Frage endgültig und nunmehr radikal zu lösen. Ich gab am 28. Mai erstens den Befehl zur Vorbereitung des militärischen Einschreitens gegen diesen Staat mit dem Termin des 2. Oktober; zweitens, ich befahl den gewaltigen und beschleunigten Ausbau unserer Verteidigungsfront im Westen.«

Ich möchte Sie daran erinnern, daß am 28. Mai eine Zusammenkunft stattfand, und hier ist Hitlers eigener Bericht darüber. Mit anderen Worten sagte er:

»Es ist mein absoluter Wille, daß die Tschechoslowakei von der Landkarte verschwindet.«

Und dann sprach er über die Verteidigung der Westfront. Erinnern Sie sich jetzt an die Zusammenkunft am 28. Mai?

VON RIBBENTROP: Ich habe hier, glaube ich, ein Dokument hierüber gesehen. Ich erinnere mich an dieses Zusammentreffen nicht.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nun, wenn Hauptmann Fritz Wiedemann, der zu der Zeit, glaube ich, noch Adjutant des Führers war, bevor er ins Ausland ging, sagte, daß Sie da waren, würden Sie das ableugnen?

VON RIBBENTROP: Ich habe das gesehen, aber meiner Ansicht nach ist es ein Irrtum von Herrn Wiedemann.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie glauben, Sie waren nicht dabei?

VON RIBBENTROP: Ich möchte annehmen, daß es ein Irrtum ist. Jedenfalls entsinne ich mich nicht des Zusammentreffens. Genau kann ich das nicht mehr sagen. Im allgemeinen wurde ich zu militärischen Dingen nicht zugezogen. Ich kann es aber in diesem Falle nicht genau sagen. Aber ich wußte, daß im allgemeinen gesprochen wurde, daß der Führer im Laufe des Jahres 1938 mehr und mehr entschlossen war, wie er sich ausdrückte, das Recht der Sudetendeutschen durchzusetzen, daß er dafür auch gewisse militärische Vorbereitungen getroffen habe, das wußte ich, aber in welcher Form und in welchem Umfange, darüber weiß ich nichts.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Um also Ihren Standpunkt ganz klar auszudrücken – ich möchte nicht über das hinausgehen, was Sie wirklich meinen –, Sie wußten, daß militärische Vorbereitungen getroffen wurden, aber Sie wußten keine Einzelheiten über das, was wir heute den Fall »Grün« nennen.

VON RIBBENTROP: Nein, Einzelheiten habe ich nicht gewußt. Ich habe nie davon gehört. Aber ich wußte, daß in den letzten Wochen und Monaten der Krise...

DR. HORN: Herr Präsident! Ich erhebe Einspruch gegen diese Frage. Ich glaube, um Zeit zu sparen, darauf hinweisen zu dürfen, daß die gesamte sudetendeutsche Politik durch die vier Großmächte England, Frankreich, Italien und Deutschland und durch das Münchener Abkommen, das diese Politik beschlossen hatte, sanktioniert worden ist. Ich sehe also keinen Raum mehr für ein völkerrechtliches Delikt in diesem Zusammenhang.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß die Frage vollkommen zulässig ist.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nun, zu der Zeit haben Sie genügend gewußt, um den möglichen Verlauf des möglichen Krieges mit ausländischen Persönlichkeiten zu besprechen. Wollen Sie sich bitte mal jetzt Seite 34 ansehen, das ist Seite 40 im englischen Buch, Dokument 2800-PS. Das sind die Notizen über eine Besprechung mit dem Italienischen Botschafter. Ich weiß nicht, mit welchem Ihrer Beamten sie stattgefunden hat. Ich möchte aber, daß Sie sich die Stelle ansehen, wo handschriftlich vermerkt ist: »Nur für den Herrn Reichsminister«:

»Attolico bemerkte noch, wir hätten den Italienern unsere Absichten wegen der Tschechei unmißverständlich kundgetan. Auch wegen des Termins habe er soweit Kenntnis, daß er jetzt vielleicht noch zwei Monate Ferien machen könnte, dann aber bestimmt nicht mehr...«

Wenn Sie sich das Datum ansehen, sehen Sie, daß es am 18. Juli gewesen ist, und zwei Monate nach dem 18. Juli, das wäre der 18. September. Dann sehen Sie bitte, einen Monat später eine Notiz, ich glaube, von Ihnen selbst unterschrieben am 27. August, Dokument 2792-PS.

