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[Zum Zeugen gewandt:]

Ich möchte einige Fragen über den deutschen Angriff auf Jugoslawien stellen. Ich bitte Sie, sich das Dokument 1195-PS anzusehen, das die Überschrift trägt: »Vorläufige Richtlinien für die Aufteilung Jugoslawiens«. Ich lenke Ihre Aufmerksamkeit auf den vierten Absatz des ersten Teils dieses Dokuments. Es heißt da wie folgt: »Der Führer hat für die Aufteilung Jugoslawiens...« Haben Sie die Stelle gefunden?

VON RIBBENTROP: Auf welcher Seite ist das bitte?

GENERAL RUDENKO: Auf der ersten Seite, Absatz 4. »Der Führer hat für die Aufteilung Jugoslawiens folgende Richtlinien erteilt...«

VON RIBBENTROP: Ich muß das falsche Dokument haben.

GENERAL RUDENKO: Es ist das Dokument 1195-PS.

VON RIBBENTROP: Jawohl, der Anfang, ja.

GENERAL RUDENKO: Also:

»Der Führer hat für die Aufteilung Jugoslawiens folgende Richtlinien gegeben:

Die Übergabe des von den Italienern besetzten Gebietes wird durch ein Schreiben des Führers an den Duce vorbereitet und nach näherer Anordnung des Auswärtigen Amtes durchgeführt werden.«

Haben Sie die Stelle gefunden?

VON RIBBENTROP: Nein, ich sehe das nicht.

GENERAL RUDENKO: Seite 1, Absatz 4, der mit den Worten beginnt: »Der Führer...«

VON RIBBENTROP: Jawohl.

GENERAL RUDENKO: Ich habe diesen Absatz bereits verlesen.

VON RIBBENTROP: Es fängt an: »Der Führer hat für die Aufteilung Jugoslawiens folgende Richtlinien gegeben.« So fängt das Dokument an. Darf ich bitten... Wo ist nun die Stelle, die Sie zitieren?

GENERAL RUDENKO: Sie endet mit folgenden Worten: »... nach näherer Anordnung des Auswärtigen Amtes durchgeführt werden.« Weiter ist auf ein Fernschreiben des OKH Generalquartiermeister verwiesen.

VON RIBBENTROP: Das muß ein Irrtum sein. Hier steht das nicht.

GENERAL RUDENKO: Wahrscheinlich haben Sie es im Dokument nicht gefunden.

VORSITZENDER: General Rudenko! Es ist jetzt 12.45 Uhr. Vielleicht wäre es besser die Sitzung zu vertagen.

[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]

Nachmittagssitzung.

GENERAL RUDENKO: Angeklagter Ribbentrop! Haben Sie sich mit dem Dokument vertraut gemacht?

VON RIBBENTROP: Ja. Ich habe Kenntnis genommen.

GENERAL RUDENKO: Haben Sie das ganze Dokument oder nur den Paragraph 4 gelesen?

VON RIBBENTROP: Ich habe den Absatz 1 gelesen, von dem man vorhin sprach.

GENERAL RUDENKO: Haben Sie die Stelle gefunden, wo über die Vollmachten des Auswärtigen Amtes im Hinblick auf die Zerstückelung des jugoslawischen Gebietes gesprochen wird?

VON RIBBENTROP: Ja, bei mir steht da, daß die Übergabe des von den Italienern besetzten Gebiets durch ein Schreiben des Führers an den Duce vorbereitet und nach näherer Anordnung des Auswärtigen Amtes durchgeführt werden soll.

GENERAL RUDENKO: Ja, das ist richtig. Das ist genau die Stelle, die ich meinte. Im Teil 2 dieses Dokuments, unter dem Titel »Grenzziehung« wird gesagt, es ist Abschnitt 2, Seite 2 des Dokuments:

»Soweit die Grenzziehung nicht im vorstehenden Abschnitt I festgelegt ist, erfolgt diese im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt....«

VON RIBBENTROP: Jawohl, das sehe ich, ja.

GENERAL RUDENKO: Ich habe in diesem Zusammenhang nur noch eine Frage. Demnach wurde durch dieses Dokument die Rolle des Auswärtigen Amtes bei der Aufteilung des jugoslawischen Gebietes angeordnet. Ist das richtig?

VON RIBBENTROP: Das geht daraus hervor, daß das Auswärtige Amt, außer den Grenzen, die hier festgelegt sind, die wohl in großen Zügen schon klar liegen, die andern Grenzen mitbestimmen sollte. Das ist richtig.

GENERAL RUDENKO: Das ist klar. Ich habe noch zwei Fragen an Sie zu richten, die sich auf Jugoslawien beziehen. Am 4. Juni 1941, das bezieht sich nicht mehr auf dieses Dokument, fand in der Deutschen Gesandtschaft unter dem Vorsitz des Gesandten in Agram, Siegfried Kasche, eine Sitzung statt. In dieser Sitzung wurde der Beschluß über die zwangsweise Umsiedlung der Slowenen aus Slowenen nach Kroatien und Serbien und der Serben aus Kroatien nach Serbien gefaßt. Dieser Beschluß beruht auf einem Telegramm des Auswärtigen Amtes Nummer 389 vom 31. Mai 1941. Sind Ihnen diese Maßnahmen bekannt?

VON RIBBENTROP: Nein, ich muß sagen, ich kenne sie nicht, nein. Aber ich darf sie vielleicht mal durchlesen.

GENERAL RUDENKO: Bitte sehr.

VON RIBBENTROP: Ich entsinne mich, daß da Umsiedlungen vorgenommen worden sind, aber über irgendwelche Einzelheiten bin ich nicht im Bilde.

GENERAL RUDENKO: Es ist natürlich schwer für Sie, sich im Augenblick an Einzelheiten zu erinnern. Aber erinnern Sie sich, daß die Umsiedlung stattfand, und zwar auf Anweisung des Auswärtigen Amtes?

VON RIBBENTROP: Ja. Hier steht, daß hier der Führer ein Umsiedlungsverfahren genehmigt habe. Also, ich weiß es nicht im einzelnen. Jedenfalls haben wir hier zweifellos eine Rolle gespielt, denn diese Sitzung hat ja im Auswärtigen Amt stattgefunden, das ist sicher. Im einzelnen kann ich leider nichts dazu sagen, weil ich darüber nicht orientiert bin.

GENERAL RUDENKO: Ich verstehe Sie; noch eine Frage in diesem Zusammenhang: War es eine zwangsweise Umsiedlung?

VON RIBBENTROP: Das weiß ich nicht. Kann ich nicht sagen, nein.

GENERAL RUDENKO: Das wissen Sie nicht? Gut. Nun die letzte Frage im Zusammenhang mit Jugoslawien: Nach dem Angriff Deutschlands auf Jugoslawien sind ungefähr 200 jugoslawische Diplomaten, die den Versuch machten, nach der Schweiz zu fliehen, verhaftet und trotz des an Ihr Ministerium gerichteten Protestes zwangsweise nach Belgrad geschickt worden, von wo viele von ihnen in ein Konzentrationslager geschickt wurden und dort gestorben sind. Warum haben Sie nicht Maßnahmen ergriffen, die zu ergreifen Sie bei einem so offensichtlichen Bruch der diplomatischen Immunität verpflichtet waren?

VON RIBBENTROP: Das ist mir im Augenblick überhaupt nicht gewärtig, muß ich sagen, aber soviel ich weiß, war die grundsätzliche Weisung von mir immer gewesen, daß die Diplomaten wie Diplomaten zu behandeln und in ihre Länder zurückzubefördern sind. Also, wenn das in diesem Falle nicht geschehen sein sollte, dann weiß ich nicht, warum das nicht der Fall gewesen ist. Aber, Sie sagen ja selber, sie sind nach Belgrad zurückgeschickt worden. Das entspricht jedenfalls sicher meinen Weisungen. Warum sie oder ob sie nachher in Belgrad interniert worden sind, das, muß ich sagen, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich glaube nicht, daß wir da etwas mit zu tun hatten.

GENERAL RUDENKO: Darüber, daß sie in Konzentrationslager interniert worden sind, wissen Sie nichts?

VON RIBBENTROP: Nein, das wußte ich nicht.

GENERAL RUDENKO: Das wissen Sie also nicht, gut. Nun eine weitere Fragengruppe: Wer hat außer Hitler den Erlaß vom 21. November 1938 über das Sudetenland unterschrieben? Erinnern Sie sich?

VON RIBBENTROP: Ich weiß nicht, was für einen Befehl Sie meinen, darf ich ihn mal einsehen? Ich sehe, daß ich ihn mitunterschrieben habe, und das ist ja das Gesetz zur Wiedervereinigung des Sudetenlandes mit dem Reich.

GENERAL RUDENKO: Sie erinnern sich daran, dieses Gesetz tatsächlich mitunterschrieben zu haben?

VON RIBBENTROP: Zweifellos, wenn das hier steht, ist das ja sicher so gewesen. Ich entsinne mich im einzelnen im Augenblick natürlich nicht.

GENERAL RUDENKO: Das ist klar. – Wer hat außer Hitler noch das Gesetz vom 16. März 1939 über das Protektorat von Böhmen und Mähren unterschrieben, das durch seinen Inhalt den letzten Rest der Souveränität der Tschechoslowakischen Republik beseitigte?

VON RIBBENTROP: Ich glaube, daß ich das auch mitunterschrieben habe, nehme ich an jedenfalls. Ja, ich sehe, ich habe es unterschrieben, hier steht es.

VORSITZENDER: General Rudenko, alle diese Dokumente sprechen doch wohl für sich. Der Angeklagte hat seine Unterschrift nicht bestritten.

GENERAL RUDENKO: Das verstehe ich, Herr Vorsitzender; ich möchte nur dem Angeklagten die Tatsachen wieder in Erinnerung bringen. Da er so leicht zu vergessen scheint, lege ich ihm einfach die Dokumente vor.