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[Zum Zeugen gewandt:]

Welchen Anteil haben Sie an den Geschehnissen in Polen seit 1939?

FRANK: Ich trage die Verantwortung und habe, als am 30. April 1945 Adolf Hitler seinem Leben ein Ende machte, vor mir beschlossen, diese meine Verantwortung so klar wie möglich der Welt zu offenbaren. Ich habe die 43 Bände des Tagebuches, das über dieses Geschehen und über meinen Anteil daran Kunde gibt, nicht vernichtet, sondern aus eigenem Entschluß freiwillig den mich verhaftenden amerikanischen Offizieren übergeben.

DR. SEIDL: Herr Zeuge! Fühlen Sie sich schuldig, Verbrechen gegen das Völkerrecht oder gegen die Humanität begangen zu haben?

VORSITZENDER: Das ist eine Frage, die der Gerichtshof zu entscheiden hat.

DR. SEIDL: Dann verzichte ich auf die Frage.

Herr Zeuge! Was haben Sie zu diesen Beschuldigungen zu erklären, die gegen Sie in der Anklageschrift erhoben werden?

FRANK: Zu diesen Beschuldigungen habe ich nur zu sagen, daß ich das Gericht bitte, das Ausmaß meiner Schuld am Ende der Gesamtverhandlungen über meinen Fall festzustellen.

Ich selbst möchte aber hier ganz aus der Tiefe meines Empfindens und aus dem Erleben der fünf Monate dieses Prozesses heraus sagen, daß ich, nachdem ich nunmehr den letzten Einblick gewonnen habe in all das, was an furchtbarem Grauen geschehen ist, das Gefühl einer tiefen Schuld in mir trage.

DR. SEIDL: Welche Ziele haben Sie sich gestellt, als Sie Ihren Posten als Generalgouverneur übernommen haben?

FRANK: Ich wurde über nichts informiert. Ich habe hier im Laufe dieses Verfahrens von Einsatzkommandos der SS gehört; es wurden im Zusammenhang und im engsten Anschluß an meine Berufung sofort an Himmler Sondervollmachten erteilt: meine Zuständigkeit war mir in wesentlichen Bereichen genommen. In die Wirtschaft, in die Sozialpolitik, in die Währungspolitik, in die Ernährungspolitik wurde von Reichsstellen unmittelbar hineinregiert, und so konnte ich mir nur die Aufgabe stellen, in diesem Flammenmeer des Krieges dafür zu sorgen, daß irgendeine Ordnung aufgebaut würde, die das Leben der Menschen ermöglicht. Man kann daher das Wirken, das ich drüben durchgeführt habe, auch nicht beurteilen nach den Erscheinungen des Augenblicks, sondern im Gesamtzusammenhang, und hierauf werden wir noch zu sprechen kommen. Mein Ziel war, Gerechtigkeit zu gewährleisten, ohne die Interessen des Krieges zu verletzen.

DR. SEIDL: Herr Zeuge! Hat Ihnen die Polizei vor allem die Sicherheitspolizei und der SD im Generalgouvernement unterstanden?

FRANK: Die Höheren SS- und Polizeiführer unterstanden grundsätzlich dem Reichsführer-SS Himmler. Die SS war mir nicht unterstellt. Irgendwelche Befehle und Weisungen, die ich gegeben hätte, wären nicht befolgt worden. Auf diese Frage wird ja der Zeuge Bühler noch eingehen; der Gesamtaufbau war der, daß der Höhere SS- und Polizeiführer zwar formell mir beigegeben war, tatsächlich und seinem Wirken nach aber ein reines Organ des Reichsführers-SS Himmler war, ein Zustand, der bereits im November 1939 zu meinem ersten Rücktrittsgesuch Adolf Hitler gegenüber führte; ein Zustand, der in zunehmendem Maße Erschwerungen sondergleichen mit sich brachte; und, all meinen Versuchen zum Trotz, allmählich das Heft auf diesem Gebiet in die Hand zu bekommen, vollzog sich die innere Loslösung mehr und mehr. Eine Verwaltung ohne polizeiliche Exekutive ist ohnmächtig und dies stellte sich immer mehr heraus. Die Beamten der Polizei standen disziplinär, organisatorisch, gehaltsmäßig und befehlsmäßig ausschließlich im Gesamtrahmen des deutschen Reichspolizeihaushalts und in keinem irgendwie gearteten Zusammenhang mit der Verwaltung des Generalgouvernements. Die Beamten der SS und der Polizei betrachteten daher das Generalgouvernement auch nicht als ihre dienstliche Heimat; der Polizeibereich hieß auch nicht Polizeibereich Generalgouvernement; der Höhere SS- und Polizeiführer nannte sich nicht SS- und Polizeiführer im Generalgouvernement, sondern »Höherer SS- und Polizeiführer Ost«. Ich will hier in diesem Zusammenhang noch nicht auf Details eingehen.

