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[Das Gericht vertagt sich bis

24. April 1946, 10.00 Uhr.]

Einhundertdreizehnter Tag.

Mittwoch, 24. April 1946.

Vormittagssitzung.

VORSITZENDER: Herr Dr. Seidl, bitte.

DR. SEIDL: Herr Vorsitzender, meine Herren Richter! Ich bin gestern beim letzten Dokument des Bandes 1 stehengeblieben. Es ist das die eidesstattliche Versicherung des Zeugen Ernst von Palézieux. Ich bitte das Gericht, amtlich davon Kenntnis zu nehmen. Diese eidesstattliche Versicherung bekommt die Nummer Frank 9. Damit ist der erste Band erledigt.

VORSITZENDER: Der erste Band, welche Seite bitte?

DR. SEIDL: Das war auf Seite 92 des ersten Bandes, Beweisstück Frank 9.

VORSITZENDER: Ja, ist das das Ende des ersten Bandes?

DR. SEIDL: Ja, das ist das Ende des ersten Bandes. Band II, III und IV des Dokumentenbuches umfassen Auszüge aus dem Tagebuch des Angeklagten Dr. Frank. Ich will nicht allen diesen einzelnen Auszügen Nummern geben, sondern ich bitte das Gericht, das gesamte Tagebuch Franks als Beweisstück Frank 10, 2233-PS entgegenzunehmen; ich beabsichtige, lediglich einige kurze Auszüge hier zu erwähnen.

Zum Beispiel Seite 1-27, Herr Präsident, umfassen Auszüge aus dem Tagebuch, die bereits von der Anklagevertretung vorgelegt wurden. Ich habe diese Auszüge der Anklage in einen größeren Zusammenhang gestellt und durch Zitierung der ganzen Absätze versucht zu beweisen, daß es sich bei diesen Auszügen zum Teil um solche handelt, die nicht den wirklichen und wesentlichen Inhalt wiedergeben. Es sind das die Beweisstücke US-173 auf Seite 1 des Dokumentenbuches; USSR-223 auf Seite 3; US-271 auf Seite 8; US-611 auf Seite 11 des Dokumentenbuches. Auf Seite 14 des Dokumentenbuches hat sich ein Schreibfehler eingeschlichen. Die US-Nummer ist nicht 016, sondern 613.

VORSITZENDER: In meinem Exemplar fängt es auf Seite 13 an, nicht wahr?

DR. SEIDL: Nein, auf Seite 14; es ist eine Eintragung vom 25. Januar 1943.

VORSITZENDER: Das Dokument, das ich habe und auf das Sie sich, glaube ich, beziehen, ist Dokument 2233-PS, US-613. Das ist Seite 13 in meinem Exemplar. Ich glaube, das macht keinen Unterschied.

DR. SEIDL: Falls das so ist, dann muß es ein Irrtum von der Übersetzungsabteilung sein. Das dürfte auch ziemlich gleichgültig sein, ich meine jedenfalls dieses Zitat.

Ich gehe dann über auf Seite 20 des Dokumentenbuches, ein Zitat der Sowjet-Anklagevertretung; auf Seite 22 des Dokumentenbuches ist ein Zitat der Sowjet-Anklagevertretung; Seite 24 des Dokumentenbuches umfaßt ein Zitat, das sowohl von der Anklagevertretung der Vereinigten Staaten als auch von der der Sowjetunion vorgelegt wurde, US-295. Ich darf vielleicht hinzufügen, daß es sich bei diesen Auszügen lediglich um einige Beispiele handelt, und daß damit lediglich gezeigt werden sollte, daß in einer Reihe von Fällen der Eindruck doch ein anderer ist, wenn man entweder die ganze Rede oder mindestens einen Teil dieser Rede vor Augen hält.

Ich gehe dann über auf Seite 32 des Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 10. Oktober 1939, in der der Angeklagte Dr. Frank den Auftrag erteilt, wegen der Lieferung von 5000 Tonnen Getreide wöchentlich mit dem Reichsernährungsministerium zu verhandeln. Seite 32 des Dokumentenbuches.

Seite 34 des Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 8. März 1940; ich zitiere die ersten drei Zeilen:

Der Generalgouverneur erklärt:

»Damit eng zusammen hängt die eigentliche Führung Polens. Vom Führer ist mir aufgegeben worden, das Ge neralgouvernement als Heimstätte des polnischen Volkes zu betrachten. Demnach ist keine irgendwie geartete Germanisierung möglich.«

Ich gehe dann über zu Seite 41 des Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 19. Januar 1940. Ich zitiere die ersten fünf Zeilen:

»Dr. Walbaum (der Leiter der Gesundheitsabteilung): Der Stand des Gesundheitswesens im Generalgouvernement ist zufriedenstellend. Es ist auf diesem Gebiet bisher schon viel geleistet worden. In Warschau allein sind 700000 Typhusschutzimpfungen durchgeführt worden. Das ist eine selbst für deutsche Verhältnisse ungeheuerliche Ziffer; das ist geradezu ein Rekord.«

Das nächste Zitat befindet sich auf Seite 50 des Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 19. Februar 1940.

»Der Herr Generalgouverneur ist weiter der Auffassung, daß sich das Bedürfnis nach offizieller Auslegung des polnischen Rechts mehren werde. Man werde wohl zu einer Art polnischen Regierungs- oder Regentschaftsrats kommen, und der Leiter des polnischen Gerichtswesens würde dann für eine solche Aufgabe zuständig sein.«

VORSITZENDER: Ich glaube, hier besteht ein kleiner Unterschied in der Numerierung der Seiten. Wenn Sie uns genau und etwas langsamer das Datum des Dokuments angeben würden, könnten wir es vielleicht selber finden. Die Seiten stimmen anscheinend nicht überein.

DR. SEIDL: Das letzte Zitat, das ich gelesen habe, war vom 19. Februar 1940.

Ich gehe dann über zu dem Zitat beziehungsweise zu einer Eintragung vom 26. Februar 1940. Ich zitiere wörtlich:

»Der Herr Generalgouverneur bringt in diesem Zusammenhang...«

Bei mir befindet sich dieses Zitat auf Seite 51, Eintragung vom 26. Februar 1940.

VORSITZENDER: Seite 40 in unserem Buche.

