[Pause von 10 Minuten.]
VORSITZENDER: Herr Dr. Seidl! Der Gerichtshof würde es begrüßen, wenn Sie jetzt Ihre Dokumente behandeln, soweit es sich um Dokumente handelt, die schon als Beweismittel vorgelegt worden sind. Falls Sie nicht auf andere Stellen darin Bezug nehmen wollen, glauben wir, daß Sie nur die Dokumente anzugeben und einzureichen brauchen, sofern es Ihnen nicht besonders wichtig erscheint, auf bestimmte Dokumente hinzuweisen. So es sich um neue Dokumente handelt, werden Sie diese zweifellos als neue Beweismittel anbieten und die notwendigen kurzen Erläuterungen dazu geben. Der Gerichtshof hofft jedoch, daß Sie imstande sind, heute nachmittag noch damit fertig zu werden. In Bezug auf Ihre anderen Bücher hören wir, daß Ihnen die Dokumente schon in deutscher Sprache zur Verfügung stehen, und darum können Sie uns diese Dokumente jetzt vorlegen.
DR. SEIDL: Herr Präsident! Auf Wunsch der Anklagevertretung, und ich glaube auch auf Wunsch des Gerichts, habe ich die ursprüngliche Fassung meiner Dokumentenbücher sehr verkleinert. Die ersten fünf Dokumentenbücher, so wie ich sie vorbereitet habe, umfaßten mehr als 800 Seiten. Die neue Fassung ist erheblich kürzer, und ich habe den deutschen Text der neuen Fassung noch nicht in Händen, so daß ich augenblicklich nicht in der Lage bin, das Gericht auf die Zahlen der Seiten hinzuweisen und die Übereinstimmung zwischen meiner Seitenzahl und der Seitenzahl der jeweiligen Übersetzung festzustellen. Wenn ich einem Wunsch Ausdruck geben darf, dann wäre es der, daß zunächst abgewartet wird, bis die fünf Dokumentenbücher in der neuen Fassung vorliegen, weil sonst die Gefahr besteht, daß die Numerierung der Seitenzahl und die Numerierung der einzelnen Beweisstücke nicht mehr so genau übereinstimmt, wie es wünschenswert wäre.
VORSITZENDER: Der Gerichtshof hält es für das beste, daß Sie jetzt mit den ersten drei Büchern beginnen. Wir haben sie auch hier.
DR. SEIDL: Wenn das Gericht die ersten drei Bände hat, dann will ich jetzt beginnen. Ich beginne mit Band I. Das erste Dokument auf Seite 1 ist der Erlaß des Führers und Reichskanzlers über die Verwaltung der besetzten polnischen Gebiete vom 12. Oktober 1939. Dieser Erlaß umschreibt im einzelnen die Befugnisse des Generalgouverneurs. In Paragraph 5 und in Paragraph 6 wird ein Teil der Einschränkungen in der Zuständigkeit des Generalgouverneurs wiedergegeben, auf den bereits die Zeugen Dr. Lammers und Dr. Bühler verwiesen haben. Dieses Dokument trägt die Nummer 2537-PS und es wird Beweisstück Frank Nummer 2.
Ich gehe über zu Seite 3 des Dokumentenbuches. Dieses Dokument ist der Erlaß des Führers über die Errichtung eines Staatssekretariats für das Sicherheitswesen im Generalgouvernement vom 7. Mai 1942. Ich zitiere Paragraph 2:
»Der Staatssekretär für das Sicherheitswesen ist zugleich Vertreter des Reichsführers-SS in dessen Eigenschaft als Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums.«
Auf Seite 4 zitiere ich Absatz IV:
»Der Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei kann dem Staatssekretär für das Sicherheitswesen auf dem Gebiet des Sicherheitswesens und der Festigung deutschen Volkstums unmittelbar Weisungen erteilen.«
Dieses Dokument wird Beweisstück Frank Nummer 3.
Hinter diesen Erlaß des Führers vom 7. Mai 1942 gehört nun der Erlaß über die Überweisung von Dienstgeschäften auf den Staatssekretär für das Sicherheitswesen vom 23. Juni 1942. Ich weiß nun nicht, ob dieser Erlaß in dieses Heft bereits eingebunden ist. Anscheinend ist dieser Erlaß, der nachträglich noch hinzugekommen ist, noch nicht übersetzt.
VORSITZENDER: Welches Datum?
DR. SEIDL: Vom 23. Juni 1942.
VORSITZENDER: Wir haben einen Erlaß vom 27. Mai 1942.
DR. SEIDL: Dieser Erlaß ist anscheinend noch nicht übersetzt, weil er nachträglich hinzugekommen ist, und ich werde ihn nachträglich noch in das Dokumentenbuch einfügen. Er wird Beweisstück Frank Nummer 4.
Es heißt in Paragraph 1 dieses Erlasses:
»Die in den Anlagen A und B aufgeführten Sachgebiete der Polizeiverwaltung und des Polizeirechts gehen auf den Staatssekretär für das Sicherheitswesen über.«
In Anlage 1 werden die Sachgebiete der Ordnungspolizei aufgeführt, und zwar in 15 Nummern – nein, ich muß mich berichtigen, in 26 Nummern und in Anlage B die Sachgebiete der Ordnungspolizei in 21 Nummern.
Ich gehe dann über zu Dokumentenbuch I, Seite 5. Es ist ein Erlaß des Führers über die Ernennung der Beamten und die Beendigung des Beamtenverhältnisses im Geschäftsbereich des Generalgouvernements vom 20. Mai 1942. Ich zitiere aus Ziffer 3, Absatz 2:
»Zum Geschäftsbereich des Generalgouverneurs im Sinne dieses Erlasses gehören nicht die zum Bereich des Reichsführers-SS und Chefs der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern und die zum Zollgrenzschutz gehörigen Beamten.«
Ich gehe dann über auf Seite 6 des Dokumentenbuches zu dem Erlaß des Führers und Reichskanzlers zur Festigung des deutschen Volkstums vom 7. Oktober 1939. Dieser Erlaß ist bereits US-Beweisstück 305 (Dokument 686-PS).
Das nächste Dokument ist das Schreiben des Reichsmarschalls Göring an den Chef der Sicherheitspolizei und des SD vom Juli 1941.
MR. DODD: Herr Vorsitzender! Ich möchte vorschlagen, daß die Beweisstücke numeriert werden, damit wir folgen können und später die Reihenfolge haben, in der sie eingereicht wurden. Das letzte und dieses hier haben noch keine Beweisstücknummer erhalten.
MR. FRANCIS BIDDLE, MITGLIED DES GERICHTSHOFS FÜR DIE VEREINIGTEN STAATEN: Das letzte war doch Frank Nummer 5, nicht wahr?
VORSITZENDER: Nein, Frank Nummer 5 war das vom 27. Mai 1942.
MR. DODD: Das wußten wir nicht, wir haben die Nummer über das Lautsprechersystem nicht bekommen. Ich bitte um Entschuldigung.
VORSITZENDER: Es ist vielleicht nicht gesagt worden, ich habe es von mir aus notiert. Wollen Sie uns bitte, Herr Dr. Seidl, jedesmal die Beweisstücknummer der einzelnen Dokumente geben. Sie sprechen jetzt von dem Schreiben vom 31. Juli 1941?
DR. SEIDL: Jawohl. Dieser Brief hat bereits eine US-Nummer, und zwar 509.