»Attolico suchte mich heute um 12.00 Uhr auf, um folgendes mitzuteilen:

Er habe eine neue schriftliche Instruktion von Mussolini erhalten, in der darum gebeten werde, daß Deutschland den eventuellen Zeitpunkt einer Aktion gegen die Tschechoslowakei rechtzeitig mitteilen möge, um, wie Herr Attolico versicherte, ›to be able to take in due time the necessary measures on the French frontier‹.

Notiz: Ich erwiderte Botschafter Attolico ebenso wie auf seine vorhergehende Demarche, daß ich ihm einen Zeitpunkt nicht mitteilen könnte, daß aber jedenfalls Mussolini der erste sein würde, der von einer etwaigen Entscheidung Mitteilung erhalten würde.«

Es ist also ganz klar, nicht wahr, daß Sie wußten, daß deutsche Maßnahmen für einen Angriff auf die Tschechoslowakei getroffen wurden, nur das Datum stand noch nicht fest, abgesehen von den allgemeinen Anordnungen Hitlers, daß Anfang Oktober alles bereit sein müsse. Das war die Lage im Juli und August, nicht wahr?

VON RIBBENTROP: Im August, am 27. August, war natürlich bereits eine Art Krise zwischen Deutschland und der Tschechoslowakei über dieses Problem; und es war klar, daß man sich in der Zeit Gedanken darüber machte, wie das auslaufen würde. Und anscheinend habe ich nach diesem Dokument mit dem Italienischen Botschafter gesprochen, daß, falls diese Krise sich zu einer militärischen Aktion auswachsen würde, selbstverständlich Mussolini vorher Nachricht bekommen würde.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Und Mussolini würde dann bereit sein, eine Demonstration an der französischen Grenze zu unternehmen, um Ihre militärischen Pläne zu fördern. Stimmt das nicht?

VON RIBBENTROP: Das steht in diesem Dokument. Darüber weiß ich nichts. Vielleicht hat Attolico das gesagt; wenn es hier drin steht, wird er es so gesagt haben.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wenden Sie sich jetzt den Seiten 36 bis 38 zu, die ungefähr dieselbe Zeit betreffen, Seite 41 bis 43 im englischen Buche. Ich möchte keine Zeit damit verlieren, daß ich alles verlese, aber es ist der Bericht über die Zusammenkunft, die Sie mit den ungarischen Ministern Imredy und Kanya hatten. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie, um Zeit zu sparen, versuchen würden, eine allgemeine Frage zu beantworten: Haben Sie bei Ihrer Unterredung mit Imredy und Kanya nicht versucht, die Ungarn zu veranlassen, sich auf einen Angriff auf die Tschechoslowakei vorzubereiten, falls der Krieg ausbrechen sollte?

VON RIBBENTROP: Ich kenne den Inhalt des Dokuments nicht genau, ich darf ihn vielleicht selbst nochmals durchlesen, bitte?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich werde Ihnen jetzt vorlesen...

VON RIBBENTROP: Ich kann aus der Erinnerung vielleicht so antworten. Ich weiß nicht genau, was in Dokumenten steht, aber meine Erinnerung ist so, daß damals die Krise im Gange war. Es war ganz natürlich, daß, wenn die Möglichkeit eines kriegerischen Konfliktes über das sudetendeutsche Problem im Bereich der Möglichkeit lag, daß Deutschland dann mit angrenzenden Staaten in irgendeiner Form Fühlung nahm. Das ist an sich selbstverständlich. Ich glaube aber...

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Aber Sie sind etwas weiter gegangen als nur mit ihnen Fühlung zu nehmen, nicht wahr? Am Ende des sechsten Abschnittes heißt es in dem Dokument; 2796-PS:

»Herr von Ribbentrop wiederholte, daß, wer Revision wünsche, die gute Konjunktur ausnutzen und sich beteiligen müsse.«

Ich glaube, das geht etwas über die Fühlungnahme hinaus. Was Sie zu den Ungarn gesagt haben, ist folgendes: »Wenn Ihr eine Revision Eurer Grenzen wünscht, müßt Ihr Euch mit uns am Krieg beteiligen.«