DR. SEIDL:

»Der Herr Generalgouverneur bringt in diesem Zusammenhang den Wunsch des Generalfeldmarschalls Göring zum Ausdruck, die deutsche Verwaltung so aufzubauen, daß das polnische Leben als solches gesichert sei. Es dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, daß Warschau eine nunmehr der Germanisierung anheimgefallene Stadt sei, sondern Warschau solle nach dem Willen des Führers eine der Städte sein, die in dem Polen zugedachten Reststaat als polnisches Gemeinwesen weiterbestünden.«

Eine weitere Eintragung vom 26. Februar 1940 beschäftigt sich mit der Frage der Hochschulen. Ich zitiere:

»Der Herr Generalgouverneur weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß die Universitäten und Mittel schulen gesperrt worden seien. Auf die Dauer gesehen sei es aber unmöglich, daß etwa eine ärztliche Fortbildung nicht mehr stattfände. Auch das polnische Fachschulwesen müßte wieder in Gang gebracht werden, und zwar unter Beteiligung der Stadt.«

Das nächste Zitat befindet sich in meinem Dokumentenbuch auf Seite 56; eine Eintragung vom 1. März 1940.

»Der Herr Generalgouverneur gibt in diesem Zusammenhang bekannt, daß jetzt die Weisung ergangen sei, der polnischen Entwicklung, soweit es in dem Rahmen der Interessen des Deutschen Reiches möglich sei, freien Raum zu gewähren. Man gehe jetzt davon aus, daß das Generalgouvernement die Heimstätte des polnischen Volkes sei.«

Eine weitere Eintragung beschäftigt sich mit der Frage der Arbeiter im Reichsgebiet. Seite 60 meines Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 12. September 1940. Ich zitiere:

»Generalgouverneur...«

VORSITZENDER: Moment bitte, Sie meinen den 1. September, nicht wahr?

DR. SEIDL: Den 12. September. Nein. Es muß heißen 12. März, es ist hier offenbar verschrieben, 12. März 1940. Es ist Seite 197 des Tagebuches. Ich zitiere:

»Generalgouverneur Dr. Frank betont, daß man zwar mit Gewalt nach der Methode des Sklavenhandels bei genügendem Polizeiaufgebot und bei Aufbringung genügender Transportmittel eine entsprechende Zahl von Arbeitskräften zusammenbringen könne, daß aber aus einer Reihe von Gründen das Mittel der Propaganda unter allen Umständen den Vorzug verdiene.«

Das nächste Zitat befindet sich in meinem Dokument auf Seite 68, eine Eintragung vom 23. April 1940. Ich zitiere die letzten fünf Zeilen:

Der Generalgouverneur erklärt:

»Das Generalgouvernement verfolge doch lediglich den Zweck, auch in wirtschaftlicher Beziehung der polnischen Nation einen Schutz zu bieten. Er möchte beinahe annehmen, daß man mit Polen besser fahre als mit diesen selbstherrlichen Treuhändern.«

Ich gehe über auf Seite 71 meines Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 25. Mai 1940. Hier erklärte der Generalgouverneur dem Präsidenten des polnischen Appellationsgerichtshofs, Präsident Bronschinski – ich zitiere die letzten vier Zeilen:

»Wir wollen hier nicht irgendwie einen Ausrottungskrieg gegen ein Volkstum führen. Der Schutz des Reiches über das polnische Volk in dieser deutschen Interessenzone bedeutet für Sie die Möglichkeit, sich getreu den Überlieferungen Ihres Volkes zu entwickeln.«

Ich gehe über zu Seite 77 meines Dokumentenbuches, eine Eintragung aus dem Band III Juli-September, Seite 692. Ich zitiere:

»Der Herr Generalgouverneur weist dann auf die im Generalgouvernement immer noch bestehenden Ernäh rungsschwierigkeiten hin« – und zwar gegenüber dem Generalobersten von Küchler – »und bittet den Herrn Generaloberst, dafür Sorge zu tragen, daß die neu einrückenden Truppen in ihrer Verpflegung und sonstigen Versorgung möglichst nicht die Ernährungslage des Generalgouvernements belasteten. Vor allem müßten jegliche Beschlagnahmen unterbleiben.«

Ich gehe über zu Seite 85 und 86, Eintragung aus dem Band III Juli-September 1940, Seite 819 des Tagebuches. Diese Eintragung beschäftigt sich mit der Errichtung der vom Generalgouverneur geplanten medizinischen Akademie. Ich bitte das Gericht selbst davon Kenntnis zu nehmen.

Das nächste Zitat befindet sich auf Seite 95 des Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 9. Oktober 1940 aus der Rede des Generalgouverneurs anläßlich der Eröffnung der Radomer Herbstmesse, ich zitiere Zeile 5:

»Es ist klar, daß wir...«

VORSITZENDER: Herr Dr. Seidl! Das Wichtigste für uns sind die Seiten im Tagebuch und die Daten. Ich glaube, wir haben die Seiten des Tagebuches und die Daten. Wenn Sie uns diese angeben würden, wäre es uns eine große Hilfe.

DR. SEIDL: Das Datum ist 9. Oktober 1940, Seite 966 bis 967 des Tagebuches. Ich zitiere Zeile 6:

»Es ist klar, daß wir weder entnationalisieren wollen, noch germanisieren werden.«

Das nächste Zitat befindet sich...

VORSITZENDER: In unserem Buch lautet die Übersetzung dieses Satzes:

»Es ist klar, daß wir weder entnationalisieren wollen, noch entgermanisieren wollen.«

DR. SEIDL: Das ist offensichtlich ein Übersetzungsfehler.

VORSITZENDER: In welcher Übersetzung? In der, die ich gerade vorgelesen habe?

DR. SEIDL: In der englischen Übersetzung. Ich zitiere wörtlich:

»Es ist klar, daß wir weder entnationalisieren wollen, noch germanisieren werden.«

Das andere hätte ja keinen Sinn.

VORSITZENDER: Das ist, was ich gelesen habe. Es steht so in unserem Buche.

DR. SEIDL: Der Generalgouverneur wollte damit sagen, daß wir den Polen ihr polnisches Volkstum nicht nehmen wollen und daß wir nicht die Absicht hatten, aus ihnen Deutsche zu machen.

