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[Zum Zeugen gewandt:]

Wollen Sie jetzt weiter behaupten, daß Sie keine Beziehungen zur Polizei hatten?

BÜHLER: Ich hatte tägliche Arbeitsbeziehungen mit der Polizei, das will ich in keinem Augenblick abstreiten, aber ich hatte kein Recht, Befehle an die Polizei zu geben.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jedenfalls wurde das Vermögen der in den Konzentrationslagern von Polen getöteten Juden auf Grund Ihrer Verhandlungen in die Warenlager des Generalgouvernements überführt?

BÜHLER: Das ist nicht richtig; es wurde nicht von dem Vermögen gesprochen, das von den getöteten Juden herrührte, sondern von Vermögen, das schlechthin von Juden stammte und durch die Polizei der ordnungsmäßigen Verwertung durch die Verwaltung entzogen wurde.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Konnte sich denn bei der Sicherheitspolizei und beim SD das Eigentum nicht umgebrachter Juden befinden?

BÜHLER: Warum nicht? Die Polizei hat von Anfang an die Juden für sich in Beschlag genommen und hat sich daher auch auf diese Weise in den Besitz ihres Vermögens gesetzt.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Enthielt das Lager von Auschwitz in der Chopinstraße auch das Eigentum nicht ermordeter Juden, von Juden, die am Leben geblieben sind?

BÜHLER: Diese Lager, die hier erwähnt sind, sind nicht im Sinne von Konzentrationslagern aufzufassen, sondern als Warenlager.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Welche anderen Warenlager für das bewegliche jüdische Eigentum gab es noch, außer in Konzentrationslagern?

BÜHLER: Wie es in den Konzentrationslagern aussah, wußte ich nicht, weil ich keines betreten und je gesehen habe. Daß aber die Polizei das bewegliche jüdische Eigentum in Besitz genommen hatte, das wurde mir allerdings von dem Leiter meiner Treuhandstelle erzählt.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich frage Sie: Als im Jahre 1944 die Vernichtungsmaschinerie in Auschwitz und Maidanek im vollen Gange war, welche anderen Warenlager für das bewegliche Vermögen ermordeter Juden gab es, abgesehen von denen in den Konzentrationslagern? Welche anderen Warenlager kennen Sie, wo befanden sich solche?

BÜHLER: Den Juden wurde ihr Besitz an Ort und Stelle abgenommen. Daß sich der jüdische Besitz in Konzentrationslagern befindet, habe ich nie angenommen. Ich habe von diesen Lagern auch gar nichts gewußt. Wo die Polizei dieses bewegliche Vermögen hingebracht hatte, war mir nicht klar, aber es mußten Lager existieren.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich bitte Sie, Ihre Aufmerksamkeit auf das Datum zu lenken. Es ist der 21. Februar 1944. Gab es um diese Zeit noch lebende Juden in Polen, oder waren die jüdischen Ghettos bereits leer?

BÜHLER: Die jüdischen Ghettos waren leer. Juden hat es noch gegeben, das weiß ich, weil sie weiter in der Rüstung irgendwo eingesetzt waren. Das Judenvermögen konnte nicht aus dem Raum hinausgeschafft worden sein. Es mußte irgendwo im Generalgouvernement sein, wahrscheinlich in der Nähe der Ghettos, oder wo sonst die Evakuierung der Juden stattgefunden hat. Es hat sich hier bei diesem Fernschreiben nicht – ich betone – um Warenlager gehandelt, die bei Konzentrationslagern waren, sondern diese waren an jedem Orte. Jeder Ort hatte das von der Umsiedlung der Juden herrührende Vermögen irgendwo gelagert.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Die jüdischen Ghettos waren bereits leer. Wo waren die Juden aus Polen hingekommen?

