[zum Angeklagten gewandt]
Wollten Sie etwas sagen?
KALTENBRUNNER: Ich wollte das Hohe Gericht bitten, sofort zu dieser Aussage Mildners Stellung nehmen zu dürfen, damit ich mich...
VORSITZENDER: Jawohl, Sie werden sogleich Gelegenheit dazu haben. Die Verlesung dieser Aussage sollte Ihrem Verteidiger die Möglichkeit geben, Fragen bezüglich dieses Affidavits an Sie zu stellen, zu dem Sie dann jede gewünschte Erläuterung geben können. Oberst Amen wird jetzt den anderen Gegenfragebogen verlesen, und dann wird Ihr Verteidiger sein Hauptverhör fortsetzen. Verstehen Sie mich?
KALTENBRUNNER: Ja, ich verstehe. Ich wollte nur anregen, da diese beiden Sachen getrennt gehandhabt werden, da sie zwei verschiedene Gebiete betreffen, daß ich zuerst dazu Stellung nehmen könnte, dann später...
VORSITZENDER: Nein, wir können den Gang des Verfahrens nicht auf diese Weise unterbrechen. Sie werden gleich Gelegenheit haben, Erläuterungen zu geben.
Fahren Sie fort, Oberst Amen!
OBERST AMEN: Hoher Gerichtshof! Das Affidavit des Dr. Mildner wird US-791, und das vom 10. April 1946 datierte Affidavit, das ich jetzt verlesen werde, wird US-792:
»Ich, der Unterzeichnete Dr. Wilhelm Höttl, mache die folgende eidesstattliche Erklärung als Antwort auf ein Kreuzverhör betreffs einer eidesstattlichen Erklärung, die von mir am 30. März 1946 als Antwort auf Fragen von Dr. Kauffmann abgegeben wurde, zur Vorlage beim Internationalen Militärgerichtshof.
1. Mit Bezug auf Frage 3 geben Sie folgende Auskunft:
a) Erklären Sie die Basis Ihrer Erklärung, daß, wenn Personen, die dem SD angehört hatten, zu den Einsatzkommandos der Sipo und des SD zugewiesen wurden, sie aus dem SD austraten. Ihre Aufmerksamkeit wird auf die Tatsache gelenkt, daß Ohlendorf, der Chef des SD, gegenteilige Aussagen gemacht hat.
b) Erklären Sie die Basis Ihrer Aussage, daß Einsatzkommandos nichts mit Exekutionen zu tun hatten.
Ihre Aufmerksamkeit wird auf die Tatsache gelenkt, daß Ihre Aussage in dieser Hinsicht auch im direkten Konflikt mit dem des Chefs des SD, Ohlendorf, steht.
c) Was war Hitlers sogenannter Kommissarbefehl, und wann ist Ihnen dieser Befehl zuerst bekanntgeworden?
Zu 1a: Ich sprach in meiner Erklärung nicht von einem Austreten aus dem SD, sondern von einem Aus scheiden für die Zeit der Tätigkeit bei einem Einsatzkommando. Gemeint war damit, daß sie für diese Zeit ihre SD-Funktion nicht ausübten, daß diese ruhte.
Zu 1b: Bei diesem Punkt scheint meine Erklärung mißverstanden worden zu sein. Ich sagte nicht, daß Einsatzkommandos nichts mit Exekutionen zu tun hatten, sondern nur, daß nicht alle Einsatzkommandos mit Exekutionen befaßt waren. Als Beispiel führte ich die Einsatzkommandos in Afrika, Ungarn und Slowakei an. Anschließend sagte ich, daß diese Einsatzkommandos nichts mit Exekutionen zu tun hatten, damit meinte ich, nichts mit den Hinrichtungen unmittelbar.
Zu 1c: Den sogenannten Kommissarbefehl Hitlers selbst kenne ich nicht. Dr. Stahlecker, der eine Einsatzgruppe der Sicherheitspolizei und des SD in Rußland befehligte, erzählte mir im Sommer 1942, daß die Exekutionen von Kommissaren und Juden auf Grund des Kommissarbefehls erfolgte, wobei man die Ausrottung des Judentums als des Trägers des Bolschewismus begründete.
2. Mit Bezug auf Frage 4.
Ist es nicht eine Tatsache, daß Heydrich als Chef der Sipo und des SD ursprünglich die Anweisungen an Eichmann gab über die Ausrottung der Juden?
Daß im RSHA, Müller, Chef der Gestapo, Eichmanns unmittelbarer Vorgesetzter war; daß Müller zuerst Heydrichs und später Kaltenbrunners Stellvertreter war?
