[Pause von 10 Minuten.]
VORSITZENDER: Angeklagter! Der Gerichtshof ersucht mich bekanntzugeben, daß seiner Ansicht nach Ihre Antworten und Erläuterungen zu lang, zu polemisch sind, daß sie Wiederholungen enthalten und Gegenstände betreffen, die vor dem Gerichtshof schon so oft ausgeführt worden sind. Der Gerichtshof bittet Sie daher zu versuchen, Ihre Antworten so kurz wie möglich zu halten.
VON RIBBENTROP: Ja.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Habe ich Sie am Freitag richtig verstanden als Sie erklärten, daß Sie über die Verbindung zwischen Quisling und dem Angeklagten Rosenberg im Frühjahr und Sommer des Jahres 1939 nichts wußten? Das war lange vor dem Krieg, im Frühjahr und Sommer, vor Juni 1939?
VON RIBBENTROP: Ja, es ist so richtig, daß ich wußte, daß Rosenberg Freunde in Norwegen hatte, und daß der Name Quisling wohl auch mal gefallen ist. Für mich war dieser Name damals kein Begriff. Ich habe auf Wunsch des Führers Herrn Rosenberg damals bestimmte Gelder für seine Freunde in Norwegen zur Verfügung gestellt, für Zeitungen, Propaganda und ähnliche Zwecke.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wenn ich Ihre Aussagen recht verstehe, so wußten Sie nicht, daß einige Leute Quislings sich im August 1939, also vor dem Kriege, in einem Schulungslager in Deutschland befanden?
VON RIBBENTROP: Ich entsinne mich dessen nicht. Ich habe es hier durch ein Dokument gehört. Aber ich entsinne mich nicht, irgend etwas gewußt zu haben; jedenfalls, wenn ich irgend etwas davon wußte, wußte ich nicht, worum es sich im einzelnen handelte.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wußten Sie, daß die in Norwegen ansässigen Deutschen kurz nach Ausbruch des Krieges dazu verwendet wurden, das Personal der verschiedenen deutschen Dienststellen, der Gesandtschaft und der Konsulate zu vergrößern?
VON RIBBENTROP: Nein, das ist mir im Augenblick überhaupt nicht gegenwärtig. Damals habe ich das wohl nie richtig erfahren, wenn das der Fall gewesen ist.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich zitiere hier das Jahrbuch der NSDAP. Ich möchte im Augenblick lediglich wissen, ob Sie davon etwas wußten oder nicht. Wenn Sie erklären, daß Sie es nicht...
VON RIBBENTROP: Nein, davon weiß ich nichts, kann ich leider nichts sagen.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wußten Sie damals im Dezember 1939, daß Quisling am 16. und 18. Dezember je eine Besprechung mit Hitler gehabt hat?
VON RIBBENTROP: Nein, das wußte ich auch nicht. – Welches Datum, darf ich noch einmal bitten?
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: 16. und 18. Dezember 1939 – durch Vermittlung des Angeklagten Raeder.
VON RIBBENTROP: Nein, von diesen Besprechungen habe ich nach meiner. Erinnerung nichts gewußt.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Also, praktisch hörten Sie zum erstenmal irgend etwas über die norwegische Angelegenheit, als Sie den Brief Raeders vom 3. April erhielten?
VON RIBBENTROP: Nein, ich glaube, das ist wohl ein Brief von Keitel gewesen. Ich glaube, das ist ein Mißverständnis.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Verzeihung, ich habe mich geirrt, entschuldigen Sie... Entsinnen Sie sich eines Schreibens von Keitel, in dem er erklärt, daß die militärische Besetzung Dänemarks und Norwegens auf Befehl des Führers vom Oberkommando der Wehrmacht von langer Hand vorbereitet war, und daß das Oberkommando der Wehrmacht daher genügend Zeit gehabt hat, sich mit allen mit der Ausführung dieser Operation im Zusammenhang stehenden Fragen zu beschäftigen?
Sie sind also, Herr Zeuge – vielleicht kann ich die Angelegenheit kürzer fassen –, keine sehr geeignete Person zur Beantwortung von Fragen über die frühen Vorbereitungen hinsichtlich Norwegens, weil Sie über die früheren Unterredungen zwischen Quisling, Raeder und Hitler nicht unterrichtet waren. Stimmt das? Wenn das zutrifft, werde ich diesen Gegenstand verlassen.
VON RIBBENTROP: Nein, ich war daran nicht beteiligt. Ich möchte nur kurz eines klarstellen: Daß ich auch diesen Brief, wieso weiß ich nicht, erst einige Tage später empfangen habe. Die erste Nachricht von der Absicht, Norwegen zu besetzen, wegen der bevorstehenden englischen Landung, erhielt ich durch den Führer ungefähr 36 Stunden vorher. Dieser Brief muß also irgendwie länger gelaufen sein, als er hätte laufen dürfen. Ich habe ihn erst nachher gesehen.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann werde ich keine Zeit mehr darauf verwenden, da noch sehr viel vor uns liegt, und werde nunmehr sofort auf die Frage der Niederlande übergehen. Sie haben mich und andere Personen mehrmals die Erklärung Hitlers vom 22. August 1939 verlesen hören.
»Es wäre nun noch die Möglichkeit der Verletzung der Neutralität von Holland, Belgien und der Schweiz. Ich habe keinen Zweifel, daß alle diese Staaten und auch Skandinavien ihre Neutralität mit allen Mitteln verteidigen werden. England und Frankreich werden die Neutralität dieser Länder nicht verletzen.« (Dokument Nummer 798-PS.)
Das hat Hitler am 22. August gesagt. Sie waren damals nicht anwesend und ich frage Sie nochmals, ob er Ihnen gegenüber die gleiche Ansicht zum Ausdruck gebracht hat.
VON RIBBENTROP: Nein, das hat er nicht getan.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wußten Sie, daß bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt, am 7. Oktober 1939, ein Armeegruppenbefehl des Inhalts erteilt worden war, daß Armeegruppe B alle in einem Sonderbefehl vorgeschriebenen »Vorbereitungen zu sofortigem Einrücken in holländisches und belgisches Gebiet zu treffen« habe, »falls die politische Lage es erfordert«. Wußten Sie am 7. Oktober von diesem Befehl?
VON RIBBENTROP: Nein, ich glaube, ich habe ihn hier gesehen, ich kannte ihn vorher nicht.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wußten Sie, daß Hitler am 9. Oktober folgende Weisung ergehen ließ:
»...Ein längeres Abwarten führt nicht nur zu einer Beseitigung der belgischen, vielleicht auch der holländischen Neutralität zugunsten der Westmächte, sondern stärkt auch die militärische Kraft unserer Feinde in zunehmendem Maße, läßt das Vertrauen der Neutralen auf einen Endsieg Deutschlands schwinden...