VORSITZENDER: Gut, einen Augenblick, vielleicht bin ich im Irrtum. Ja, Herr Dodd! Ich glaube, ich habe mich geirrt. Der Grund, warum Dr. Seidl keine Nummer gegeben hat, ist der, daß es bereits als Beweisstück US-305 vorliegt. Ich habe mich geirrt. Es ist nicht Frank Nummer 5; er ist nur bis Frank Nummer 4 gekommen. Das nächste ist US-509.
DR. SEIDL: 509 (Dokument 710-PS). Ich gehe über auf Seite 10 des Dokumentenbuches. Es ist das ein Befehl... es sind dies die Richtlinien des OKW zum Fall »Barbarossa«, 447-PS, US-135, und ich zitiere Absatz 2:
»Eine Erklärung Ostpreußens und des Generalgouvernements zum Operationsgebiet des Heeres ist nicht beabsichtigt. Dagegen ist der Oberbefehlshaber des Heeres auf Grund der nichtveröffentlichten Führererlasse vom 19. und 21.10.1939 berechtigt, diejenigen Maßnahmen anzuordnen, die zur Durchführung seines militärischen Auftrages und zur Sicherung der Truppe notwendig sind.«
Ich gehe über auf Seite 11 des Dokumentenbuches. Hier handelt es sich um eine Anordnung zur Durchführung des Erlasses des Führers über den Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz vom 27. März 1942. Ich zitiere Ziffer 4:
»Dem Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz stehen zur Durchführung seiner Aufgaben die mir vom Führer übertragenen Weisungsrechte an die Obersten Reichsbehörden, ihre nachgeordneten Dienststellen sowie an die Dienststellen der Partei und ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbände, an den Reichsprotektor, den Generalgouverneur, die Militärbefehlshaber und die Chefs der Zivilverwaltungen zur Verfügung.«
Dieses Dokument wird Beweisstück Frank Nummer 5.
Das nächste Dokument befindet sich auf Seite 12. Es ist der Erlaß des Führers über einen Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz vom 21. März 1942, aus welchem sich ergibt, daß dessen Weisungsrecht sich auch auf das Generalgouvernement bezogen hat. Es wird Beweisstück Frank Nummer 6.
Das Dokument auf Seite 13 des Dokumentenbuches bezieht sich ebenfalls auf das Weisungsrecht des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz. Es ist bereits Beweisstück US-206, 3352-PS.
Das Dokument auf Seite 15 ist ein Schreiben des Professors Dr. Kubiojowytsch, des Leiters des ukrainischen Hauptausschusses, an den Angeklagten Dr. Frank. Es trägt bereits die Nummer US-178, und ich lese lediglich den ersten Satz aus diesem Dokument, um zu zeigen, wie das Verhältnis zwischen dem Angeklagten Dr. Frank und dem Verfasser dieses Briefes war. Er schreibt nämlich:
»Ihrem Wunsche entsprechend, übersende ich Ihnen diesen Brief, in dem ich kurz die Mißstände und die peinlichen Vorfälle, welche eine besonders schwere Lage der ukrainischen Bevölkerung im Generalgouvernement hervorrufen, darlegen möchte.«
Ich gehe dann über auf Seite 16 des Dokumentenbuches. Es ist das ein Auszug aus dem Beweisstück US-275, 1061-PS, und zwar ist das der Bericht des SS-Brigadeführers Stroop über die Vernichtung des Warschauer Ghettos. Ich zitiere den zweiten Absatz der Ziffer II, aus welchem sich ergibt, daß der Befehl dazu unmittelbar vom Reichsführer-SS Himmler gegeben wurde:
»Im Januar 1943 wurde vom Reichsführer-SS anläßlich seines Besuches in Warschau dem SS- und Polizeiführer im Distrikt Warschau der Befehl erteilt, die im Ghetto untergebrachten Rüstungs- und wehrwirtschaftlichen Betriebe mit Arbeitskräften und Maschinen nach Lublin zu verlagern.«
Hinter Seite 16 des Dokumentenbuches gehört nun richtig die eidesstattliche Versicherung, die die Anklagevertretung im Kreuzverhör des Angeklagten Dr. Kaltenbrunner vorgelegt hat.
OBERST Y. V. POKROWSKY, STELLVERTRETENDER HAUPTANKLÄGER FÜR DIE SOWJETUNION: Soweit ich sehe, liegt hier ein Mißverständnis vor. Unter der Nummer, die Dr. Seidl in seinem Dokumentenbuch nannte, befindet sich kein Dokument über das Warschauer Ghetto, sondern ein Dokument des Polizeichefs und SS-Führers in Galizien über die Lösung der Judenfrage in Galizien. Ich möchte bitten, diese Frage aufzuklären.
DR. SEIDL: Das Dokument auf Seite 16 ist der Bericht des SS-Brigadeführers Stroop, der bereits unter US-275 vorgelegt wurde. Der Bericht des SS-Führers Katzmann, an den offenbar der sowjetische Anklagevertreter denkt, über die Lösung der Judenfrage in Galizien kommt erst auf Seite 17 des Dokumentenbuches, also auf der nächsten Seite. Anscheinend ist es übersehen worden, in dem Dokumentenbuch für die Sowjetische Anklagebehörde diese Seite 16 mit einzuheften. Hinter diesen Bericht des Brigadeführers Stroop unter US-275 würde nun auf Seite 16a die eidesstattliche Versicherung des SS-Brigadeführers Stroop gehören, die im Kreuzverhör des Angeklagten Dr. Kaltenbrunner unter US-804 vorgelegt wurde. Diese eidesstattliche Versicherung trägt die Nummer 3841-PS. Ich konnte diese eidesstattliche Versicherung in das Dokumentenbuch nicht mehr aufnehmen, weil diese eidesstattliche Versicherung von der Anklagevertretung erst zu einem Zeitpunkt vorgelegt wurde, als ich das Dokumentenbuch bereits zum Übersetzen gegeben hatte.
Auf Seite 16b würde ein weiteres Dokument kommen, das ebenfalls im Rahmen des Kreuzverhörs dem Angeklagten Dr. Kaltenbrunner vorgelegt wurde, und zwar die eidesstattliche Versicherung des Karl Kaleske.
Diese eidesstattliche Versicherung hat die Nummer US-803, 3840-PS. Das würde dann Seite 16b des Dokumentenbuches werden.
Ich komme nun zu dem Bericht, den der sowjetische Anklagevertreter im Auge gehabt hat und der sich mit der Lösung der Judenfrage in Galizien befaßt. Er befindet sich auf Seite 17 des Dokumentenbuches. Diese Maßnahme hat die Nummer US-277 und die Nummer L-18. Ich zitiere wörtlich die Seiten 4 und 5:
»Nachdem in immer mehr Fällen festgestellt wurde, daß die Juden es verstanden hatten, sich bei ihren Arbeitgebern durch Beschaffung von Mangelwaren und so weiter unentbehrlich zu machen, mußten ganz drakonische Maßnahmen unsererseits eingeleitet werden.«
Ich gehe jetzt zum Absatz 2 über und zitiere wörtlich:
»Da die Verwaltung nicht in der Lage war und sich zu schwach zeigte, diesem Chaos Herr zu werden, wurde kurzerhand der gesamte Arbeitseinsatz der Juden vom SS- und Polizeiführer übernommen. Die bestehenden jüdischen Arbeitsämter, die mit Hunderten von Juden besetzt waren, wurden aufgelöst, sämtliche Arbeitsbescheinigungen von Firmen und Dienststellen für ungültig erklärt und die von den Arbeitsämtern den Juden gegebenen Karten durch Abstempelung der Polizeidienststellen neu gültig gemacht.«
Ich gehe über auf Seite 19 des Dokumentenbuches. Hier handelt es sich um einen Brief des Reichsministers und Chefs der Reichskanzlei an den Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei Himmler vom 17. April 1943. Dieses Dokument hat die Nummer 2220-PS und die Beweisstücknummer US-175. Ich zitiere wörtlich:
»In unserer Besprechung am 27. März d. J. waren wir übereingekommen, daß über die Zustände im Generalgouvernement schriftliche Unterlagen ausgearbeitet werden sollten, auf die sich unser in Aussicht genommener gemeinsamer Vortrag beim Führer stützen kann.