DR. SEIDL: Herr Zeuge! Unterstanden Ihnen die im Generalgouvernement errichteten Konzentrationslager und hatten Sie irgend etwas mit Ihrer Verwaltung zu tun?

FRANK: Die Konzentrationslager waren ein ausschließlicher Polizeibereich und hatten mit der Verwaltung nicht das geringste zu tun. Den Angehörigen der Zivilverwaltung war das Betreten der Konzentrationslager amtlich verboten.

DR. SEIDL: Waren Sie selbst jemals in einem Konzentrationslager?

FRANK: Ich habe 1935 an dem Besuch des Konzentrationslagers Dachau teilgenommen, der damals für die Gauleiter veranstaltet worden war. Das war das einzige Mal, daß ich in einem Konzentrationslager war.

DR. SEIDL: Herr Zeuge! Im Jahre 1942 wurde durch Erlaß des Führers ein Staatssekretariat für das Sicherheitswesen im Generalgouvernement errichtet, und zwar am 7 Mai 1942. Wie ist es zur Errichtung dieses Staatssekretariats gekommen?

FRANK: Die Errichtung dieses Staatssekretariats war einer der vielen Versuche, die Frage der Polizei im Generalgouvernement zu lösen. Ich war damals glücklich, weil ich meinte, wir hätten nun den Weg gefunden. Es wäre auch sicher gegangen, wenn sich Himmler und Krüger an das gehalten hätten, was der Sinn dieser Verordnung war, nämlich Zusammenarbeit und nicht Gegenarbeit. Aber schon nach kurzer Zeit stellte sich heraus, daß auch dieser neue Versuch nur eine Tarnung war und die alten Zustände weitergingen.

DR. SEIDL: Am 3. Juni 1942 ist auf Grund dieses Führererlasses ein weiterer Erlaß über die Überweisung von Dienstgeschäften auf den Staatssekretär für das Sicherheitswesen ergangen. Ist das richtig?

FRANK: Ich nehme an, wenn Sie das Dokument haben. Ich kann mich an die Einzelheiten natürlich nicht erinnern.

DR. SEIDL: Ich werde über diesen Punkt dann den Zeugen Bilfinger fragen.

FRANK: Ich möchte aber zu dieser Frage hier noch eines sagen: Man spricht hier immer von der SS und faßt SS und Polizei als einen einheitlichen großen Komplex auf. Ich würde unwahrhaft sein, wenn ich nicht dieses Wort korrigieren wollte. Ich habe unter der SS, und vor allem in der Waffen-SS und auch in der Polizei, soviele anständige, saubere und soldatisch klare Menschen im Laufe der Jahre kennengelernt, daß man hier das Problem der SS im Hinblick auf die Beurteilung des verbrecherischen Charakters ihres Wirkens ebenso scharf sondern kann wie bei allen sozialen Massenbereichen. Die SS an sich war ebensowenig verbrecherisch, wie das irgendeine andere soziale Masse ist, die in irgendeinem politischen Geschehen auftritt. Das Furchtbare war, daß der maßgebliche Chef und eine ganze Reihe leider mit größten Vollmachten versehener Männer der SS die typisch treue Haltung des deutschen soldatischen Menschen mißbrauchen konnte.

DR. SEIDL: Herr Zeuge! Eine andere Frage. In dem Erlaß über die Errichtung des Staatssekretariats für das Sicherheitswesen ist bestimmt, daß der Staatssekretär, also in diesem Falle der Höhere SS- und Polizeiführer, vor grundsätzlichen Entscheidungen Ihre Zustimmung zu erholen hatte. Ist das geschehen?

FRANK: Diese Zustimmung wurde nie eingeholt, und das war eben der Anlaß, daß schon nach kurzer Zeit sich die Unmöglichkeit dieses letzten Versuchs, den ich gemacht habe, erwies.

DR. SEIDL: Hat der Höhere SS- und Polizeiführer, insbesondere der SS-Obergruppenführer Krüger, Befehle befolgt, die Sie Ihrerseits ihm gegeben haben?

