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[Zum Zeugen gewandt:]

Wollen Sie sich dazu äußern, wie Sie Quisling kennengelernt haben?

ROSENBERG: Quisling habe ich im Jahre 1933 kennengelernt, als er mich besuchte, und ich eine Besprechung von 20 Minuten mit ihm hatte. Nachher hat ein Mitarbeiter von mir, der Interesse für die skandinavische Kultur hatte und selber Werke darüber verfaßt hatte, mit Quisling in Briefwechsel gestanden. Volle sechs Jahre habe ich Quisling nicht mehr gesehen, und ich habe mich weder in die norwegischen politischen Verhältnisse noch in die Bewegung Quislings eingemischt, bis er im Juni 1939, als die Spannung in Europa sich verschärft hatte, mich aufsuchte und mir seine Besorgnisse über die Lage Norwegens bei einem eventuellen Konflikt darstellte. Er sagte, es stünde zu befürchten, daß Norwegen dann nicht mehr neutral bliebe, daß sein Vaterland unter Umständen im Norden von Sowjetrussen und im Süden von Truppen der Westmächte besetzt würde, und er betrachte die Dinge mit Sorge.

Diese seine Besorgnisse sind von meinem Stabsleiter notiert und dabei pflichtgemäß Dr. Lammers übergeben worden.

DR. THOMA: Wann war das?

ROSENBERG: Es wird im Juni 1939 gewesen sein. Darauf bat Quisling einen Mitarbeiter, doch auch für dieses deutsch-norwegische Verständnis behilflich zu sein, und namentlich auch seine Partei etwas mit Aufbau und Propaganda der Bewegung der Partei bei uns bekanntzumachen. Darauf sind Anfang August, glaube ich, 25 Norweger im Schulungshause gewesen, um für diese Propaganda zu wirken, und dann nach Hause gefahren.

DR. THOMA: Womit wurden denn die geschult, und auf was wurden sie denn geschult?

ROSENBERG: Ich habe sie nicht gesehen und im einzelnen nicht gesprochen, aber sie wurden darin geschult, wie man eine verstärkte Propaganda ermöglicht, und wie die Organisation der Partei auf diesem Gebiete in Deutschland aufgebaut sei. Wir würden ihnen auf diesem Gebiete behilflich sein. Nun kam nach Ausbruch des Krieges plötzlich, oder kurz vorher, ich weiß das nicht genau ein Bekannter von Quisling, Hagelin, zu mir mit ähnlichen Befürchtungen, die Quisling geäußert hatte. Nach Ausbruch des Krieges brachte dann dieser Mitarbeiter Quislings allerhand Einzelheiten über die Tätigkeit der Westmächte in Norwegen, und schließlich kam dann Quisling im Dezember 1939 nach Berlin mit der Erklärung, daß er auf Grund seiner genauen Kenntnis der Dinge wisse, daß hier nur eine scheinbare Neutralität der Norwegischen Regierung noch vorhanden sei, daß in Wirklichkeit aber die Abmachungen über das Aufgeben dieser Neutralität schon so gut wie beschlossen seien. Quisling war nun früher selbst norwegischer Kriegsminister gewesen, somit mußte er genaue Kenntnis haben, und ich habe empfohlen, pflichtgemäß als deutscher Staatsbürger dem Führer empfohlen, doch Quisling zu hören. Der Führer hat darauf Quisling zweimal empfangen, und zu gleicher Zeit hatte Quisling auch mit seinem Mitarbeiter Hagelin die Kriegsmarineleitung aufgesucht und sie in gleicher Weise unterrichtet. Seit dieser Zeit habe ich einmal mit Raeder gesprochen, und auch dieser hat dem Führer empfohlen, sich doch diesen Vortrag von Quisling anzuhören.

DR. THOMA: Also Sie persönlich haben nur Meldungen, die Ihnen Quisling gebracht hat, weitergeleitet?

ROSENBERG: Ja, ich möchte unterstreichen, daß Quisling ja ohne meine Tätigkeit, da ich sechs Jahre mich ja in diese politischen Dinge nicht hineinmischte, mich aufsuchte und ich es als selbstverständliche Pflicht halten mußte, Mitteilungen, die eine ungeheure Bedrohung, eine militärische Bedrohung Deutschlands bedeuten würden, wenn sie stimmten, dem Führer mitzuteilen und das, was mir Quisling dann noch mündlich vortrug, nämlich seinen Plan, gegebenenfalls von sich aus einen politischen Umschwung in Norwegen herbeizuführen und dann Deutschland um Unterstützung anzusuchen, mir ebenfalls zu notieren und dem Führer davon Mitteilung zu machen. In dieser Zeit... ich weiß nicht, diese Entwicklung ist in den von der Anklage verwendeten Urkunden ja im Wortlaut niedergelegt, der viel präziser das auszudrücken vermag, als ich es hier zusammenfassend darzustellen vermag. In der Urkunde 004-PS ist das von meinem Stabsleiter eineinhalb bis zwei Monate nach dem Norwegen-Unternehmen kurz zusammengefaßt worden.

DR. THOMA: Dieses Dokument, ich möchte die Aufmerksamkeit des Gerichts besonders auf dieses Dokument richten, ist also unmittelbar nach dem Norwegen-Unternehmen ganz unter dem frischen Eindruck des geglückten Unternehmens verfaßt worden und beschreibt ganz eindeutig die Maßnahmen, daß aller Anstoß von Quisling ausgegangen ist, daß Quisling plötzlich in Lübeck aufgetaucht ist, Meldungen gemacht hat, und daß er wieder gekommen ist und immer wieder gekommen ist und Rosenberg über die neuen Vorgänge in Norwegen verständigt hat.

VORSITZENDER: Auf welches Dokument nehmen Sie Bezug?

DR. THOMA: 004-PS, GB-140, Dokumentenbuch 2, Seite 113.

VORSITZENDER: Welche Seite, bitte?

DR. THOMA: Ich glaube, daß die Nummer unten steht, Herr Vorsitzender.

VORSITZENDER: Auf welches Buch beziehen Sie sich?

DR. THOMA: Auf mein Dokumentenbuch Nummer 2, Seite 113, Dokumentenbuch Alfred Rosenberg, Seite 113, Band 2. In der englischen Übersetzung Seite 72.

VORSITZENDER: Wie lautet die Frage?

DR. THOMA: Ich darf auf Seite 1 verweisen, da heißt es:

»Vor der Tagung der Nordischen Gesellschaft in Lübeck war Quisling in Berlin, wo ihn Reichsleiter Rosenberg empfing.«

Das war im Juni 1939, wie aus dem Dokument 007-PS hervorgeht. Und dann auf der nächsten Seite heißt es, daß im August ein Kursus stattfand in Berlin-Dahlem, und dann heißt es, daß im Dezember 1939 Quisling von selbst wieder aufgetaucht ist in Berlin und Mitteilungen gemacht hat. Das war am 14. und 15. Dezember, und Rosenberg hat pflichtgemäß diese Meldungen, die ihm Quisling gemacht hat, jeweils dem Führer weitergemeldet. Sonst hat er nichts getan in dieser Sache. Parallel laufend und unabhängig voneinander sind dann die Berichte bei Raeder eingelaufen.