Das zu diesem Zweck von SS-Obergruppenführer Krüger zusammengestellte Material ist Ihnen bereits unmittelbar zugegangen. Auf Grund dieses Materials habe ich eine Aufzeichnung fertigen lassen, die die wichtigsten Punkte dieses Materials zusammenfaßt, übersichtlich gliedert und in der Herausstellung der zu ergreifenden Maßnahmen gipfelt.
Die Aufzeichnung ist mit Obergruppenführer, Krüger abgestimmt und besitzt sein volles Einverständnis. Ein Stück von ihr lasse ich Ihnen anbei zugehen.«
Es ist gezeichnet: »Dr. Lammers.«
Ich gehe über auf Seite 20 des Dokumentenbuches und zitiere wörtlich:
»Geheim! – Betrifft die Zustände im Generalgouvernement...
Die deutsche Verwaltung im Generalgouvernement hat folgende Aufgaben zu erfüllen:
1. Zum Zwecke der Ernährungssicherung des deutschen Volkes die landwirtschaftliche Produktion zu steigern und möglichst restlos zu erfassen, der einheimischen Bevölkerung, die in kriegswichtiger Arbeit eingesetzt ist, auskömmliche Rationen zuzustellen und das übrige für Wehrmacht und Heimat abzuführen.«
Die folgenden Ziffern lasse ich aus und gehe sofort über zu Ziffer B, wo von Krüger, beziehungsweise seinem Helfer, Kritik an den Maßnahmen des Generalgouverneurs geübt wird. Ich zitiere wörtlich:
»Den unter A bezeichneten Aufgaben gegenüber hat die deutsche Verwaltung im Generalgouvernement weitgehend versagt. Wenn es auch im Jahre 1942 gelungen ist, das Ablieferungssoll an landwirtschaftlichen Erzeugnissen für Wehrmacht und Heimat zu einem verhältnismäßig hohen Bruchteil, nämlich mit über 90 Prozent, zu erfüllen und auch bei der Gestellung von Arbeitskräften für die Heimat die Anforderung im allgemeinen zu decken, so ist demgegenüber doch zweierlei festzustellen: Einmal waren diese Leistungen im Jahre 1942 erstmalig. Vorher war zum Beispiel an Brotgetreide lediglich 40000 Tonnen für die Wehrmacht geliefert worden. Zweitens und vor allem aber ist verabsäumt, für die Aufbringung solcher Leistungen diejenigen Voraussetzungen organisatorischer, wirtschaftlicher und politischer Art zu schaffen, die unerläßlich sind, wenn derartige Leistungen nicht zu einer Erschütterung der Gesamtverhältnisse führen soll, aus der mit der Zeit in jeder Hinsicht chaotische Zustände entstehen können. Dieses Versagen der deutschen Verwaltung erklärt sich einmal aus dem durch den Generalgouverneur persönlich verkörperten System der deutschen Verwaltungs- und Regierungstätigkeit im Generalgouvernement, und zweitens aus den verfehlten Grundlinien der Politik in allen für die Verhältnisse des Generalgouvernements entscheidenden Fragen.
2. Der Geist der deutschen Verwaltung im Generalgouvernement.
Das Bestreben des Generalgouverneurs ging von Anbeginn darauf aus, aus dem Generalgouvernement ein Staatsgebilde zu machen, das in vollkommener Unabhängigkeit vom Reich sein eigenes Dasein führen sollte.«
Ich gehe dann über zu Seite 22 des Berichts, zu Ziffer 3 und zitiere hier wörtlich:
»3. Die Behandlung der einheimischen Bevölkerung kann nur auf der Grundlage einer sauberen und geordneten Verwaltungs- und Wirtschaftsführung in die richtigen Bahnen geführt werden. Nur eine solche Grundlage gestattet es, die einheimische Bevölkerung auf der einen Seite streng und wenn nötig auch hart anzupacken, auf der anderen Seite aber auch großzügig zu verfahren und durch gewisse Freiheiten, zumal auf kulturellem Gebiet, bei der Bevölkerung ein gewisses Maß von Zufriedenheit hervorzurufen. Ohne eine solche Grundlage stärkt Härte die Widerstandsbewegung und unterhöhlt Entgegenkommen das deutsche Ansehen. Daß es an dieser Grundlage fehlt, ergibt sich aus dem oben Gesagten. Statt darauf bedacht zu sein, diese Grundlage herzustellen, inauguriert der Generalgouverneur eine Förderung des kulturellen Eigenlebens der polnischen Bevölkerung, die an sich schon über das Ziel hinausschießt, unter den obwaltenden Verhältnissen aber und nicht zuletzt im Zusammenhang mit unserer militärischen Lage im letzten Winter nur als Schwäche ausgelegt werden konnte und das Gegenteil des erstrebten Zieles erreichen muß.
4. Das Verhältnis von Volksdeutschen und der polnisch-ukrainischen Bevölkerung im Generalgouvernement.
Zahlreich sind die Fälle, in denen die deutsche Verwaltung die Belange der Volksdeutschen im Generalgouvernement hinter den Interessen der Polen und Ruthenen hat zurücktreten lassen in dem Bestreben, die letzteren für uns zu gewinnen. Es wurde der Standpunkt vertreten, daß anderswo ausgesiedelte Volksdeutsche nicht sogleich als Siedler, sondern für die Dauer des Krieges nur als Landarbeiter anzusetzen wären. Rechtsgrundlagen für die Enteignung polnischen Besitzes wurden bisher nicht geschaffen. Schlechter Behandlung von Volksdeutschen Arbeitern durch ihre polnischen Betriebsführer wurde nicht Einhalt geboten. Reichs- und Volksdeutsche Patienten ließ man in polnischen Krankenanstalten von polnischen Ärzten teuer und schlecht behandeln. In deutschen Bädern des Generalgouvernements stieß die Unterbringung von reichsdeutschen Kindern aus bombengefährdeten Gebieten und von Stalingradkämpfern auf Schwierigkeiten, während Fremdvölkische dort Kuraufenthalt nahmen und dergleichen mehr.