Am Nordflügel der Westfront ist durch den luxemburgisch-belgischen und holländischen Raum eine Angriffsoperation vorzubereiten. Dieser Angriff muß so stark und so frühzeitig als möglich geführt werden.« (Dokument Nummer C-62.)
Wußten Sie, daß Hitler diese Weisung am 9. Oktober erteilt hat?
VON RIBBENTROP: Nein, das wußte ich nicht.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Was Sie also betrifft, so erklären Sie dem Gerichtshof, daß Hitler im August und Oktober seine Versicherung, seine zahlreichen Versicherungen abgab, ohne seinen Außenminister davon in Kenntnis zu setzen, daß er am 7. und 9. Oktober die Weisung für den Angriff auf die Niederlande erteilt hatte, ohne Sie von seinem Befehl oder seiner Weisung zum Angriff auf die Niederlande in Kenntnis zu setzen. Sind Sie dessen sicher?
VON RIBBENTROP: Ich bin ziemlich sicher, sonst würde ich mich dessen entsinnen. Ich weiß eines, daß solche Gedanken, ob man im Westen offensiv vorgehen würde, nach dem Polenkrieg so gelegentlich gesprächsweise erörtert wurden, aber von irgendwelchen Befehlen habe ich nichts gehört.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Gut, wenn Sie weiter nichts darüber wußten, dann wollen wir zu etwas anderem übergehen, über das Sie etwas mehr wußten. Entsinnen Sie sich an die Besprechung zwischen Hitler, Ihnen und Graf Ciano auf dem Obersalzberg am 12. August 1939?
VON RIBBENTROP: Ja, ich habe das Dokument, die Niederschrift hierüber, hier gesehen.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann bitte ich Sie, sich dieses Dokument auf Seite 181 anzusehen. Ich bitte Sie, den Satz, den ich verlesen werde, mitzulesen. Das müßte auf Seite 182 sein. Es ist bei mir auf der zweiten Seite und der Absatz beginnt mit den Worten: »Da Polen durch seine ganze Haltung zu erkennen gebe...«
VON RIBBENTROP: Ich habe es noch nicht.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: »Da Polen durch seine ganze Haltung zu erkennen gebe...«
VON RIBBENTROP: Auf Seite 2?
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Es ist bei mir auf Seite 2, es ist vielleicht etwas weiter unten bei Ihnen.
VON RIBBENTROP: Ist es der Anfang eines Absatzes?
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ja. »Da Polen durch seine ganze Haltung zu erkennen gebe...« Es ist zwei Absätze nach einer ausgeworfenen Zeile, welche lautet: »Hier gab Graf Ciano einige Zeichen...«
VON RIBBENTROP: Ich habe es gefunden, ja.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sehen Sie sich bitte den nächsten Satz an:
»Ganz allgemein gesprochen sei es überhaupt das Beste, wenn die falschen Neutralen einer nach dem anderen liquidiert würden. Dieses ließe sich verhältnismäßig einfach durchführen, wenn jeweils der eine Partner der Achse dem anderen, der gerade einen der unsicheren Neutralen erledigte, den Rücken deckte und umgekehrt. Für Italien sei wohl Jugoslawien als ein derartiger unsicherer Neutraler anzusehen. Bei dem Besuche des Prinzregenten Paul habe er (der Führer) diesem besonders auch mit Rücksicht auf Italien nahegelegt, durch eine Geste seine politische Einstellung der Achse gegenüber zu klären. Er hat dabei an eine engere Verbindung an die Achse und an den Austritt Jugoslawiens aus dem Völkerbund gedacht. Dieser letztere sei auch vom Prinzen Paul zugesagt worden. Vor kurzem sei der Prinzregent in London gewesen und habe dort Rückversicherungen bei den Westmächten gesucht. Es habe sich hier das wiederholt, was man mit Gafencu erlebt hatte, der auch bei seinem Besuch in Deutschland außerordentlich vernünftig gewesen wäre und jedes Interesse an den Zielen der westlichen Demokratie abgeleugnet habe.« (Dokument 1871-PS.)
Das war also Hitlers Formulierung seiner eigenen Politik. Ich darf wohl annehmen, daß das die Politik war, bei deren Durchführung Sie Hilfestellung gaben, das heißt also der Politik der Liquidierung der falschen Neutralen, einer nach dem anderen, einschließlich Jugoslawiens.
VON RIBBENTROP: Nein, so kann man das nicht verstehen, sondern ich muß dazu folgendes bemerken: Die Situation war damals die, daß Adolf Hitler unter allen Umständen Italien bei der Stange halten wollte. Italien war immer ein sehr unsicherer Kantonist. Daher hat der Führer damals in einer Form gesprochen, um sozusagen Italien zu sagen, daß, falls es mit Jugoslawien zu irgendwelchen Schwierigkeiten käme, er Italien beistehen würde. Es ist dies nur aus der Situation zu verstehen, und die war so, daß Deutschland mit der Hilfe Italiens bereits einige seiner Revisionen in Europa bis auf Danzig und den Korridor friedlich durchgesetzt hatte, wobei Mussolini Adolf Hitler zur Seite stand. Ich entsinne mich der Situation.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Das ist eine sehr lange Erklärung, die jedoch keine Erläuterung der Worte darstellt, die ich Ihnen vorgehalten habe, und auf die es ankommt: »Ganz allgemein gesprochen sei es überhaupt das Beste, wenn die falschen Neutralen einer nach dem anderen liquidiert würden.« Leugnen Sie, daß Ihre Politik darin bestand, unsichere Neutrale zu liquidieren?
VON RIBBENTROP: Nein, das ist es nicht gewesen, sondern das kann man nicht so wörtlich nehmen, denn in diplomatischen Gesprächen – ich nehme an, daß das bei anderen Staaten nicht anders ist – werden manchmal viele Dinge gesagt...
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wollen Sie bitte...
VON RIBBENTROP: Das war die Frage Jugoslawien.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Mussolini war stets der Ansicht, daß der Balkan bei allererster Gelegenheit angegriffen werden sollte.
VON RIBBENTROP: Das weiß ich nicht.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wollen Sie sich Dokument 2818-PS ansehen?
Euer Lordschaft! Das wird GB-292.
Beachten Sie bitte, daß dieses Dokument das geheime Zusatzprotokoll zu dem Freundschafts- und Bündnispakt zwischen Deutschland und Italien vom 22. Mai 1939 darstellt. Einige Kommentare von Mussolini vom 30. Mai 1939 sind angefügt. Haben Sie es?
VON RIBBENTROP: Darf ich bitten, auf welcher Seite?
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich wollte Sie nur auf zwei Stellen hinweisen. Haben Sie die Stelle, wo die Kommentare Mussolinis beginnen? Nach dem Vertrag selbst; sehen Sie den Kommentar Mussolinis?