Ich gehe jetzt zu Seite 101 über. Es ist eine Eintragung vom 27. Oktober 1940, Seite 1026-1027 des Bandes IV des Tagebuches. Eine Besprechung mit Reichsarbeitsminister Seldte. Ich zitiere Zeile 7:

»Er, der Generalgouverneur, habe sich beim Führer darüber beschwert, daß den polnischen Landarbeitern der Lohn um 50 % reduziert worden sei. Ferner sei dieser Lohn zum größten Teil überhaupt für Zwecke verwendet worden, die dem Gedanken dieses Arbeitskräfteaustausches völlig widersprechen.«

Das nächste Zitat befindet sich unterm 29. November 1940, Seite 1085 des Bandes IV aus dem Jahre 1940. Ich zitiere wörtlich:

»Hofrat Watzke teilt weiter mit, daß zur Zeit seitens des Amtes des Reichsleiters Rosenberg Bestrebungen beständen, die sogenannte polnische Bibliothek in Paris für das Ahnenerbe in Berlin zu beschlagnahmen. Die Abteilung Schulwesen sei der Auffassung, daß die Bestände dieser polnischen Bibliothek in die Staatsbibliothek zu Warschau gehörten, weil sich bereits 17000 Bände in Warschau befänden.

Der Herr Generalgouverneur ordnet an, daß unverzüglich für die Überführung dieser polnischen Bibliothek aus Paris nach Warschau Sorge getragen wird.«

Von der Eintragung unterm 6. und 7. Juni 1940 – es handelt sich hier um eine Wirtschaftstagung – bitte ich das Gericht Kenntnis zu nehmen. Ich will daraus nichts verlesen.

Das nächste Zitat findet sich unterm 25. Februar 1940. Es handelt sich um eine Arbeitstagung der Abteilungsleiter, Kreishauptmänner und Stadthauptmänner des Distrikts Radom. Ich zitiere Seite 12:

»Hierauf ergreift der Herr Generalgouverneur das Wort zu folgenden Ausführungen:«

Seite 13 geht es dann weiter:

»Ich fasse daher nochmals alle Momente zusammen:

1.) Das Generalgouvernement umfaßt den Teil der besetzten polnischen Gebiete, der nicht Bestandteil des Deutschen Reiches ist...

2.) Dieses Gebiet ist zunächst vom Führer als Heimstätte des polnischen Volkes bestimmt worden. Das wurde mir in Berlin vom Führer und vom Generalfeldmarschall Göring immer wieder eingeschärft, daß das Gebiet nicht der Germanisierung ausgeliefert wird. Es soll gerade als Heimstätte des polnischen Volkes sichergestellt werden. Es soll ein im Namen des deutschen Volkes der polnischen Nation zur Verfügung gestelltes Lebensreservat darstellen.«

Der Schluß der Ausführungen des Generalgouverneurs findet sich zwei Seiten später. Ich zitiere noch den letzten Absatz:

»Und da möchte ich Ihnen eins sagen: Der Führer hat mir dringend ans Herz gelegt, die Selbstverwaltung der Polen, soweit es irgend möglich ist, sicherzustellen. Daß die Wojts und die unteren Instanzen der kleinen Bürgermeister und Schulzen unter allen Umständen aus dem Kreis der Polen genommen werden, muß gewährleistet sein, und es liegt auch in unserem Interesse.«

Ich gehe dann über zu der Eintragung vom 4. März 1940, aus dem Band Arbeitssitzungen Februar 1940 bis November 1940, Seite 8:

»Der Herr Generalgouverneur gibt zu erwägen, ob nicht unter geeigneter Anwendung der Arbeitspflichtverordnung ein leiser Zwang ausgeübt werden könne. Den von Berlin geforderten Erlaß einer neuen Verordnung mit besonderen Zwangsmaßnahmen und Strafdrohungen lehne er ab. Maßnahmen, die nach außen hin Aufsehen erregen, müßten vermieden werden. Das gewaltsame Verfrachten von Leuten habe alles gegen sich.«

Das letzte Zitat findet sich in meinem Dokumentenbuch auf Seite 143. Eine Eintragung vom 27. Januar 1941, Band I, Seite 115. Eine Besprechung des Staatssekretärs Dr. Bühler mit dem Reichsfinanzminister Graf Schwerin von Krosigk. Ich zitiere den letzten Absatz:

»Den Bemühungen aller im Generalgouvernement eingesetzten Kräfte sei es zu verdanken, daß nach Überwindung außergewöhnlicher und einmaliger Schwierigkeiten eine wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung zu verzeichnen ist. Das Generalgouvernement habe in der Zeit seines Bestehens mit größter Gewissenhaftigkeit die vom Reich geforderten Leistungen zur Stärkung des deutschen Kriegspotentials erbracht. Es sei daher wohl die Bitte erlaubt, daß das Reich in Zukunft gegenüber dem Generalgouvernement jenes Maß von Ansprüchen nicht überschreite, das die Aufrechterhaltung einer geordneten und gesunden Wirtschaft im Generalgouvernement – die ja letzten Endes wieder dem Reich zugute kommt – gewährleistet.«

Damit ist der zweite Band des Dokumentenbuches erledigt.

Ich gehe über zu Band III und bitte das Gericht, sich sofort einem Zitat auf Seite 17 meines Dokumentenbuches zuzuwenden. Es handelt sich um eine Eintragung anläßlich einer Regierungssitzung am 18. Oktober 1941. Ich zitiere Zeile 8 von unten, und zwar als Äußerung des Generalgouverneurs:

»Ich werde einmal diesen Forderungen gegenüber zum Ausdruck bringen« – gemeint sind damit die Forderungen des Reiches –, »daß unsere Kraft am Ende ist und wir dem Führer gegenüber eine weitere Verantwortung nicht übernehmen können. Auch irgendwelche Weisungen, Anordnungen, Drohungen und so weiter könnten mich nicht veranlassen, diesen auch unter den weitgehendsten Kriegsansichten nicht mehr erträglichen Anforderungen nicht ein scharfes Nein entgegenzusetzen. Ich werde nicht zulassen, daß das, was Sie, Herr Naumann, so nachdrücklich andeuteten, eintritt, daß zum Beispiel etwa die Bereitstellung von großen Flächen für Truppenübungsplätze zu einer vollkommenen Zertrümmerung der Ernährungslage in dieser schon völlig unzureichenden Ernährungssituation führt.«

Das nächste Zitat findet sich auf Seite 36 und 37 meines Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 16. Januar 1942. Das von mir beabsichtigte Zitat findet sich auf der nächsten Seite, Seite 65 bis 66 des Tagebuches:

»Im Anschluß daran findet im Königssaal der Burg eine kurze Aussprache statt«

und zwar mit dem Leiter des ukrainischen Hauptausschusses. Ich zitiere wörtlich:

»Der Herr Generalgouverneur wünscht eine stärkere Heranziehung der Ukrainer in den Verwaltungsstellen des Generalgouvernements. In allen Dienststellen, in denen Polen beschäftigt seien, sollten auch Ukrainer prozentual ihrer Bevölkerungszahl in Erscheinung treten. Er ersucht Professor...«

VORSITZENDER: Dr. Seidl! Es genügt im Augenblick, wenn Sie die Seiten Ihres Dokumentenbuches angeben. Sie scheinen jetzt übereinzustimmen.