Die großen Ansiedlungsvorhaben im Distrikt Lublin zugunsten von Volksdeutschen hätten reibungsloser durchgeführt werden können, wenn der Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums bei der Verwaltung die wünschenswerte Mitarbeit und Förderung gefunden hätte...«
Ich gehe über auf Seite 24 und zitiere unter Ziffer C wörtlich:
»Das durch den Generalgouverneur persönlich verkörperte Verwaltungssystem und das sachliche Versagen der deutschen allgemeinen Verwaltung auf den verschiedensten Gebieten von ausschlaggebender Bedeutung haben nicht nur das Vertrauen und die Arbeitswilligkeit der einheimischen Bevölkerung erschüttert, sondern es auch zuwege gebracht, daß sich das gesellschaftlich zerklüftete und durch seine ganze Geschichte hindurch stets uneinige Polentum zu einem in seiner Deutschfeindlichkeit geschlossenen Volkskörper zusammengefunden hat. In einer Welt des Scheins fehlen die realen Fundamente, auf denen allein diejenigen Leistungen, die das Reich vom Generalgouvernement verlangen und diejenigen Ziele, die es in ihm verwirklicht sehen muß, auf die Dauer bewerkstelligt und erfüllt werden können. Die Nichterfüllung der der allgemeinen Verwaltung gestellten Aufgaben mußte, wie zum Beispiel auf dem Gebiet der Festigung des deutschen Volkstums... naturgemäß dazu führen, daß andere Verwaltungskörper (Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums und Polizei) sich dieser Aufgaben annahmen.«
Ich gehe nun über zur Seite 27 des Dokumentenbuches. Es ist das der bereits wiederholt erwähnte Bericht des Generalgouverneurs an den Führer vom 19. Juni 1943. Dieses Dokument hat die Nummer 437-PS, US-Beweisstück 610.
Von diesem Dokument hat die Anklage bis jetzt lediglich Seite 10 und 11 vorgelegt. Es sind das gerade die Punkte, die in diesem Memorandum vom Generalgouverneur auf das schärfste verurteilt wurden.
VORSITZENDER: Sie sprechen jetzt von dem Bericht, der auf Seite 20 beginnt?
DR. SEIDL: Ich spreche von dem Bericht, der auf Seite 27 anfängt. Mit dem Bericht, der auf Seite 20 anfängt, bin ich bereits zu Ende.
VORSITZENDER: Welche Nummer gaben Sie dem Bericht auf Seite 20?
DR. SEIDL: Der Bericht auf Seite 20 ist ein wesentlicher Bestandteil des Schreibens, das auf Seite 19 beginnt und das bereits die Nummer US-175 hat.
VORSITZENDER: O ja, ich verstehe.
DR. SEIDL: Ich gehe nun über zu dem Dokument auf Seite 27. Es ist das Memorandum, das bereits von verschiedenen Zeugen erwähnt wurde und das von der Anklagevertretung unter Nummer US-610, 437-PS, vorgelegt wurde. Von diesem Bericht wurden von der Anklage lediglich Seite 10 und 11 des Berichts verlesen – das ist Seite 36 und 37 des Dokumentenbuches –, also nur die Stellen, die in dem Bericht als Übergriffe der Polizei verurteilt wurden, und gegen deren Übergriffe sich der Generalgouverneur beim Führer beschwert hat. Ich beabsichtige nicht, das gesamte Memorandum zu verlesen, sondern will sofort übergehen auf Seite 27 des Berichtes, das ist Seite 53 des Dokumentenbuches. Und zwar zitiere ich unter Ziffer 2:
»2. Die nahezu vollständige Einstellung der Betätigungsmöglichkeit auf dem kulturellen Sektor hat bis in die unteren Schichten des polnischen Volkes hinein zu einer erheblichen Mißstimmung geführt. Die polnische Mittel- und Oberschicht ist außerordentlich geltungshungrig. Erfahrungsgemäß liegt in der Möglichkeit einer kulturellen Betätigung gleichzeitig die Ablenkung von politischen Tagesfragen eingeschlossen. Die deutsche Propaganda stößt vielfach auf den von polnischer Seite vorgebrachten Einwand, daß die von der deutschen Herrschaft erzwungene Einschränkung der kulturellen Betätigung nicht nur keinen Unterschied gegenüber der bolschewistischen Kulturlosigkeit aufweist, sondern sogar unter dem den Sowjetbürgern zugebilligten Maße kultureller Betätigung verbleibt...
3. Auf der gleichen Ebene steht die Schließung der Hochschulen, der höheren Schulen und der Mittel schulen. Ihr wohldurchdachter Zweck ist zweifellos das Absinken des polnischen Bildungsniveaus. Die Verwirklichung dieses Zieles erscheint, auf die Kriegsnotwendigkeiten zugeschnitten, nicht immer den deutschen Interessen dienlich. Mit der Dauer des Krieges verstärkt sich auch auf den verschiedensten Wissensgebieten das deutsche Interesse an der Mobilisierung geeigneter fremdvölkischer Nachwuchskräfte. Viel bedeutungsvoller ist aber die Tatsache, daß die Lahmlegung des Schulwesens und die weitgehende Unterbindung der kulturellen Betätigung in steigendem Maße zur Förderung einer gegen Deutschland verschworenen polnischen Volksgemeinschaft unter Führung der Intelligenz beiträgt. Was im Laufe der Geschichte des polnischen Volkes, was selbst in den ersten Jahren der deutschen Herrschaft nicht möglich war, nämlich die Herbeiführung einer auf ein einheitliches Ziel ausgerichteten und innerlich auf Gedeih und Verderb zusammenhaltenden Volksgemeinschaft, droht nun durch die deutschen Maßnahmen langsam aber sicher Wirklichkeit zu werden. An diesem Prozeß der Zusammenschließung der einzelnen polnischen Bevölkerungsschichten kann die deutsche Führung angesichts der damit wachsenden Abwehrkraft der Polen nicht achtlos vorübergehen. Die deutsche Führung müßte auch durch gewisse kulturelle Konzessionen die Klassengegensätze fördern und nach Möglichkeit eine Bevölkerungsschicht gegen die andere ausspielen können.
4. Die Arbeitererfassung und die bei ihr allerdings viel fach unter dem unausweichlichen Druck der Verhältnisse beobachteten Methoden haben, gefördert durch eine geschickte bolschewistische Agitation, eine ungeheure Haßstimmung in weitesten Kreisen erzeugt. Die hierbei gewonnenen Arbeiter kommen vielfach mit einer tiefgründigen Entschlossenheit zum positiven Widerstand, ja zur aktiven Sabotage zum Einsatz. Eine Verbesserung der Werbemethoden in Verbindung mit der Weiterarbeit an der Abstellung von immer noch vorhandenen Mißständen in der Behandlung der polnischen Arbeiter im Reich, eine auch nur notdürftige Fürsorge endlich für die zurückgebliebenen Familienangehörigen würde eine Stimmungsverbesserung auf diesem Gebiet bewirken, die sich in Hebung der Arbeitsfreude und Produktionssteigerung im deutschen Interesse umsetzen würde.
5. Die deutsche Verwaltung ist zu Beginn des Krieges unter Entfernung des polnischen Elements in allen wichtigen Stellen aufgebaut worden. Der vorhandene Bestand an deutschen Kräften war schon immer quantitativ und qualitativ unzulänglich. Im vergangenen Jahr vollends mußte unter dem Druck der Ersatzanforderungen der Wehrmacht eine sehr erhebliche Abgabe deutscher Arbeitskräfte erfolgen. Es mußten schon bisher zwangsläufig nichtdeutsche Arbeitskräfte in verstärktem Maße herangezogen werden. Bei einer wesentlichen Änderung in der Behandlung der Polen könnte die Verwaltung unter Beachtung aller gebotenen Vorsicht das polnische Element stärker zur Mitarbeit heranziehen, ohne welche die Verwaltung bei dem gegenwärtigen Kräftebestand, von späteren Abzügen nicht zu reden, gar nicht aufrechterhalten werden kann. Die stärkere Beteiligung der Polen würde auch an sich zu einer weiteren Verbesserung der Stimmung beitragen.