VON RIBBENTROP: Ja, das habe ich.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nr. I lautet:
»Der Krieg zwischen den plutokratischen und deshalb selbstsüchtig konservativen und den stark bevölkerten und armen Nationen ist unvermeidlich. Dieser Sachlage nach muß man sich entsprechend vorbereiten.«
Und dann gehen Sie zu Paragraph VII über. Mussolini hofft, daß der Krieg aufgeschoben wird und erwähnt, was geschehen sollte, wenn Krieg ausbricht. Er sagte folgendes:
»Der Krieg, den die großen Demokratien vorbereiten, ist ein Erschöpfungskrieg. Man muß deswegen von der härtesten Voraussetzung ausgehen, welche die hundertprozentige Wahrscheinlichkeit in sich birgt. Die Achse wird von der übrigen Welt nichts mehr bekommen. Diese Ausnahme wäre schwer, aber die von der Achse erreichten strategischen Stellungen verringern bedeutend die Schwere und die Gefahr eines Erschöpfungskrieges. Zu diesem Zwecke muß man sich, gleich nach den ersten Stunden des Krieges, des ganzen Donau- und Balkanbeckens bemächtigen. Man wird sich mit Neutralitätserklärungen nicht zufriedenstellen dürfen, sondern die Gebiete besetzen und dieselben zur Beschaffung von den erforderlichen Nahrungs- und Industrie-Kriegsvorräten ausnützen müssen.«
Haben Sie das gesehen?
VON RIBBENTROP: Ja, das habe ich.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sind Sie nicht der Ansicht, daß Mussolini den Standpunkt vertrat, daß der Balkan bei allererster Gelegenheit angegriffen werden müsse?
VON RIBBENTROP: Das sind Äußerungen von Mussolini, die ich hier zum ersten Male sehe, ich kannte sie nicht.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann wollen wir zu Hitlers Bemerkungen übergehen, die Sie mehr als einmal gesehen haben. Entsinnen Sie sich, daß nach dem Simowitsch-Putsch am 27. März eine Besprechung mit Hitler stattfand, in der er seine Politik bekanntgab:
»Führer ist entschlossen, ohne mögliche Loyalitätserklärungen der neuen Regierung abzuwarten, alle Vorbereitungen zu treffen, um Jugoslawien militärisch und als Staatsgebilde zu zerschlagen. Außenpolitisch werden keine Anfragen oder Ultimaten gestellt werden. Zusicherungen der jugoslawischen Regierung, denen für die Zukunft doch nicht zu trauen ist, werden zur Kenntnis genommen. Angriff wird beginnen, sobald die hierfür geeigneten Mittel und Truppen bereitstehen.« (Dokument 1746-PS.)
Entsinnen Sie sich, daß Hitler das am 27. März gesagt hat?
VON RIBBENTROP: Ich habe das nicht in Erinnerung, darf ich vielleicht das Dokument sehen?
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Können Sie sich nicht entsinnen? Hitlers Erklärung ist des öfteren vor diesem Gerichtshof verlesen worden.
VON RIBBENTROP: An die einzelnen Worte nicht, aber an den Inhalt ungefähr, ja.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Erinnern Sie sich, daß das der Sinn desselben war? Ich las seine Worte. Das war die Politik...
VON RIBBENTROP: Ich verstehe nicht, was Sie damit sagen wollen: »der Sinn desselben«.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich werde es Ihnen jetzt vorhalten. Ich will damit sagen, daß Ihre Politik darin bestand, Jugoslawien anzugreifen, ohne erst Versicherungen von ihm zu fordern, ohne eine diplomatische Aktion irgendwelcher Art. Sie beschlossen, Jugoslawien anzugreifen und Belgrad zu bombardieren. Stimmt das?
VON RIBBENTROP: Nein, das lag völlig anders und ich bitte, dazu den wirklichen Sachverhalt darlegen zu dürfen.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich möchte, daß Sie die Punkte erläutern, die ich im einzelnen verlesen und erwähnt habe: »Keine diplomatischen Anfragen werden gestellt werden.« Warum entschloß sich Hitler und warum unterstützten Sie ihn dabei, Jugoslawien anzugreifen, ohne diplomatische Anfragen zu stellen, ohne der neuen Regierung überhaupt die Möglichkeit zu geben, Ihnen Zusicherungen zu geben? Warum taten Sie das?
VON RIBBENTROP: Weil die neue Regierung gebildet worden ist vor allem durch England, wie mir im Laufe der Vorverhandlungen einer der vernehmenden englischen Herren selbst zugegeben hat. Es war daher völlig klar damals für den Führer, als der Simowitsch-Putsch durchgeführt worden war, daß hinter der Regierung Simowitsch die damaligen Feinde Deutschlands standen, und daß diese die Armee mobilisierte – diese Nachrichten lagen vor –, um der italienischen Armee in den Rücken zu fallen. Es ist nicht meine Politik gewesen, sondern zu dieser Besprechung, von der Sie eben sprechen, bin ich, glaube ich, erst später hinzugezogen worden, und Hitler hat damals apodiktisch seine Stellung kundgegeben, ohne daß es von irgendeiner Seite zum Widerspruch kam. Ich bitte hierzu die Herren Militärs als Zeugen zu vernehmen. Ich war dabei gewesen, ich habe damals einen ernsten Auftritt mit dem Führer gehabt.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Hielten Sie es für richtig, dieses Land anzugreifen, ohne daß diplomatische Schritte irgendwelcher Art unternommen worden waren, »mit unbarmherziger Härte«, wie Hitler sich ausdrückte, militärische Zerstörungen zu verursachen und die Hauptstadt Belgrad durch Wellen von Bombern zu zerstören. Hielten Sie das für richtig? Ich stelle eine einfache Frage. Hielten Sie es für richtig?
VON RIBBENTROP: Ich kann diese Frage, wenn Sie es wünschen, weder mit Ja noch mit Nein beantworten, ohne eine Erklärung abzugeben.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann brauchen Sie keine Antwort zu geben. Wenn Sie diese Frage nicht mit Ja oder Nein beantworten können, brauchen Sie sie überhaupt nicht zu beantworten. Gehen Sie bitte zu dem nächsten Punkt über, zu der russischen Frage.
Wenn ich Ihre Erklärungen richtig verstanden habe, so sagten Sie, daß Hitler den Entschluß, die Sowjetunion anzugreifen, nach dem Besuche Molotows in Berlin am 12. November 1940 – wenn ich mich recht erinnere – gefaßt hatte.
VON RIBBENTROP: Das habe ich nicht gesagt, das wußte ich nicht.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wenn ich jedoch recht verstanden habe, so war einer der Gründe, die Sie zur Rechtfertigung des Angriffs auf die Sowjetunion anführten, die von Molotow während seines Besuches im November 1940 abgegebene Erklärung. Haben Sie das nicht behauptet?
