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DR. HORN: Ich habe zum Schluß aus Ribbentrops Exhibit 159 auf Seite 317 des Dokumentenbuches einige Stellen verlesen und da kurz zusammengefaßt, worum es sich bei diesen Dokumenten handelt.
Dieses Dokument enthält den Wunsch der Polnischen Regierung gegenüber England, die Konsultation in Form einer konkreten Abmachung auszugestalten. Diese Abmachung kam auch zwischen dem 21. und 26. März zwischen England und Polen zustande. Im übrigen lief damit parallel eine Koalitionspolitik von Seiten Englands, wie durch die Dokumente 182 bis 186, die sich auf Seite 370 und folgende des Dokumentenbuches 5 befinden, bewiesen wird. Es handelt sich dabei, wie sich aus dem Dokument Nummer 182 ergibt, um folgende Staaten. Ich zitiere aus Dokument Nummer 182 auf Seite 6 von unten:
»Folgende Staaten sollen in der Garantiefrage zur Teilnahme aufgefordert worden sein: Rußland. Polen, Türkei und Jugoslawien. Es stehe einwandfrei fest« – so heißt es weiter –, »daß man sich nicht an Ungarn gewandt habe. Es sei Polen überlassen worden, mit Litauen, Estland und Lettland Fühlung aufzunehmen. Dasselbe gelte für die Türkei mit Bezug auf Griechenland.«
Zum Beweis dieser Koalitionspolitik beziehe ich mich weiter auf Dokument Nummer 185, auf Seite 372 des Dokumentenbuches. Es handelt sich hierbei um ein Telegramm des Deutschen Geschäftsträgers in London an das Auswärtige Amt. Ich darf daraus kurz ein paar Stellen verlesen. Sie lauten:
»Vorliegende Nachrichten zeigen deutlich, daß der mit Vortelegramm gemeldete englische Deklarationsplan praktisch in zwei Teile zerfällt.
Der erste Teil bezieht sich auf eine Garantie Belgiens, Hollands und der Schweiz.
Der zweite Teil bezweckt den Schutz der Oststaaten gegen eine Aggression. Dem Britischen Kabinett soll von militärischer Seite mitgeteilt worden sein, daß Rumänien wegen seiner Erdölquellen unbedingt vor deutschem militärischen Zugriff geschützt werden müsse.«
Auf denselben Gegenstand bezieht sich Ribbentrops Exhibit Nummer 116. Ich bitte das Gericht, dieses Dokument zur rechtlichen Kenntnisnahme zu nehmen, ohne daraus zu verlesen. Ebenso bitte ich um amtliche Kenntnisnahme des Dokuments Nummer 183, auf Seite 375 des Dokumentenbuches, das ich aus Zeitersparnis auch nicht verlese.
Auf Grund dieser Koalitionspolitik Englands, die gegen Deutschland gerichtet war, kam es zu dem Freundschafts- und Bündnispakt zwischen Deutschland und Italien vom 22. Mai 1939, der sich als Ribbentrops Exhibit Nummer 187 auf Seite 376 des Dokumentenbuches Ribbentrop befindet. Dieses Dokument bitte ich zur amtlichen Kenntnis zu nehmen, ohne daraus zu verlesen.
Die Folge des Paktes, des Garantieversprechens Englands an Polen, war, daß der Botschafter Lipski am 26. März 1939 anläßlich einer Unterredung mit Reichsminister des Auswärtigen von Ribbentrop erklärte – ich beziehe mich auf Ribbentrops Exhibit Nummer 162, wo es im dritten Absatz in der Mitte heißt:
»Herr Lipski entgegnete, er habe die unangenehme Pflicht, darauf hinzuweisen, daß jegliche weitere Verfolgung dieser deutschen Pläne, insbesondere soweit sie eine Rückkehr Danzigs zum Reich beträfen, den Krieg mit Polen bedeute.«
Ich bitte das Gericht, dieses Dokument zur amtlichen Kenntnis zu nehmen, ebenso das vorhergehende Dokument Ribbentrop Nummer 160, das sich auf Seite 320 des Dokumentenbuches befindet und sich noch auf die Konsultationen zwischen England und den vorerwähnten Regierungen bezieht.
Auf Grund dieser Erklärung, der eben verlesenen Erklärung Lipskis, daß eine weitere Verfolgung der Änderung des Status quo bezüglich Danzigs und des Korridors Krieg bedeute, erklärte der Reichsaußenminister am 27. März 1939 dem Polnischen Botschafter – ich zitiere wiederum aus Ribbentrops Exhibit Nummer 163, das sich auf Seite 335 des Dokumentenbuches befindet –, daß diese Einstellung Polens keine Basis für eine Regelung dieser Frage für Deutschland darstelle. Der entsprechende Passus ist der vorletzte Abschnitt auf Seite 2 dieses Dokuments, wo es heißt:
»Abschließend bemerkte der Herr Reichsaußenminister, er könne die Polnische Regierung nicht mehr verstehen. Auf den großzügigen Vorschlag, den Deutschland an Polen gemacht habe, sei eine ablehnende Antwort erfolgt. Jedenfalls könne der gestern vom Polnischen Botschafter überbrachte Vorschlag von Herrn Reichsaußenminister als keine Basis für eine Regelung der Fragen angesehen werden. Die Beziehungen beider Länder entwickelten sich daher stark abschüssig.«
Ich bitte das Gericht, dieses Dokument zur amtlichen Kenntnis zu nehmen.
Zum Beweis dafür, daß dieser englisch-polnische Garantievertrag eindeutig gegen Deutschland gerichtet war, unterbreite ich dem Gericht als Beweisstück Ribbentrops Exhibit Nummer 164, das sich auf Seite 338 des Dokumentenbuches befindet. Ich darf daraus die zwei letzten Zeilen verlesen, wo es heißt:
»... daß das Abkommen nur den Fall eines Angriffs durch Deutschland decken sollte. Die Polnische Regierung bestätigt, daß dies zutrifft.«
Ich bitte, auch dieses Dokument zur amtlichen Kenntnis zu nehmen.
