[Der Zeuge erhält das Dokument.]
GENERAL RUDENKO: Angeklagter Keitel, ich werde Ihnen mit Bezug auf diesen Befehl nur eine Frage stellen. Im ersten Punkt dieses Befehls, Absatz 3. Bitte lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf den folgenden Satz:
»Die Truppe ist daher berechtigt und verpflichtet, in diesem Kampfe ohne Einschränkung auch gegen Frauen und Kinder jedes Mittel anzuwenden, wenn es nur zum Erfolg führt.«
Haben Sie diese Stelle gefunden?
KEITEL: Ja.
GENERAL RUDENKO: Haben Sie gesehen, daß beliebige Maßnahmen auch gegen Frauen und Kinder angewendet werden können, ohne jede Einschränkung? Haben Sie diese Stelle gefunden?
KEITEL:
»... ohne Einschränkung auch gegen Frauen und Kinder jedes Mittel anzuwenden, wenn es notwendig ist.«
Das habe ich gefunden.
GENERAL RUDENKO: Das haben Sie gefunden, darüber trage ich Sie gerade. Ich frage Sie, Angeklagter Keitel, Feldmarschall der früheren deutschen Armee, halten Sie diesen Befehl für richtig, daß jede beliebige Maßnahme gegen Frauen und Kinder ergriffen werden kann?
KEITEL: Maßnahmen schon insofern, als auch Frauen und Kinder aus den Banden- und Kampfgebieten zu entfernen waren, niemals irgendwie Grausamkeiten oder Tötungen an Frauen und Kindern. Niemals!
GENERAL RUDENKO: Entfernen – auf gut deutsch heißt es töten?
KEITEL: Nein. Ich glaube, daß es niemals nötig gewesen wäre, deutschen Soldaten zu sagen, daß sie Frauen und Kinder nicht töten können und nicht töten dürfen.
GENERAL RUDENKO: Sie haben auf meine Frage nicht geantwortet.
Halten Sie diesen Befehl mit Bezug auf die Maßnahmen gegen Frauen und Kinder für richtig oder nicht? Antworten Sie ja oder nein, richtig oder nicht richtig, dann können Sie Ihre Erklärung abgeben.
KEITEL: Ich habe diese Maßnahmen für richtig gehalten und erkenne sie auch an, aber nicht irgendwie die Maßnahmen der Tötung. Das war ein Verbrechen.
GENERAL RUDENKO: »Beliebige Maßnahmen« schließen auch Ermordung ein?
KEITEL: Ja, aber nicht gegen Frauen und Kinder.
GENERAL RUDENKO: Ja, aber hier heißt es beliebige Maßnahmen auch gegen Frauen und Kinder.
KEITEL: Nein, es steht nicht »beliebige Maßnahmen«, sondern »... auch nicht zurückzuschrecken vor Maßnahmen gegen Frauen und Kinder«. Das steht darin. Es ist niemals einem deutschen Soldaten und einem deutschen Offizier der Gedanke gekommen, Frauen und Kinder zu töten.
GENERAL RUDENKO: Und in Wirklichkeit?
KEITEL: Das kann ich nicht in jedem einzelnen Fall bekunden, weil ich das nicht weiß und weil ich nicht an allen Stellen gewesen sein kann und auch keine Meldungen darüber bekommen habe.
GENERAL RUDENKO: Aber solche Fälle hat es Millionen gegeben.
KEITEL: Das ist mir nicht bekannt und das glaube ich auch nicht, daß es in Millionen Fällen geschehen ist.
GENERAL RUDENKO: Sie glauben es nicht?
KEITEL: Nein.
