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[Zum Zeugen gewandt:]

Wir waren zuletzt bei dem Dokument C-50, welches die Aufhebung der Kriegsgerichtsbarkeit im Gebiet »Barbarossa« betrifft. Ich weiß nicht, ob Sie hierzu, nach dem, was inzwischen verlesen worden ist, noch Stellung nehmen wollen, oder ob das dadurch überholt ist?

KEITEL: Ich möchte nur noch dazu sagen, daß diese Dokumente C-50, 884-PS, ab Blatt 4 der Niederschlag der Direktiven ist, die am 14. Juni in jener Generalstabsbesprechung, gegeben wurden und die im Sinne des militärischen Ordnungsdienstes in schriftliche Befehlsform umgesetzt worden sind und dann an die nachgeordneten Stellen des Heeres ausgegeben wurden.

DR. NELTE: Ich habe noch einige kurze Fragen bezüglich des Krieges gegen Amerika: Die Anklage behauptet, daß Japan von deutscher Seite zum Krieg gegen Amerika beeinflußt worden sei und hat auch im Verlauf der Anklagevorträge Sie der Mitarbeit und Mitbeteiligung hieran beschuldigt. Können Sie mir dazu etwas sagen?

KEITEL: Das Dokument C-75 ist eine Weisung vom OKW, die die Zusammenarbeit mit Japan enthält. Selbstverständlich bin ich an dieser Weisung beteiligt worden und habe sie auch im Auftrage unterschrieben. Das andere Dokument, 1881-PS, Unterredung Führer-Matsuoka, kenne ich nicht. Ich habe davon nichts gewußt. Ich kann nur folgendes für uns Soldaten sagen:

Zwei Gesichtspunkte sind im Laufe der ganzen Zeit bis zum Eintritt Japans in den Krieg gegen Amerika für uns die Richtlinien gewesen oder die Prinzipien, die Hitler uns gegenüber betonte:

Das eine war, unter allen Umständen verhindern, daß Amerika in den Krieg eintritt; dementsprechend auch Versagen militärischer Operationen in den Gewässern, soweit es die Kriegsmarine betraf, und der zweite Gedanke, der uns Soldaten begleitete, war die Hoffnung, daß Japan in den Krieg gegen Rußland eintreten würde, und ich erinnere mich, daß in der Zeit des November, Anfang Dezember 1941, als das Vorgehen der deutschen Armeen westlich Moskau zum Stehen kam, mir bei Frontbesuchen, wo ich Hitler begleitete, mehrfach die Frage der Generale gestellt wurde: »Wann tritt Japan in den Krieg ein?« Begründet wurde das von der Generalität damit, daß fortlaufend nacheinander über Moskau Fernost-Divisionen in den Kampf geworfen wurden, also frische Kräfte aus dem Fernen Osten auftraten. Ich will mich nicht festlegen, es handelt sich etwa um achtzehn bis zwanzig Divisionen.

Den Besuch von Herrn Matsuoka habe ich in Berlin erlebt, habe ihn auch bei einer gesellschaftlichen Veranstaltung gesehen, aber eine Unterhaltung mit ihm nicht gehabt. Alle die Kombinationen, die sich vielleicht an die Weisung 24, C-75 knüpften, wie ich aus der Voruntersuchung entnommen habe bei meinem Verhör, sind für uns Soldaten ohne jede Unterlage. Es ist ohne jede Berechtigung, zu glauben, daß damals Gedanken geherrscht hätten, einen Krieg zwischen Japan und Amerika zu begünstigen, oder in diesem Sinne etwas zu unternehmen.

Abschließend darf ich nur sagen, daß dieser Befehl notwendig war insofern, als die Wehrmachtsteile sich damals dagegen wehrten, den Japanern gewisse Dinge, Entwicklungsdinge geheimer Art, in der Waffenentwicklung zu geben, falls sie nicht in Kriege kommen.