Die Folge des englisch-polnischen Vertrags vom 6. April 1939, der bereits von der Staatsanwaltschaft als TC-72 vorgelegt ist und sich noch einmal in meinem Dokumentenbuch auf Seite 337 befindet, war die Kündigung des deutsch-polnischen Vertrags vom 26. Januar 1934, da Deutschland der Überzeugung war, daß die englisch-polnische Garantieerklärung im Widerspruch zum Geiste dieses Vertrags stehe.
In der Folgezeit kam es zu einer Reihe von Ausschreitungen gegen die deutschen Minderheiten in Polen. Die sich darauf beziehenden Dokumente befinden sich in meinem Dokumentenbuch unter Nummer 165 bis 181. Ich bitte das Gericht, diese Nummern zur amtlichen Kenntnis zu nehmen, und darf mich aus Zeitgründen auf einige ganz wenige Auszüge beschränken.
Ich verweise auf Ribbentrops Exhibit Nummer 166, aus dem hervorgeht, daß es zu schweren Zwischenfällen in Pommerellen, Njevo und Bromberg kam. Ferner darf ich mich auf Ribbentrops Exhibit Nummer 167, auf Seite 353 des Dokumentenbuches beziehen. Aus diesem Dokument geht hervor, daß in den letzten Tagen ein öffentlicher Aufruf verbreitet wurde in Warschau, der ausdrücklich zum Boykott des deutschen Handels und Handwerks aufrief.
Ferner darf ich mich zum Beweis für meine Behauptung auf Ribbentrops Exhibit Nummer 180 beziehen, das sich auf Seite 368 des Ribbentrop-Dokumentenbuches befindet. Ich darf diesen kurzen Bericht verlesen. Er lautet:
»Dem Auswärtigen Amt sind in den letzten Monaten dauernd Berichte der deutschen Konsulate in Polen zugegangen über grausame Mißhandlungen, denen die Volksdeutschen durch die in immer zunehmendem Maße aufgehetzten und in ihrem Fanatismus völlig hemmungslosen Polen ausgesetzt sind. In der Anlage sind 38 besonders schwerwiegende Fälle zusammengestellt.«
Aus Dokument Nummer 181 auf Seite 369 des Dokumentenbuches ergibt sich, daß diese Ausschreitungen sogar mit Kenntnis und unter dem Schutze polnischer Staatsmänner und höchster Beamten stattfanden.
Ich beziehe mich zum Beweise darauf auf das Dokument 181. Aus Zeitgründen verlese ich auch daraus nicht, sondern bitte das Gericht, es nur zur amtlichen Kenntnis zu nehmen.
Anfangs August 1939 kam es in den deutsch-polnischen Beziehungen zu einer akuten Krise. Zum Beweis dafür lege ich Ribbentrops Exhibit Nummer 188 vor, das sich auf Seite 381 meines Dokumentenbuches befindet.
Der Anlaß war an sich geringfügig. Es handelt sich um den Streit bezüglich der Amtsausübung der Zollinspektoren an der Danziger Grenze. Auf Grund dieses Streites erhoben der diplomatische Vertreter der Republik Polen in Danzig Protest beim Präsidenten des Senats der Freien Stadt Danzig. Dieser Protest ist in Ribbentrops Exhibit Nummer 188 enthalten. Er enthielt eine ultimative Forderung, wie sich aus Absatz 3 dieses Dokuments ergibt.
Darauf erwiderte am 7. August der damalige Präsident der Freien Stadt Danzig, wie aus Ribbentrops Exhibit Nummer 189 hervorgeht. Ich bitte, auch dieses Dokument zur amtlichen Kenntnis zu nehmen.
In Ribbentrops Exhibit Nummer 190 auf Seite 383 warnt die Reichsregierung Polen vor ultimativen Forderungen. Ich bitte, auch dieses Dokument zur amtlichen Kenntnis zu nehmen, ohne daß ich daraus verlese.
Als nächstes Dokument lege ich Ribbentrops Exhibit Nummer 192 vor, das sich auf Seite 385 des Dokumentenbuches befindet. Es enthält eine Mitteilung des Unterstaatssekretärs im polnischen Außenministerium an den Deutschen Geschäftsträger in Warschau und ist vom 10. August 1939 datiert. Aus diesem Dokument, aus den beiden letzten Zeilen, ergibt sich, daß Polen jede Einmischung der Reichsregierung zum Schaden der Danziger Rechte als Angriffshandlung ansehen wird. Durch diese Noten war eine neue Schärfe in die deutsch-polnischen Verhältnisse hineingetragen worden.
Die Reichsregierung und ihre Organe haben sich in der Folgezeit bemüht, einen drohenden Konflikt abzuwenden. Zum Beweis dafür lege ich Ribbentrops Exhibit Nummer 193, das sich auf Seite 404 des Dokumentenbuches befindet, dem Gericht zur amtlichen Kenntnisnahme vor. Es handelt sich um eine Aufzeichnung des Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes über – sie befindet sich im Dokumentenbuch Nummer 6 auf Seite 404 des Dokumentenbuches –; es handelt sich dabei um eine Aufzeichnung über einen Besuch des Französischen Botschafters bei dem Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Weizsäcker. In dieser Unterhaltung betonte der damalige Staatssekretär Weizsäcker, daß Deutschland nichts dringlicher wünsche als einen Ausgleich der deutsch-polnischen Beziehungen, besonders hinsichtlich Danzigs.
Auch der Französische Botschafter versicherte die Mithilfe seiner Regierung bei diesen Bemühungen. Ich bitte das Gericht, dieses Dokument Ribbentrops Exhibit Nummer 193 und auch das folgende Dokument, Ribbentrops Exhibit Nummer 194 auf Seite 406 des Dokumentenbuches zur amtlichen Kenntnis zu nehmen.
Bei dem letzteren Dokument handelt es sich um eine Aussprache des Staatssekretärs mit dem Britischen Botschafter Sir Nevile Henderson, in dem der deutsche Staatssekretär den Ernst der Lage klarlegte. Ich verlese auf Seite 1 dieses Dokuments Absatz 3, auf Zeile 5 folgenden Satz, der die Lage charakterisiert:
»Danzig mache nichts anderes, als daß es sich gegen seinen Beschützer schütze.«
Im übrigen verwies der Staatssekretär darauf, daß nunmehr die Lage hinsichtlich Danzigs aufs äußerste gespannt sei.
Als nächstes Dokument beziehe ich mich auf Ribbentrops Exhibit Nummer 195, das sich auf Seite 408 beziehungsweise 415 des Dokumentenbuches befindet. Dieses Dokument nimmt Bezug auf eine Besprechung zwischen Hitler und dem Botschafter Henderson vom 23. August 1939.
Diese Besprechung befindet sich als Ribbentrops Exhibit Nummer 199 auf Seite 422 des Ribbentropschen Dokumentenbuches. Ich bitte, auch dieses Dokument zur amtlichen Kenntnis zu nehmen, und darf, um den Inhalt dieser Besprechung kurz darzustellen, auf Seite 4 dieses Dokuments verweisen, wo es heißt:
»Er verwies nochmals auf die Frage von Danzig und Polen, bei der England den Standpunkt einnahm: ›Lieber Krieg als etwas zum Vorteil Deutschlands‹.«
Und der übernächste Absatz lautet:
»Der Führer stellte fest, daß die Tatsache, daß England sich in der Danziger Frage gegen Deutschland gestellt hätte, das deutsche Volk tief erschüttert habe.
Henderson wandte ein, man habe sich nur gegen den Grundsatz der Gewalt gestellt, worauf ihm der Führer entgegenhielt, ob etwa England für irgendeine der Versailler Idiotien jemals eine Lösung auf dem Verhandlungswege gefunden habe.
Der Botschafter hatte hierauf nichts zu entgegnen und der Führer stellte fest, daß nach einem deutschen Sprichwort zum Lieben immer zwei gehören.«
Auf Grund dieser gespannten Beziehungen schrieb am 22. August 1939 der damalige Premierminister Chamberlain an Hitler direkt. Dieser Brief befindet sich als Ribbentrops Beweisstück Nummer 200 auf Seite 426 des Dokumentenbuches. Ich bitte, auch dieses Dokument zur amtlichen Kenntnis zu nehmen.
Das nächste Dokument, Ribbentrops Beweisstück Nummer 201, enthält die Antwort Hitlers an den britischen Premierminister Chamberlain.
Am 25. August 1939 kam es noch einmal zu einer Zusammenkunft zwischen Hitler und dem Botschafter Sir Nevile Henderson. Diese Zusammenkunft ist zusammengefaßt in Ribbentrops Beweisstück Nummer 202, das sich auf Seite 431 des Ribbentropschen Dokumentenbuches befindet. Ich darf auf Absatz 5 verweisen, wo Hitler nochmals betont:
»Das Problem Danzig und Korridor müsse gelöst werden.«
Und auf der nächsten Seite im dritten Absatz auf Seite 2 sagt Hitler:
»Er ist aber bereit und entschlossen, nach der Lösung dieses Problems noch einmal an England mit einem gro ßen umfassenden Angebot heranzutreten.«
Dieses Angebot ist in demselben Dokument 202 eingehendst präzisiert.
Über diese Besprechung trug Henderson in seinem Tagebuch, wie aus Ribbentrops Exhibit Nummer 195 auf Seite 415 hervorgeht, folgendes ein.
Er bezieht sich dabei auf diese zuletzt erwähnte Unterredung vom 25. August 1939.
»Meine Unterredung«, sagte Henderson, »mit Hitler, welcher Herr von Ribbentrop und Dr. Schmidt beiwohnten, dauerte bei dieser Gelegenheit über eine Stunde. Der Kanzler sprach mit Ruhe und augenscheinlicher Aufrichtigkeit. Er beschrieb seine Vorschläge als eine letzte gewissenhafte Anstrengung, um gute Beziehungen mit England sicherzustellen, und schlug vor, daß ich selbst damit nach London fliegen sollte.«
Und unter Nummer 8 auf der gleichen Seite 415 fährt Henderson fort:.
»Was auch immer das zugrundeliegende Motiv dieses endgültigen Anerbietens von Seiten des Kanzlers gewesen sein mag, es war solcherart, daß man es nicht unbeachtet lassen konnte.«
Als nächstes Dokument, das einen eingehenden Verlauf der Krise und der Ereignisse gibt, die zum Kriegsausbruch führten, beziehe ich mich auf Ribbentrops Exhibit Nummer 208, auf Seite 451 des Dokumentenbuches. Ich bitte, soweit ich daraus nicht verlese, das gesamte Dokument zur amtlichen Kenntnis zu nehmen.
Aus dem ersten Auszug dieses Dokuments, das ein Telegramm von Lord Halifax an Sir Kennard in Warschau darstellt, geht folgendes hervor. Ich zitiere wörtlich:
»Die von uns vorgeschlagene Antwort an Herrn Hitler machte eine klare Unterscheidung zwischen dem Wege, auf dem eine Einigung in den deutsch-polnischen Streitfragen erreicht werden kann, und der Art der Lösung, die erzielt werden soll. Was den Weg anlangt, möchten wir klar zum Ausdruck bringen, daß unserer Ansicht nach direkte Verhandlungen zwischen den Beteiligten auf gleicher Grundlage uns das Richtige zu sein scheint.«
Diese Aufforderung zu direkten Verhandlungen bildet einen wesentlichen Bestandteil der kommenden Ereignisse.
Unter Nummer 5 des gleichen Dokuments auf Seite 452 des Dokumentenbuches heißt es weiter:
»Da die Polnische Regierung in ihrer Antwort an Präsident Roosevelt den Gedanken der unmittelbaren Verhandlungen Offenbar gutheißt, hofft die Regierung Seiner Majestät zuversichtlich, daß die Polnische Regierung mit Rücksicht auf die im vorangehenden Absatz dargelegten Erwägungen sie ermächtigen wird, die Deutsche Regierung davon zu verständigen, daß Polen bereit ist, sofort direkte Verhandlungen mit Deutschland aufzunehmen.«
In folgendem Dokument, das sich auf der gleichen Seite des Dokumentenbuches unter der gleichen Nummer befindet, das ein Telegramm von Sir Nevile Henderson an Lord Halifax darstellt, abgeschickt am 29. August 1939, wird noch einmal die Vermittlung Großbritanniens klargestellt. Unter Nummer 3 dieses Dokuments heißt es:
»Die Note bemerkt, daß die deutschen Vorschläge niemals die Beeinträchtigung polnischer Lebensinteressen zum Gegenstand hatten und erklärt, daß die Deutsche Regierung die Vermittlung Großbritanniens im Hinblick auf den Besuch eines polnischen Bevollmächtigten in Berlin annimmt. Die Deutsche Regierung, fügt die Note hinzu, rechnet auf die Ankunft eines solchen Bevollmächtigten am morgigen Tage, Mittwoch, den 30. August.
Ich bemerkte, daß diese Wendung wie ein Ultimatum klinge, aber nach einigen erregten Bemerkungen versicherten Herr Hitler und Herr von Ribbentrop mir, daß lediglich beabsichtigt war, die Dringlichkeit des Augenblicks zu betonen, in dem die beiden voll mobilisierten Heere einander gegenüberstanden.«
Diese Vorschläge, die ich bereits vorhin in einem besonderen Exhibit vorgelegt habe, hatten folgende Resonanz in England. Ich verlese von Seite 453 des Ribbentropschen Dokumentenbuches ein Telegramm von Lord Halifax an Sir Nevile Henderson vom 30. August 1939, wo es heißt:
»Wir werden die Antwort der Deutschen Regierung sorgfältig erwägen, aber es ist natürlich unvernünftig, zu erwarten, daß wir heute einen polnischen Vertreter in Berlin erscheinen lassen können, und die Deutsche Regierung darf das nicht erwarten.«
Inzwischen hatte sich die Lage so verschärft, daß Sir Nevile Henderson wohl keinen Erfolg der englischen Vermittlung mehr als gegeben ansah, das geht aus dem gleichen Dokument auf Seite 454 hervor. Es handelt sich hier um ein Telegramm Sir Nevile Hendersons an Lord Halifax. Ich verlese daraus, lediglich um Zeit zu sparen, eine kurze Stelle unter Nummer 3:
»Ich bin zwar immer noch dafür, daß die Polnische Regierung in den sauren Apfel dieses Versuchs in elfter Stunde beißen solle und unmittelbare Beziehungen mit Herrn Hitler herstellen, wenn auch nur, um die Welt zu überzeugen, daß sie bereit war, ihrerseits ein Opfer für die Erhaltung des Friedens zu bringen.«
Die Polnische Regierung schien indessen nicht gewillt zu sein, in direkte Verhandlungen einzutreten, dies ergibt sich aus dem gleichen Dokument auf Seite 455. Ich verlese daraus nur die ersten drei Zeilen. Es handelt sich um ein Telegramm des Britischen Botschafters an Lord Halifax. Dort heißt es:
»Ich bin überzeugt, daß es unmöglich ist, die Polnische Regierung dazu zu bringen, sofort M. Beck oder einen anderen Vertreter nach Berlin zu schicken.«
In dem gleichen Telegramm betont der Englische Botschafter unter 4:
»Ich werde natürlich der Polnischen Regierung gegen über keine Meinungsäußerung abgeben, noch werde ich ihr Herrn Hitlers Antwort mitteilen, bis ich meine Instruktionen empfangen habe, was hoffentlich unverzüglich geschehen wird.«
Durch diese Nichtweitergabe der deutschen Vorschläge an die Polnische Regierung wurden die direkten Verhandlungen vereitelt. Zum Beweis dafür, daß auch die Polnische Regierung nicht die Absicht hatte, diese direkten Verhandlungen aufzunehmen, beziehe ich mich auf Seite 465 des gleichen Dokuments, wo – es handelt sich um ein Telegramm von Lord Halifax an Sir Kennard in Warschau –, wo er noch einmal den dortigen Botschafter auffordert, die Polnische Regierung zu direkten Verhandlungen zu bewegen. Ich werde aus diesem Dokument nichts verlesen, sondern nur aus dem nächsten Dokument auf Seite 466, das auch einen Auszug aus dem englischen Blaubuch darstellt. Die Reaktion Polens Es handelt sich um ein Telegramm Sir Kennards an Lord Halifax vom 31. August 1939. Ich darf die drei ersten Absätze dieses Dokuments verlesen. Aus diesen Absätzen geht klar die Einstellung Polens zur Möglichkeit direkter Verhandlungen hervor. Es heißt dort wörtlich:
»Herr Beck hat mir soeben schriftlich die polnische Antwort auf meine Demarche der letzten Nacht ausgehändigt.«
Der zweite Absatz lautet:
»Ich frug Herrn Beck, welche Schritte er zu ergreifen beabsichtige, um Kontakt mit der Deutschen Regierung herzustellen. Er erwiderte, daß er Herrn Lipski nun beauftragen würde, um ein Interview entweder mit dem Außenminister oder dem Staatssekretär nachzusuchen, um mitzuteilen, daß Polen die britischen Vorschläge angenommen hätte. Ich drängte ihn, dies ohne jede Verzögerung zu tun.