FRANK: Ich bitte, die Frage zu wiederholen. Sie ist hier schlecht durchgekommen. Und bitte, Herr Dr. Seidl, nicht so laut sprechen.

DR. SEIDL: Hat der Höhere SS- und Polizeiführer Krüger, der zugleich Staatssekretär für das Sicherheitswesen war, Befehle befolgt, die Sie ihm in Ihrer Eigenschaft als Generalgouverneur gegeben haben?

FRANK: In keinem Fall. Ich habe wiederholt auf Grund dieser neuen Verordnung Befehle erteilt. Diese Befehle wurden dann angeblich Heinrich Himmler mitgeteilt, und da dessen Einverständnis notwendig war, wurden diese Befehle niemals befolgt. Einige Spezialfälle kann Staatssekretär Bühler dann feststellen, wenn wir ihn als Zeugen hören.

DR. SEIDL: Hat der Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei hierüber vor der Durchführung sicherheitspolizeilicher Maßnahmen im Generalgouvernement jemals Ihre Zustimmung erhalten?

FRANK: In keinem Falle.

DR. SEIDL: Die Anklagevertretung hat ein Dokument L-37 vorgelegt, und zwar als US-506. Es ist dies ein Schreiben des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes für den Distrikt Radom an die Außendienststelle in Tomaszow. In diesem Schreiben wird folgendes ausgeführt:

»Der Höhere SS- und Polizeiführer Ost hat am 28. Juni 1944 folgenden Befehl erlassen:

Die Sicherheitslage hat sich in den letzten Monaten im Generalgouvernement derart verschlechtert, daß nunmehr mit radikalsten Mitteln und allerschärfsten Maßnahmen gegen fremdvölkische Attentäter und Saboteure durchgegriffen werden muß. Reichsführer-SS hat mit Zustimmung des Generalgouverneurs angeordnet, daß in allen Fällen, in denen Attentate oder Attentatsversuche auf Deutsche erfolgt sind, nicht nur die gefaßten Täter erschossen werden, sondern daß darüber hinaus die sämtlichen Männer der Sippe gleichfalls zu exekutieren und die dazugehörigen weiblichen Angehörigen über 16 Jahre in das K.-Z. einzuweisen sind.«

FRANK: Da ich gesagt habe, daß die Zustimmung zu derartigen Anordnungen vom Reichsführer-SS Himmler in keinem Falle eingeholt wurde, ist Ihre Frage beantwortet. Sie wurde auch in diesem Falle nicht eingeholt.

DR. SEIDL: Herr Zeuge! Wurden Ihnen wenigstens vor der Durchführung Befehle des Reichsführers-SS Himmler oder des Höheren SS- und Polizeiführers Ost vorher mitgeteilt?

FRANK: Das Argument, warum dieses nicht geschah, war immer dasselbe. Es hieß, da nicht nur im Generalgouvernement Polen wohnen, sondern auch in den in das Deutsche Reich eingegliederten Gebieten, müßte die Bekämpfung der polnischen Widerstandsbewegung einheitlich von einem Zentrum aus durchgeführt werden, und dieses Zentrum war Heinrich Himmler.

DR. SEIDL: Herr Zeuge! Wie waren im allgemeinen Verwaltungsbereich Ihre Zuständigkeiten?

FRANK: Ich glaube, es würde das Verfahren wesentlich abkürzen, wenn über diese Detaildinge der Zeuge Bühler aussagen könnte. Wenn es das Gericht wünscht, dann würde ich über diese Frage natürlich hier eine Antwort erteilen. Es war im wesentlichen der Aufbau der üblichen allgemeinen Verwaltungsbereiche in Ernährung, Kultur, Finanzen, Wissenschaft und so weiter.

DR. SEIDL: Gab es im Generalgouvernement eine Vertretung der polnischen und ukrainischen Bevölkerung?

FRANK: Ja. Die Vertretung der polnischen und ukrainischen Bevölkerung war regional aufgebaut, und ich faßte die in den einzelnen Kreisen und Distrikten vorhandenen Vertretungskörperschaften an der Spitze zusammen in den sogenannten Hilfsausschüssen. Es gab einen polnischen und einen ukrainischen Hilfsausschuß. An der Spitze des polnischen Hilfsausschusses stand jahrelang Graf Ronikier, an der Spitze des ukrainischen Hilfsausschusses Professor Kubiowicz. Ich habe es allen Dienststellen zur Pflicht gemacht, bei allgemeinen Belangen sich mit diesen Hilfsausschüssen in Verbindung zu setzen. Dies ist auch geschehen. Ich selbst habe mit beiden in dauerndem Kontakt gestanden. Es wurden mir dort die Beschwerden vorgebracht, und es war eine freie Aussprache. Im wesentlichen beruhten meine Beschwerdeschriften und Memoranden an den Führer auf den Berichten dieser Hilfsausschüsse.