VON RIBBENTROP: Das war einer der Gründe, die den Führer besorgt machten. Von einem Angriff wußte ich damals nichts.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie wissen, daß der Angeklagte Jodl erklärt, daß Hitler ihm selbst während des Westfeldzugs, das heißt Mai-Juni 1940, gesagt hat, daß er den entscheidenden Entschluß gefaßt habe, gegen diese Gefahr, das heißt die Sowjetunion, Schritte zu unternehmen, »sobald es unsere militärische Lage irgendwie erlaubte«. Wußten Sie das?
VON RIBBENTROP: Das habe ich jetzt hier in Nürnberg gehört.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Das ist L-172, US- 34, Jodls Vortrag. Und wußten Sie, daß General Thomas am 14. August 1940 während einer Besprechung mit Göring davon unterrichtet wurde, daß der Führer pünktliche Lieferungen an die Russen lediglich bis zum Frühjahr 1941 wünsche, und daß er »später kein Interesse mehr an einer völligen Befriedigung der russischen Forderungen habe«?
Wußten Sie das?
VON RIBBENTROP: Nein, das wußte ich nicht.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wußten Sie, daß General Thomas und die Staatssekretäre Körner, Neumann, Becker sowie General von Hannecken im November 1940 von Göring über die im Osten geplante Aktion unterrichtet wurden?
Wußten Sie das?
VON RIBBENTROP: Nein, das wußte ich auch nicht.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie wissen heute, nicht wahr, daß lange bevor irgendeiner der Punkte, die während Molotows Besuch aufgeworfen worden waren, zur Diskussion stand, Hitler bereits entschlossen war, die Sowjetunion anzugreifen?
VON RIBBENTROP: Nein, das wußte ich keineswegs. Ich wußte, daß Hitler Bedenken hatte, aber von einem Angriff wußte ich nichts. Ich habe von militärischen Vorbereitungen nichts erfahren, weil die ja grundsätzlich getrennt behandelt wurden.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Selbst als Hitler am 18. Dezember die Anweisung Nr. 21 über »Barbarossa« erließ, hat er Ihnen nichts davon gesagt?
VON RIBBENTROP: Jawohl, denn gerade im Dezember habe ich nochmals, wie ich mich zufällig genau entsinne, mit dem Führer eine lange Aussprache gehabt, um sein Einverständnis dafür zu gewinnen, die Sowjetunion als Partner zum Dreier-Pakt zu bekommen und aus dem Pakt einen Viermächte-Pakt zu machen. Adolf Hitler war damals nicht hundertprozentig von dem Gedanken mehr eingenommen, das merkte ich, aber er sagte mir: »Wir haben schon dies und das zusammen durchgeführt, vielleicht schaffen wir auch das noch«. Das waren seine Worte. Das war im Dezember, darüber liegt, glaube ich, auch ein Affidavit eines Zeugen vor, das die Verteidigung noch vorbringen wird.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Begreifen Sie, was Sie da sagen? Dies liegt zeitlich nach der Mitteilung des Angeklagten Göring an General Thomas und die genannten Staatssekretäre, und nach der tatsächlichen Herausgabe der Weisung für die Aktion »Barbarossa«. Und Sie behaupten, daß Hitler Ihren Vorschlag, zu versuchen, die Sowjetunion zum Eintritt in den Dreier-Pakt zu bewegen, angehört hat, ohne Ihnen gegenüber zu erwähnen, daß die Befehle für den Angriff auf die Sowjetunion bereits fertig vorlagen? Erwarten Sie wirklich, daß Ihnen das irgend jemand glaubt?
VON RIBBENTROP: Ich habe die Frage nicht genau verstanden.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich habe Sie gefragt, ob Sie wirklich erwarten, daß irgend jemand glaubt, daß Hitler sich von Ihnen hat sagen lassen, Sie beabsichtigten, die Sowjetunion zum Beitritt zu dem Dreimächte-Pakt aufzufordern, nachdem so und so oft verkündet worden war, daß das Reich die Sowjetunion angreifen würde, und nachdem die tatsächlichen Befehle für den Angriff ergangen waren. Waren das Ihre Erklärungen?
VON RIBBENTROP: Jawohl, es ist genau so gewesen. Ich habe das im Dezember Hitler nochmals vorgeschlagen und habe seine Approbation für weitere Verhandlungen bekommen. Von einem Angriffskrieg gegen Rußland wußte ich nichts im Dezember.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Und natürlich erhielt Ihr Ministerium über die Sowjetunion und über die Unwahrscheinlichkeit einer Einmischung der Sowjetunion in gegen Deutschland gerichtete politische Angelegenheiten äußerst günstige Berichte. Trifft das für die Berichte Ihres Botschafters und Ihrer eigenen Leute aus Rußland zu?
VON RIBBENTROP: Berichte dieser Art kamen von der Botschaft in Moskau. Ich habe sie wiederholt, das heißt überhaupt laufend dem Führer vorgelegt, aber der Führer äußerte sich, daß Diplomaten und Militärattachés in Moskau die schlechtest informierten Menschen der Welt seien. Das war seine Antwort.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Das war also Ihre ehrliche, auf Ihren eigenen Informationen gegründete Ansicht, daß Rußland keine Gefahr darstellte, daß Rußland das mit Ihnen getroffene Abkommen ehrlich einhalten würde. Das war Ihre aufrichtige Überzeugung, nicht wahr?
VON RIBBENTROP: Nein, das habe ich nicht gesagt, sondern ich sagte, das waren die Diplomatenberichte, die wir aus Moskau bekamen.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Glaubten Sie ihnen denn nicht, glaubten Sie selbst Ihren eigenen Beamten nicht?
VON RIBBENTROP: Ich war auch sehr skeptisch, ob diese Berichte zutreffend waren, denn es lagen beim Führer, wo die ganzen Nachrichtendienste zusammenkamen, Nachrichten ganz anderer Art vor, und die politische Haltung wies auch in andere Richtung.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Jedenfalls beteiligte sich ab Frühjahr 1941 Ihr Amt an den Vorbereitungen für den Angriff gegen die Sowjetunion, nicht wahr?
VON RIBBENTROP: Ich weiß es nicht genau, wann. Aber im Frühjahr spitzten sich die Dinge zu, und es müssen Besprechungen von irgendwelchen Instanzen gewesen sein, die sich um die Möglichkeit eines Konfliktes mit der Sowjetunion drehten. Im einzelnen weiß ich das aber nicht mehr genau.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Gut. Ich möchte auch hier nicht allzuviel Zeit verschwenden. Es stimmt doch, nicht wahr, daß Sie im April 1941 in Zusammenarbeit mit Rosenbergs Dienststelle die Übernahme der Ostgebiete vorbereiteten, und daß Sie am 18. Mai ein Memorandum über die Vorbereitung der Seekriegsführung herausgegeben haben?