Zu 2. Ja, ich habe von Eichmann gehört – vermutlich im August 1944 –, daß Heydrich an ihn diese Weisungen gegeben hatte. Es ist auch richtig, daß Müller, Chef der Gestapo, Eichmanns unmittelbarer Vorgesetzter war. Stellvertreter von Heydrich, beziehungsweise später von Kaltenbrunner, war Müller meines Wissens nur auf dem Sektor der Gestapo, wie auch die anderen Amtschefs auf ihrem Gebiet.
3. Mit Bezug auf Frage 5.
Ist es nicht eine Tatsache, daß Sie aus Ihren Besprechungen mit Kaltenbrunner und Eichmann wußten, daß sie aus derselben Ortschaft in Österreich kamen und außergewöhnlich nahe Freunde waren?
Daß Eichmann immer direkten Zutritt zu Kaltenbrunner hatte und daß sie sich oft beraten haben?
Daß Kaltenbrunner zufrieden war mit der Art und Weise, in der Eichmann seine Pflicht erfüllte? Daß Kaltenbrunner sehr interessiert war an der Ausrottungsarbeit, die von Eichmann geleistet wurde? Daß Sie persönlich wissen, daß Kaltenbrunner nach Ungarn gegangen ist, um das Ausrottungsprogramm in Ungarn mit Beamten der Ungarischen Regierung, Eichmann und anderen Mitgliedern seines Stabes in Ungarn zu besprechen?
Bitte bestätigen oder berichtigen Sie diese Erklärung und geben Sie Ihre Erklärung ab, die nötig ist, eine Antwort zu erklären.
Zu 3: Ich habe von Eichmann gehört, daß er Kaltenbrunner aus Linz kannte, und daß sie dort 1932 gemeinsam in einem SS-Sturm Dienst machten. Daß sie außergewöhnlich nahe Freunde waren, weiß ich nicht, ebensowenig, daß Eichmann immer direkten Zutritt zu Kaltenbrunner hatte, und daß sie sich oft beraten haben.
Über ihr dienstliches Verhältnis weiß ich nichts Näheres. Ob Kaltenbrunner anläßlich seiner Aufenthalte in Ungarn im Frühjahr 1944 auch Besprechungen über das Ausrottungsprogramm der Juden in Ungarn geführt hat, weiß ich nicht. Genaues darüber müßte der damalige Höhere SS- und Polizeiführer in Ungarn, Winkelmann, wissen, der meines Wissens mit Kaltenbrunner die Besuche bei den ungarischen Persönlichkeiten der Regierung gemeinsam machte.
4. Mit Bezug auf Frage 6.
a) Ist es Ihnen nicht bekannt, daß Müller, Chef der Gestapo, immer mit Kaltenbrunner über wichtige Sachen betreffend der Funktionen seines Amtes konferiert hat, besonders mit Hinsicht auf die Hinrichtung von Sonderhäftlingen?
b) Wußten Sie, daß Kaltenbrunner der Höhere SS- und Polizeiführer und Staatssekretär für Sicherheit in Österreich nach dem Anschluß war bis zu seiner Ernennung als Chef des RSHA und daß während dieser Zeit, einer Zeitspanne von fünf Jahren, seine Aufmerksamkeit ausschließlich von Polizei- und Sicherheitsangelegenheiten in Anspruch genommen wurde?
c) Was ist die Grundlage Ihrer Aussage, daß der Nachrichtendienst den Hauptteil von Kaltenbrunners Aufmerksamkeit beanspruchte und daß ihm sein ganzes Interesse galt?
Zu 4a: Einzelheiten über das dienstliche Verhältnis Müllers zu Kaltenbrunner sind mir nicht bekannt. Ich konnte aber mehrfach feststellen, daß Müller bei Kaltenbrunner zum Vortrag über die Arbeit seines Amtes war.
Zu 4b: Kaltenbrunner war während seiner Tätigkeit als Höherer SS- und Polizeiführer in Österreich beziehungsweise als Staatssekretär für das Sicherheitswesen nicht ausschließlich von Polizei- und Sicherheitsangelegenheiten in Anspruch genommen. Daneben hatte er zweifellos noch politische Interessen, da die Höheren SS- und Polizeiführer ja die Repräsentanten des Reichsführers-SS Himmler auf allen Gebieten waren.