Eine zweite Form der Anteilnahme der Bevölkerung an der Verwaltung des Generalgouvernements stellte die unterste Verwaltungseinheit dar, die im gesamten Generalgouvernement in den Händen der einheimischen Bevölkerung lag. An der Spitze von jeweils 10 bis 20 Dörfern stand ein sogenannter »Wojt«. Dieses polnische Wort »Wojt« ist dasselbe, was im Deutschen das Wort »Vogt« bedeutet. Er war sozusagen die unterste Verwaltungseinheit.

Die dritte Form der Anteilnahme der Bevölkerung an der Verwaltung geschah in der Eigenschaft als Staatsbeamter oder Staatsangestellter. Die Eisenbahn und Post eingerechnet, standen etwa 280000 Polen und Ukrainer im Staatsdienst des Generalgouvernements.

DR. SEIDL: Wie war das zahlenmäßige Verhältnis zwischen der deutschen Beamtenschaft und der polnischen und der ukrainischen Beamtenschaft? Wie war das Verhältnis ungefähr?

FRANK: Das Verhältnis schwankte. Die Zahl der deutschen Beamten war sehr gering. Es gab Zeiten, in denen im ganzen Generalgouvernement mit seinen 150000 Quadratkilometern, also halb so groß wie Italien, höchstens 40000 deutsche Beamte tätig waren. Auf einen deutschen Beamten trafen demnach im Durchschnitt mindestens sechs nichtdeutsche Staatsbeamte und Angestellte.

DR. SEIDL: Welche Gebiete unterstanden Ihnen als Generalgouverneur?

FRANK: Das von den Deutschen und der Sowjetunion gemeinsam eroberte Polen wurde geteilt, zunächst einmal zwischen der Sowjetunion und dem Deutschen Reich. Von den annähernd 380000 Quadratkilometern des polnischen Staatsgebietes kamen an die Sowjetunion etwa 200000 Quadratkilometer und an das Deutsche Reich etwa 170000 bis 180000 Quadratkilometer. Ich bitte, mich auf die Zahl von tausend Quadratkilometern nicht festzulegen. So etwa war das Verhältnis.

Der in das Sowjetgebiet übernommene Teil Polens wurde sofort als integrierender Bestandteil der Sowjetunion behandelt. Die Grenzpfähle im Osten des Generalgouvernements waren die üblichen Grenzpfähle der Sowjetunion, und zwar seit 1939. Das nach Deutschland gefallene Gebiet wurde zu 90000 Quadratkilometern dem Generalgouvernement überlassen und der übrige Bereich in das Deutsche Reich eingegliedert.

VORSITZENDER: Ich glaube nicht, daß dem Angeklagten auf Grund dessen, daß die Zivilverwaltung schlecht war, etwas zur Last gelegt wird. Es sind begangene Verbrechen, die unter Anklage stehen, und die Aufteilung der Verwaltung zwischen dem Generalgouvernement und dem Reich steht wirklich nicht zur Diskussion.

DR. SEIDL: Ich habe die Frage nur gestellt, Herr Präsident, um die Schwierigkeiten zu zeigen, mit denen von Anfang an die Verwaltung in diesem Gebiet zu kämpfen hatte, indem ein zunächst bestehendes einheitliches Wirtschaftsgebiet in drei Teile zerrissen wurde.

Ich komme nun zur nächsten Frage: Haben Sie jemals Geiseln erschießen lassen?

FRANK: Im Tagebuch stehen die Tatsachen. Ich selbst habe niemals Geiseln erschießen lassen.

DR. SEIDL: Haben Sie jemals irgendwie an der Vernichtung von Juden sich beteiligt?