VON RIBBENTROP: Was die Vorbereitungen mit Rosenberg betrifft, so ist das ein Irrtum. Nach meiner Erinnerung habe ich über dieses Thema mit Rosenberg erst nach Kriegsausbruch gesprochen. Was dieses Marine-Memorandum anbetrifft, so habe ich das Dokument hier gesehen. Ich habe es vorher nicht gekannt. Ich glaube, es ist ein Eventualgutachten über völkerrechtliche Dinge, die im Falle eines Krieges in der Ostsee in Frage kommen könnten. Ein solches Gutachten war zweifellos abgegeben worden.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Es besagt: »Das Auswärtige Amt hat für ›Barbarossa‹ anliegenden Entwurf für Erklärung von Operationsgebieten vorbereitet.« Erinnern Sie sich daran nicht?
VON RIBBENTROP: Nein, das ist auch, glaube ich, damals nicht zu mir gekommen. Das ist wahrscheinlich von einer anderen Instanz erledigt worden. Selbstverständlich trage ich für alles, was in meinem Ministerium vorgekommen ist, die Verantwortung.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: War Botschafter Ritter nicht der Verbindungsmann zwischen Ihrem Amt und der Wehrmacht?
VON RIBBENTROP: Jawohl, das ist richtig.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich bitte Sie nochmals, mir bei ein oder zwei Punkten behilflich zu sein. Sie haben uns erklärt, daß Sie seinerzeit, 1936, den Antikomintern-Pakt abgeschlossen haben. Damals war der Antikomintern-Pakt natürlich gegen die Sowjetunion gerichtet. Sie sagten das ja auch selbst, glaube ich. Das trifft doch zu, nicht wahr?
VON RIBBENTROP: Ja, es war ein mehr weltanschaulicher Pakt, der natürlich auch ein gewisses Politikum in sich barg. Es ist richtig.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Und dieser wurde durch den Dreier-Pakt vom 27. September 1940 erweitert? Das war eine Erweiterung des ersten Paktes, nicht wahr?
VON RIBBENTROP: Das hatte mit dem ersten Pakt an sich nichts zu tun, denn dieses war ein rein politisch-militärisch-wirtschaftliches Bündnis.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Es ist jedoch Tatsache – und ich hoffe, dies ganz kurz behandeln zu können –, daß Sie Japan drängten, bereits sehr früh, im März 1941, in den Krieg einzutreten.
VON RIBBENTROP: Das dürfte stimmen, damals zu einem Angriff gegen England.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ja. Ich fasse mich kurz, da Sie Ihre Erklärung bereits abgegeben haben. Sie sagen, daß Sie sich mit England im Kriege befanden und daher berechtigt waren, in den Japanern einen Bundesgenossen zu sehen. Wollen Sie das zum Ausdruck bringen?
VON RIBBENTROP: Ich glaube, daß ich nichts anderes getan habe, als alle Diplomaten tun, wie zum Beispiel auch Großbritannien in Amerika versucht hat, und später in Rußland.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich will über diesen Punkt keine weiteren Fragen stellen. Sie kamen bereits sehr früh auf den Gedanken, daß, wenn Japan in den Krieg eintreten würde, die Möglichkeit bestände, daß Amerika kurze Zeit später auch dazu gebracht werden könnte? Und Sie waren sich im April 1941 darüber im klaren, daß, falls Japan durch seinen Eintritt in den Krieg in einen Konflikt mit Amerika verwickelt würde, Sie bereit seien, auch gegen die Vereinigten Staaten zu kämpfen. Das stimmt, nicht wahr?
VON RIBBENTROP: Nein, das stimmt nicht so, sondern ich glaube, alles getan zu haben bis zu dem Tag von Pearl Harbor, um Amerika aus dem Krieg herauszuhalten. Ich glaube auch, daß das durch viele Dokumente, die ich zum Teil zum erstenmal hier gesehen habe, bewiesen werden kann.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Da Sie das behaupten, möchte ich, daß Sie einen Blick auf das Dokument auf Seite 352 in Ihrem Dokumentenbuch werfen, Seite 204 im englischen Dokumentenbuch.
VON RIBBENTROP: Ja, ich kenne dieses Dokument. Ich habe das hier schon gelesen.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Das war eine Woche vor Pearl Harbor am 29. November. Sie sollen dem Japanischen Botschafter gegenüber nach dessen Aussagen folgendes erklärt haben. Sehen Sie sich bitte den ersten Satz an:
»Ribbentrop: Es ist wichtig, daß Japan die Neuordnung in Ostasien beeinflußt, ohne diese Gelegenheit vorbeigehen zu lassen. Es gab niemals eine Zeit und wird wahrscheinlich nie wieder eine Zeit geben, in der engste Zusammenarbeit unter dem Dreier-Pakt so wichtig ist. Wenn Japan jetzt zögert und Deutschland mit dem Aufbau seiner europäischen Neuordnung vorangeht, dann wird die gesamte militärische Macht Englands und der Vereinigten Staaten sich auf Japan konzentrieren.
Wie der Führer Hitler heute sagte, bestehen allein in der Existenzberechtigung zwischen Deutschland und Japan und den Vereinigten Staaten grundlegende Unterschiede. Wir sind davon in Kenntnis gesetzt worden, daß praktisch keine Hoffnung besteht, daß die Verhandlungen zwischen Japan und den Vereinigten Staaten erfolgreich abgeschlossen werden, weil die Vereinigten Staaten sich hartnäckig zeigen.
Wenn das wirklich die Sachlage ist, und wenn Japan sich entschließt, England und die USA zu bekämpfen, dann bin ich überzeugt, daß das nicht nur im gemeinsamen Interesse Deutschlands und Japans liegt, sondern auch günstige Folgen für Japan selbst haben würde.« (Dokument D-656.)
Wollen Sie angesichts dieses Dokuments und der Erklärung, die Sie dem Japanischen Botschafter gegenüber abgegeben haben, immer noch behaupten, daß Sie versucht haben, einen Krieg mit den Vereinigten Staaten zu vermeiden? Ich behaupte, daß Sie alles getan haben, um Japan zu einem Krieg mit den Vereinigten Staaten zu ermuntern.
