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[Zum Zeugen gewandt:]

Bitte sehen Sie sich den Schluß an! Dies ist eine Unterredung zwischen Ihnen und Botschafter Alfieri in Berlin am 21. Februar 1943. Der letzte Absatz lautet:

»Fortfahrend betonte der RAM, daß die durch die Politik Roatta's mit herbeigeführten Zustände in Kroatien dem Führer große Sorgen machten. Deutscherseits verstehe man, daß Roatta italienisches Blut sparen wolle, glaube aber, daß er mit seiner Politik gewissermaßen den Teufel mit Beelzebub austreiben wolle. Diese Banden müßten vernichtet werden, und zwar Männer, Frauen und Kinder, weil ihr Fortbestand das Leben deutscher und italienischer Männer, Frauen und Kinder gefährde.«

Behaupten Sie immer noch, daß Sie Frauen und Kinder nicht brutal behandelt haben wollten?

VON RIBBENTROP: Welche Seite sollte das sein?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Es ist Seite 10 bis 13. Es ist der letzte Absatz in meiner Übersetzung.

»Diese Banden müßten vernichtet werden, und zwar Männer, Frauen und Kinder, weil ihr Fortbestand das Leben deutscher und italienischer Männer, Frauen und Kinder gefährde.«

VON RIBBENTROP: Wenn das irgendwie so von mir gesagt worden ist, dann ist das vielleicht in einer großen Erregung geschehen. Jedenfalls entspricht das nicht meiner Auffassung, die ich durch meine Tätigkeit während des Krieges bewiesen habe. Ich kann im Augenblick nichts dazu sagen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich möchte Ihnen zu Ihrer Tätigkeit noch ein letztes Dokument vorlegen, wenn der Gerichtshof es gestattet. Es ist Dokument D-740, welches GB-297 wird. Dies ist die Aufzeichnung über eine Besprechung zwischen dem Reichsaußenminister und Staatssekretär Bastianini in Gegenwart der Botschafter von Mackensen und Alfieri im Schloß Kleßheim am Nachmittag des 8. April 1943. Sehen Sie sich bitte den Anfang an. Ich glaube, Sie sprachen über einen Streik in Italien. Sie sagen folgendes:

»Die Vermutung des RAM, daß dieser Streik vielleicht von englischen Agenten angezettelt worden sei, bestritt Bastianini energisch. Es seien italienische Kommunisten gewesen, die es in Italien immer noch gebe und die ihre Weisungen von Moskau erhielten. – Der RAM erwiderte, daß in einem solchen Falle nur erbarmungsloses Durchgreifen helfe.«

Und weiter, nach einer Erklärung über die Information:

»Er« (der Reichsaußenminister) »wolle nicht über Italien sprechen, sondern vielmehr über die besetzten Gebiete, wo sich gezeigt habe, daß man mit weichen Methoden oder dem Bemühen, einen Ausgleich zu finden, nicht weiterkomme. Der RAM erläuterte dann seine Ge dankengänge durch einen Vergleich zwischen Dänemark und Norwegen. In Norwegen seien brutale Maßnahmen ergriffen worden, die besonders in Schweden lebhaften Widerspruch hervorgerufen hätten.«

Und dann fahren Sie fort, und nach einer Kritik an Dr. Best...

VON RIBBENTROP: Ich kann es nicht finden, auf welcher Seite ist es bitte?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Der Absatz beginnt: »Die Vermutung des RAM, daß dieser Streik vielleicht von englischen Agenten angezettelt worden sei...«

VON RIBBENTROP: Ja, hier ist es.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie sehen also, was ich Ihnen vorhalte. Sie erklären, daß

»... nur erbarmungsloses Durchgreifen helfe« und »in Norwegen seien brutale Maßnahmen ergriffen worden.«

Und zu Beginn des nächsten Absatzes erklären Sie:

»Auch in Griechenland müsse brutal durchgegriffen werden, wenn etwa die Griechen Morgenluft wittern sollten. Er sei der Ansicht, daß die demobilisierte griechische Armee blitzschnell aus Griechenland abtransportiert werden sollte und daß man den Griechen eisern zeigen müsse, wer Herr im Lande sei. Derartige harte Methoden seien notwendig, wenn man sich in einem Kriege mit Stalin befände, der kein Kavalierkrieg, sondern ein brutaler Ausrottungskrieg sei.«