Neben den in diesen Vorschlägen aufgezeigten positiven Änderungen bedürfen eine Reihe von Methoden, die bisher bei der Behandlung der Polen beobachtet wurden, einer Abänderung oder müssen sogar zumindest während der Dauer des europäischen Kampfes völlig eingestellt werden.
1. Daß Beschlagnahme und Aussiedlung auf dem Gebiet landwirtschaftlichen Grund und Bodens für die landwirtschaftliche Erzeugung weitgehende und nicht wieder gutzumachende Störungen mit sich gebracht haben, habe ich bereits in Sonderberichten dargetan. Nicht minder groß ist der stimmungsmäßig mit solchen Aktionen verbundene Schaden. Schon die Beschlagnahme eines Großteils des polnischen Großgrundbesitzes hat die naturgemäß stets antibolschewistisch eingestellten davon betroffenen Schichten des polnischen Volkes verständlicherweise verbittert. Ihre gegnerische Einstellung fällt aber wegen ihrer geringen zahlenmäßigen Stärke und ihrer völligen Absonderung von der Masse des Volkes lange nicht so ins Gewicht, wie die Haltung der Masse der meist kleinbäuerlichen Bevölkerung. Die aus wehrpolitischen Gründen zweifellos notwendige Aussiedlung polnischer Bauern aus dem Wehrplangebiet hat schon eine ungünstige Auswirkung auf die Gesin nung und Haltung vieler Bauern gehabt. Immerhin hielt sich diese Aussiedlung räumlich in gewissen Grenzen. Sie wurde auch durch sorgfältige Vorbereitung seitens der Regierungsdienststellen unter Vermeidung unnötiger Härten durchgeführt. Die vom Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums für notwendig erachtete Aussiedlung polnischer Bauern im Distrikt Lublin mit dem Ziel der Einsetzung volksdeutscher Siedler war schon im Umfange ungleich wichtiger. Sie wurde dazu noch, wie ich bereits gesondert berichtet habe, in einem Tempo und nach Methoden durchgeführt, welche eine überhaupt nicht meßbare Erbitterung unter der Bevölkerung geschaffen haben. Familien wurden in kürzester Frist auseinandergerissen, die Arbeitsfähigen ins Reich verschickt, während alte Leute und Kinder in leerstehende Judenghettos eingewiesen wurden. Dies ist mitten im Winter 1942/43 geschehen, wobei unter der ausgesiedelten Bevölkerung erhebliche Verluste, besonders unter dem letztgenannten Personenkreis, eingetreten sind. Mit der Aussiedlung war eine völlige Enteignung der beweglichen und unbeweglichen Habe der Bauern verbunden. Die gesamte Bevölkerung verfiel in den Glauben, daß die bisherige Aussiedlung den Anfang einer Gesamtaussiedlung der Polen aus dem Gebiet des Generalgouvernements bedeute. Allgemein wurde die Auffassung vertreten, daß es den Polen ähnlich ergehen würde wie den Juden. Für die kommunistische Agitation war die Umsiedlung im Distrikt Lublin eine willkommene Gelegenheit, um mit der ihr eigenen Geschicklichkeit die Stimmung im ganzen Generalgouvernement, ja bis in die eingegliederten Ostgebiete hinein, nachhaltig zu vergiften. So kam es, daß erhebliche Teile der Bevölkerung in den Aussiedlungsgebieten, aber auch in von ihr nicht betroffenen Gebieten in die Wälder geflüchtet sind und den Banden erheblichen Zulauf gebracht haben. Die Folge war eine ungeheure Verschlechterung der Sicherheitslage. Diese zur Verzweiflung getriebenen Menschen werden von geschickten Agenten zu einer planmäßigen Störung der landwirtschaftlichen und industriellen Produktion mißbraucht.
2. Daß die Gewährleistung der Sicherheit der Person eine unabdingbare Voraussetzung für eine bessere Einschaltung der Masse der polnischen Bevölkerung im Abwehrkampf gegen den Bolschewismus bildet, ist bereits bei der ersten Erwähnung des Katyner Verbrechens dargetan. Der mangelnde Schutz vor willkürlich erscheinenden Verhaftungen und Erschießungen ist ein Hauptargument kommunistischer Propagandaparolen. Erschießungen von Frauen, Kindern und Greisen in aller Öffentlichkeit, wie sie immer wieder ohne Wissen und gegen den Willen der Führung durchgeführt worden sind, müssen unter allen Umständen unterbleiben. Selbstverständlich fallen hierunter nicht öffentliche Hinrichtungen von Banditen und Partisanen. Bei Kollektivstrafen, die fast immer Unschuldige treffen und gegen eine in ihrer Grundhaltung politisch indifferente Bevölkerung ver hängt werden, kann die ungünstige psychologische Auswirkung überhaupt nicht ernst genug genommen werden. Schwerwiegende Strafmaßnahmen und Hinrichtungen sollten nur nach Durchführung eines wenigstens dem primitivsten Rechtsempfinden entsprechenden Verfahrens und unter Verkündung eines Urteils erfolgen. Auch wenn das Gerichtsverfahren noch so einfach, noch so mangelhaft und improvisiert durchgeführt wird, vermeidet oder mildert es die ungünstigen Auswirkungen einer von der Bevölkerung als rein willkürlich empfundenen Strafmaßnahme und beeinträchtigt die bolschewistische Agitation, welche die jetzigen deutschen Maßnahmen nur als Vorspiel zu künftigen Ereignissen darstellt. Dazu kommt, daß Kollektivstrafen, die sich naturgemäß vorwiegend gegen Unschuldige, im schlimmsten Fall Gezwungene oder Verzweifelte richten, nicht gerade als Zeichen der Stärke der herrschenden Macht bewertet werden, von der die Bevölkerung erwartet, daß sie die Terroristen selbst trifft und sie dadurch von der auf ihr lastenden Unsicherheit befreit.«
Ich gehe nun über zu Seite 37 des Berichts und zitiere unter 3.):
»Neben den unter 1. und 2. aufgezeigten wichtigsten Voraussetzungen für die Befriedung des Generalgouvernements muß auch bei der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung die Sicherheit des Eigentums gewährleistet bleiben, wenn dem nicht zwingende Kriegsnotwendigkeiten entgegenstehen. Entschädigende Enteignungen oder Beschlagnahmen auf dem industriellen Sektor, bei Handel und Gewerbe und sonstigem Privateigentum sollten in jedem Falle unterbleiben, sofern sich nicht der Eigentümer oder Verfügungsberechtigte gegen die deutsche Autorität vergangen hat. Ist die Inanspruchnahme von industriellen Unternehmungen, gewerblichen Betrieben oder Grundstücken aus kriegswichtigen Gründen erforderlich, sollte in jedem Falle unter Vermeidung von Härten und unter Gewährung einer angemessenen Entschädigung vorgegangen werden. Durch ein solches Vorgehen würde einerseits die Initiative polnischer Unternehmer gefördert und andererseits eine Schädigung deutscher kriegswirtschaftlicher Interessen vermieden werden.