VON RIBBENTROP: Ja, das ist genau auf der Linie, was ich eben sagte. Ob die Antwort so gefallen ist, weiß ich nicht. Jedenfalls ist es klar, daß zu der Zeit – ich erinnere mich, daß ich mit diesen Herren gesprochen habe – die Möglichkeit eines Konfliktes gegeben sei; und daß es in einem solchen Falle gut sein würde, wenn wir unsere Interessen abstimmen würden. Ich möchte eines erwähnen, daß Ungarn die ganzen Jahre vorher es als eine der drückendsten Bedingungen des Friedensvertrags empfunden hat, daß diese Gebiete im Norden abgetrennt worden sind. Sie waren natürlich sehr stark interessiert daran.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie waren sehr interessiert, ihnen eine Revision anzubieten. Sehen Sie sich nur die beiden letzten Absätze Ihres Protokolls an mit dem Datum: »Am 25.«, Seite 38 Ihres Dokumentenbuches. Es beginnt ganz am Ende dieser Aufzeichnung; Dokument 2797-PS:

»Hinsichtlich der militärischen Bereitschaft Ungarns im Falle eines deutsch-tschechischen Konflikts sich zu beteiligen, hatte Herr von Kanya bekanntlich in den letzten Tagen von dem Bedürfnis einer ein- bis zweijährigen Frist gesprochen, um die ungarische Wehrkraft hin reichend zu entwickeln. Bei dem heutigen Gespräch korrigierte Herr von Kanya diese Bemerkung nun dahin, es stehe militärisch mit Ungarn doch besser. Sie wären doch am 1. Oktober ds. Js. rüstungsmäßig so weit, sich beteiligen zu können.«

Sehen Sie das? Was ich Ihnen vorhalte, Herr Zeuge, ist dies: Ihre Stellung war ganz klar. Zuerst nehmen Sie die Sudetendeutschen unter Ihre Kontrolle, dann erfahren Sie von Hitler, daß militärische Vorbereitungen getroffen wurden, dann schalten Sie die Italiener ein, dann die Ungarn. Sie machen sie alle für einen Angriff auf die Tschechoslowakei bereit. Das halte ich Ihnen vor. Ich möchte hier ganz klar und keinem Mißverständnis ausgesetzt sein. Nun, sehen Sie, was...

VON RIBBENTROP: Darf ich darauf antworten?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ja sicherlich. Wenn Sie wollen.

VON RIBBENTROP: Ich habe schon einmal gesagt, daß die Sudetendeutsche Partei leider nicht unter meiner Kontrolle war. Im übrigen aber stehe ich auf dem Standpunkt und stand auch auf dem Standpunkt, daß es das primitive Recht der Sudetendeutschen war, entsprechend dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, was im Jahre 1919 proklamiert wurde, von sich aus zu bestimmen, wohin sie gehörten.

Als Adolf Hitler kam, wurde dieses Drängen nach dem Reiche dort sehr stark. Adolf Hitler war entschlossen, dieses Problem entweder auf diplomatischem oder auf anderem Wege, wenn es sein müßte, zu lösen. Das war klar und wurde mir immer klarer. Ich persönlich habe jedenfalls alles getan, um zu versuchen, das Problem diplomatisch zu lösen. Auf der anderen Seite aber habe ich selbstverständlich, um diese eine Situation, wie sie nachher zu München führte, herbeizuführen, alles getan, um Freunde um uns zu scharen, um unsere Position für eine solche Frage möglichst stark zu machen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wußten Sie nicht ganz genau, daß der Fall »Grün« und die militärischen Pläne Hitlers die Eroberung der ganzen Tschechoslowakei ins Auge faßten? Das wußten Sie doch, nicht wahr?

VON RIBBENTROP: Nein, das habe ich nicht gewußt. Was das sudetendeutsche Problem betrifft, so hat ja die Königlich Britische Regierung selbst in München diesen Vertrag abgeschlossen, in dem dieses ganze Problem in der Form gelöst wurde, wie ich es immer von der deutschen Diplomatie her angestrebt habe.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Zeuge, ich möchte mich mit Ihnen keineswegs in eine Erörterung über Politik einlassen. Ich möchte Sie nur auf das Folgende aufmerksam machen: Der Fall »Grün« und die Pläne Hitlers in dieser Hinsicht sind der Britischen Regierung erst nach Ende des Krieges bekanntgeworden, als sie nämlich als erbeutete Dokumente in unseren Besitz gelangten. Was ich Sie fragte, war: Sie sagen, daß Sie als Reichsaußenminister nichts von diesen militärischen Plänen wußten, nicht wußten, daß die Eroberung der ganzen Tschechoslowakei ins Auge gefaßt worden war. Sie sagen das und wollen, daß der Gerichtshof dem Glauben schenkt?