VON RIBBENTROP: Herr Anklagevertreter, das stimmt nicht. Ich muß Ihnen widersprechen. Ich kenne dieses Dokument nicht, ich weiß auch nicht, woher das stammt. Jedenfalls habe ich unter keinen Umständen das so gesagt, und ich bedauere, daß die gesamten Dokumente, die beweisen, daß ich immer wieder bestrebt war, die Vereinigten Staaten aus einem Krieg herauszuhalten, hier noch nicht verlesen worden sind. Dieses Dokument habe ich hier gesehen, und ich habe mir die ganze Zeit überlegt, wie das überhaupt hier hereingekommen sein kann, dieser Passus. Alle anderen Dokumente, ich glaube ein Dutzend oder eineinhalb Dutzend, die hier vorliegen, beweisen ganz klar immer wieder meinen Wunsch, Amerika aus dem Krieg herauszuhalten. Ich kann auch nachweisen, daß ich jahrelang mich bemüht habe, auf allen Gebieten, trotz der unversöhnlichen Haltung der USA, nichts gegen dieselben zu tun. Dieses kann ich mir nur so erklären, daß der Japanische Botschafter, er wollte damals sehr gern, daß sein Land irgend etwas tat, und ich weiß, daß er von sich aus unendlich viel Telegramme nach Tokio geschickt hat, um in irgendeiner Form Japan in den Krieg, vor allen Dingen gegen Singapore und so weiter zu bekommen. Ich kann nur annehmen, daß dies eine, ich möchte sagen, vielleicht nicht richtige Auslegung dieses Gespräches ist. Ich bitte, der Verteidigung die Möglichkeit zu geben, sämtliche anderen Dokumente bis zu diesen Tagen, die genau das Gegenteil beweisen davon, was in dem einen Satz steht, vorlegen zu dürfen.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dies ist aber der offizielle Bericht des Japanischen Botschafters an die Regierung. Sie sagen, es stimmt nicht, wenn er behauptet – er gibt Ihre Worte wieder –, daß Sie zu ihm gesagt haben, Sie hegten die Zuversicht, daß es nicht nur im gemeinsamen Interesse Deutschlands und Japans liege, sondern auch für Japan selbst günstige Ergebnisse zeitigen würde.
Sehen Sie sich bitte das nächste Dokument auf Seite 356 an. Es ist ein weiterer Bericht des Japanischen Botschafters; er besagt, am Tage nach Pearl Harbor:
»Heute... besuchte ich um 1.00 Uhr Außenminister Ribbentrop. Ich erklärte ihm, daß es unser Wunsch sei, daß Deutschland und Italien unverzüglich eine formelle Kriegserklärung an Amerika ergehen ließen. Ribbentrop erwiderte, Hitler sei gerade mitten in einer Besprechung im Hauptquartier und erörtere, wie die Formalitäten der Kriegserklärung am besten durchzuführen seien, um dem deutschen Volke gegenüber einen guten Eindruck zu machen. Er erklärte, er würde ihm Ihren Wunsch sofort übermitteln und alles tun, was in seinen Kräften stehe, damit er sofort erfüllt würde.«
Sehen Sie sich die letzten drei Zeilen an:
»Zu jener Zeit erklärte mir Ribbentrop, daß Hitler am Morgen des 8. an die gesamte deutsche Marine den Befehl erteilt habe, amerikanische Schiffe anzugreifen, wann und wo immer sie auf solche stoße.« (Dokument D-657.)
Das war drei Tage vor der Kriegserklärung. Behaupten Sie, daß dieser Bericht des Japanischen Botschafters ebenfalls falsch ist?
VON RIBBENTROP: Ich glaube, daß es ein Irrtum ist.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Was ist daran falsch?
VON RIBBENTROP: Ich glaube, es ist ein Irrtum. Das war nach dem Angriff auf Pearl Harbor.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Stimmt, am Tag nach Pearl Harbor.
VON RIBBENTROP: Das war ein Befehl Adolf Hitlers, Amerika anzugreifen, das bekanntlich ja unsere Schiffe schon seit Monaten angegriffen hat. Das liegt auf einem ganz anderen Brett.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wenn Sie also von einem Angriff auf deutsche Schiffe reden, dann meinen Sie damit, daß die Amerikaner sich gegen deutsche Unterseeboote verteidigten?
VON RIBBENTROP: Nein, soviel ich weiß, haben wir bereits Monate vorher, ich kann Ihnen jetzt das Datum nicht genau sagen – jedenfalls eine ganze Zeit vor Pearl Harbor – einen offiziellen Protest herausgegeben an die USA, in dem wir darauf hinwiesen, in den Fällen der beiden Schiffe »Greer« und »Kearny«, daß die beiden Schiffe deutsche U-Boote verfolgt und Wasserbomben auf sie geworfen hätten. Ich glaube, das hat auch Marineminister Knox in einer Pressekonferenz offen zugegeben. Ich habe gestern erwähnt, daß Hitler in seiner Rede in München sagte, er hat nicht den Auftrag gegeben, auf amerikanische Schiffe zu schießen und von sich aus anzugreifen; aber er hat den Befehl gegeben, wiederzuschießen, wenn sie zuerst schießen.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Was ich von Ihnen wissen will, ist folgendes: Billigten Sie den der gesamten deutschen Marine drei Tage vor der Kriegserklärung erteilten Befehl, amerikanische Schiffe anzugreifen, wann und wo immer sie auf welche stoße? Billigten Sie das?
VON RIBBENTROP: Ich kann dazu jetzt keine Stellung nehmen, weil ich mich der Sache nicht entsinne und dieses Dokument auch gar nicht kenne.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann möchte ich Sie in einer anderen Angelegenheit vernehmen. Erinnern Sie sich, daß die...
VON RIBBENTROP: Aber verständlich wäre es gewesen, das möchte ich nur hinzufügen.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie haben Ihre Antwort gegeben.
Entsinnen Sie sich an eine Besprechung im Juni 1944 über die Erschießung von sogenannten Terrorfliegern, über die bereits Aussagen gemacht worden sind.
Bitte hören Sie sich die Frage an und versuchen Sie bitte, eine direkte Antwort darauf zu geben.
Stimmt es, daß Sie, wie in dem Bericht erklärt wird, zu dem Begriff Terrorflieger jede Art von Terrorangriffen auf die deutsche Zivilbevölkerung rechnen wollten, das heißt also auch Bombenangriffe auf Städte? Stimmt es, daß Sie die Flieger, die die deutschen Städte angriffen, als Terrorflieger angesehen haben wollten?
VON RIBBENTROP: Nein, so stimmt es nicht.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann sehen Sie sich bitte Seite 391 an. Dort finden Sie einen von General Warlimont unterzeichneten Bericht über die Besprechung vom 6. Juni. In der 4. Zeile – ich will es Ihnen vorlesen. Dort heißt es:
»Obergruppenführer Kaltenbrunner teilte am 6. 6. nachmittags in Kleßheim dem Stellv. Chef WFST. mit, daß kurz vorher eine Besprechung des Reichsmarschalls, Reichsaußenministers und Reichsführers-SS über die Frage stattgefunden habe. Dabei wurde im Gegensatz zu dem ursprünglichen Vorschlag des Reichsaußenministers, der jede Art von Terrorangriff gegen die heimische Zivilbevölkerung, also auch die Bombenangriffe gegen Städte, einbeziehen wollte, Einverständnis dahin erzielt, daß lediglich Bordwaffenangriffe,...
als maßgebend für den Tatbestand einer verbrecheri schen Handlung in diesem Sinne gelten sollen.« (Dokument 735-PS.)
Behaupten Sie, daß Kaltenbrunner mit seiner Behauptung, Sie wollten jede Art von Angriff einschließen, unrecht hatte?