DR. SEIDL: Jawohl, darf ich fortsetzen, Herr Präsident?

VORSITZENDER: Jawohl.

DR. SEIDL: Ich gehe dann über zu Seite 38 des Dokumentenbuches. Diese Eintragung beschäftigt sich mit dem bereits erwähnten Entwurf Himmlers zu einem Gesetz über die Behandlung Gemeinschaftsfremder. Ich zitiere wörtlich:

»Der Herr Generalgouverneur verfügt die Absendung folgenden Schreibens an Landgerichtsrat Taschner:

Ich bitte Sie, dem Herrn Reichsminister Dr. Lammers mit meiner von Ihnen beglaubigten Unterschrift folgende Stellungnahme mitzuteilen:

Ich widerspreche dem Gesetz über die Behandlung Gemeinschaftsfremder und ersuche, über diesen Entwurf eine Chefbesprechung binnen kurzem anzusetzen, in der es möglich sein wird, die entscheidenden rechts politischen Gesichtspunkte, die auch heute noch in schärfstem Maße gegen diesen Entwurf im einzelnen sprechen, darzulegen. Ich selber werde an dieser Sitzung persönlich teilnehmen. Meines Erachtens ist es völlig unmöglich, unter Ausschaltung des ordentlichen Gerichts den Polizeiorganen allein derartig weitreichende Zuständigkeiten zu übertragen. Die vorgesehene Spruchstelle beim Reichssicherheitshauptamt kann nicht den Rang eines ordentlichen Gerichts auch im Volksbewußtsein einnehmen.«

Auf Seite 39 zitiere ich den vorletzten Absatz:

»Deshalb lege ich gegen diesen Gesetzentwurf in seiner heutigen Form, vor allem im Hinblick auf die Fassung Paragraph 1 des Entwurfs der Durchführungsverordnung, Widerspruch ein.«

Seite 40 ist eine Eintragung vom 7. Juni 1942; sie beschäftigt sich auch mit der Frage der Entnationalisierung, die vom Generalgouverneur auf das entschiedenste verneint wird. Ich bitte das Gericht, selbst davon Kenntnis zu nehmen.

Das nächste Zitat befindet sich auf Seite 47 und beschäftigt sich mit der Beschaffung des Chopin-Nachlasses. Ich zitiere in Absatz 2:

»Präsident Dr. Watzke machte davon Mitteilung, daß die Möglichkeit bestehe, in Paris den größten Teil des Chopin-Nachlasses für die Staatsbibliothek Krakau zu erwerben. Der Herr Generalgouverneur ist mit dem Erwerb des Nachlasses durch die Regierung des Generalgouvernements einverstanden.«

Seite 50 behandelt einen Eintrag ins Tagebuch, der sich mit der Sicherung des bäuerlichen Eigentums befaßt.

Ich zitiere Seite 767 des Tagebuches, den 2. Absatz:

»Es ist mein Bestreben, mit allen Mitteln die Gesundung der Landwirtschaft Galiziens schon während dieses Krieges herbeizuführen.

Ich habe damit die Versprechungen eingelöst, die ich in meiner Proklamation der Bevölkerung dieses Gebietes vor einem Jahr gemacht habe. Weitere Entwicklungen segensreicher Art können daher aus der loyalen Zusammenarbeit der Bevölkerung mit den deutschen Behörden erstehen. Die deutsche Verwaltung in diesem Raume ist gewillt und auch beauftragt, die Bevölkerung förderlich zu behandeln. Sie wird mit der gleichen entschiedenen und grundsätzlichen Festigkeit, mit der sie jeden Versuch der Widersetzlichkeit gegen die vom Großdeutschen Reich eingeführte Ordnung niederschlagen wird, die loyale Bevölkerung dieses Raumes schützen. Zu diesem Zweck habe ich einen weiteren Erlaß betreffend Aufgaben der deutschen Verwaltung in Galizien zum Schutze des Einzelbauern auf dem Gebiete der Ernährung und Landwirtschaft herausgegeben.«

Ich gehe über zur Seite 55 des Dokumentenbuches. Hier handelt es sich um eine Ansprache des Generalgouverneurs an die Führer einer polnischen Delegation und ich zitiere auf Seite 56 den letzten Absatz, Zeile 6:

»Ich hoffe, daß wir mit der neuen Ernte instandgesetzt werden, auch den polnischen Hilfskomitees zu helfen. Was von uns aus geschehen kann, wird jedenfalls geschehen, um der Not zu steuern. Es liegt auch in unserem Interesse, daß die polnische Bevölkerung an der Arbeit Freude hat und mittätig ist. Wir wollen niemanden ausrotten oder vernichten.«

Seite 61 des Dokumentenbuches betrifft eine Besprechung, die der Generalgouverneur mit dem Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz hatte.