GENERAL RUDENKO: Ich gehe weiter. Ich gehe jetzt zu einer neuen Frage über, und zwar zur Frage der Behandlung der Sowjetkriegsgefangenen. Ich habe nicht die Absicht, Sie über die Brandmarkung der Sowjetkriegsgefangenen und andere Tatsachen zu befragen; diese sind dem Gerichtshof bereits genügend bekannt. Ich will Sie aber über ein Dokument fragen, und zwar über den Bericht von Canaris, der Ihnen gestern vorgelegt wurde. Sie erinnern sich, daß Ihr Verteidiger Ihnen gestern den Bericht von Canaris vorgelegt hat. Es ist ein Bericht vom 15. September 1941, er liegt unter der Nummer EC-338 dem Gerichtshof vor. Wie Sie sich erinnern werden, hat sogar ein deutscher Offizier die Aufmerksamkeit auf die außerordentliche Willkür und Ungesetzlichkeit gelenkt, die in der Behandlung von Sowjetkriegsgefangenen zugelassen waren. In diesem Bericht spricht Canaris von den Massentötungen von Sowjetkriegsgefangenen und spricht über die Notwendigkeit, diese Willkür zu unterbinden. Waren Sie mit der Stellungnahme Canaris' in seinem Bericht, und zwar mit Bezugnahme auf Sie, einverstanden?
KEITEL: Das letzte verstehe ich nicht. Mit Bezugnahme auf meine Person?
GENERAL RUDENKO: Meine Frage soll folgendes bedeuten: Angeklagter Keitel, waren Sie persönlich mit den Vorschlägen, die Canaris in seinem Bericht zwecks Unterbindung der Willkür in der Behandlung der Sowjetkriegsgefangenen unterbreitete, einverstanden?
KEITEL: Ich habe gestern meinem Verteidiger schon geantwortet...
GENERAL RUDENKO: Sie können kurz auf meine Frage antworten: Waren Sie einverstanden?
KEITEL: Ja, ich werde kurz sein..., daß ich bei Empfang dieses Schreibens sofort dem Führer Adolf Hitler dieses Schreiben vorgelegt habe, insbesondere auch im Hinblick auf die beigefügte Veröffentlichung der Volkskommissare von Anfang Juli war es, und um eine erneute Entscheidung gebeten habe. Ich habe die Bedenken von Canaris im großen geteilt, ich muß aber noch ergänzend...
GENERAL RUDENKO: Sie teilten Sie? Sehr gut. Ich werde Ihnen jetzt das Original des Berichts von Canaris vorlegen, auf dem Ihre Entscheidung steht.
Herr Vorsitzender, ich werde jetzt dem Angeklagten Keitel das Dokument mit seiner Entscheidung vorlegen. Diese Entscheidung ist dem Gerichtshof noch nicht verlesen worden. Den Text dieser Entscheidung lege ich nun dem Gerichtshof vor.
VORSITZENDER: Haben Sie das Original?
GENERAL RUDENKO: Ja, ich habe es dem Angeklagten vorlegen lassen.
Also, Angeklagter Keitel, passen Sie auf, bitte.
KEITEL: Dieses Dokument mit den Randbemerkungen ist mir bekannt.
GENERAL RUDENKO: Hören Sie mich an, und passen Sie gut auf. Es ist das Dokument von Canaris, mit dessen Inhalt Sie einverstanden sind. Ihr Beschluß lautet:
»Die Bedenken entspringen den soldatischen Auffassungen vom ritterlichen Krieg. Hier handelt es sich um die Vernichtung einer Weltanschauung, deshalb billige ich die Maßnahmen und decke sie.« gezeichnet »Keitel«.
Ist das Ihre Entscheidung?
KEITEL: Ja, das habe ich geschrieben, als Entscheidung nach dem Vortrag beim Führer. Das habe ich geschrieben.
GENERAL RUDENKO: Es steht dort nicht geschrieben, daß der Führer es so gesagt hat. Es steht ja da, daß »ich«, also Keitel, »diese Maßnahmen decke«.
KEITEL: Das bekunde ich hier aber unter meinem Eid, und habe ich schon vorher gesagt, ehe ich es gelesen habe.
GENERAL RUDENKO: Sie erkennen also diese Entscheidung an. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit noch auf eine andere Stelle dieses Dokuments lenken. Bitte sehen Sie sich die Seite 2 dieses Dokuments an. Beachten Sie, daß im Text des Berichts von Canaris folgendes steht:
»Die Aussonderung der Zivilpersonen und politisch unerwünschten Kriegsgefangenen sowie die Entscheidung über ihr Schicksal erfolgt durch die Einsatzkommandos der Sicherheitspolizei und des SD nach Richtlinien, die den Wehrmachtsstellen unbekannt sind und deren Einhaltung sie nicht mehr nachprüfen können.«
Das schreibt Canaris, und am Rande dieses Textes befindet sich Ihre Resolution: »Sehr zweckmäßig.« Ist das so?