FRANK: Ich sage ja; und zwar sage ich deshalb ja, weil ich unter dem Eindruck dieser fünf Monate der Verhandlung und vor allem unter dem Eindruck der Aussage des Zeugen Höß es mit meinem Gewissen nicht verantworten könnte, die Verantwortung dafür allein auf diese kleinen Menschen abzuwälzen. Ich habe niemals ein Judenvernichtungslager eingerichtet oder ihr Bestehen gefordert; aber wenn Adolf Hitler persönlich diese furchtbare Verantwortung auf sein Volk gewälzt hat, dann trifft sie auch mich; denn wir haben den Kampf gegen das Judentum jahrelang geführt, und wir haben uns in Äußerungen ergangen – und mein Tagebuch ist mir selbst als Zeuge gegenübergetreten –, die furchtbar sind. Und ich habe daher nur die Pflicht, Ihre Frage in diesem Sinne und in diesem Zusammenhang mit Ja zu beantworten. Tausend Jahre werden vergehen und diese Schuld von Deutschland nicht wegnehmen.

DR. SEIDL: Herr Zeuge! Welche Politik haben Sie in der Erfassung von Arbeitern für das Reich in Ihrer Eigenschaft als Generalgouverneur verfolgt?

FRANK: Bitte?

DR. SEIDL: Welche Politik haben Sie in Ihrer Eigenschaft als Generalgouverneur in der Erfassung von Arbeitern für das Reich verfolgt?

FRANK: Die Politik ist in meinen Verordnungen niedergelegt. Sie werden mir sicher von der Anklagebehörde vorgehalten werden, und ich sehe eine Zeitersparnis darin, wenn ich die Frage mit Genehmigung des Gerichts dann später beantworte.

DR. SEIDL: Herr Zeuge! Hat Ihnen Hitler irgendwelche Weisungen gegeben, wie Sie Ihr Amt als Generalgouverneur zu verwalten haben?

FRANK: Adolf Hitler gab mir in den ersten zehn Minuten des Empfangs im Sonderzug die Weisung, dafür zu sorgen, dieses Gebiet, das vollkommen zerstört war – alle Brücken gesprengt, alle Eisenbahnen außer Verkehr, die Bevölkerung in vollem Durcheinander – wieder irgendwie in Ordnung zu bringen und dafür zu sorgen, daß dieses Gebiet ein mitwirkender Bestandteil an der so schweren Wirtschafts- und Kriegslage des Deutschen Reiches werden könnte.

DR. SEIDL: Hat Adolf Hitler Sie in Ihrer Tätigkeit als Generalgouverneur unterstützt?

FRANK: Er hat alle meine Beschwerden, alles, was ich ihm übermittelte, leider unter den Tisch fallen lassen. Ich habe nicht umsonst vierzehnmal meinen Rücktritt als Generalgouverneur erklärt und habe nicht umsonst immer versucht, als Offizier zu meiner braven Truppe zurückzukommen. Er stand innerlich gegen die Juristen, das war eine der schwersten Schattenseiten dieses so gewaltig großen Mannes. Er wollte keine formelle Verantwortung anerkennen. Das gilt leider auch für seine Politik, wie ich nun festgestellt habe. Für ihn war jeder Jurist ein Störungsfaktor der Macht. Ich kann also nur sagen, daß er dadurch, daß er den Kurs von Himmler bis Bormann bis auf das Äußerste gestützt hat, jeden Versuch zu einer wirklich dem deutschen Namen würdigen Form auf die Dauer zerstört hat.

DR. SEIDL: Welche Reichsstellen haben Ihnen in der Verwaltung des Generalgouvernements Weisung gegeben?

FRANK: Zur Abkürzung des Verfahrens würde ich mit Genehmigung des Gerichts bitten, daß der Zeuge Bühler die ganze Tabulatur ausführt.

DR. SEIDL: Haben Sie jemals Kunstschätze geplündert?

