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[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]

Nachmittagssitzung.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Sagen Sie, Angeklagter, wer war der tatsächliche Leiter der Parteiarbeit der NSDAP im Generalgouvernement?

FRANK: Ich höre nichts. Ich höre gar nichts.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich frage Sie...

FRANK: Ich höre nichts.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich habe an Sie folgende Frage zu stellen: Nachdem am 6. Mai 1940 im Generalgouvernement...

FRANK: Sechsten Mai?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ja, nachdem am 6. Mai 1940 die Nazi-Organisation geschaffen wurde, wer wurde an die Spitze dieser Organisation gesetzt?

FRANK: Ich.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Demnach war in Ihrer Hand die Leitung der Nationalsozialistischen Parteiverwaltung und der Polizei konzentriert? Sie tragen also die Verantwortung für Verwaltung der Polizei und das politische Leben im Generalgouvernement?

FRANK: Wenn ich die Frage beantworten soll, dann muß ich dagegen protestieren, daß Sie sagen, ich hätte die Leitung der Polizei gehabt.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Mir scheint es, daß nur auf diese Weise der Erlaß Hitlers und andere Dokumente, die ich Ihnen bereits vorgelesen habe, verständlich sind.

FRANK: Zweifellos, wenn man die Tatsächlichkeit und die Wirklichkeit des Lebens außer acht läßt.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Gut; wollen wir jetzt zu einer anderen Gruppe von Fragen übergehen. Wie Sie sagten, haben Sie vom Bestehen Maidaneks erst im Jahre 1944 erfahren?

FRANK: Im Jahre 1944. Der Name Maidanek ist mir zum ersten Male im Jahre 1944 amtlich mitgeteilt worden von dem Pressechef Gaßner.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich möchte bitten, daß Ihnen das von Ihnen selbst verfaßte und von Ihrer Verteidigung vorgelegte Dokument, gezeigt wird. Es ist Ihr Bericht an Hitler vom Mai 1943. Ich verlese eine Stelle aus dem Bericht und möchte Sie daran erinnern, daß der Bericht vom Mai 1943 ist, Verzeihung, er ist vom 19. Juni 1943. Ich zitiere:

»Um das Mißtrauen, das der deutschen Führung entgegengehalten wird, zu beweisen, lege ich einen charakte ristischen Auszug aus dem Bericht des Hauptleiters der Polizei und des SD im Generalgouvernement bei...«

FRANK: Einen Augenblick. Mir ist die falsche Stelle gezeigt worden. Ich habe hier die Stelle im deutschen Text auf Seite 35, die lautet anders.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Haben Sie nun die Stelle gefunden?

FRANK: Ja, aber Sie haben mit einem anderen Satz begonnen. Bei mir fängt der Satz an: »Ein großer Teil der polnischen Intelligenz...«

VORSITZENDER: Welche Seite ist das?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Es ist Seite 35 des deutschen Textes, letzter Absatz.

FRANK: Der fängt bei mir an: »Ein großer Teil...«

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Schön, ich fahre mit dem Zitat fort:

»Als Beleg für den Grad des Mißtrauens« – das sind Ihre eigenen Worte, es ist etwas mehr oben im Zitat – »gegenüber der deutschen Führung füge ich einen bezeichnenden Auszug aus dem Bericht des Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des SD im Generalgouvernement für die Zeit vom 1. bis 31. Mai 1943 an, der sich mit den aus Katyn sich ergebenden Propagandamöglichkeiten befaßt.«

FRANK: Das steht nicht da. Ich möchte bitten, mir die Stelle zu zeigen. Also das, was Sie hier vortragen, steht nicht in meinem Text.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Doch, es steht auch bei Ihnen, das ist bei Ihnen etwas früher im Text.

FRANK: Das ist hier offenbar ausgelassen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich beginne jetzt mit der Stelle, die Sie unten sehen, bitte folgen Sie dem Text:

»Ein großer Teil der polnischen Intelligenz läßt sich jedoch nach wie vor von den Nachrichten aus Katyn nicht beeinflussen und hält den Deutschen angeblich gleiche Greueltaten, besonders Auschwitz, entgegen.«

Ich lasse den nächsten Satz aus und fahre mit dem Zitat Ihres Berichts fort:

»In den Arbeiterkreisen, soweit diese nicht kommunistisch eingestellt sind, wird dies kaum abgestritten, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, daß die Einstellung Deutschlands den Polen gegenüber nicht besser ist.«

Bitte, beachten Sie den nächsten Satz:

»Es beständen ja Konzentrationslager in Auschwitz und Maidanek, wo gleichfalls ein Massenmorden der Polen am laufenden Band stattfände.«

Wie soll man denn diese Stelle aus Ihrem Bericht, in der Sie über Auschwitz und Maidanek und von den dort stattfindenden Massenmorden am laufenden Band sprechen, wie soll man es mit Ihrer Aussage, von Maidanek erst im Jahre 1944 erfahren zu haben, in Einklang bringen? Ihr Bericht ist doch vom Juni 1943. Sie sprechen darin sowohl von Auschwitz als auch von Maidanek.

FRANK: Wir sprachen bezüglich Maidanek von der Judenvernichtung. Die Judenvernichtung in Maidanek habe ich im Sommer 1944 erfahren. Bisher war die Frage Maidanek immer nur im Zusammenhang mit diesen Judenvernichtungen erwähnt worden.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Also muß ich Sie folgendermaßen verstehen – ich beziehe mich auf den Ihnen vorgelegten Text –: Im Mai 1943 wußten Sie von den Massenvernichtungen der Polen in Maidanek, und im Jahre 1944 erfuhren Sie von den Massenmorden an Juden?

FRANK: Bitte? 1944 von der Judenvernichtung in Maidanek sind die amtlichen Dokumente mir geliefert worden in der Auslandspresse, ja.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Aber von den Massenmorden an Polen, davon wußten Sie doch schon 1943?

FRANK: Das steht ja in meinem Memorandum; dagegen protestierte ich, das sind ja die Tatbestände, die ich dem Führer unterbreitete.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jetzt lasse ich Ihnen noch ein Dokument vorlegen.