KEITEL: Ich bitte Sie um Wiederholung der letzten Frage. Ich habe noch zuletzt gehört: »Das schreibt Canaris.«
GENERAL RUDENKO: Ja, und jetzt sage ich, daß am Rande dieses Textes Ihre eigenhändige Entscheidung: »Sehr zweckmäßig« steht. Haben Sie es gefunden?
KEITEL: Jawohl. Das Wort »zweckmäßig« bezieht sich darauf, daß die Wehrmachtsstellen mit den Einsatzkommandos nichts zu tun haben und davon nichts wissen, da steht davor, daß sie ihnen unbekannt sind.
GENERAL RUDENKO: Und darauf, daß die Sicherheitspolizei und der SD mit den Zivilpersonen und Kriegsgefangenen kurzen Prozeß machen. Sie halten das für zweckmäßig?
KEITEL: Nein, ich hielt es für zweckmäßig, daß den Wehrmachtsstellen die Tätigkeit der Einsatzkommandos unbekannt war. Das habe ich damit sagen wollen. Das steht darin, das habe ich unterstrichen »unbekannt«.
GENERAL RUDENKO: Ich frage Sie im Zusammenhang mit diesem Beschluß: Sie, Angeklagter Keitel, der Sie sich Feldmarschall nennen und vor dem Gerichtshof wiederholt als Soldat bezeichneten. Sie haben mit Ihrer blutdürstigen Entscheidung vom September 1941 die Ermordung unbewaffneter Soldaten, die zu Ihnen in die Gefangenschaft geraten sind, unterstützt und sanktioniert. Ist das richtig?
KEITEL: Ich habe die beiden Erlasse unterzeichnet und trage damit die Verantwortung im Rahmen meiner Dienststellung, und die übernehme ich auch.
GENERAL RUDENKO: Das ist klar. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen noch eine Frage stellen. Da Sie vor dem Gerichtshof wiederholt von Soldatenpflichten gesprochen haben, möchte ich Sie fragen, ob der Begriff »Soldatenpflicht« und »Offiziersehre« mit der Herausgabe solcher Befehle über die Vergeltung an friedlichen Zivilisten und Kriegsgefangenen in Einklang gebracht werden kann?
KEITEL: Insofern ja, als es Repressalien in den Monaten August und September betrifft, nach dem, was deutschen Kriegsgefangenen geschehen ist, auf den Schlachtfeldern, die wir dort gefunden haben und in Lemberg, wo wir sie zu Hunderten ermordet vorfanden...
GENERAL RUDENKO: Angeklagter Keitel, Sie wollen wieder denselben Weg einschlagen, den Sie hier schon eingeschlagen haben, das heißt, die Geschichten von dem angeblich stattgefundenen Blutbad deutscher Kriegsgefangener aufwärmen. Aber ich habe hier gestern mit Ihnen festgestellt, daß schon im Mai 1941, also vor Beginn des Krieges, Sie den Befehl über die Ermordung von politischen und militärischen Angehörigen der Roten Armee unterzeichnet haben. Ich habe einige...
KEITEL: Ja, die Befehle vor dem Kriege habe ich auch unterzeichnet. Sie haben nicht das Wort »Ermordung« enthalten.
GENERAL RUDENKO: Ich habe keine Absicht zu streiten, denn das hieße gegen die Dokumente streiten, und die sprechen für sich selbst.
Ich habe noch ein paar letzte Fragen an Sie zu stellen: Sie haben dem Gerichtshof erklärt, daß die deutschen Generale die Befehle Hitlers nur blindlings ausführten?
KEITEL: Ich habe erklärt, daß ich nicht weiß, ob und welche Generale Widerspruch erhoben haben, und daß es in meiner Gegenwart nicht geschehen war, als die Grundlagen des Weltanschauungskrieges von Hitler proklamiert und befohlen wurden.