Ich frug ihn dann, welche Stellung der Polnische Gesandte einnehmen würde, wenn Herr von Ribbentrop oder irgendwelche andere Person, mit der er sprechen würde, ihm die deutschen Vorschläge aushändigt. Er sagte, daß Herr Lipski nicht bevollmächtigt würde, ein solches Dokument anzunehmen, da im Hinblick auf frühere Erfahrungen es von irgendwelcher Art von Ultimatum begleitet sein könnte.«
Aus diesem Auszug des englischen Blaubuches ergibt sich, daß von Polen aus sämtliche Möglichkeiten einer Klärung der Danziger und der Minoritätenfrage abgelehnt wurden. Auf diese Weise war es der Deutschen Regierung und auch der Englischen Regierung nicht mehr möglich, mit Polen weiter über diese Frage ins Gespräch zu kommen. Zum Beweise über weitere Bemühungen unterbreite ich dem Gerichtshof noch Ribbentrops Exhibit Nummer 209 auf Seite 494. Ich bitte, dieses Dokument zur amtlichen Kenntnis zu nehmen, ohne daß ich daraus etwas verlese, und Ribbentrops Exhibit Nummer 210, das ich ebenfalls unverlesen dem Gerichtshof zur amtlichen Kenntnis überreiche. Als nächstes Dokument überreiche ich Ribbentrops Exhibit Nummer 213, das sich auf Seite 504 b meines Dokumentenbuches befindet. Dieses letzte Dokument ist eine amtliche deutsche Darstellung über den Verhandlungsinhalt und die Verhandlungsgrundlagen während der Zeit der polnisch-deutschen Krise. Infolge der Verhinderung Polens, mit Deutschland ins Gespräch zu kommen über die Danziger und Korridorfrage, kam es dann zwischen beiden Völkern zum Krieg.
Ich werde in meinem Plädoyer zur rechtlichen Seite dieses Krieges, zur völkerrechtlichen Natur dieses Krieges, eingehend Stellung nehmen. Ich darf heute nur feststellen, daß das Fehlen einer jeglichen wirkungsvollen internationalen Institution zur Abänderung eines unerträglich gewordenen Status quo der letzte Grund gewesen ist, der zum Kriegsausbruch im Jahre 1939 führte.
Ich darf dem Gericht als nächsten Komplex die Dokumente unterbreiten, die sich auf die Besetzung Dänemarks und Norwegens durch Deutschland beziehen. Es handelt sich um die Dokumente Ribbentrops Exhibit Nummer 216 a auf Seite 509 des Dokumentenbuches, 216 b und 217. Ich bitte das Gericht, diese Dokumente zur amtlichen Kenntnis zu nehmen. Im übrigen beziehe ich mich hinsichtlich von Beweisstücken und der tatsächlichen Vorgänge auf die Ausführungen und die Dokumente, die mein Kollege Dr. Siemers im Falle Raeder dem Gericht unterbreiten wird. Als nächsten Dokumentenkomplex lege ich dem Gericht die Dokumente vor, die sich auf die Besetzung Hollands und Belgiens beziehen. Es handelt sich um die Dokumente Nummer 218 und folgende, die sich auf Seite 518 des Dokumentenbuches befinden. Diese Dokumente sind enthalten im Dokumentenbuch Nummer 7. Zur Begründung des deutschen Standpunktes darf ich aus Ribbentrops Exhibit Nummer 218, das sich auf Seite 518 des Dokumentenbuches befindet, kurz folgende Absätze verlesen. Absatz 2:
»Wie der Reichsregierung seit langem bekannt ist, ist das wahre Ziel Englands und Frankreichs der sorgsam vorbereitete und nunmehr unmittelbar bevorstehende Angriff gegen Deutschland im Westen, um über belgisches und niederländisches Gebiet nach dem Ruhrgebiet vorzustoßen.
Deutschland hat die Integrität Belgiens und der Niederlande anerkannt und respektiert unter der selbstverständlichen Voraussetzung, daß diese beiden Länder im Falle eines Krieges zwischen Deutschland und England-Frankreich die strikteste Neutralität bewahren würden.
Belgien und die Niederlande haben diese Bedingung nicht erfüllt.«
Auf Seite 2 des gleichen Dokuments unter 8 wird auf die Beweismittel verwiesen, die damals der Deutschen Regierung schon bekannt geworden waren, und die ich im folgenden vorlegen werde zum Beweis eben verlesener Behauptungen. Es heißt dort wörtlich:
»Unterlagen, die der Reichsregierung vorliegen, beweisen, daß die Vorbereitungen Englands und Frankreichs auf belgischem und niederländischem Gebiet für ihren Angriff gegen Deutschland bereits weitgehend fortgeschritten sind.
So sind bereits seit längerer Zeit im geheimen alle Hindernisse an der belgischen Grenze nach Frankreich, die einem Einmarsch der englisch-französischen Angriffsarmee entgegenstehen könnten, fortgeräumt. Flugplätze in Belgien und den Niederlanden sind von englischen und französischen Offizieren erkundet und ihr Ausbau veranlaßt worden. Transportmaterial wurde von Belgien an der Grenze bereitgestellt, und seit kürzer Zeit sind Vorkommandos von Stäben und Truppenteilen der englisch-französischen Armee in verschiedenen Teilen Belgiens und der Niederlande angekommen. Diese Tatsachen und weitere Meldungen, die sich in den letzten Tagen häufen, erbringen den einwandfreien Beweis, daß der englisch-französische Angriff gegen Deutschland unmittelbar bevorsteht, und daß dieser Vorstoß an die Ruhr über Belgien und die Niederlande erfolgen wird.«
Zum Beweis dieser Behauptungen darf ich mich auf die Dokumente unter Ribbentrops Exhibit Nummer 221 bis 229 beziehen, die ich dem Gericht zur amtlichen Kenntnisnahme anbiete. Sie enthalten die englisch-französischen Planungen zur Vorbereitung der Neutralitätsverletzungen von Holland und Belgien im Einvernehmen mit diesen Ländern.
VORSITZENDER: Dr. Horn! Der Gerichtshof muß sich um fünf Uhr zu einer geschlossenen Sitzung zurückziehen, und ich hoffe, daß Sie bis dahin die Prüfung dieser Dokumente beendet haben.
DR. HORN: Jawohl, Herr Präsident! Um Zeit zu sparen, werde ich nur kurz angeben, worum es sich bei diesen Dokumenten handelt.