Ich zitiere den letzten Absatz, Seite 919 des Tagebuches:

»Ich möchte den Anlaß auch benützen, Ihnen, Parteigenosse Sauckel, unsere Bereitwilligkeit zu erklären, daß wir das Menschenmögliche tun werden. Ich möchte aber eine Bitte anfügen: Die Behandlung der polnischen Arbeitskräfte im Reich steht leider noch unter gewissen diffamierenden Einschränkungen.«

Ich gehe über zu Seite 62 und zitiere von Zeile 10:

»Ich kann Ihnen, Parteigenosse Sauckel, die Versicherung geben, daß es für uns eine ungeheure Erleichterung der Vermittlung von Arbeitskräften bedeuten würde, wenn wenigstens ein Teil dieser diffamierenden Ausnahmebestimmungen gegenüber den Polen im Reich beseitigt werden könnte. Ich glaube, daß dazu schon Möglichkeiten vorhanden wären.«

Ich gehe dann über zu Seite 66 des Dokumentenbuches. Es handelt sich hier um die einzige Eintragung, die sich im Tagebuch des Angeklagten Dr. Frank findet, die er selbst unterschrieben hat. Und zwar handelt es sich hier um eine Betrachtung der Entwicklung des Generalgouvernements, nachdem er von seinen sämtlichen Parteiämtern enthoben worden war und zum wiederholten Male seinen Rücktritt erklärt hatte und die Hoffnung hatte, daß nun endlich dieser Rücktritt angenommen werden würde.

Ich bitte das Gericht, von dieser Schlußbetrachtung vom 1. September 1942 Kenntnis zu nehmen. Sie umfaßt fünf Seiten von Seite 66 bis 71.

Das nächste Zitat findet sich auf Seite 75 und beschäftigt sich mit der Sicherung der Kunstschätze. Ich zitiere Zeile 5 von unten, und zwar als Äußerung des Generalgouverneurs.

»Die Kunstwerke wurden sorgfältig restauriert und gereinigt, und so konnten rund 90 % des gesamten Kunstbestandes des ehemaligen Polen im Gebiet des Generalgouvernements sichergestellt werden. Diese Kunstschätze sind restlos Eigentum des Generalgouvernements.«

Ich bitte das Gericht dann, auf Seite 92 dieses Bandes überzugehen, eine Eintragung vom 8. Dezember 1942, die anläßlich einer Hauptabteilungsleiter-Sitzung gemacht wurde und sich mit der Versorgungslage befaßt.

Ich bitte das Gericht, amtlich von dieser Eintragung Kenntnis zu nehmen. Das gleiche gilt von der Eintragung auf Seite 93, in der sich der Generalgouverneur mit der Frage der Arbeitererfassung befaßt und alle Zwangsmaßnahmen auf das schärfste verurteilt.

Die nächste Eintragung, die mir wesentlich erscheint, und die verlesen werden sollte, befindet sich auf Seite 108. Es ist eine Pressebesprechung und ich bitte das Gericht, sich sofort der Seite 110 zuzuwenden.

Ich zitiere den dritten Absatz:

»Der Herr Generalgouverneur faßt das Ergebnis der Besprechung zusammen und erklärt, daß unter Teilnahme des Präsidenten der Hauptabteilung Propaganda und des Pressechefs der Regierung alle Punkte in ein Regulativ zusammengefaßt würden, das allen Hauptschriftleitern der polnischen Zeitungen zugehen werde. Darin seien die Richtlinien für die Behandlung der fremdvölkischen Angelegenheiten auf dem Presse- und kulturellen Gebiet zusammengefaßt. Als Richtschnur diene der versöhnende Gedanke des Reiches.«

Ich bitte dann das Gericht, auf Seite 127 des Dokumentenbuches überzugehen, eine Arbeitssitzung vom 26. Mai 1943, die sich mit der Ernährungsfrage beschäftigt. Ich zitiere Zeile 8:

»Wir müssen uns darüber klar sein, der erste Ansatzpunkt ist die Ernährung der polnischen Bevölkerung. Aber ich möchte Ihnen gleich völlig autoritativ sagen: Ich werde, ganz gleich, was kommen möge, unter allen Umständen für den denkbar möglichst großen Kreis der Bevölkerung jene Sätze der Nahrungsmittelzuteilung mit der kommenden Versorgungsperiode im Generalgouvernement einführen, die irgendwie von uns im Hinblick auf unsere Stellung dem Reiche gegenüber verantwortet werden können. Ich werde mich durch nichts und von niemanden davon abbringen lassen.«

Seite 131 des Dokumentenbuches befaßt sich mit einem Ausschuß, der vom Generalgouverneur für die Versorgung der nichtdeutschen arbeitenden Bevölkerung eingesetzt wurde. Ich bitte das Gericht, von diesen Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und ich gehe sofort über zu Seite 141. Auch diese Eintragung beschäftigt sich mit der Ernährungslage. Ich zitiere Zeile 10 von unten:

»Nach Überprüfung aller Möglichkeiten habe ich nunmehr angeordnet, daß zum 1. September dieses Jahres grundsätzlich die Ernährungssituation auch der polnischen Bevölkerung dieses Raumes in großzügiger Weise ihre Regelung erfahren wird. Wir wollen zum 1. September dieses Jahres für die Bevölkerung dieses Raumes die Sätze einführen, die man die Warthegausätze nennt.«

Auf Seite 142 werde ich noch einige Sätze zitieren:

»Ich möchte Ihnen diese Erklärung hier abgeben. Sie erkennen schon aus dem Ernst dieser Worte, welche Gedanken ich damit verbinde: Ich persönlich und die Männer meiner Regierung sind den Bedürfnissen auch der polnischen Bevölkerung dieses Raumes gegenüber absolut aufgeschlossen. Wir sind nicht hier, um sie auszurotten oder auszutilgen oder sie über das Maß des dieser Bevölkerung vom Schicksal Auferlegten hinaus zu quälen. Ich hoffe, daß wir zu einer wirklichen Befriedigung in allen Dingen kommen, die uns manchmal trennen. Ich persönlich habe gar nichts gegen die Polen.«

Ich gehe dann sofort über zur Seite 148. Es ist eine Besprechung, die sich mit der Frage des ärztlichen Nachwuchses befaßt. Ich zitiere Seite 149, Absatz 2, als Erklärung des Generalgouverneurs:

»Dieses erste, man kann ruhig sagen, Gesundheitsministerium, wenn wir auch diesen Ausdruck nicht verwenden, ist durchaus Neuland. Diese Hauptabteilung Gesundheitswesen wird sich auch gerade mit wichtigen Fragen zu beschäftigen haben. Uns Ärzten in diesem Raume fehlt vor allem...«

Ich sehe soeben, Herr Vorsitzender, daß sich hier möglicherweise insofern ein Irrtum eingestellt hat, als vielleicht diese Äußerungen auf Seite 672 nicht vom Generalgouverneur selbst gemacht wurden, sondern von dem Leiter der Hauptabteilung Gesundheitswesen. Ich werde diese Frage noch einmal prüfen und dann schriftlich dem Gericht darüber Mitteilung machen.