Zu 4c: Das konnte ich durch mein dienstliches Verhältnis mit ihm feststellen. Auch haben sich Angehörige anderer Ämter vielfach so geäußert, daß er Amt III und besonders die Ämter VI und Mil. bevorzugte und förderte.
5. Mit Bezug auf Frage 7.
Beantworten Sie das Folgende:
a) Was hatten Sie persönlich mit Konzentrationslagern zu tun und was daher ist die Basis Ihrer Antwort auf diese Frage?
b) Wußten Sie, daß alle Befehle von Einlieferungen in Konzentrationslager, Freilassungen aus den Konzentrationslagern und Hinrichtungen dort vom RSHA kamen?
c) Wußten Sie, daß das RSHA direkt alle Befehle an die Kommandanten von Konzentrationslagern gab? Sagen Sie aus über alle solche Befehle, von denen Sie persönlich Kenntnis haben?
d) Was sind Grausamkeiten, die in Konzentrationslagern verübt wurden, auf die Sie in Ihrer Antwort auf diese Frage Bezug nehmen, und wann und auf welche Art und Weise kam es zu Ihrer Kenntnis, daß Grausam keiten in Konzentrationslagern verübt wurden?
Zu 5a: Ich persönlich hatte mit Konzentrationslagern überhaupt nichts zu tun. Ich habe allerdings eine Reihe von Personen aus dem KZ befreit und kannte daher die Schwierigkeiten, die dabei seitens der KZ-Leitungen gemacht wurden, die sich auf Befehle des Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes der SS in solchen Fällen immer beriefen, da die Insassen für die Rüstungsindustrie benötigt würden.
Zu 5b: Daß Befehle von Einlieferungen in Konzentrationslager und Freilassungen von dort vom RSHA kamen, ist mir bekannt. Daß alle derartigen Befehle vom RSHA stammten, wußte ich nicht. Über Hinrichtungsbefehle durch das RSHA habe ich keine Kenntnis.
Zu 5c: Darüber weiß ich keine Einzelheiten, ich kenne auch keine diesbezüglichen Befehle persönlich. In den Fällen, in denen ich wegen einer Freilassung intervenierte, wandte ich mich entweder an Kaltenbrunner direkt, oder an das Amt IV. Bei Rücktragen wegen langer Dauer der Erledigung bekam ich von Beamten des Amtes IV mehrfach die Antwort, daß Schwierigkeiten durch das Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt der SS entstanden seien.
Zu 5d: Als im März 1944 Ungarn durch deutsche Truppen besetzt wurde, kamen einige meiner ungarischen Bekannten ins KZ. Nachdem ich deren Freilassung erreicht hatte, erzählten sie mir von schlechter Behandlung und Grausamkeiten im KZ Mauthausen. Ich habe damals ein diesbezügliches dienstliches Schreiben an den Leiter der Staatspolizeistelle Linz gesandt, mit dem Ersuchen, dieser Sache beim KZ-Kommandanten Ziereis nachzugehen. Ziereis leugnete dies jedoch ab, wie mir im Antwortschreiben mitgeteilt wurde. Im August 1944 erzählte mir Eichmann, daß es außer Konzentrationslagern auch noch Vernichtungslager gäbe.
6. Mit Bezug auf Frage 9.
Was ist die Basis für Ihre Meinung, daß Kaltenbrunner, Hitler und Himmler entgegenstellt waren über das Programm der körperlichen Ausrottung der europäischen Juden?
Zu 6: Daß Kaltenbrunner gegen das Programm Hitlers und Himmlers in der Frage der Ausrottung der europäischen Juden war, sagte er mir nach seinen Besprechungen mit Vertretern des Internationalen Roten Kreuzes im März 1945. Zu meiner Antwort auf Frage 9, daß Kaltenbrunner nicht Befehle zur Tötung von Juden erteilt habe, fehlen die Worte ›meines Wissens‹.
7. Mit Bezug auf Frage 11.
Wer war der Amerikaner, von dem Sie Kaltenbrunner sagten, daß Sie mit ihm in Verbindung in einem neutralen Lande im Jahre 1943 waren, mit dem Sie durch die österreichische Widerstandsbewegung in Verbindung standen? Hat Kaltenbrunner seine Zustimmung gegeben, mit Ihnen in die Schweiz zu reisen, um einen Vertreter der Alliierten zu treffen und, wenn dieses richtig ist, wann war es?