FRANK: Der Vorwurf, der mich hier persönlich, also mein eignes Privatleben angehend, am meisten betroffen hat, war der, daß ich mich persönlich an Kunstschätzen des mir anvertrauten Landes bereichert hätte. Ich habe keine Gemäldegalerien angelegt und habe während des Krieges keine Zeit gefunden, mir Kunstschätze anzueignen. Ich habe dafür gesorgt, daß der gesamte Kunstbesitz des mir anvertrauten Landes amtlich registriert wurde, habe über diese amtliche Registratur ein allgemein verbreitetes Dokument aufnehmen lassen und habe vor allem dafür gesorgt, daß die Kunstschätze bis zum Schlusse im Lande geblieben sind. Es wurden aus dem Generalgouvernement trotzdem Kunstschätze fortgenommen. Ein Teil wurde weggenommen, bevor überhaupt meine Verwaltung des mir anvertrauten Landes in Kraft getreten ist. Die Erfahrung zeigt, daß von einer Verantwortung für eine Verwaltung erst gesprochen werden kann nach geraumer Zeit, nämlich nachdem bis untenhin die Verwaltung ausgebaut worden ist. In der Zeit also von Kriegsbeginn am 1. September 1939 bis zu diesem etwa um die Jahreswende 1939/40 liegenden Zeitpunkt sind sicherlich Kunstschätze in unkontrollierbarem Maße entwendet worden, als Kriegsbeute oder unter sonstigen Vorwänden. Während der Registrierung der Kunstschätze hat Hitler den Befehl gegeben, den Veit-Stoß-Altar aus der Marienkirche in Krakau in das Reich abzuführen. Im September 1939 kam zu diesem Zweck der Oberbürgermeister Liebel von Nürnberg persönlich nach Krakau mit einer SS-Gruppe und hat diesen Altar weggeholt. Ein drittes waren die in Lemberg noch vor Beginn meiner dortigen Verwaltung von einem Sonderbeauftragten dort weggeholten Dürer-Stiche. Im Jahre 1944, kurz vor dem Zusammenbruch, wurden Kunstschätze ins Reich verlagert. Im Schloß Seichau in Schlesien befand sich zu diesem Zwecke eine Kollektion von Kunstschätzen, die dort durch Professor Kneisl untergebracht waren. Eine letzte Gruppe von Kunstschätzen habe ich selbst den Amerikanern übergeben.

DR. SEIDL: Herr Zeuge! Haben Sie im Bereich des Generalgouvernements Ghettos eingeführt, jüdische Wohnbezirke?

FRANK: Ich habe eine Verordnung über die Errichtung von jüdischen Wohnbezirken erlassen. Das Datum weiß ich nicht auswendig. Über die Voraussetzung und die Notwendigkeiten dazu werde ich noch den Anklägern Rede stehen.

DR. SEIDL: Haben Sie Abzeichen zur Kenntlichmachung der Juden eingeführt?

FRANK: Jawohl.

DR. SEIDL: Haben Sie im Generalgouvernement selbst die Zwangsarbeit eingeführt?

FRANK: Zwangsarbeit und Arbeitszwang wurden durch mich als eine der ersten Verordnungen eingeführt. Aber aus den ganzen Verordnungen und ihrem Wortlaut geht klar hervor, daß ich hierbei nur an eine Arbeitspflicht im Lande gedacht habe zur Beseitigung der Kriegszerstörungen, der durch den Krieg vorgenommenen notwendigen Gemeinschaftsarbeiten, also im gleichen Maße, wie diese Arbeitspflicht ja auch im Reiche bestand.

DR. SEIDL: Haben Sie im Bereich des Generalgouvernements, wie es von der Anklage behauptet wird, Bibliotheken ausgeplündert?

FRANK: Diese Frage kann ich glatt mit Nein beantworten. Die größte und wertvollste Bibliothek, die wir vorgefunden haben, die Bibliothek der Jagellonischen Universität in Krakau, die Gott sei Dank unzerstört war, habe ich selbst in ein neues Bibliotheksgebäude überführen lassen und in ihrem gesamten Bestand, einschließlich der ältesten Urkunden dort pfleglichst behandelt.

DR. SEIDL: Herr Zeuge! Haben Sie selbst als Generalgouverneur die Universitäten im Generalgouvernement geschlossen?

FRANK: Die Universitäten im Generalgouvernement waren geschlossen, als wir kamen, durch den Krieg. Die Wiedererrichtung der Universitäten war durch Befehl Adolf Hitlers verboten. Ich habe mir für die Bedürfnisse der polnischen und ukrainischen Bevölkerung dadurch geholfen, daß ich Hochschulkurse für polnische und ukrainische Studenten eingeführt habe, in denen praktisch Hochschularbeiten geleistet wurden, ohne daß die Reichsstellen irgendwie daran Kritik üben konnten. Tatsächlich war das Universitätsleben in dem durch den Krieg bedingten beschränkten Ausmaß für Polen und Ukrainer um so mehr gewährleistet, weil ja der dringendste Bedarf an einheimischen Akademikern, insbesondere Ärzten, Technikern, Juristen, Lehrern und so weiter, gegeben war.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird sich nunmehr auf zehn Minuten vertagen.