Ich gehe dann über zur Seite 155 des Dokumentenbuches. Diese Eintragung erscheint mir wesentlich. Sie ist vom 14. Juli 1943 und beschäftigt sich mit der Einrichtung des Staatssekretariats für das Sicherheitswesen.

VORSITZENDER: Es scheint nicht in unserem Buche zu sein. Wir haben keine Seite 155, und wir haben das Datum 14. Juli nicht, wie ich glaube.

DR. SEIDL: Es ist Juli 1943. Das ist wahrscheinlich dann übersehen worden. Wenn es dem Gericht recht ist, dann werde ich die hier in Frage kommenden Sätze in das Protokoll diktieren. Es handelt sich nur um drei Sätze:

»Der Herr Generalgouverneur weist darauf hin, welche verheerenden Folgen die Einrichtung des Staatssekretariats für das Sicherheitswesen für die Autorität des Generalgouvernements gehabt habe. Es habe sich eine eigene Polizei- und SS-Regierung gegen den Generalgouverneur zu bilden versucht, die nur mit Aufwand äußerster Energie im letzten Augenblick habe niedergeschlagen werden können.«

Ich bitte dann das Gericht, sich Seite 166 des Dokumentenbuches zuzuwenden. Diese Eintragung beschäftigt sich mit allgemeinen Fragen der Polenpolitik. Ich bitte das Gericht, amtlich davon Kenntnis zu nehmen.

Seite 193 betrifft die Errichtung des vom Generalgouverneur gegründeten Chopin-Museums. Ich zitiere Seite 1157 des Tagebuches als Auszug aus der Rede des Generalgouverneurs:

»Ich habe heute in Krakau das Chopin-Museum eröffnet. Wir haben unter schwersten Umständen die wertvollsten Erinnerungsstücke an diesen größten polnischen Musiker gerettet und nach Krakau gebracht. Ich wollte dies nur sagen, um Euch zu zeigen, daß ich mich persönlich bemühen will, die Dinge hier im Lande, soweit es irgend geht, in Ordnung zu bringen.«

Das letzte Zitat befindet sich auf Seite 199 des Dokumentenbuches, Band II. Es ist ein Auszug aus einer Rede, die der Reichsführer-SS Himmler anläßlich der Einführung des neuen Höheren SS- und Polizeiführers in Krakau gehalten hat, und zwar vor den Mitgliedern der Regierung und vor höheren SS- und Polizeiführern. Es ist die Rede, die der Angeklagte Dr. Frank bei seiner Zeugenvernehmung erwähnt hat. Ich zitiere Zeile 8 von unten:

»Die Situation ist Ihnen allen am besten bekannt. Es leben hier 16 Millionen Fremdvölkische und rund 200000 Deutsche; wenn wir die Angehörigen der Polizei und Wehrmacht noch dazu nehmen, vielleicht 300000. Diese 16 Millionen Fremdvölkische, die früher noch durch eine Unzahl von Juden, die ja jetzt ausgewandert sind oder zum Osten gebracht wurden, vermehrt wurden, setzen sich zum größeren Teil aus Polen und zum kleineren Teil aus Ukrainern zusammen.«

Ich gehe dann zum letzten Dokument in diesem Band über, Seite 200, eine Eintragung vom 14. Dezember 1943.

Es handelt sich hier um eine Rede, die der Generalgouverneur vor Offizieren der Luftwaffe gehalten hat. Ich zitiere Absatz 2:

»Deshalb muß alles geschehen, damit die Bevölkerung möglichst in Ruhe, Frieden und Ordnung gehalten wird, es darf nichts geschehen, was diese Bevölkerung überflüssigerweise in Unruhe bringt. Ich erwähne hier nur ein Beispiel:

Es wäre falsch, wenn wir jetzt während des Krieges in diesem Gebiet große deutsche Einsiedlungen in das fremdvölkische Bauernvolk vornehmen wollten. Diese zumeist mit Zwang versuchten Einsiedlungen führen zunächst dazu, die einheimische Bauernbevölkerung in eine maßlose Unruhe zu versetzen. Das hat wiederum im Hinblick auf die Leistung einen gewaltigen Ausfall im Ernteergebnis und einen Rückgang der Bestellungsarbeiten wie andere Nachteile im Gefolge. Ebenso falsch wäre es, wenn man der Bevölkerung mit Zwang die Kirche oder jede Möglichkeit eines einfachen kulturellen Lebens nehmen würde.«

Ich gehe über zu Seite 201 und zitiere den letzten Absatz:

»Wir müssen also zu einer pfleglichen Behandlung dieser Gebiete und ihrer Bevölkerung notgedrungen kommen. Ich kann zu meiner und zur Freude aller unserer Mitarbeiter feststellen, daß sich dieser Gesichtspunkt restlos durchgesetzt hat und daß alles, was früher immer gegen die angebliche Polenfreundschaft oder Weichheit dieser Art Anschauung gesagt wurde, vor den Tatsachen in nichts zusammengesunken ist.«

Damit ist Band II des Dokumentenbuches auch beendet – Band III; Band III war es.

Ich wende mich Band IV des Dokumentenbuches zu.

Hier handelt es sich um eine Besprechung auf Seite 1 des Dokumentenbuches, die am 25. Januar 1943 mit dem SS-Obergruppenführer Krüger stattgefunden hat. Ich zitiere den letzten Absatz:

»Der Herr Generalgouverneur stellt fest, daß die Durchführung der Großaktion zur Erfassung der asozialen Elemente ihm nicht vorher bekanntgegeben worden sei. Dieses Verfahren stehe im Widerspruch zu dem Erlaß des Führers vom 7. Mai 1942, wonach vor dem Vollzug von Weisungen des Reichsführers-SS und Chefs der Deutschen Polizei der Staatssekretär für das Sicherheitswesen das Einverständnis des Generalgouverneurs festzustellen habe. Staatssekretär Krüger erklärt, es habe sich um eine Geheimweisung gehandelt, die schlagartig durchgeführt werden sollte.«

Ich bitte das Gericht davon Kenntnis zu nehmen, daß es sich hier lediglich um ein Beispiel von sehr vielen solcher Unterredungen und Meinungsverschiedenheiten gehandelt hat.