Unter Ribbentrops Exhibit Nummer 221 handelt es sich um den Beweis einer beabsichtigten Intervention in Belgien. Es ist dies ein Bericht des Militärattachés der Französischen Botschaft in London, des Generals Lelong, an den Chef des Französischen Großen Generalstabs der Landesverteidigung. Das Dokument lautet – ich darf einen kurzen Absatz daraus verlesen:
»Intervention in Belgien. Die Britische Delegation hat sogleich anerkannt, wie ungewiß die Bedingungen unserer eventuellen Intervention in Belgien sind. Es wurde vorgesehen, daß wir – mit dem Vorbehalt, eine Begegnungsschlacht in den belgischen Ebenen zu vermeiden – die Organisation unserer Verteidigung mindestens an der belgischen Schelde und bestenfalls am Albert-Kanal in Aussicht nehmen müssen.
Auf Wunsch der Britischen Delegation ist in Betracht gezogen worden:
1. Die Möglichkeit einer Intervention in einer Stellung Antwerpen-Brüssel-Namur, für den Fall, daß es möglich wäre, eine solche Stellung rechtzeitig zu orga nisieren.
2. Die Bedeutung des Besitzes des belgischen und holländischen Staatsgebietes als Ausgangsbasis für eine Aufnahme der Offensive gegen Deutschland.«
Um Zeit zu sparen, werde ich keine weiteren Dokumente aus diesem Fragenkomplex vorlesen. Ich bitte nur das Gericht, noch Ribbentrops Exhibit Nummer 219 auf Seite 521 des Dokumentenbuches, es ist dies ein Memorandum der Deutschen Reichsregierung an die Luxemburgische Regierung vom 9. Mai 1940, und Ribbentrops Exhibit Nummer 220 zur amtlichen Kenntnis zu nehmen, damit ich mich in meinem Plädoyer darauf beziehen kann. Ferner bitte ich um amtliche Kenntnisnahme der Dokumente 230, 230a, 231, 231a, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 239, 240, 241, 242, 243, 244 und 245. Auch hier handelt es sich wieder um Dokumente, die dem französischen Generalstab entstammen und den einwandfreien Beweis liefern, daß von Seiten Englands und Frankreichs bereits vor dem 9. Mai 1940 eingehende Pläne zu einer militärischen Zusammenarbeit ausgearbeitet waren, und daß sich bereits englische und amerikanische Vorkommandos1 auf holländischem und belgischem Gebiet befanden, ehe die deutschen Truppen die Grenze überschritten. Damit schließt dieser Komplex, und ich komme nunmehr zu den Urkunden, die ich dem Gericht bezüglich der Besetzung von Jugoslawien und Griechenland vorzulegen beabsichtige. Es handelt sich um die Dokumente Nummer 272 und folgende, die sich auf Seite 604 und folgende des Dokumentenbuches befinden. Auch hier handelt es sich wieder um Dokumente, die zum Teil aus französischen Generalstabsunterlagen bestehen. Das erste Dokument dieser Art ist das Dokument Ribbentrops Exhibit Nummer 272, das eine Note der Deutschen Reichsregierung an die Jugoslawische Regierung vom März 1941 darstellt. Es handelt sich um den Beitritt Jugoslawiens zum Dreimächte-Pakt. Aus diesem Dokument geht hervor, daß Deutschland und die Achsenmächte überhaupt nicht beabsichtigten, während des Krieges Forderungen an Jugoslawien zu richten, vor allem bezüglich des Durchmarsches oder Transportes von Truppen durch das jugoslawische Staatsgebiet. Ribbentrops Exhibit Nummer 273 und 274 enthält das Protokoll über den Beitritt Jugoslawiens zum Dreimächte-Pakt vom 25. März 1941, und eine damit im Zusammenhang stehende Note der Reichsregierung an die Jugoslawische Regierung. Unter Ribbentrops Exhibit Nummer 277 überreiche ich dem Gericht eine Note der Reichsregierung an die Griechische Regierung, die dieser Regierung übermittelt wurde nach Besetzung griechischen Bodens durch englische Truppen. Ich darf daraus auf Seite 3 lediglich folgenden Satz verlesen:
»In den letzten Tagen aber ist Griechenland nunmehr offen zum Operationsgebiet der englischen Streitkräfte geworden.«
Als Ribbentrops Exhibit Nummer 278 überreiche ich dem Gericht eine amtliche Erklärung der Reichsregierung vom 6. April 1941, die an Jugoslawien und Griechenland gerichtet ist. In dieser Note werden die Gründe wiedergegeben, die nach dem Simowitsch- Putsch zum militärischen Vorgehen Deutschlands gegen Jugoslawien geführt haben. Diese Gründe sind auf Seite 4 dieses Dokuments zusammengefaßt. Zum Beweis, daß die darin enthaltenen Behauptungen wahr sind, beziehe ich mich auf die sogenannten Charitéakten, das sind die Akten des französischen Generalstabs.
Damit beende ich den Komplex Jugoslawien und Griechenland, darf dazu noch bemerken, daß ich mich auch hier wieder auf die weiteren Beweisunterlagen beziehen werde, die mein Kollege Dr. Siemers im Falle Raeder auch bezüglich des deutschen Vorgehens gegen Griechenland dem Gerichtshof vorlegen wird. Die nächste Dokumentengruppe bezieht sich auf Rußland. Es sind dies die Dokumente Ribbentrops Exhibit Nummer 279 und folgende, die sich auf Seite 619 und folgende des Dokumentenbuches befinden. Ich bitte, die Nummern 279, 280, 282, 283, 284 zur amtlichen Kenntnis zu nehmen. Ich werde mich in meinem Plädoyer auf diese Urkunden dann weiter beziehen. Als letzten Urkundenkomplex lege ich die Urkunden vor, die sich auf die Anklagen gegen den Angeklagten Ribbentrop bezüglich des Antikomintern- Paktes und seiner Politik gegenüber Japan und den USA beziehen.