DR. NELTE: Es war noch ein Brief von der Anklagebehörde vorgelegt worden, und zwar von Major von Falkenstein an den Luftwaffenführungsstab. Reichsmarschall Göring hat bei seiner Vernehmung davon gesprochen. Ich wollte Sie nur fragen, kannten Sie diesen Brief, oder haben Sie irgend etwas zu den Äußerungen des Reichsmarschalls Göring hinzuzufügen?

KEITEL: Ich kann nichts hinzufügen, denn ich habe diesen Brief des Majors von Falkenstein nie gesehen, sondern erst hier im Verhör.

DR. NELTE: Wir kommen nun zu den einzelnen Tatbeständen, die Ihnen von der Anklagebehörde beziehungsweise dem OKW zur Last gelegt wurden. Bei der Unmasse der diesbezüglichen Anklagepunkte kann ich naturgemäß nur einzelne, und zwar die schwerwiegendsten Gruppen herausnehmen, um klarzustellen, ob und in welcher Weise Sie daran beteiligt waren, ob und in welcher Weise Sie zu den Auswirkungen, die eingetreten sind, sich verhalten haben. In den meisten Fällen handelt es sich um Befehle Adolf Hitlers; aber Sie hatten ja in Ihrer Erklärung aus den tatsächlichen Begebenheiten gewisse Beteiligung, Wissenschaft, Ausführung auf sich genommen, so daß wir über diese Punkte sprechen müssen. Einer der schwerwiegendsten dieser Punkte ist die Geiselfrage. Ich lasse Ihnen zu diesem Komplex das Dokument C-128 zugehen. Es handelt sich hier um Anweisungen für Operationen im Westen. Vorweg möchte ich Sie aber folgendes fragen: Welches ist die Grundlage für die Geiselnahme, wie sie von der Deutschen Wehrmacht in der Praxis gehandhabt werden sollte?

KEITEL: Es ist die Druckvorschrift »Geheim G-2«, H. Dv. G-2, genannt und nennt sich hier nach dem Befehl »Dienstanweisung für die Einheiten des Kriegsheeres«.

DR. NELTE: Herr Präsident! Ich bitte Sie, im Dokumentenbuch 1 unter Nummer 7, also auf Seite 65 meines Dokumentenbuches, festzustellen, daß es sich hier um eine Abschrift aus der genannten Druckvorschrift handelt, und zwar ist es der Abschnitt 9, der die Geiselfrage behandelt. Es ist dies das Dokument K-7 und hat folgenden Wortlaut:

»Geiseln dürfen nur auf Befehl eines Regiments-, selbständigen Bataillonskommandeurs oder eines gleichgestellten Kommandeurs festgenommen werden. Bei Unterbringung und Verpflegung ist trotz strengster Bewachung zu beachten, daß es sich nicht um Strafgefangene handelt. Im weiteren entscheiden nur Vorgesetzte, mindestens in der Stellung eines Divisionskommandeurs, über das Los von Geiseln.«

Das ist also, wenn Sie wollen, das Geiselgesetz der Deutschen Wehrmacht gewesen.

KEITEL: Ich darf hierzu noch sagen, daß in dem Dokument C-128, das ist der vorbereitende Operationsbefehl des Heeres für den Kampf im Westen, dies besonders aufgeführt ist unter dem Abschnitt 3a: »Sicherungsmaßnahmen gegenüber der Bevölkerung im besetzten Gebiet. A) Geiseln.«

VORSITZENDER: Dr. Nelte! Legen Sie dieses als Beweisstück K-7 vor?

DR. NELTE: Als K-7 bitte ich diese Heeres-Druckvorschrift als Beweisstück annehmen zu wollen.

VORSITZENDER: Würden Sie bitte jedesmal sagen, als was Sie es vorlegen, sonst könnten Irrtümer entstehen, wenn Sie nur »Sieben« sagen.

DR. NELTE: K-7.