VON RIBBENTROP: Ich wiederhole nochmals, daß ich über den Fall »Grün«, den Begriff des Falles »Grün«, zum ersten Male hier in den Dokumenten gelesen habe. Ich kannte den Begriff vorher nicht und habe mich auch nicht darum gekümmert. Daß dem Führer in der späteren Entwicklung, nachher bei der Errichtung des Protektorats Böhmen-Mähren, daß ihm hier eine weitergehende Lösung vorschwebte, ist mir natürlich nachher klar geworden.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Einen Augenblick bitte! Wir kommen sofort darauf zu sprechen. Ich bitte Sie nur, den letzten Vorbereitungsakt, den Sie ausgeführt haben, zu betrachten. Ich behaupte, daß dies ein klarer Angriff war. Wenn Sie Seite 45 des Ihnen vorliegenden Buches anschauen, dann werden Sie dort eine Note des Auswärtigen Amtes an die Botschaft in Prag finden; Dokument 2858-PS:

»Bitte auf Wunsch Konrad Henleins Abgeordneten Kundt mitzuteilen, er möge unverzüglich mit den Slowaken Fühlung nehmen, um diese zu veranlassen, daß sie im Laufe des morgigen Tages ihre Autonomieforderungen erheben.«

Das war ein weiterer Akt Ihres Amtes, nicht wahr, um die Dinge für die Regierung in Prag zu erschweren. Sie benutzten Ihre Freunde, um die Slowaken zu veranlassen – um Ihre eigenen Worte zu gebrauchen – Autonomieforderungen zu erheben. Ist das richtig? Hat Ihr Amt das getan?

VON RIBBENTROP: Zweifellos ist dies ein Telegramm aus dem Auswärtigen Amt. Ich kann es im einzelnen nicht mehr sagen, aber nach dem Inhalt ist anscheinend Henlein an uns herangetreten, ein Telegramm zu befördern, und anscheinend hat Henlein die Auffassung gehabt zu diesem Zeitpunkt, daß er die Autonomieforderung an die Prager Regierung richten möge. Wie das zustandegekommen ist, kann ich heute nicht mehr im einzelnen sagen. Ich möchte nur nochmals betonen, daß sich Konrad Henleins – ich sage leider und habe das damals schon gesagt – Aktivität weitgehend meiner Kontrolle entzog. Ich habe Henlein nur ein- oder zweimal gesehen in dieser ganzen Zeit.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich will nicht alle Einzelheiten mit Ihnen durchgehen. Sie verstehen meine Behauptung, nämlich, daß Ihr Amt zu diesem Zeitpunkt einen der letzten Schritte unternommen hat, es war ja in der Mitte der Krise, am 19. September, um die Tschechoslowakische Regierung zu schwächen, indem Sie die Autonomieforderung der Slowaken veranlaßten. Sie sagten, daß Sie lediglich die Wünsche Henleins weitergeleitet hätten. Wenn Sie das so darstellen wollen, so will ich Sie damit nicht weiter belästigen. Außerdem schlugen Sie vor, – ich komme nun auf die Ereignisse im Frühjahr zu sprechen und möchte an Sie eine oder zwei Fragen hierüber stellen. Im Frühjahr war Hitler darauf aus, und Sie stimmten seinen Wünschen zu – ich wollte sagen »ohne mit der Wimper zu zucken«, aber ich möchte meine Worte sorgfältig wählen –, den Anschluß von Böhmen und Mähren zu erlangen und die Slowakei von Böhmen und Mähren zu trennen. Schauen Sie sich jetzt einmal Seite 65 in dem Ihnen vorliegenden Buch an. Sie finden dort ein chiffriertes Telegramm, das vom Auswärtigen Amte, von Ihnen selbst, an die Botschaft in Prag gerichtet war; Dokument 2815-PS:

»Mit Beziehung auf heutige durch Kordt gegebene telephonische Weisung.

Falls Ihnen vom Präsidenten Hacha eine schriftliche Mitteilung zugehen sollte, bitte ich Ihrerseits keinerlei schriftliche oder mündliche Erklärungen dazu abzuge ben oder sonstige Schritte daraufhin zu tun. Vielmehr bitte ich Sie, solche lediglich in chiffriertem Telegramm nach hierher durchzugeben. Im übrigen bitte ich Sie und die anderen Mitglieder der Gesandtschaft, sich so einzurichten, daß Sie in den nächsten Tagen für etwaige Mitteilungen dortiger Regierung nicht erreichbar sind.«

Warum waren Sie so darauf bedacht, daß Ihr Gesandter diese gewöhnliche Funktion, als Verbindungskanal zu der Tschechischen Regierung zu dienen, nicht aufrechterhalten sollte?