GENERAL RUDENKO: Und ist es Ihnen bekannt, daß die Generale aus eigener Initiative Befehle über Grausamkeiten und Verletzung von Gesetzen und Kriegsbräuchen herausgaben, und daß diese Befehle von Hitler gebilligt wurden?
KEITEL: Daß hohe Dienststellen des Heeres, zum Beispiel in Bezug auf Gerichtsbarkeit, den Erlaß vom März und sonstige Maßnahmen, abändernde, mildernde und zum Teil aufhebende Befehle gegeben haben, weiß ich, weil sie auch mit mir darüber gesprochen haben.
GENERAL RUDENKO: Sie haben mich nicht verstanden. Ich fragte nicht nach Milderungen. Ich fragte, ob die Generale selbst aus eigener Initiative Befehle, die die Gesetze und die Kriegsbräuche verletzten, herausgaben?
KEITEL: Das ist mir nicht bekannt. Ich weiß nicht, um welche Befehle es sich handelt, Herr General. Ich kann im Augenblick nicht sagen, daß ich das weiß.
GENERAL RUDENKO: Ich will nur auf einen Befehl Bezug nehmen, und zwar auf den Befehl des Generalfeldmarschalls von Reichenau, das Verhalten der Truppen im Osten betreffend.
Herr Vorsitzender, dieses Dokument ist von der Sowjetischen Anklagebehörde unter USSR-12 dem Gerichtshof vorgelegt worden. Die Stellen, auf die ich mich beziehe, sind in diesem Dokument unterstrichen. Aus diesem Befehl über »Das Verhalten der Truppen im Ostraum« werde ich nur ein Zitat verlesen:
»Das Verpflegen von Landeseinwohnern und Kriegsgefangenen... ist eine... mißverstandene Menschlichkeit...«
KEITEL: Ich kenne den Befehl. Er ist mir hier in der Voruntersuchung vorgelegt worden.
GENERAL RUDENKO: Dieser Befehl ist auf Veranlassung von Generalfeldmarschall von Reichenau herausgegeben, von Hitler gebilligt und als ein Beispiel an alle Kommandierenden an alle Fronten geschickt worden.
KEITEL: Das habe ich hier erst erfahren, das wußte ich nicht. Den Befehl habe ich meines Wissens auch nicht gelesen.
GENERAL RUDENKO: Selbstverständlich hatten bei Ihnen solche Befehle wenig Bedeutung, denn wie sollte auch das Schicksal der Sowjetbürger oder Kriegsgefangenen den Leiter des OKW interessieren? Ihr Leben war ja nichts wert.
KEITEL: Ich hatte mit den kommandierenden Befehlshabern der Front keine Berührung und keinen dienstlichen Verkehr. Den hatte nur der Oberbefehlshaber des Heeres.
GENERAL RUDENKO: Nun komme ich zum Ende des Kreuzverhörs. Sie haben hier in Ihren Aussagen vor dem Gerichtshof – und vor Ihnen haben es Ihre Komplicen, die Angeklagten Göring und Ribbentrop getan - oft vom Versailler Vertrag gesprochen. Ich frage Sie, gehörten Wien, Prag, Belgrad, die Krim vor dem Versailler Vertrag zu Deutschland?
KEITEL: Nein.
GENERAL RUDENKO: Sie haben hier erklärt, daß Ihnen im Jahre 1944, nachdem das Gesetz abgeändert worden war, vorgeschlagen wurde, Mitglied der Nazi- Partei zu werden. Sie haben dieses Anerbieten angenommen, haben der Partei die nötigen Personalangaben gemacht und den Mitgliedsbeitrag gezahlt. Sagen Sie, als Sie der Aufforderung, in die Nazi-Partei einzutreten, Folge leisteten, soll man denn das nicht als eine Billigung Ihrerseits der Ziele, des Programms und der Methoden der Partei ansehen?
KEITEL: Ich habe die Aufforderung, meine Personalien zu geben, nachdem ich bereits drei oder vier Jahre Träger des Goldenen war, nur für eine Registrierung gehalten und die Aufforderung befolgt, einen Beitrag an die Partei zu leisten. Beides habe ich getan, und beides habe ich zugegeben.
GENERAL RUDENKO: Das heißt, bis zu dieser formellen Aufforderung haben Sie sich im Grunde schon als Nazi betrachtet?