Und dann nach einigen Äußerungen über die Franzosen sagen Sie über Frankreich: »Zu Griechenland zurückkehrend betonte der RAM noch einmal die Notwendigkeit, harte Maßnahmen zu ergreifen.«

Und in der dritten Zeile des nächsten Absatzes erklärten Sie:

»Der Führer würde in den besetzten Gebieten radikale Maßnahmen ergreifen müssen, um die dortigen Arbeitskräfte zu mobilisieren, damit dem amerikanischen Rüstungspotential etwas Gleichwertiges entgegengestellt werden könne.«

Stimmt das? Bringt das Ihre Meinung richtig zum Ausdruck? Wollten Sie, daß in den besetzten Gebieten die strengsten Maßnahmen zur Mobilisierung von Arbeitskräften ergriffen werden sollten, um das deutsche Kriegspotential zu erhöhen?

VON RIBBENTROP: Zu diesem Dokument kann ich nur folgendes sagen. Ich weiß, daß damals...

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Gut, das können Sie später sagen, aber Sie können bitte zuerst meine Frage beantworten. Waren Sie der Ansicht, daß...

VON RIBBENTROP: Nein.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE:... gegenüber ausländischen Arbeitern und gegenüber den Bevölkerungen in besetzten Gebieten strenge Maßnahmen getroffen werden müßten? Drückt dieses Dokument Ihre Meinung aus?

VON RIBBENTROP: Nein, das trifft nicht zu.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Warum sagten Sie es dann? Warum äußerten Sie solche Dinge?

VON RIBBENTROP: Weil ich damals im Auftrage des Führers die Italiener bei der Stange halten mußte, weil in manchen von den Gebieten ein völliges Chaos war und die Italiener versuchten, mit gewissen Maßnahmen, die sie dort trafen, ein völliges Durcheinander in der Etappe der deutschen Armee hervorzurufen. Das war damals, warum ich verschiedentlich mit den Italienern in einer sehr harten Sprache sprechen mußte. Ich entsinne mich dessen noch sehr genau. Es war damals der Kampf... die Italiener taten sich zusammen mit den Tschetniks und kämpften zum Teil gegen deutsche Truppen; es war ein völliges Chaos da unten und da habe ich den Diplomaten gegenüber öfters eine ziemlich ernste und harte Sprache geführt, vielleicht auch eine sehr stark übertriebene Sprache. In der Tatsache aber haben die Dinge nachher ganz anders ausgesehen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Es war durchaus keine Übertreibung, nicht wahr, weder in Norwegen noch in Griechenland? Sie wandten gegen die besetzten Länder die brutalsten Maßnahmen an.

VON RIBBENTROP: Das trifft nicht zu. In Norwegen hatten wir gar nichts zu sagen, wir versuchten immer, die Dinge anders zu machen. In Dänemark haben wir alles getan, damit diese brutalen Maßnahmen, die zum Teil notwendig waren wegen der Fallschirmspringer und so weiter, damit sie möglichst applaniert und nicht durchgeführt wurden.

Wir haben also... glaube ich, das kann aus unendlich vielen anderen Dokumenten bewiesen werden, daß gerade ich und das Auswärtige Amt in den verschiedenen besetzten Gebieten immer auf einen Ausgleich der Dinge hingewirkt haben. Ich glaube nicht, daß es ganz fair ist und richtig, nur eine oder zwei solcher Äußerungen aus unendlich vielen Dokumenten jetzt hervorzuziehen, wo ich ab und zu eine harte Stellungnahme anwenden mußte. Es ist ganz sicher, daß im Laufe von sechs Kriegsjahren ab und zu eine harte Sprache geführt werden muß. Ich darf daran erinnern, daß auch ausländische Staatsmänner eine harte Sprache mit Bezug auf die Behandlung Deutschlands führten. Aber ich bin überzeugt, sie haben es auch nicht so gemeint.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Erklären Sie mir folgendes: Sie haben heute jedesmal, wenn Ihnen ein Dokument vorgelegt wurde, nach dem Sie eine harte Sprache geführt oder das Gegenteil Ihrer hier gemachten Aussagen gesagt haben, erklärt, daß Sie bei der Gelegenheit eine diplomatische Unwahrheit sagten. Das ist es doch kurz gesagt. Danke sehr.

VORSITZENDER: Sir David, haben Sie alle diese Dokumente als Beweismittel eingereicht?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ja, Euer Lordschaft.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird sich nunmehr vertagen.