Ich gehe dann über zu Seite 24 des Dokumentenbuches. Hier handelt es sich um eine Tagung des Kriegswirtschaftsstabes und des Verteidigungsausschusses vom 22. September 1943.

Ich hoffe, daß hier die Übereinstimmung der Seiten wieder besteht.

VORSITZENDER: Haben Sie Seite 24 gesagt?

DR. SEIDL: Seite 24, eine Eintragung vom 22. September 1943.

VORSITZENDER: Die Numerierung der Seiten scheint richtig zu sein. Bei unserem Buch ist Seite 24 oben. Fahren Sie fort, wir werden dann gleich sehen, ob es richtig weitergeht.

DR. SEIDL: Es handelt sich um eine Eintragung vom 22. September 1943, und zwar um eine Tagung des Kriegswirtschaftsstabes und Verteidigungsausschusses. Ich zitiere lediglich die ersten Zeilen:

»Ich habe im Laufe der letzten Monate unter den schwersten und sinnlosesten Kämpfen den Grundsatz durchführen müssen, daß man den Polen endlich einmal eine ausreichende Ernährung zukommen läßt. Sie kennen ja die törichte Einstellung der Minderbewertung der uns unterworfenen Völker, und zwar in einem Augenblick, in welchem die Arbeitskraft dieser Völker eine der wesentlichsten Potenzen unseres Siegringens darstellt. Daß ich gegen diesen Wahnwitz anging, der dem deutschen Volke schwersten Schaden zugefügt hat, trug mir persönlich, vielen Männern meiner Regierung und vielen von Ihnen den Vorwurf der Polenfreundlichkeit oder Weichheit den Polen gegenüber ein.

Man hat sich jahrelang nicht gescheut, meine Regierungsarbeit in diesem Raum mit den schmutzigsten Argumenten dieser Art zu verfolgen und hinterrücks die Erfüllung dieser Aufgaben zu stören. Heute stellt sich sonnenklar heraus, daß es ein Wahnsinn ist, Europa aufbauen zu wollen, gleichzeitig aber die europäischen Völker mit Schikanen sondergleichen zu verfolgen.«

Ich gehe dann über zu Seite 34 des Dokumentenbuches, eine Eintragung vom 20. April 1943, und zwar eine Regierungssitzung. Ich bitte das Gericht lediglich von den Schlußworten des Generalgouverneurs auf Seite 38 des Dokumentenbuches, und Seite 41 des Tagebuches selbst Kenntnis nehmen zu wollen und wende mich dann Seite 39 des Dokumentenbuches zu; eine Sitzung vom 22. Juli 1943.

Ich zitiere aus dem zweiten Absatz die zehnte Zeile:

»Besonders schwierig war für uns in diesem Jahre ganz allgemein auch die Umsiedlerfrage. Ich kann Ihnen die erfreuliche Mitteilung machen, daß die Umsiedlung im allgemeinen restlos für die Dauer des ganzen Krieges eingestellt ist.

Was die Industrieverlagerung angeht, so befinden wir uns auf vollen Touren, die jetzt gerade angelaufen sind. Wie Sie wissen – ich selbst lege das größte Gewicht darauf – haben wir für das Reich diese Not zu beseitigen, und wir übernehmen nun in den kommenden Monaten große, mit international bedeutsamen Namen versehene Industriekomplexe ins Generalgouvernement.

Beachtlich aber ist bei dieser Frage die uns dadurch aufgezwungene fast völlige Umstellung der Struktur des Generalgouvernements. Während wir bislang immer noch als ein Land figurimrten, das für die Versorgung des Reiches mit Arbeitern und als Agrar- und Nahrungsland Europas in Betracht kam, werden wir binnen kurzem eines der wichtigsten Industriegebiete Europas werden. Ich erinnere an Namen wie Krupp, Heinkel, Henschel, deren Betriebe ins Generalgouvernement kommen werden.«

Ich bitte nun das Gericht, sich Seite 41 des Dokumentenbuches zuzuwenden. Es handelt sich hier um den Bericht, den der Zeuge Dr. Bühler am 26. Oktober 1943 erstattet hat und von dem er erklärte, daß dieser Bericht über vier Jahre Aufbauarbeit im Generalgouvernement erstellt worden sei auf Grund der zuverlässigen Unterlagen der dreizehn Hauptabteilungen. Der Bericht umfaßt Seite 42 bis 69 des Dokumentenbuches. Ich beabsichtige nicht, aus diesem Bericht zu zitieren, sondern ich bitte das Gericht, amtlich davon Kenntnis zu nehmen.

Ich wende mich sofort Seite 70 des Dokumentenbuches zu, und zwar handelt es sich hier um eine Regierungssitzung vom 16. Februar 1944. Ich zitiere den letzten Absatz, und zwar Seite 4 des Tagebuches:

»Demgegenüber ist nämlich festzustellen, daß der Ausbau, der Aufbau, die Sicherung dessen, was heute die Bedeutung dieses Raumes ausmacht, überhaupt nur möglich waren, weil es entgegen diesen völlig kriegsunzeitgemäßen Überlegungen der Gewalttheoretiker notwendig war, die Substanz dieses Raumes in menschlicher und materieller Beziehung denkbar positiv in den Dienst des deutschen Kriegsringens zu bringen.«

Das nächste Zitat befindet sich auf Seite 74; eine Eintragung vom 6. März 1944. Ich zitiere den letzten Absatz auf Seite 75, Seite 5 des Tagebuches:

»Der Herr Generalgouverneur steht der Heranbildung eines Nachwuchses für die Priesterseminare grundsätzlich nicht ablehnend gegenüber, und zwar mit der Begründung, daß man, wenn man Fachkurse für Ärzte und so weiter einrichte, auch auf religiösem Gebiete ähnliche Möglichkeiten schaffen müsse.«

Seite 77 befaßt sich mit einem Verbot des Generalgouverneurs, die Bevölkerung oder auch nur Teile der Bevölkerung zu evakuieren, die sich damals in dem Kampfgebiet um Lublin befunden haben.