4. Bei der Beeinflussung der Stimmung der Polen kommt dem Einfluß der katholischen Kirche eine Bedeutung zu, die gar nicht überschätzt werden kann. Ich verkenne nicht, daß die katholische Kirche immer zu den Vorkämpfern eines staatlich unabhängigen Polens gehört hat. Zahlreiche Geistliche haben auch nach der deutschen Besetzung noch ihren Einfluß in dieser Richtung geltend gemacht. Auch in diesen Kreisen sind Hunderte von Verhaftungen durchgeführt worden. Eine Reihe von Priestern sind in Konzentrationslager überführt und auch erschossen worden. Für die Gewinnung der Stimmung der polnischen Bevölkerung ist aber, wenn auch nicht eine Mitarbeit, doch wenigstens eine legale Haltung der Kirche erforderlich. Sie kann zweifellos gerade heute unter dem Eindruck des Verbrechens von Katyn für eine Verstärkung der Abwehrfront gegen den Bol schewismus im polnischen Volk gewonnen werden, weil sie schon aus Selbsterhaltungstrieb eine bolschewistische Herrschaft im Weichselraum ablehnen muß. Voraussetzung hierfür ist aber, daß künftig alle nicht durch unmittelbare Kriegsinteressen gebotenen Maßnahmen gegen ihre Betätigung und ihren Besitzstand unterlassen werden. Bis in die letzte Zeit ist durch Schließung von Klöstern, kirchlichen Anstalten und Wohltätigkeitseinrichtungen ein Schaden angerichtet worden...«
VORSITZENDER: Dr. Seidl! Ich dachte, Ihre Auszüge würden kurz sein. Sie haben nunmehr von Seite 53 bis Seite 65 vorgelesen.
DR. SEIDL: Herr Präsident. Dieses Dokument ist das einzige dieser Art, das mir zur Verfügung steht, und im Hinblick darauf, daß die Anklage nur die Stellen wörtlich zitiert hat, die der Angeklagte Dr. Frank selbst gerade auf das schärfste verurteilt hat, hielt ich es für meine Pflicht, nun auch meinerseits eine größere Anzahl von Stellen wörtlich zu zitieren, und den Gesamteindruck richtig wiederzugeben und zu zeigen, was eigentlich der Angeklagte Dr. Frank mit diesem Dokument erreichen wollte. Aber ich werde nur noch wenige Zeilen zitieren und dann auf ein anderes Dokument übergehen.
VORSITZENDER: Ich hatte gehofft, ein oder zwei Auszüge aus diesem Dokument würden zeigen, was der Angeklagte Frank erreichen wollte, ein oder zwei Absätze.
DR. SEIDL: Ich gehe dann sofort auf das nächste Dokument über, Herr Präsident. Es ist das auf Seite 68 die eidesstattliche Versicherung des Zeugen Dr. Bühler, die ich dem Zeugen heute vorgehalten habe und die die Beweisstücknummer Frank 1 erhalten hat. Seite 68 des Dokumentenbuches.
Seite 70 ist das Beweisstück US-473, L-49. Wenn ich mich recht erinnere, dann ist dieses Dokument von der Anklage bereits ganz verlesen worden, und ich bitte das Gericht, lediglich auch im Beweisverfahren für den Angeklagten Frank amtlich davon Kenntnis nehmen zu wollen.
Seite 72 des Dokumentenbuches ist eine eidesstattliche Versicherung des früheren Kreishauptmanns Dr. Albrecht. Um korrekt zu sein, muß ich sagen, daß es sich hier noch nicht um eine eidesstattliche Versicherung im engeren Sinne handelt. Es handelt sich in Wirklichkeit zunächst nur um ein Schreiben, das dieser Kreishauptmann Dr. Albrecht über den Generalsekretär des Gerichts an mich gerichtet hat. Ich habe dann dieses Schreiben zurückgeschickt, damit es von dem Zeugen beeidet würde. Ich muß aber sagen, daß bis jetzt das beeidete Protokoll noch nicht zurückgekommen ist, so daß zunächst dieses Beweisstück nur den materiellen Beweiswert eines Briefes hat; und ich bitte das Gericht, zu entscheiden, ob auch als Brief dieses Dokument vom Gericht als Beweisstück entgegengenommen wird.
VORSITZENDER: Ich glaube, der Gerichtshof hat sich mit dieser Frage schon vorher beschäftigt, als Sie Ihr Gesuch vorgelegt hatten. Der Gerichtshof wird das Dokument als das annehmen, was es seinem Beweiswert nach ist. Falls Sie es in Form einer eidesstattlichen Versicherung erhalten, werden Sie es zweifellos einreichen.
DR. SEIDL: Jawohl. Das wird dann Beweisstück Frank Nummer 7. Ich verzichte darauf, die ersten Ziffern zu verlesen und gehe sofort über zu Seite 74 des Dokumentenbuches und zitiere unter Ziffer 4 wörtlich:
»Dr. Franks Kampf gegen die Ausbeutung und Vernachlässigung des Generalgouvernements zugunsten des Reiches, Konflikt mit Berlin.
Das erste Zusammentreffen mit Dr. Frank erfolgte kurze Zeit nach der Gründung des Generalgouvernements im Herbst 1939 in der polnischen Distriktshauptstadt Radom, wo die 10 Kreishauptämter dieses Distriktes über die Lage der Bevölkerung ihrer Verwaltungsbezirke und die Probleme eines möglichst raschen und wirksamen Wiederaufbaues des allgemeinen sowie des Verwaltungs- und Wirtschaftslebens zu berichten hatten. Hervorstechend war die besondere Aufmerksamkeit Dr. Franks und seine tiefe Sorge um das ihm anvertraute Gebiet. Sie fand ihren Ausdruck in der Weisung, das Generalgouvernement weder als Ausbeutungsobjekt noch als Verfallsgebiet zu betrachten und zu behandeln oder behandeln zu lassen, sondern als Ordnungszelle und Intensivgebiet im Rücken der kämpfenden deutschen Front und vor den Toren der deutschen Heimat, gleichsam als Brückenland zwischen beiden. Deshalb habe der loyale einheimische Bewohner dieses Landes Anspruch auf den vollen Schutz der deutschen Verwaltung als Bürger des Generalgouvernements. In diesem Sinne wurde der restlose Einsatz aller Behörden und Wirtschaftskreise von ihm gefordert und über die laufenden Kontrollen durch die Aufsichtsbehörden persönlich von ihm durch periodische Inspektionsreisen unter Beteiligung der zentralen Fachbehörden überwacht. So wurden z.B. die beiden von mir verwalteten Kreishauptmannschaften dreimal in vier Jahren persönlich von ihm revidiert.