Das erste Dokument dieser Art ist Ribbentrops Exhibit Nummer 291. Es enthält dies Seite 652 des Dokumentenbuches. Dieses Dokument gibt den Wortlaut des Antikomintern-Paktes wieder.
Ribbentrops Exhibit Nummer 281 stellt die Erweiterung des Antikomintern-Paktes, den Dreimächte- Pakt vom 27. September 1940 dar.
Ich unterbreite diese Urkunde dem Gericht zum Beweis dafür, daß von Ribbentrop und die Reichsregierung sich bemüht haben, durch diese Politik die USA aus dem Kriege herauszuhalten.
Trotz dieser Politik kam es zu einer aktiven Unterstützung unserer Gegner durch die USA.
Zum Beweis dafür beziehe ich mich auf die Dokumente Ribbentrops Exhibit Nummer 306, Ribbentrops Exhibit Nummer 308, die Sie auf Seite 700 und 702 und folgende des Dokumentenbuches finden. Mit diesen Dokumenten habe ich dem Gericht die letzten Dokumente unterbreitet, die sich auf die deutsche Außenpolitik während der Jahre der Außenministerschaft des Angeklagten von Ribbentrop beziehen.
Zum Schluß darf ich noch kurz auf Rippentrops Exhibit Nummer 313 Bezug nehmen. Es handelt sich um eine eidesstattliche Versicherung des Legationsrats Bernd Gottfriedsen. Diese eidesstattliche Versicherung hat zwar nichts mit dem Angriffskrieg zu tun, bezieht sich aber auf Fragen, die von der Anklage im Zusammenhang mit der Angelegenheit von Ribbentrop vorgetragen worden sind, und zwar enthält dieses Affidavit Angaben über die Grundbesitzverhältnisse des Angeklagten von Ribbentrop und über seinen Kunstbesitz.
Ich darf darauf aufmerksam machen, daß Legationsrat Gottfriedsen, wie im Affidavit angegeben ist, die finanziellen Angelegenheiten des Auswärtigen Amtes und insbesondere des Reichsministers verwaltete.
Ich darf in diesem Zusammenhang einen kurzen Abschnitt daraus vorlesen, der sich unter Frage 5 befindet:
Auf die Frage, wie verhält es sich mit von Ribbentrops Kunstbesitz, antwortete Legationsrat Gottfriedsen wie folgt:
»Herr von Ribbentrop war ein vermögender Mann, ehe er in das diplomatische Leben eintrat. Er hat während der Zeit seiner Tätigkeit in dem oben geschilderten Referat einige Bilder erworben, zum größten Teil auf dem Kunstmarkt in Deutschland selbst. Sämtliche dieser Bilder wurden ordnungsgemäß, und vor allem zu ordnungsgemäßen Preisen erworben, selbstverständlich aus Privatmitteln des Reichsaußenministers. Während der Zeit seiner Außenministerschaft hat Herr von Ribbentrop für Ausstattungszwecke des Auswärtigen Amtes und deutscher Missionen im Ausland Kunstgegenstände erworben, die Staatsbesitz wurden und entsprechende Verwendung fanden. Alle diese Kunstgegenstände wurden katalogisiert und als Inventar verbucht. Es wurden keine ausländischen Kunstgegenstände unrechtmäßigerweise, das heißt durch Repressalien et cetera erworben. Auch Herrn von Ribbentrops private Kunstgegenstände wurden katalogisiert und die Gegenstände selbst von mir eindeutig gekennzeichnet.«
Ich überspringe nun einen Absatz und verlese den Rest des Affidavits, der lautet:
»Während des Krieges hat er aus keinem der von deutschen Truppen besetzten Gebiete Kunstgegenstände unrechtmäßig, sei es für sich privat oder für das Auswärtige Amt oder für das Reich, erworben.«
Ich darf noch anführen, daß Legationsrat Gottfriedsen auch über die private Vermögensgebarung des Angeklagten von Ribbentrop eingehend unterrichtet ist, und zusammen mit einem vereidigten Bücherrevisor die jährlichen Aufstellungen Ribbentrops für Steuern und für seine Inventur gemacht hat.
Zum Schluß darf ich noch einen Abschnitt aus einer eidesstattlichen Versicherung, die unter Ribbentrops Exhibit Nummer 317 im Dokumentenbuch auf Seite 749 und folgende enthalten ist, verlesen. Es ist dies ein Affidavit von Frau von Ribbentrop, das sie vor einem Nürnberger Notar abgegeben hat. Es bezieht sich auf Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, die im Zusammenhang mit Ribbentrops Rußlandpolitik erhoben worden sind. Ich verlese daraus wie folgt:
»Im Jahre 1940 hatten wir im Auswärtigen Amt (Dienstwohnung) einen nur sehr unzureichenden Luftschutzkeller. Bei Luftangriffen benutzten wir infolgedessen auf Anordnung Adolf Hitlers den Luftschutzkeller der Reichskanzlei, da er Gewicht darauf legte, daß mein Mann in seiner Eigenschaft als Reichsaußenminister und die Akten des Auswärtigen Amtes luftschutzsicher geborgen seien. Ich erwartete damals mein jüngstes Kind, das am 19. Dezember 1940 zur Welt kam und kann mich daher an einen kurz vor diesem Ereignis liegenden Fliegerangriff noch genau erinnern, der uns veranlaßte, den Luftschutzkeller der Reichskanzlei aufzusuchen. Bei dieser Gelegenheit war auch Adolf Hitler anwesend und kam in unseren Luftschutzraum. Er, mein Mann, und ich saßen an einem Tisch dieses Raumes. Im Verlaufe unseres Aufenthalts machte mein Mann lange Ausführungen über seine Bemühungen, Rußland in den Dreier-Pakt hereinzubekommen. Er entwickelte die Möglichkeiten einer solchen diplomatischen Aktion und seine Gedankengänge, wie er sich den Abschluß eines solchen Paktes denke. Ich weiß noch genau, daß Adolf Hitler die Unterhaltung mit den Worten abschloß: ›Ribbentrop, warum sollen wir das nicht auch fertigbringen, wo wir schon so viel fertiggebracht haben.‹
Mein Mann hat seine Ausführungen mit großem Elan und großer Eindringlichkeit gemacht. Nach Schluß seiner Ausführungen fiel mir auf, daß Adolf Hitler, der die Ausführungen meines Mannes ohne sachliche Einwürfe entgegengenommen hatte, scheinbar etwas geistesabwesend war, so daß ich den Eindruck bekam, als ob die Ausführungen meines Mannes keinen überzeugenden Eindruck gemacht hätten.«
Ich habe diese eidesstattliche Versicherung vorgelegt, um zu beweisen, daß Ribbentrop um diese Zeit sich noch ernstlich bemüht hat, mit Rußland einen Konflikt zu vermeiden.
