[Pause von 10 Minuten.]
VORSITZENDER: Ich habe zweierlei bekanntzugeben:
Das eine betrifft die Anklagevertretung und das andere die Verteidigung.
Es wird gewünscht, daß die Anklagevertretung den Dolmetschern Abschriften der Dokumente zur Verfügung stellt, die sie im Verlauf des Verhörs oder Kreuzverhörs zu benutzen beabsichtigt. Diese Abschriften brauchen nicht unbedingt in der Sprache verfaßt zu sein, in der der Dolmetscher sprechen wird. Es muß jedoch ein Dokument in irgendeiner Sprache den Dolmetschern zur Unterstützung vorliegen.
Der zweite Punkt ist, daß mir berichtet wurde, daß die Verteidiger die zweiwöchige Frist, die vom Gerichtshof für die Einreichung der Dokumente für die Übersetzungsabteilung festgesetzt wurde, bei weitem nicht einhalten. Der Gerichtshof hat zwar erklärt, daß die Dokumente, wenn möglich, dem Gerichtshof oder der Übersetzungsabteilung zwei Wochen vorher übergeben werden sollen. Aber diese Worte: »wenn möglich«, werden etwas zu leicht genommen. Die Dokumente sind, wie ich höre, manchmal 48 Stunden, bevor die Sache eines bestimmten Angeklagten verhandelt wurde, überreicht worden. Das ist nicht genügend und führt nur zu Verzögerungen.
Das war alles, was ich zu verkünden hatte.
MR. DODD: Hoher Gerichtshof! Während des Kreuzverhörs dieses Angeklagten durch den französischen Anklagevertreter wurde Dokument 3766-PS erwähnt. Wenn ich recht verstanden habe, hat Dr. Horn erklärt, daß dieses Dokument kein erbeutetes Dokument sei; so habe ich seine Erklärung verstanden. Ich bin ganz sicher, daß er das wirklich gesagt hat, als er ans Mikrophon trat. Um es für das Protokoll klarzustellen, teile ich hiermit dem Gerichtshof mit, daß es sich hier um ein erbeutetes Dokument handelt, und ich weiß nicht, worauf Dr. Horn diese Erklärung stützt.
VORSITZENDER: Dr. Horn.
DR. HORN: Herr Präsident, ich hatte vorhin kein... es wurde behauptet, es handle sich um ein erbeutetes Dokument und ich hatte keine Gelegenheit, das vorher nachzuprüfen. Diese Angelegenheit... es stand hier oben drüber über dem Dokument, daß es sieh um ein US-Beweisstück handelt, und zwar 3766-PS, und ich hatte keine Gelegenheit, das sofort nachzuprüfen, wo es herkam. Daher hatte ich beantragt, daß das vom französischen Anklagevertreter festgestellt werden möge, bitte. Das war meine ganze Einwendung. Ich habe nicht bestritten, daß es ein erbeutetes Dokument ist; ich konnte es nur nicht feststellen.
VORSITZENDER: Will irgendein anderer Anklagevertreter Fragen an den Angeklagten richten? Oberst Amen, der Gerichtshof hofft, daß Sie sich nicht mit Dingen befassen, die schon behandelt worden sind.
OBERST AMEN: Auf keinen Fall, Herr Vorsitzender.
[Zum Zeugen gewandt:]
Ribbentrop! Sie sprechen ziemlich gut englisch?
VON RIBBENTROP: Ich habe früher gut gesprochen, ich spreche jetzt wohl auch noch leidlich, ja.
OBERST AMEN: Beinahe so gut, wie Sie deutsch sprechen?
VON RIBBENTROP: Das wohl nicht, nein. Aber ich habe es früher so ähnlich wie deutsch gesprochen, aber natürlich habe ich viel vergessen im Laufe der Jahre und jetzt ist es mir schwerer geworden.
OBERST AMEN: Wissen Sie, was man unter einem »Yes-man« in der englischen Sprache versteht?
VON RIBBENTROP: Ja-Sager, an sich schon. Ein Mann, der zu Dingen ja sagt, die er selbst – es ist etwas schwer zu definieren. Jedenfalls, ich weiß nicht, was man im Englischen darunter versteht. Im Deutschen würde ich sagen, es ist ein Mann, der Befehlen gehorcht und gehorsam ist und treu ist.
OBERST AMEN: Tatsächlich waren Sie ein »Yes- man« Hitlers, nicht wahr?
VON RIBBENTROP: Ich war Hitler immer treu, habe seine Befehle durchgeführt, war oft mit ihm anderer Auffassung, habe sehr ernste Differenzen mit ihm gehabt, verschiedentlich meinen Abschied eingereicht, aber, wenn Hitler befohlen hatte, habe ich seine Befehle immer, entsprechend unserem Führerstaat, durchgeführt.
OBERST AMEN: Sie sind öfters von mir vernommen worden, bevor dieser Prozeß anfing, nicht wahr?
VON RIBBENTROP: Ich glaube, ein- oder zweimal.
OBERST AMEN: Ich werde Ihnen gewisse Fragen und Antworten vorlesen, die während dieser Vernehmungen gestellt wurden, und will Sie nur bitten, dem Gerichtshof zu sagen, ob Sie die Antworten gegeben haben, die ich Ihnen vorlesen werde. Die Frage kann mit Ja oder Nein beantwortet werden. Haben Sie verstanden?
VON RIBBENTROP: Ja.
OBERST AMEN:
»Ich bin dem Führer ein treuer Paladin gewesen bis zu seinen letzten Tagen, ich habe ihn nie verlassen, ich bin ihm bis zu seinen letzten Tagen, bis zu seiner letzten Stunde treu geblieben. Ich war nicht immer mit allem einverstanden, im Gegenteil, manchmal hatte ich Differenzen mit ihm, aber ich habe im Jahre 1941 ihm versprochen, daß ich ihm treu bleiben würde. Ich habe ihm mein Ehrenwort gegeben, daß ich ihm keine Schwierigkeiten machen würde.«
Ist das richtig?
VON RIBBENTROP: Das stimmt nach meiner Erinnerung. Ich habe zwar das Dokument nicht gesehen, ich habe auch nichts unterschrieben, aber nach meiner Erinnerung ist das richtig, das habe ich gesagt.
OBERST AMEN: Was haben Sie damit gemeint, als Sie sagten: Sie würden ihm keine Schwierigkeiten machen?
VON RIBBENTROP: Ich sah in Adolf Hitler das Symbol Deutschlands und den einzigen Mann, der diesen Krieg für Deutschland gewinnen konnte, und daher wollte ich ihm keine Schwierigkeiten machen und bin daher treu bis zuletzt auch bei ihm geblieben.
OBERST AMEN: Was Sie wohl zum Ausdruck bringen wollten, war, daß Sie nie etwas gegen ihn unternehmen würden, und das haben Sie ihm 1941 versprochen, stimmt das?
VON RIBBENTROP: Ich würde ihm keine Schwierigkeiten machen, ja, das habe ich gesagt. Er fand mich manchmal einen etwas schwierigen Untergebenen, und da habe ich damals ihm gesagt, daß ich ihm keine Schwierigkeiten machen würde.
OBERST AMEN: 1941 haben Sie ihm gesagt, daß Sie, wenn auch in Zukunft Ihre Meinung von der seinigen abweichen sollte, niemals auf Ihrem Standpunkt beharren würden; stimmt das?