Gegenüber den Forderungen der Berliner Zentralstellen, welche glaubten, aus dem Generalgouvernement mehr ins Reich einführen zu können als diesem zuträglich war, vertrat Dr. Frank mit aller Energie die staatliche Selbständigkeit des Generalgouvernements als ›Nebenland des Reiches‹ und seine eigene Unabhängigkeit als unmittelbar nur dem Gesamt-Staatsoberhaupt, nicht aber der Reichsregierung Unterstellter. Auch wies er uns an, derartigen Ersuchen, welche etwa auf Grund persönlicher Beziehungen zu unseren Entsendebehörden oder Fachministerien im Reich an uns ergehen sollten, keinesfalls zu entsprechen, sondern, wenn wir des wegen in Konflikt mit der von uns gleichwohl erwarteten Treuepflicht gegenüber dem Reich gerieten, ihm darüber zu berichten. Diese feste Haltung trug Dr. Frank den Unwillen der Berliner Regierungskreise und dem Generalgouvernement den Spottnamen ›Frankreich‹ ein. Es setzte ein Verleumdungsfeldzug gegen ihn und die gesamte Generalgouvernement-Verwaltung im Reich ein, in dem bedauerliche Ungeschicklichkeiten und menschliche Unzulänglichkeiten Einzelner systematisch verallgemeinert und aufgebauscht wurden, während man die tatsächlichen Aufbauleistungen zu verkleinern suchte.«
Ich bitte von Ziffer 5 dieses Berichts lediglich Kenntnis zu nehmen, ebenso von Ziffer 6, und zitiere lediglich noch von Ziffer 7:
»Dr. Frank als Gegner von Gewalttaten gegen die einheimische Bevölkerung, insbesondere als Gegner der SS.
Außer über die Ausbeutung und Verelendung des Generalgouvernements ging auch der Vorwurf der Versklavung der einheimischen Bevölkerung sowie ihrer Zwangsverschleppung ins Reich und von mancherlei Vergewaltigungen durch die Zeitungsberichte über den Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß und wurde als schwere Belastung Dr. Franks hingestellt. Was die Gewalttaten angeht, so trifft hieran die Schuld nicht Dr. Frank, sondern zu einem Teil die zahlreichen nichtdeutschen Agenten und Provokateure, welche mit zunehmendem Druck auf die kämpfenden deutschen Fronten ihre unterirdische Tätigkeit steigerten, zum anderen vor allem den früheren Staatssekretär für das Sicherheitswesen im Generalgouvernement, SS-Obergruppenführer Krüger und seine Organe. Meine Beobachtungen in dieser Hinsicht sind allerdings wegen der starken Geheimhaltung dieser Dienststellen gering.
Dr. Frank dagegen ging in seinem Entgegenkommen gegenüber der polnischen Bevölkerung so weit, daß ihm dies häufig von seinen deutschen Landsleuten übelgenommen wurde. Daß er aber mit seinem Eintreten für die berechtigten Interessen der polnischen Bevölkerung das Richtige getroffen hatte, beweist zum Beispiel die eindrucksvolle Tatsache, daß sich knapp eineinhalb Jahre nach der Niederlage des polnischen Volkes im Feldzug der 18 Tage der Aufmarsch der deutschen Heeresmassen gegen Rußland im polnischen Raum ohne nennenswerte Störung vollzog, und die Ostbahn die Truppentransporte mit polnischem Personal bis an die vordersten Entladestellen fahren lassen konnte, ohne sie durch Sabotageakte verzögert zu sehen.«
Ich gehe auf den letzten Absatz auf Seite 79 über:
»Diese humane Einstellung Dr. Franks, welche ihm Hochachtung und Sympathie in weiten Kreisen der Einheimischen erwarb, führte andererseits zu schweren Konflikten mit der SS, in deren Kreisen als Leitwort ihres Denkens und Handelns das Wort Himmlers kursierte: ›Nicht lieben, sondern fürchten sollen sie uns‹.
Es kam zeitweise zum völligen Bruch. Ich erinnere mich noch genau, daß Dr. Frank bei einem Regierungsbesuch der Karpathen-Bezirke der Kreishauptmannschaft Stanislau im Sommer 1943 in Jaremtsche am Pruth auf einem einsamen Spaziergang mit mir und meiner Frau sich in bittersten Worten über die Willkürakte der SS Luft machte, welche so oft seine politische Linie durchkreuzten. Er nannte die SS damals die ›Schwarze Pest‹ und wies, als er unser Erstaunen bemerkte, sogar aus seinem Munde eine solche Kritik zu hören, darauf hin, daß es zum Beispiel durchaus unabwendbar sein würde, wenn eines Tages oder Nachts meine Frau durch Organe der Gestapo unschuldig verhaftet würde und auf Nimmerwiedersehen verschwände, ohne die Möglichkeit der Verteidigung in einem Gerichtsverfahren erhalten zu haben. Einige Zeit darauf hielt er vor den Studenten in Heidelberg eine aufsehenerregende stürmisch begrüßte Rede über die Notwendigkeit der Wiederherstellung eines deutschen Rechtsstaates, wie er stets dem wahren Bedürfnis der Deutschen entsprochen hätte. Als er diese Rede in Berlin wiederholen wollte, soll er, wie mir aus zuverlässiger, jetzt aber leider vergessener Quelle mitgeteilt wurde, auf Betreiben Himmlers ein Redeverbot auf ein Vierteljahr vom Führer und Reichskanzler erhalten haben. Der Kampf gegen die Gewaltmethoden der SS ging bis zu einem Nervenzusammenbruch Dr. Franks, der einen längeren Erholungsurlaub erforderlich machte. Nach meiner Erinnerung war dies im Winter 1943/44.«
Von Ziffer 8 bitte ich das Gericht amtlich Kenntnis nehmen zu wollen, und ich gehe über auf Seite 84 des Dokumentenbuches. Es ist das eine eidesstattliche Versicherung des SS-Obergruppenführers Erich von dem Bach-Zelewski vom 21. Februar 1946. Diese eidesstattliche Versicherung wird Beweisstück Frank Nummer 8.
VORSITZENDER: Wurde dieser Zeuge nicht vernommen?
DR. SEIDL: Dieser Zeuge wurde hier bereits von der Anklagevertretung vernommen. Ich habe dann den Antrag gestellt, daß ich entweder den Zeugen noch einmal verhören darf, oder aber, daß mir eine eidesstattliche Versicherung genehmigt wird. Das Gericht hat dann, soviel ich weiß, am 8. März 1946 einen Beschluß erlassen, daß ich eine eidesstattliche Versicherung dieses Zeugen vorlegen dürfte, daß es aber der Anklagevertretung freistünde, den Zeugen dann noch einmal im Kreuzverhör zu vernehmen.
VORSITZENDER: Gut.
DR. SEIDL: Ich gehe sofort über zu den Angaben des Zeugen zu dieser Sache und zitiere wörtlich:
»1. Aus Anlaß des Überwechselns russischer Partisanengruppen über die Bug-Linie ins Generalgouvernement im Jahre 1943 erklärte Himmler das Generalgouvernement zum ›Bandenkampfgebiet‹. Damit war für mich als ›Chef der Bandenkampfverbände‹ die Verpflichtung gegeben, das Generalgouvernement zu bereisen, Meldungen und Erfahrungen zu sammeln und über die Partisanenbekämpfung Berichte und Vorschläge zu unterbreiten.
In der allgemeinen Information, die mir Himmler erteilte, bezeichnete er den Generalgouverneur Dr. Frank als einen Vaterlandsverräter, der mit den Polen unter einer Decke stecke und den er in nächster Zeit beim Führer zu Fall bringen würde. Ich entsinne mich noch an zwei Vorwürfe, die Himmler gegen Frank erhob:
a) Frank hätte auf einer Juristentagung im Altreichsgebiet die Ausführung gemacht: ›ein schlechter Rechtsstaat wäre ihm lieber als der bestgeführteste Polizeistaat‹ und
b) Frank wäre in einer Rede vor einer polnischen Abordnung von Maßnahmen Himmlers abgerückt und hätte die mit der Ausführung Beauftragten durch den von ihm gebrauchten Ausdruck ›militante Persönlichkeiten‹ vor den Polen herabgesetzt.