Damit beende ich die Vorlage der Entlastungsdokumente der Verteidigung des Angeklagten von Ribbentrop.
VORSITZENDER: Sir David! Können Sie uns mitteilen, wie weit Sie sich mit Dr. Thoma über seine Dokumente, die Rosenberg-Dokumente, verständigt haben?
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Herr Vorsitzender! Die Amerikanische, die Sowjetrussische und die Französische Delegation behandeln den Fall Rosenberg.
VORSITZENDER: Vielleicht kann Herr Dodd es uns sagen?
MR. DODD: Hauptmann Krieger von unserem Stab hat sich mit Dr. Thoma beraten und wird sich auch weiterhin bemühen, das vom Gerichtshof festgelegte Verfahren einzuhalten.
VORSITZENDER: Ja.
MR. DODD: Da wir gerade über dieses Thema sprechen, möchte ich dem Gerichtshof mitteilen, daß wir unsere Besprechung mit Dr. Dix beendet haben, und ich möchte bemerken, daß wir einige Meinungsverschiedenheiten hatten. Ich glaube, es wird notwendig sein, die Dinge, über die wir uns nicht einigen können, vor dem Gerichtshof zu erörtern. Wir haben uns jedoch in der Angelegenheit Schacht über eine beträchtliche Anzahl von Beweisstücken geeinigt.
VORSITZENDER: Ja. Ich möchte jedoch sicherstellen, daß es nach Beendigung des Falles Kaltenbrunner zu keiner Verzögerung kommen wird.
Was den Fall Rosenberg betrifft, höre ich, daß die Dokumente, die für diesen Fall zur Vorlage kommen sollen, und die wir unter Umständen einer Prüfung unterziehen müssen, sehr zahlreich sind.
Je schneller der Gerichtshof sie daher bekommt, desto besser.
MR. DODD: Wir werden, um vorwärtszukommen, jederzeit bereit sein, mit Dr. Thoma zu sprechen, selbst abends, wenn er es wünscht.
VORSITZENDER: Es ist meines Erachtens wünschenswert, daß der Gerichtshof die Dokumente, die übersetzt worden sind, vor den anderen bekommt. Ich meine damit, daß er nicht alle auf einmal bekommt, denn ohne Zweifel werden es verschiedene Bände sein.
MR. DODD: Bisher sind es drei, und, wie ich höre, werden noch mehr hinzukommen. Aber wir werden die Angelegenheit beschleunigen und mit Dr. Thoma unsere Besprechung fortsetzen; sobald das erste Buch fertig ist, werden wir bereit sein, es dem Gerichtshof zur Prüfung vorzulegen.
VORSITZENDER: Dr. Thoma! Wäre es nicht das beste, wenn Sie dem Gerichtshof die Bände, die übersetzt worden sind, vorlegen würden, damit er sie schon vorher prüfen kann. Wir haben bei den Büchern von Dr. Horn dasselbe Verfahren eingeschlagen.
DR. THOMA: Jawohl, Mylord, das ist möglich, die Dokumente sind bereits hergestellt und bezüglich meines Dokumentenbuches 2 und 3 habe ich heute mit Captain Krieger auf Zimmer 216 mich geeinigt. Die können auch demnächst vorgelegt werden.
VORSITZENDER: Ja, vielleicht können Sie die Dokumente, bei denen Sie sich geeinigt haben, in den Büchern besonders bezeichnen.
Ich nehme an, daß Sie angeben werden, auf welche Dokumente Sie verzichten wollen.
DR. THOMA: Jawohl.
VORSITZENDER: Gut, dann werden Sie also sobald wie möglich diese Bücher dem Generalsekretär zukommenlassen, und Sie werden die Dokumente, bei denen Sie zu einer Einigung mit Hauptmann Krieger gekommen sind, irgendwie bezeichnen, nicht wahr?
DR. THOMA: Ich habe allerdings... ich darf darauf aufmerksam machen, ich habe mit Hauptmann Krieger auf Zimmer 216 nur eine Vereinbarung bezüglich des Dokumentenbuches 2 und 3 gemacht, und das bezieht sich nur auf den Einsatzstab und auf den Ostminister. Dagegen habe ich noch keine Vereinbarung getroffen wegen der Philosophie und wegen der Schriften Rosenbergs. Das werde ich aber noch nachholen dann.
VORSITZENDER: Nein. Ist das im Buch 1?
DR. THOMA: Ja.
VORSITZENDER: Schön, wenn Sie nicht imstande waren, zu einer Einigung zu kommen, dann können Sie das genau angeben, und wir werden diese Punkte dann beraten. Vielleicht können Sie sich morgen etwas Zeit für Hauptmann Krieger nehmen – bleiben Sie einer Sitzung fern – um in Bezug auf Buch 1 und in Bezug auf die anderen Bücher zu einer Einigung zu kommen.
Wieviel andere Bücher haben Sie noch?
DR. THOMA: Im ganzen vier Dokumentenbücher.
VORSITZENDER: Noch vier?
DR. THOMA: Im ganzen vier Dokumentenbücher.
VORSITZENDER: Gut, dann ist nur noch eines zu übersetzen.
DR. THOMA: Jawohl.