Seite 80 betrifft eine Eintragung vom 12. April 1944. Ich zitiere Absatz 2:

»In diesem Zusammenhang kommt Präsident Gerteis auf die Behandlung der Polen im Reich zu sprechen. Diese Behandlung, die noch immer schlechter sei als diejenige jedes anderen ausländischen Arbeiters, habe dazu geführt, daß sich so gut wie kein Pole mehr freiwillig für die Arbeit in Deutschland melde.

Es seien 21 Punkte, in denen die polnischen Arbeiter im Reich schlechter behandelt würden, als andere ausländische Arbeiter. Der Herr Generalgouverneur ersucht Präsident Gerteis, ihm diese 21 Punkte bekanntzugeben, für deren Aufhebung er sich unbedingt einsetzen werde.«

Ich bitte das Gericht, sich Seite 100 des Dokumentenbuches zuzuwenden. Es betrifft eine Besprechung vom 6. Juni 1944 über ein Großunternehmen gegen die Banden im Bilgorajer Wald. Ich zitiere Seite 101, Seite 4 des Tagebuches:

»Der Herr Generalgouverneur will unbedingt dafür gesorgt wissen, daß die harmlose Bevölkerung, die selber unter dem Bandenterror leide, geschont werde.«

Seite 102 befaßt sich mit der Stellung des Generalgouverneurs zu der Frage der Konzentrationslager; eine Eintragung vom 6. Juni 1944. Ich zitiere den letzten Absatz:

»Der Herr Generalgouverneur erklärt, daß er einen solchen Entscheid nie unterzeichnen wurde, da er die Verbringung des Betreffenden in ein Konzentrationslager bedeute. Er habe immer aufs schärfste gegen das System der Konzentrationslager protestiert, denn in ihm liege der schärfste Verstoß gegen das Rechtsempfinden. Er hätte geglaubt, daß es für solche Dinge kein Konzentrationslager gebe, aber sie seien offenbar stillschweigend in Gang gesetzt worden. Es könne nur so vorgegangen werden, daß die Personen zu einer bestimmten Zahl von Jahren Gefängnis oder Zuchthaus begnadigt würden. Die Zuchthausstrafe zum Beispiel sei eine von staatlichen Organen zu vollstreckende und überprüfbare Strafe. Er bitte deshalb, daß Staatssekretär Dr. Bühler darüber informiert werde, daß er, der Generalgouverneur, solche Entscheidungen nicht unterzeichne. Er wünsche keine amtliche Bestätigung des Konzentrationslagers. Eine Begnadigung dahin, daß jemand ins Konzentrationslager gebracht werde, gebe es nicht. Die Standgerichte seien eine staatliche Justizeinrichtung außerordentlichen Charakters, zusammengesetzt von Polizeior ganen; sie müßten eigentlich normalerweise mit Angehörigen der Wehrmacht besetzt werden.«

VORSITZENDER: Herr Dr. Seidl! Können Sie bitte die Übersetzung der Worte unten auf Seite 102 des englischen Textes erklären:

»Es könne nur so vorgegangen werden, daß die Personen zu einer bestimmten Zahl von Jahren Gefängnis oder Zuchthaus begnadigt würden.«

Können Sie die Bedeutung dieser Worte erklären?

DR. SEIDL: Die Bedeutung der Worte ergibt sich aus den Ausführungen, die der Präsident Wille im vorhergehenden Absatz gemacht hat, und wo es unter anderem folgendermaßen heißt; es ist Zeile 10 von oben nach unten:

»Die Gnadenkommission habe den in einer Sitzung anwesenden Vertreter des Befehlshabers der Sicherheitspolizei gefragt, in welcher Form dieser Gnadenerweis gedacht wäre. Seines Wissens sei nur in einem einzigen Falle auf Erlaß der Strafe erkannt worden. In den anderen Fällen sei die Formel, daß die Strafe erlassen werde, an sicherheitspolizeiliche Maßnahmen geknüpft worden. Man habe nämlich der Befürchtung Ausdruck gegeben, daß diese Leute sonst verschwinden würden.«

Der Generalgouverneur hat sich nun auf den Standpunkt gestellt, daß eine Begnadigung zum Beispiel von Todesstrafe zu Gefängnis oder Zuchthaus zwar möglich sei, daß er es aber ablehnen müsse, die Umwandlung einer Todesstrafe in eine Freiheitsstrafe im geraden Wege zu vollziehen, wenn dabei von der Polizei sicherheitspolizeiliche Auflagen gemacht würden.

VORSITZENDER: Sie meinen, daß das bedeutet, daß eine Todesstrafe in eine Gefängnisstrafe auf eine bestimmte Anzahl von Jahren umgewandelt werden kann, nicht aber in eine Überweisung in ein Konzentrationslager, denn diese würde auf eine unbestimmte Zeitdauer und unter Anwendung von Polizeimethoden stattfinden.

DR. SEIDL: Jawohl, das ist der Sinn.

Ich gehe dann über zu Seite 104 des Dokumentenbuches. Dieses Zitat befaßt sich auch mit allgemeinen Fragen der Behandlung der Bevölkerung des Generalgouvernements.

VORSITZENDER: Dr. Seidl! Sie haben viel mehr Zeit gebraucht als Sie vorher angegeben haben. Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß Sie eine ganze Menge auslassen könnten; es ist doch alles ungefähr dasselbe.

DR. SEIDL: Jawohl, ich bitte dann das Gericht, sich Seite 112 zuzuwenden, eine Eintragung vom 10. Juli 1944. Diese Eintragung beschäftigt sich mit der Verwaltung der Kunstgegenstände. Ich zitiere den zweiten Absatz:

»Der Herr Generalgouverneur weist Referent Palézieux an, ein genaues Verzeichnis dieser Kunstgegenstände aufstellen zu lassen.«

VORSITZENDER: Sie haben uns das schon gesagt und auch Beweismaterial vorgelegt, daß der Angeklagte Frank diese Kunstschätze zu erhalten suchte und sie in Polen aufbewahren wollte. Unter diesen Umständen ist es nicht nötig, alle diese Auszüge zu verlesen.

DR. SEIDL: Jawohl, ich bitte dann das Gericht, von dieser Eintragung selbst Kenntnis zu nehmen, und ich werde, wenn das Gericht damit einverstanden ist, Ihnen lediglich noch die Seiten der Dokumente im Dokumentenbuch angeben, die mir wesentlich erscheinen. Das ist Seite...

VORSITZENDER: Gut, wir wollen jetzt eine Pause einlegen.