Nachdem ich auf einer Rundreise mich persönlich an Ort und Stelle über die Lage im Generalgouvernement orientiert hatte, suchte ich in Krakau den Höheren SS- und Polizeiführer Krüger und den Generalgouverneur Dr. Frank auf.
Krüger sprach sehr auffällig über Dr. Frank und machte Franks schwankende und labile Politik den Polen gegenüber für die Zustände im Generalgouvernement verantwortlich, plädierte für ein schärferes und rücksichtsloseres Vorgehen und erklärte, er würde nicht eher ruhen, bis der Verräter Frank gestürzt sei. Ich hatte bei den Ausführungen Krügers den Eindruck, daß auch persönliche Motive seine Haltung beeinflußten und daß er gern selbst Generalgouverneur geworden wäre.
Anschließend hatte ich eine längere Aussprache mit Dr. Frank, berichtete ihm über meine Eindrücke, während Frank längere Ausführungen über eine neue Polenpolitik machte, die auf eine Beruhigung der Polen auf dem Wege von Zugeständnissen hinzielte. In Übereinstimmung mit meinen persönlichen Eindrucken machte Dr. Frank für die Zuspitzung der Lage im Generalgouvernement verantwortlich:
a) Die rücksichtslose Umsiedlungsaktion jetzt mitten im Kriege, besonders das sinn- und zwecklose Umsiedeln des SS- und Polizeiführers Globocnik in Lublin und
b) das zu geringe Lebensmittelkontingent, das dem Generalgouvernement verbliebe.
Als ausgesprochene Feinde einer Versöhnungspolitik bezeichnete, Dr. Frank Krüger und Globocnik, die unbedingt abberufen werden müßten.
In der Überzeugung, daß nach einem Scheitern Dr. Franks nur eine rücksichtslosere Persönlichkeit sein Nachfolger werden würde, sagte ich ihm meine Unterstützung zu. Nach Zusicherung strengster Verschwiegenheit sagte ich Frank, daß auch in seiner Auffassung sei, Krüger und Globocnik müßten verschwinden. Er, Dr. Frank, wüßte jedoch, daß Himmler ihn hasse und seine Absetzung bei Hitler betreibe. Bei dieser Sachlage würde ein Antrag Franks auf Abberufung von Krüger und Globocnik nicht nur abgelehnt werden, sondern deren Position bei Himmler nur stärken. Frank solle mir freie Hand lassen, dann könnte ich ihm versprechen, daß in kürzester Zeit beide abgelöst würden. Dr. Frank stimmte zu, und ich benützte militärische Fehler, die Krüger und Globocnik begingen, bei Himmler ihre Abberufung durchzusetzen.
3. Der Warschauer Aufstand 1944...«
VORSITZENDER: Ich muß Sie darauf hinweisen, daß Sie sagten, Sie würden nur zwei Stunden für die fünf Bände benötigen. Sie haben sich bereits mehr als eine Stunde mit einem Band beschäftigt und lesen fast alles aus diesen Dokumenten vor. Das hatte der Gerichtshof nicht beabsichtigt. Ihnen waren kurze Bemerkungen gestattet, die den Zusammenhang der Dokumente untereinander und den Zusammenhang mit dem gesamten übrigen Beweismaterial zeigen sollten. Aber das tun Sie nicht.
DR. SEIDL: Ich bitte dann das Gericht, von Ziffer 3 der eidesstattlichen Versicherung des Zeugen von dem Bach-Zelewski amtlich Kenntnis zu nehmen. Diese Ziffer beschäftigt sich mit dem Warschauer Aufstand im Jahre 1944 und mit der Frage, ob der Generalgouverneur mit der Niederschlagung dieses Aufstandes irgend etwas zu tun hatte. Ich gehe dann über auf Seite 92 des Dokumentenbuches.
VORSITZENDER: Enthält die Anklageschrift tatsächlich irgend etwas im Zusammenhang mit der Niederschlagung des Warschauer Aufstandes vom Jahre 1944?
DR. SEIDL: In der Anklageschrift selbst steht nichts über den Anteil des Generalgouverneurs an der Niederschlagung dieses Aufstands. Es hat aber die Sowjet-Anklagevertretung ein Telegramm vorgelegt, von dem zwar nicht feststeht, ob es abgeschickt wurde, das aber doch den Angeklagten Dr. Frank in irgendeine Beziehung zu dem Warschauer Aufstand gebracht hat. Ich will aber jetzt nähere Ausführungen darüber nicht machen und gehe über zu Seite 92 des Dokumentenbuches. Es ist das eine eidesstattliche Versicherung des Zeugen Wilhelm Ernst von Palézieux, für den das Gericht einen Fragebogen bewilligt hat, wobei mir aber vom Gericht mitgeteilt wurde, daß auch an Stelle eines Fragebogens eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt werden könnte. Ich zitiere lediglich die zwei wesentlichen Absätze. Es heißt dort wörtlich wie folgt:
»Die seit Frühjahr 1943 auf der Burg in Krakau eingelagerten Kunstschätze wurden dort staatsamtlich und legal verwaltet. Dr. Frank hat mir gegenüber die Kunstschätze immer als Staatsbesitz des Generalgouvernements bezeichnet. Von den vorhandenen Kunstschätzen waren schon vor meiner Anwesenheit in Polen Verzeichnisse aufgenommen worden; das Verzeichnis der ersten Wahl lag als Katalog mit Beschreibung und Herkunftsangabe der Gegenstände gedruckt in Buchform vor, es war im Auftrag des Generalgouverneurs hergestellt worden.«
VORSITZENDER: Sie lesen nun die eidesstattliche Versicherung wieder ganz vor. Wir wollen diese...
DR. SEIDL: Herr Präsident! Ich habe angenommen, daß in den Fällen, wo ein Zeuge nicht vor Gericht persönlich vernommen wird, es zulässig ist, daß entweder der Fragebogen verlesen wird oder das Affidavit, weil ja sonst der Inhalt der Zeugenaussagen nicht Inhalt des Protokolls und damit Gegenstand des Verfahrens wird.
VORSITZENDER: Diese Regelung wurde deshalb getroffen, damit die Angeklagten und ihre Verteidiger die Möglichkeit haben, das Dokument in deutscher Sprache zu hören. Deshalb wurden die Dokumente über das Mikrophon verlesen. Der Gerichtshof wird sich jetzt vertagen. Ich möchte Sie jedoch darauf hinweisen, daß Sie den Vortrag Ihres urkundlichen Beweismaterials abkürzen müssen. Wir beschäftigen uns bereits mehr als eine Stunde mit einem Buch, und wir haben uns mit noch weiteren vier Büchern zu befassen. Es ist für Ihren Fall keineswegs förderlich, alle diese langen Stellen zu verlesen, weil der Prozeß noch mehrere Wochen dauern wird. Sie brauchen nur verbindende Erklärungen abzugeben, um die Dokumente verständlich zu machen und sie mit den mündlichen Zeugenaussagen, die hier gemacht werden, in Beziehung zu bringen.