Zu 7: Der amerikanische Verbindungsmann im Jahre 1943 war ein Angehöriger der USA-Gesandtschaft in Lissabon. Sein Name ist mir nicht mehr geläufig. Die Verbindung über die österreichische Widerstandsbewe gung zu einer amerikanischen Stelle in der Schweiz war erst im Herbst 1944. Die Zustimmung Kaltenbrunners, mit mir dahin zu reisen, erhielt ich um den 20. April 1945.
8. Mit Bezug auf Frage 12.
Zu welchem Datum gab Kaltenbrunner den Befehl an den Kommandanten des Mauthausener Konzentrationslagers, das Lager den anrückenden Truppen auszuhändigen und auf wessen Drängen gab Kaltenbrunner diesen Befehl und aus welchem Grunde?
Zu 8: Das genaue Datum des Befehls Kaltenbrunners an den KZ-Kommandanten von Mauthausen, das Lager den anrückenden Truppen zu übergeben, kann ich nicht angeben. Es dürfte in den letzten Tagen des April 1945 gewesen sein. Auf wessen Bestehen und aus welchem Grund er diesen Befehl gab, ist mir nicht bekannt, möglicherweise hing es mit seinen Besprechungen mit SS-Standartenführer Becher zusammen, den ich damals bei ihm traf.
Die obigen Angaben sind wahr; diese Erklärung gab ich freiwillig und ohne Zwang ab....
gez. Dr. Wilhelm Höttl.«
DR. KAUFFMANN: Wünscht das Gericht, daß der Angeklagte sich jetzt zu diesen zwei Dokumenten äußert?
KALTENBRUNNER: Ja, ich bitte darum, und möchte mich sofort dazu äußern.
DR. KAUFFMANN: Dann äußern Sie sich bitte zunächst zum Dokument »Mildner«.
Ich möchte vielleicht auf die Frage 2 hinweisen, die mir erheblich scheint, da heißt es:
»Frage 2: Stimmt es nicht, daß im Jahre 1942 und nochmals im Jahre 1943 der Kommandant von Auschwitz Ihnen auf Befehl von Gruppenführer Müller... Vernichtungseinrichtungen zeigte.«
Daraus geht hervor, daß der Gruppenführer Müller des Amtes IV orientiert gewesen sein muß.
KALTENBRUNNER: Herr Dr. Kauffmann, darf ich Sie unterbrechen?
Soviel ich hier durch die letzten Verhandlungen feststellen konnte, Hohes Gericht, wird dieses Verfahren der sogenannten »Überraschungs-Affidavits« gegen mich selbst durchgeführt. Dieses Überraschungs-Affidavit wird bei mir zum erstenmal angewendet. Dennoch bin ich froh und dankbar, mich unmittelbar und ohne die geringste Möglichkeit gehabt zu haben, vorher Einsicht zu nehmen zu diesem Affidavit, geschlossen und zu jedem einzelnen Gegenstand äußern zu dürfen.
Dr. Mildner, Frage Nummer 1: Hier wird er gefragt über seine einzelnen Stellungen, die er innerhalb der Sicherheitspolizei bekleidet hat. Er erzählt von seinen Stellungen, die er von 1939 bis 1944 hatte. In meine Zeit fällt seine Verwendung als Inspekteur der Sicherheitspolizei und des SD in Kassel, als stellvertretender Gruppenleiter im Amt IV; als stellvertretender Inspekteur in Wien im Jahre 1944 und als Kommandeur der Sicherheitspolizei in Wien, ebenfalls im Jahre 1944. Er sagte: »Alle diese Ernennungen nach dem Januar 1943 wurden von Kaltenbrunner, als Chef der Sicherheitspolizei und des SD, gemacht.« Das ist unrichtig. Es wurde in diesen hohen Dienststellungen, die Mildner innegehabt hatte, nie jemand von mir ernannt. Das würde Mildner, hier vor Gericht befragt, ohne weiteres bestätigen müssen. Hierüber ist er vom Staatsanwalt offensichtlich nicht gefragt worden.
Ich bin lediglich in jedem Falle einer solchen Ernennung eines Funktionärs der Sicherheitspolizei und des SD deshalb gefragt und in Kenntnis gesetzt worden, weil er als Inspekteur der Sicherheitspolizei und des SD in seiner Dienststellung einen starken Nachrichtendienst, nämlich eine Unterabteilung der Ämter III und VI haben mußte, die mir nachrichtendienstlich zur Verfügung gestanden haben, und als solcher mußte ich daher als Chef des Nachrichtenwesens wissen, wer für seine Unterabteilung in Kassel, in Wien, in Kopenhagen nunmehr als Inspekteur tätig war. Er mußte ja auch später meine nachrichtendienstlichen Befehle für seine sachbearbeitenden Gruppen haben. Das war der einzige Grund, aus dem ich von solchen Ernennungen in Kenntnis zu setzen war. Aber ich habe nicht den Funktionär der Sicherheitspolizei zu ernennen gehabt, das ist eine ausgesprochene Irreführung, die durch dieses Affidavit entstehen könnte.