KEITEL: Ich habe mich immer als ein Soldat betrachtet und nicht als politischer Soldat und nicht als Politiker.
GENERAL RUDENKO: Müßte man denn nicht nach allem, was hier gesagt worden ist, annehmen, daß Sie ein Hitler-General, und zwar nicht aus Pflicht, sondern aus Überzeugung waren?
KEITEL: Ich habe hier ausgesagt, daß ich ein loyaler und gehorsamer Soldat meines Führers war, und ich glaube nicht, daß es Generale in Rußland gibt, die nicht dem Marschall Stalin bedingungslos gehorchen.
GENERAL RUDENKO: Ich habe keine weiteren Fragen.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Angeklagter, erinnern Sie sich, daß Sie am 2. Oktober 1945 einen Brief an Oberst Amen geschrieben haben, in dem Sie Ihre Lage auseinandersetzten? Das war nach Ihrem Verhör. Sie haben diesen Brief in Ihrer freien Zeit geschrieben und legten darin Ihren Standpunkt dar. Erinnern Sie sich daran?
KEITEL: Ja, ich glaube, daß ich einen Brief geschrieben habe. An den Inhalt kann ich mich aber im Augenblick nicht mehr erinnern. Er bezog sich aber auf die Verhöre.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ja.
KEITEL: Und es war, glaube ich, eine Bitte darin, mir mehr Gelegenheit zu geben, über die Dinge nachzudenken, da ich durch die Überraschung der mir vorgehaltenen Fragen mich oft zunächst nicht zu erinnern wußte.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich möchte Sie an eine Stelle erinnern und Sie fragen, ob es Ihren Standpunkt richtig darlegt:
»Wenn ich diese undankbaren und schwierigen Aufgaben ausführte, mußte ich meine Pflicht tun unter den schwierigsten Kriegsverhältnissen, und oft handelte ich gegen meine innere Stimme und oft gegen meine eigene Meinung. Es war ein vollständiges Selbstverleugnen, um den wichtigen Aufgaben nachzukommen, die mein unmittelbarer Vorgesetzter Hitler mir aufgab.«
Erinnern Sie sich an diese Stelle?
KEITEL: Jawohl.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich möchte, daß Sie dem Gerichtshof sagen, was Ihrer Ansicht nach das Schlimmste war, als Sie so oft gegen Ihre innere Stimme handeln mußten. Nennen Sie uns einige der schlimmsten Fälle, als Sie gegen Ihre innere Stimme gehandelt haben.
KEITEL: In solche Lagen bin ich wohl recht häufig gekommen. Aber die entscheidenden Fragen, in denen meine innere Stimme und meine innere Überzeugung stark belastet wurde, waren die, die sich gegen meine über 37 Jahre lange Erziehung als deutscher Offizier gerichtet haben. Das war die Grundeinstellung meiner Person, die getroffen wurde.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich möchte, daß Sie es sagen, Angeklagter. Können Sie dem Gerichtshof die drei schlimmsten Dinge nennen, die Sie gegen Ihre innere Stimme tun mußten? Welches waren Ihrer Meinung nach die drei schlimmsten Dinge, die Sie tun mußten?
KEITEL: Vielleicht, von rückwärts angefangen, die Anordnungen, die gegeben waren für die Kriegführung im Osten, soweit sie den Gebräuchen der Kriegführung widersprachen. Ferner die Dinge, die auch die Englische Delegation insbesondere berühren, die Frage der fünfzig Royal Air Force-Offiziere; die Frage, die mich außerordentlich belastet hat, die Frage der Terrorflieger; aber wohl an der Spitze stehend der Nacht-und-Nebel-Erlaß in seiner tatsächlichen und später eingetretenen, mir unbekannten Auswirkung: Das waren wohl die schwersten Kämpfe, die ich mit mir durchgemacht habe.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wir werden die Nacht-und-Nebel-Verordnungen vornehmen.
Euer Lordschaft! Dieses Dokument und viele andere, auf die ich mich beziehen werde, sind im englischen Dokumentenbuch 7, Wilhelm Keitel und Alfred Jodl, auf Seite 279 enthalten. Es ist L-90, Beweisstück US-503.