VON RIBBENTROP: Das kam folgendermaßen: Ich entsinne mich dessen sehr genau. Der tschechische Außenminister Chvalkowski war an einem dieser Tage, es muß wohl derselbe Tag gewesen sein, an den Gesandten in Prag herangetreten, daß der tschechoslowakische Präsident Hacha den Führer sprechen wollte. Ich hatte dem Führer das gemeldet, und der Führer hatte sich damit einverstanden erklärt, den tschechischen Ministerpräsidenten oder Staatspräsidenten zu empfangen. Der Führer sagte gleichzeitig, daß er diese Verhandlungen aber selbst zu führen wünsche, und daß er nicht wünsche, daß irgendwelche anderen oder die Gesandtschaft dabei sich mit einschalten. Das ist nach meiner Erinnerung der Grund für dieses Telegramm damals gewesen, daß sie in Prag nicht irgend etwas unternehmen sollten, sondern, daß dies, was nun geschähe, dem Führer vorbehalten bleiben mußte.

Ich darf vorausschicken, daß sich auch damals ziemlich starke krisenhafte Erscheinungen zwischen Prag und uns bemerkbar machten. Aus dieser ganzen Situation ist ja auch der Besuch des Präsidenten Hacha oder der Wunsch des Präsidenten Hacha, den Führer zu besuchen, zu erklären.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich möchte Sie nun daran erinnern, was Sie und der Führer an diesem Tage taten. Sie finden das auf Seite 66 und auf Seite 71 des englischen Buches. Sie hatten eine Besprechung, Sie und der Führer, zusammen mit Meißner und dem Angeklagten Keitel, mit Dietrich und Keppler, und Sie hatten diese Besprechung mit den Slowaken, mit Herrn Tiso. Erinnern Sie sich an diese Besprechung?

VON RIBBENTROP: Jawohl, der Konferenz entsinne ich mich sehr genau.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Gut! Dann will ich eine allgemeine Frage an Sie stellen, ohne zu sehr auf Einzelheiten einzugehen. Hitler und Sie haben den Slowaken bei dieser Konferenz erklärt: Wenn Sie nicht Ihre Unabhängigkeit von Prag erklären, so werden wir Sie der Gnade oder Ungnade Ungarns überlassen. Ist das nicht, kurz gesagt, eine richtige Zusammenfassung dessen, was Hitler und Sie bei dieser Konferenz sagten?

VON RIBBENTROP: Das stimmt bis zu einem gewissen Grade, ja. Aber ich möchte dazu eine weitere Erklärung abgeben.

Die Lage war damals so, und das muß man politisch verstehen: Die Ungarn waren außerordentlich unzufrieden und wollten ihre Gebiete wieder haben, die man ihnen im Friedensvertrag entrissen hatte, und die heute in der Tschechoslowakei, und zwar im slowakischen Teil der Tschechoslowakei, zusammengefaßt waren. Es waren daher dauernd große Schwierigkeiten zwischen Preßburg und Budapest und auch zwischen Prag und Budapest vor allem. Es war daher immer mit der Gefahr zu rechnen, daß hier ein kriegerischer Konflikt ausbrach. Es ist mindestens ein halbes dutzendmal gewesen, daß seitens der Ungarischen Regierung uns zu verstehen gegeben wurde, daß auf die Dauer dies hier nicht so weitergehen könnte, sie müssen irgendwie ihre Revisionen haben. Es war nun so, daß sehr starke Unabhängigkeitsbestrebungen seitens der Slowaken schon seit längerer Zeit bestanden. Sie waren vor allem durch Herrn Tuka öfters an uns herangebracht worden, später auch durch Herrn Tiso. In dieser Konferenz, die hier geschildert wird, war es so, daß nach längerer, nach wochenlanger Kenntnis, die der Führer hatte von den Bestrebungen der Slowaken, selbständig zu werden, er schließlich Tiso empfing, den späteren Staatspräsidenten, und ihm nun sagte, daß er allerdings nun... Ich glaube, er sagte ihm in dieser Unterredung, an sich sei er desinteressiert dort. Aber, wenn überhaupt etwas geschähe, dann müßten die Slowaken nun möglichst schnell ihre Selbständigkeit erklären. Es ist kein Zweifel, daß wir damals direkt mit einem ungarischen Eingreifen rechneten. Aber es stimmt...

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wie sehr die Slowaken damals für eine Unabhängigkeit waren, und welche Schritte Hitler und Sie selbst unternahmen, um diese sicherzustellen, können Sie wahrscheinlich auf Seite 67 finden. Es ist das Ende eines Abschnittes, der anfängt, »Er hatte nun Minister Tiso herkommen lassen...« Etwas weiter, gegen Mitte dieses Abschnittes, wird berichtet, daß Hitler diese innere Unsicherheit nicht dulden würde, daß er deshalb Tiso habe kommen lassen, um seine Entscheidung zu hören. Es handele sich nicht um Tage, sondern um Stunden. Er hat damals gesagt, daß, wenn die Slowakei sich selbständig machen wolle, er dieses Bestreben unterstützen, sogar garantieren würde. Er stünde bei seinem Worte, solange die Slowakei den Willen zur Selbständigkeit klar ausspreche. Würde sie zögern oder sich nicht von Prag lösen wollen, so überlasse er das Schicksal der Slowakei den Ereignissen, für die er nicht mehr verantwortlich sei.

Sodann fragte er Sie, ob Sie etwas hinzuzufügen hätten. Im nächsten Absatz wird berichtet, was Sie gesagt haben sollen; Dokument 2802-PS:

»Der Reichsaußenminister unterstreicht auch von sich aus die Auffassung, daß es sich hier um eine Entscheidung von Stunden und nicht von Tagen handele. Er legt dem Führer eine gerade hereingekommene Meldung vor, welche von ungarischen Truppenbewegungen an der slowakischen Grenze berichtete. Der Führer liest diese Meldung und erwähnt sie Tiso gegenüber und drückt die Hoffnung aus, daß sich die Slowakei bald klar entscheide.«

Zeuge! Wollen Sie ableugnen, daß Hitler und Sie selbst schärfsten Druck auf die Slowaken ausübten, um ihre Beziehungen zu Prag abzubrechen, damit die Tschechen sich Ihrem Druck auf Hacha, der in einigen Tagen kommen sollte, allein gegenüber sahen?

VON RIBBENTROP: Nein, das stimmt nicht. Ein schärfster Druck wurde nicht ausgeübt. Es ist kein Zweifel, daß seitens der Ungarn... und meine Bemerkung bezieht sich auf die Möglichkeit von kriegerischen Entwicklungen mit den Ungarn..., aber die Unabhängigkeitswünsche waren von den Slowaken seit langer Zeit schon immer wieder an uns herangebracht worden. Es ist möglich, daß damals Tiso, das geht aus diesem Aktenstück hervor, zögernd war, weil es ja immerhin ein sehr bedeutsamer Schritt war. Aber im Hinblick auf den damals zweifellos beim Führer schon klar bestehenden Wunsch, in irgendeiner Form die Frage Böhmen-Mähren zu lösen, lag es ganz zweifellos im Interesse des Führers, auch seinerseits die Selbständigkeit der Slowakei herbeizuführen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Noch ein Punkt, meine letzte Frage, bevor ich auf die Unterredung mit dem Präsidenten Hacha eingehe. Erinnern Sie sich nicht, daß zwei Tage vorher Herr Bürckel – soweit ich mich erinnere – und ein anderer österreichischer Nationalsozialist, der Angeklagte Seyß-Inquart, und eine Anzahl deutscher Offiziere am Samstag, den 11. März, 10.00 Uhr abends, in eine Kabinettssitzung in Preßburg hineingingen und der sogenannten Slowakischen Regierung erklärten, daß sie die Unabhängigkeit der Slowakei ausrufen müßte? Wissen Sie das nicht? Dies wurde uns von unserem Konsul berichtet.

VON RIBBENTROP: Ich entsinne mich dessen im einzelnen nicht. Aber ich glaube, daß irgendwie damals so etwas stattgefunden hat. Aber das weiß ich nicht mehr im einzelnen. Ich glaube, daß das damals vom Führer dirigiert wurde. Ich habe damit, glaube ich, weniger zu tun gehabt. Ich entsinne mich dessen nicht mehr genau.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich möchte mich kurz...

VORSITZENDER: Sir David, es ist jetzt 12.45 Uhr und ich glaube, wir legen eine Pause bis 2.00 Uhr ein.