Zur Frage 2: Wenn hier gesagt wird, daß er in seinen Dienststellungen in Chemnitz und in Kattowitz im Jahre 1939 und 1941 Gefangene nach Auschwitz hat bringen müssen zur Einsperrung und Exekution, dann betrifft das eine Zeit erstens vor meinem Dienstantritt und zweitens eine rein exekutive Maßnahme jener Ämter, die zu führen ich niemals Auftrag hatte und ich niemals übernommen habe. Er kann hier niemals als ein Beauftragter tätig gewesen sein.
Zur Frage 3: Ja, da wird ihm doch von der Staatsanwaltschaft hier vorgehalten, daß das Gestapo-SS- Standgericht oft in Auschwitz zusammentrat und daß »Sie einige Male bei dem Verfahren gegen die Gefangenen anwesend waren«; mit anderen Worten, bei Hinrichtungen zugegen waren. Daß »im Jahre 1942 und nochmals«, das würde auf deutsch heißen: »und noch einmal«, im Jahre 1943 der Kommandant von Auschwitz Ihnen auf Befehl von Müller, dem Chef der Gestapo, Vernichtungseinrichtungen zeigte, daß Ihnen, gemeint ist Mildner, »die Vernichtungseinrichtungen in Auschwitz bekannt waren, da Sie Juden aus Ihrem Gebiet nach Auschwitz zur Exekution zu schicken hatten«. Ich könnte meiner Ansicht nach nur durch ein einziges Faktum belastet werden durch diese Aussage: Das ist die Frage: »Hat Mildner einmal im Jahre 1943 solche Einrichtungen gesehen, oder auf Ihren Befehl an Erschießungen mitgewirkt durch seine Anwesenheit?«
Erstens hat die Staatsanwaltschaft nicht festgestellt, ob dieses »einmal« vor meinem Dienstantritt stattgefunden hat, oder nachher.
DR. KAUFFMANN: Sie müssen sich etwas kürzer fassen und sich mehr auf die Antwort konzentrieren, nicht so weitläufig.
KALTENBRUNNER: Entschuldigen Sie, Herr Doktor, ich muß aber jedes einzelne Wort hier widerlegen können, sonst würde es mir ja hier vorgeworfen, als von mir nicht akzeptiert und von mir nicht besprochen.
VORSITZENDER: Dr. Kauffmann! Wir wollen nicht, daß der Zeuge zu diesen Dokumenten Stellung nimmt, wir wollen, daß er über die Tatsachen Aussagen macht.
DR. KAUFFMANN: Ja, das ist auch meine Auffassung.
Ich frage Sie also: Besonders wichtig und belastend scheint mir auch Frage 3 zu sein. Wenn Sie darauf eingehen wollen, da heißt es, ich lese: »Kamen alle Befehle für... einzelne Hinrichtungen vom RSHA«, und dann: »War der regelmäßige Dienstweg von Himmler durch Kaltenbrunner an Müller und dann zu dem Lagerkommandanten?« und dazu die Antwort »Ja«. Äußern Sie sich bitte ganz kurz.
KALTENBRUNNER: Ich habe schon heute erklärt, daß Befugnis und Hinrichtungsmöglichkeiten nur in der Hand der Befehlsmäßigkeit des Justizministers im geringeren Umfang und Himmlers gelegen hat. Es hat im gesamten Reiche sonst niemand hierzu Möglichkeit oder Vollmacht gehabt. Dann, es ist auf dem Dienstweg Himmler, Kaltenbrunner, Müller niemals an mich zur Weitergabe ein solcher Befehl Himmlers gekommen, sondern die Befehle können nur von Himmler an Müller gekommen sein.
Diese Frage an Mildner zu richten ist ja schon aus dem Grunde falsch, weil der Mann ja gar nicht bei mir gewesen ist, und er auch gar nicht wissen kann, ob ich jemals einen solchen Befehl Himmlers bekommen habe. Es ist ja nur ein Schluß, den der Mann zieht aus dem normalen Organisationsschema.
DR. KAUFFMANN: Das ist Sache der Verteidigung nachher, darüber brauchen Sie nicht zu sprechen.
VORSITZENDER: