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[Eine Landkarte hinter dem Zeugenstand wird enthüllt.]

Dies ist eine Vergrößerung der Beweisstücke, die von der Französischen Anklagebehörde eingereicht wurden, und diese roten Punkte sind Konzentrationslager. Bitte sehen Sie sich das an! Wir verstehen jetzt einen der Gründe für die Lage Ihrer verschiedenen Wohnsitze. Einer war im Norden Berlins, Sonnenburg. Sehen Sie die ungefähre Stelle auf der Karte?

VON RIBBENTROP: Sonnenburg liegt ungefähr eine Autostunde von Berlin.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nördlich von Berlin?

VON RIBBENTROP: Nein, östlich von Berlin.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nehmen wir einen anderen Ihrer Wohnsitze, ganz in der Nähe –. Ihr Schloß oder Ihren Turm in Fuschl. Das ist ganz nahe an der Grenze, gleich jenseits der Grenze, und ganz in der Nähe ist eine Gruppe von Lagern, die sich um Mauthausen befanden. Haben Sie es? Gerade oberhalb Ihrer rechten Hand. Sehen Sie die Gruppen von Lagern, die Mauthausen-Gruppe?

VON RIBBENTROP: Ja. Ich möchte auf meinen Eid versichern, daß ich den Namen Mauthausen zum ersten Male überhaupt hier in Nürnberg gehört habe.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann sehen wir uns einmal einen anderen Ort an. Sie sagten, Sie gingen nicht sehr oft dorthin, aber Sie pflegten...

VON RIBBENTROP: Ich glaube, das kann ich sehr viel kürzer machen, indem ich Ihnen sage, daß ich überhaupt nur von zwei Konzentrationslagern jemals gehört habe, bis ich hierherkam – nein, drei waren es: Dachau, Oranienburg und Theresienstadt. Alle anderen Namen habe ich hier zum ersten Male gehört. Das Lager Theresienstadt war ein Lager, ich glaube, ein Altersheim für Juden, und das ist ein paarmal vom Internationalen Roten Kreuz besucht worden. Alle anderen Lagernamen habe ich überhaupt niemals gehört. Ich möchte das ganz klar feststellen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wissen Sie, daß es in der Nähe von Mauthausen 33 Lager gab, die in verhältnismäßig geringer Entfernung voneinander lagen, sowie weitere 45 Lager, deren Namen der Kommandant nicht einmal zu nennen versuchte, so viele waren es. In den 33 Lagern befanden sich über hunderttausend Internierte. Wollen Sie vor dem Gerichtshof behaupten, daß Sie bei all Ihren Reisen nach Fuschl niemals etwas von den Lagern Mauthausen gehört haben, wo Hunderttausende von Menschen eingesperrt waren?

VON RIBBENTROP: Das ist mir völlig unbekannt und ich bitte, da sind Dutzende von Zeugen, die Ihnen das beweisen können. Dutzende.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Es ist mir ganz gleich, wieviele Zeugen Sie beibringen können. Sehen Sie sich bitte diese Landkarte noch einmal an. Sie waren ein verantwortlicher Minister in der Regierung dieses Landes vom 4. Februar 1938 bis zur Niederlage Deutschlands im Mai 1945, während eines Zeitraums von siebeneinviertel Jahren. Und Sie behaupten vor dem Gerichtshof, daß jemand verantwortlicher Minister in diesem Lande, wo Hunderte von Konzentrationslagern bestanden, sein konnte, ohne dabei, mit Ausnahme von zweien, von ihnen etwas zu wissen?

VON RIBBENTROP: Das mag erstaunlich sein, aber es ist die hundertprozentige Wahrheit.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich behaupte, daß es nicht nur erstaunlich, sondern so unglaublich ist, daß es unwahr sein muß. Wie konnten Sie von diesen Lagern nichts wissen? Haben Sie niemals mit Himmler gesprochen?

VON RIBBENTROP: Nein, niemals über diese Dinge. Niemals. Diese Dinge wurden vollkommen geheim gehalten, und wir haben jetzt überhaupt erst gehört, was darin vorgegangen ist. Kein Mensch wußte davon etwas. Es mag erstaunlich klingen, aber ich bin auch der festen Überzeugung, daß die Herren auf der Anklagebank von den ganzen Dingen nichts gewußt haben.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wir werden zu gegebener Zeit von ihnen darüber hören. Wußten Sie, daß allein in Auschwitz...

VON RIBBENTROP: Den Namen Auschwitz habe ich auch hier zum ersten Male gehört.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Und der deutsche Kommandant von Auschwitz hat in einer eidesstattlichen Erklärung ausgesagt, daß in dem Lager vier Millionen Menschen getötet worden sind. Wollen Sie vor Gericht behaupten, daß das geschehen ist, ohne daß Sie etwas davon wußten?

VON RIBBENTROP: Das war mir völlig unbekannt. Das kann ich hier auf meinen Eid absolut versichern.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann ist da eine andere Angelegenheit, mit der wir uns befassen wollen. Hier bin ich glücklicherweise in der Lage, Ihrem Gedächtnis mit einigen Dokumenten nachhelfen zu können. Es handelt sich um die Partisanen. Wollen Sie sich einige Dokumente, drei Dokumente, ansehen, die sich darauf beziehen?

VORSITZENDER: Werden Sie heute abschließen können?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ja, wenn Euer Lordschaft mir noch fünf Minuten gewähren. Ich habe versucht, heute zum Abschluß zu kommen.