VON RIBBENTROP: Ich habe gestern zu dieser Frage Stellung genommen. Ich weiß nicht, ob ich es gerade in diesem Punkt nochmal tun soll. Ich habe diesen Punkt gestern, glaube ich, ganz umfassend behandelt. Wenn Sie es wünschen, kann ich es noch einmal wiederholen.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich mochte nicht, daß Sie es wiederholen. Ich möchte, daß Sie meine Frage beantworten. Behaupten Sie, daß Kaltenbrunner unrecht hatte, als er bei dieser Besprechung erklärte, Sie wollten Flieger, die deutsche Städte bombardierten, einschließen?
VON RIBBENTROP: Das stimmt nicht. Denn erstens hat meiner Erinnerung nach diese Konferenz gar nicht stattgefunden, und zweitens habe ich meine Einstellung gestern, glaube ich, ganz umfassend dargelegt, wie ich es mit Terrorfliegern halten wollte.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Gut, beantworten Sie meine Frage.
VON RIBBENTROP: Nein, das ist nicht wahr, wie Sie es dargestellt haben.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Gut. Beantworten Sie dann folgende Frage: Waren Sie damit einverstanden, daß die von Ihnen als »Terrorflieger« bezeichneten Piloten der Bevölkerung zu Lynchmaßnahmen überlassen werden beziehungsweise der SS übergeben werden sollten?
VON RIBBENTROP: Nein, das war nicht meine Ansicht.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich verweise Sie auf Seite 393, Seite 214 des englischen Textes. Das ist, wie Sie wissen, ein Memorandum des Auswärtigen Amtes. Auf Seite 396 heißt es, daß General Warlimont erklärt, Botschafter Ritter habe ihm fernmündlich mitgeteilt, »daß der Außenminister diesen Entwurf gebilligt habe«. (Dokument 740-PS.) Der Entwurf befaßt sich mit zwei Aktionen, in Absatz 1 mit der Lynchjustiz und erläutert: »Einmal ist eine deutsche Behörde nicht unmittelbar verantwortlich; der Tod ist bereits eingetreten, bevor eine deutsche Behörde sich mit dem Fall beschäftigt.« (Dokument 728-PS.) Billigen Sie diesen Standpunkt? Ist das Ihr Standpunkt bezüglich der Lynchmaßnahmen an Fliegern?
VON RIBBENTROP: Nein, das ist nicht meine Auffassung. Ich habe es gestern ganz ausführlich auseinandergesetzt und zu diesem Dokument gestern Stellung genommen. Dieses Dokument ist ein Gutachten des Auswärtigen Amtes – ich weiß nicht mehr, wie es entstanden ist, ob auf meinen Befehl oder auf Aussprache des Militärs –, das mir vorgelegt wurde. Dieses Gutachten habe ich nicht, wie es hier steht, gebilligt, sondern ich habe es an den Führer geschickt und bat ihn um seine Entscheidung. Der Führer hat dann dieses Dokument als Unsinn – glaube ich – bezeichnet, und dieses Gutachten des Auswärtigen Amtes ist damit unter den Tisch gefallen und war nicht irgendwie maßgeblich geworden.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie behaupten also in diesem Zusammenhang, daß Warlimont, wenn er erklärt, Botschafter Ritter habe am 29. Juni der Wehrmacht telephonisch mitgeteilt, daß Sie den Entwurf billigten, daß entweder Warlimont oder Ritter nicht die Wahrheit sagen?
VON RIBBENTROP: Jedenfalls stimmt es nicht; denn es geht aus einem anderen Dokument, das ich hier auch gesehen habe, hervor, daß dieses Dokument zum Führer geschickt wurde, und daß ich da gesagt habe, der Führer müsse dies Dokument billigen. Irgendein anderes Dokument habe ich darüber auch hier gesehen. Das ist auch meine Erinnerung in der Sache.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Da Sie in diesem Zusammenhang die Ansicht des Führers erwähnen, wollen wir einmal sehen, wie die aussah. Lassen Sie uns Dokument 3780-PS ansehen, das zu GB-293 wird. Es ist ein Bericht über eine Besprechung zwischen Ihnen, Hitler und Oshima am 27. Mai 1944. Es befindet sich auf Seite 11, neunte bis zwölfte Zeile. Entsinnen Sie sich, daß Hitler Oshima in Ihrer Gegenwart den Rat erteilte, die Japaner sollten jeden amerikanischen Terrorflieger aufhängen, nicht erschießen, und erklärte, die Amerikaner würden es sich überlegen, solche Angriffe durchzuführen.
Waren Sie mit dieser Auffassung einverstanden?
VON RIBBENTROP: Nein, ich bin mit dieser Auffassung durchaus nicht einverstanden. Wenn das hier drinsteht, ist das nicht meine Meinung, nicht meine Auffassung.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Gut, nun...
VON RIBBENTROP: Ich weiß nicht, wo das, was Sie hier sagen, in dem Dokument steht.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Es steht auf Seite 11, Zeile 9 bis 12.
VON RIBBENTROP: Nein, ich entsinne mich dessen nicht, aber ich kann nur eines sagen, daß diese ganze Einstellung Adolf Hitlers, wie sie anscheinend aus diesem Dokument hervorgeht, durch diese fürchterlichen Wirkungen der damaligen Luftangriffe hervorgerufen worden ist.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Das alles habe ich bereits früher gehört. Ich fragte Sie, ob Sie damit einverstanden waren oder nicht. Sie sagten »Nein«. Ich möchte auf einen anderen Punkt zu sprechen kommen.
VON RIBBENTROP: Ich bitte zu diesem Punkt aber noch etwas sagen zu dürfen, weil das entscheidend ist.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Das können Sie Ihrem gelehrten Herrn Verteidiger sagen, nachdem Sie meine Frage beantwortet haben.
Ich verweise Sie jetzt auf Stalag Luft III. Sie haben vielleicht gehört, daß ich an eine Anzahl von Zeugen in dieser Angelegenheit verschiedene Fragen gerichtet habe. Es handelt sich um die fünfzig britischen Flieger, die von der SS nach einem Fluchtversuch ermordet wurden. Wissen Sie darüber Bescheid? Wissen Sie, wovon ich rede?
VON RIBBENTROP: Ich kenne das, ja.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie entsinnen sich, daß mein Kollege, Herr Eden, im Unterhaus eine sehr starke Erklärung des Inhalts abgegeben hat, daß diese Männer ermordet worden seien, und daß Großbritannien Gerechtigkeit fordern würde? Entsinnen Sie sich daran? Juni 1944?
VON RIBBENTROP: Ich habe durch diese Unterhausrede von Mr. Eden von dieser Sache gehört.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Entsinnen Sie sich, daß die Reichsregierung eine Erklärung des Inhalts abgab, daß in einer von der Reichsregierung über die Schweiz an die Englische Regierung gesandten Mitteilung diese ungerechtfertigte Anschuldigung des Britischen Außenministers scharf zurückgewiesen worden sei? Das war im Juli 1944. Erinnern Sie sich an diese Erklärung?