BÜHLER: Als die jüdischen Ghettos geleert wurden, hatte ich angenommen, daß sie nach dem Nordosten Europas ausgesiedelt wurden, wie mir diese Absicht der Chef des Reichssicherheitshauptamts bei der damaligen Besprechung im Februar 1942 ausdrücklich erklärt hat.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Am 21. Februar 1944 lief die Front durch das Generalgouvernement. Wie und wo wollte man die Juden im Nordosten ansiedeln?

BÜHLER: Nach der Besprechung sollte dies ja im Jahre 1942 stattfinden.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Das Dokument ist vom 21. Februar 1944 datiert.

BÜHLER: Ja.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich gehe zur nächsten Frage über. Sagen Sie, beweist nicht die Tatsache, daß der Polizeichef an jeder Besprechung beim Generalgouverneur teilnahm, und daß der Generalgouverneur besondere Besprechungen über ausschließlich polizeiliche Angelegenheiten angeordnet hatte, daß sehr enge Beziehungen zwischen den Verwaltungsämtern des Generalgouverneurs und der Gestapo bestanden?

BÜHLER: Ich habe bereits eingangs bemerkt, daß der Generalgouverneur die Auffassung vertreten hat, daß er die Befehlsgewalt über die Polizeigewalt haben müsse. Aus diesem Grunde ist es zu erklären, daß der Generalgouverneur immer wieder auch die Polizei zu Arbeitsbesprechungen an den Verhandlungstisch hergeholt hat. Das hat aber nicht ausgeschlossen, daß die Polizei ihre eigenen Wege gegangen ist und ihre eigenen Methoden angewendet hat.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Aber beim Generalgouverneur fanden Besprechungen über ausschließlich polizeiliche Belange statt?

BÜHLER: Ab und zu, ja.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Sagen Sie bitte, wer wurde, nachdem Krüger von seinem Posten als Polizeichef abberufen war, zu seinem Nachfolger bestimmt?

BÜHLER: Krüger wurde meiner Erinnerung nach im November 1943 von seiner Dienststellung in Krakau abberufen und ersetzt durch den Obergruppenführer Koppe.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Welcher Art waren Ihre persönlichen Beziehungen zu Koppe?

BÜHLER: Nachdem unter Krüger das Verhältnis zur Polizei stets feindschaftlich war, und nachdem, wenn die Verwaltung irgendeinen Wunsch hatte, der in das polizeiliche Gebiet hineinragte, von Krüger solche Wünsche stets abgeschlagen wurden, habe ich, nachdem Krüger aus Krakau weggegangen war, versucht, mit dem neuen Höheren SS- und Polizeiführer ein in kameradschaftlichen Formen sich abspielendes Verhältnis zu gewinnen, um auf diese Weise auch auf die Polizeiarbeit und die Polizeimethoden Einfluß gewinnen zu können.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Vielleicht können Sie mir kurz antworten. Wie waren Ihre persönlichen Beziehungen zu Koppe? Gut oder schlecht?

BÜHLER: Sie waren in kameradschaftliche Form gekleidet.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich lasse Ihnen ein Dokument vorlegen. Herr Vorsitzender! Sie werden die Stelle auf Seite 38, zweiter Absatz der englischen Übersetzung finden.

Ich verlese die Stelle in das Protokoll. Es ist eine Erklärung Franks an Himmler bei der Unterredung am 12. Februar 1944 in Posen.

»Unmittelbar nach der Begrüßung trat der Reichsführer-SS Himmler mit mir und SS-Obergruppenführer Koppe in die Unterredung ein. Der Reichsführer fragte mich gleich zu Beginn, wie ich mit dem neuen Staatssekretär für das Sicherheitswesen, SS-Obergruppenführer Koppe, zusammenarbeite. Ich gab meiner tiefen Befriedigung darüber Ausdruck, daß sowohl zwischen mir und SS-Obergruppenführer Koppe, wie zwischen Staatssekretär Dr. Bühler und ihm ein selten schönes Verhältnis kameradschaftlicher Zusammenarbeit herrsche.« (Dokument 2233-PS.)