VON RIBBENTROP: Nein, ich erinnere mich dessen nicht. Ich entsinne mich nur an folgendes: daß damals uns die Unterlagen gegeben wurden, was sich dort abgespielt hatte, und daß in einer Note der Schutzmacht uns das mitgeteilt wurde. Das ist alles, was ich davon weiß.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Das ist es ja gerade, was ich Sie fragen möchte: Wußten Sie damals, als diese Erklärung abgegeben wurde, daß diese Offiziere kaltblütig ermordet worden waren?
VON RIBBENTROP: Nein, das wußte ich nicht, sondern ich hörte, daß damals bei Fluchtversuchen diese Männer erschossen worden seien. Allerdings hatten wir damals den Eindruck, daß diese Dinge nicht alle in Ordnung gewesen seien. Das weiß ich, dessen entsinne ich mich noch.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Lassen Sie mich die Angelegenheit in zwei Teilen behandeln. Wer hat Ihnen die Lüge erzählt, daß diese Leute auf der Flucht erschossen worden seien? Wer hat Ihnen diese Lüge erzählt?
VON RIBBENTROP: Das weiß ich im einzelnen nicht. Wir haben damals von den kompetenten Stellen die Unterlagen bekommen und die Note ist damals an die Schweizer Regierung gegangen.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Von wem erhielten Sie Ihre Unterlagen, die diese Lüge enthielten? Erhielten Sie diese von Himmler oder Göring?
VON RIBBENTROP: Das weiß ich nicht.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann haben Sie uns erklärt, Sie hätten eine Ahnung gehabt, daß nicht alles in Ordnung sei. Stimmt das?
VON RIBBENTROP: Ja.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Danke. Nun möchte ich, daß Sie uns etwas über Ihre Verbindung zur SS berichten. Sie behaupten wohl jetzt nicht mehr, daß Sie lediglich Ehrenmitglied der SS waren? Das war von Ihrem Verteidiger gesagt worden, und ich bin sicher, es ist nur ein Mißverständnis, daß Sie lediglich ein Ehrenmitglied der SS gewesen seien. Das war doch nicht der Fall, nicht wahr?
VON RIBBENTROP: Das ist kein Mißverständnis, sondern das liegt genau so: Ich habe von Adolf Hitler damals die SS-Uniform verliehen bekommen; irgend einen Dienst in der SS habe ich nie getan. Aber als Botschafter und nachher Außenminister war es üblich, daß man einen Rang hatte, und ich hatte einen Rang als SS-Führer bekommen.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich behaupte, daß das völlig unwahr ist; Sie traten der SS auf Grund eines Gesuches bei, ehe Sie im Mai 1933 zum Botschafter zur besonderen Verwendung ernannt wurden. Stimmt das nicht?
VON RIBBENTROP: Das weiß ich. Jedenfalls habe ich immer zur SS gehört.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie sagten eben, daß es eine Ehrenmitgliedschaft war, weil Hitler wünschte, daß Sie eine Uniform tragen. Ich behaupte jedoch, daß Sie im Mai 1933 auf regulärem Wege ein Gesuch zur Aufnahme in die SS gestellt haben. Stimmt das?
VON RIBBENTROP: Natürlich muß man ein Eintrittsgesuch machen, aber die Tatsache war die, ich bin ein paarmal in einem großen braunen Mantel herumgelaufen, und daraufhin sagte Hitler, ich müßte eine Uniform haben. Wann das war, weiß ich nicht mehr, ich glaube 1933. Als Botschafter habe ich dann einen höheren Rang bekommen, als Außenminister noch einen höheren.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Und im Mai 1933, nachdem Sie ein Aufnahmegesuch eingereicht hatten, traten Sie in die SS mit dem nicht allzu hohen Rang eines Standartenführers ein, stimmt das?
VON RIBBENTROP: Ja, das wird stimmen.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Und Sie wurden erst am 20. April 1935 Oberführer, am 18. Juni 1935 Brigadeführer und am 13. September 1936 Gruppenführer. Das war nach Ihrer Ernennung zum Botschafter. Und Obergruppenführer wurden Sie am 20. April 1940. Sie hatten bereits drei Jahre der SS angehört, ehe Sie Botschafter wurden, und waren auf dem regulären Wege befördert worden auf Grund Ihrer Arbeit in der SS, stimmt das?
VON RIBBENTROP: Ohne jemals einen Schritt oder Finger zu rühren in der SS, ja das ist richtig.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sehen Sie sich bitte GB-294 an, Dokument D-744-A; die Korrespondenz trägt die Nummer 744-B. Sie brauchen die Einzelheiten nicht zu lesen. Es ist Ihr Antrag mit sämtlichen Anlagen. Ich möchte lediglich eine oder zwei Fragen darüber stellen. Sie beantragten die Aufnahme in die Totenkopfdivision der SS?
VON RIBBENTROP: Nein, das kann nicht stimmen.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Entsinnen Sie sich nicht, in Anerkennung Ihrer Dienste von Himmler einen besonderen Totenkopfring und einen Dolch erhalten zu haben?
VON RIBBENTROP: Nein, ich erinnere mich nicht. Einer Totenkopfdivision habe ich niemals angehört. Sie sprachen soeben von einer Totenkopfdivision, nicht wahr?
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Hier steht Totenkopfdivision.
VON RIBBENTROP: Das stimmt nicht. Wenn es hier steht, ist es nicht wahr. Aber ich glaube wohl, daß ich einen sogenannten Degen bekommen habe wie alle SS-Führer. Das ist richtig.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Und den Ring haben Sie auch erhalten. Wir haben einen Brief vom 5. November 1935 an das Personalhauptamt des Reichsführers-SS:
»In Beantwortung Ihrer Anfrage teile ich mit, daß das Ringmaß des Brigadeführers v. Ribbentrop 17 ist. Heil Hitler, Thorner.«
Entsinnen Sie sich, das erhalten zu haben?
VON RIBBENTROP: Ich glaube, daß ein jeder einen solchen Ring bekam, aber ich entsinne mich nicht mehr genau der Sache. Es wird zweifellos stimmen.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Und Sie haben seit 1933 bis weit in den Krieg hinein ständig an der SS Interesse genommen, nicht wahr? Ich glaube, Ihr Briefwechsel mit Himmler erstreckt sich bis weit in das Jahr 1941 oder 1942 hinein.
VON RIBBENTROP: Das ist durchaus möglich, das ist sicher richtig. Selbstverständlich hatten wir sehr viel mit der SS zu tun, auf allen möglichen Gebieten. Das ist ganz klar.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ja, und besonders bezüglich der Konzentrationslager, nicht wahr? Wollen Sie behaupten, daß Sie nicht wußten, daß Konzentrationslager in ungeheuerer Anzahl bestanden?
VON RIBBENTROP: Nein, darüber habe ich nichts gewußt.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wollen Sie sich bitte einmal umdrehen!