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[Zum Zeugen gewandt:]

Also »Vatikan-Aktion«.

GISEVIUS: Wir suchten mit allen Mitteln dem General Halder und dem General Olbricht den Beweis zu liefern, daß ihre These falsch sei, es sei mit einer anständigen Deutschen Regierung nicht mehr zu verhandeln. Wir glaubten, einen besonders wichtigen und sicheren Weg einschlagen zu sollen. Der Heilige Vater bemühte sich persönlich um diese Dinge, da die Englische Regierung mit Recht unsicher geworden war, ob überhaupt eine vertrauenswürdige Gruppe in Deutschland existierte, mit der man sprechen könne. Ich erinnere, daß kurz darauf der Venloer Zwischenfall sich ereignete, bei dem unter dem Vorwand, es gäbe eine deutsche Oppositionsgruppe, Beauftragte des englischen Secret Service an der holländischen Grenze gekidnapped wurden. Es lag uns also daran, den Nachweis zu führen, daß hier eine Gruppe war, die sich ehrlich bemühte, und die auch gegebenenfalls zu ihrem Wort stehen würde, positiv und negativ. Ich glaube, wir haben unsererseits gehalten, was wir in Aussicht stellten, indem wir ebenso offen gesagt haben, daß wir nicht den Putsch herbeiführen könnten, als wie wir vorher gesagt haben, was unsere Hoffnung war.

Diese Verhandlungen liefen im Oktober-November 1939 an. Sie sind nachher erst im Frühjahr zu einem Abschluß gekommen und, falls ich gefragt werde, werde ich das beantworten.

DR. DIX: Ja, bitte wollen Sie den Abschluß schildern?

GISEVIUS: Ich glaube, ich muß zunächst hinzufügen, daß im November 1939 tatsächlich der General Halder sich mit Putschabsichten trug, und daß diese Putschabsichten wieder scheiterten, weil Hitler im letzten Augenblick die Westoffensive absagte. Bestärkt durch die damalige Haltung Halders glaubten wir, diese Gespräche im Vatikan fortsetzen zu sollen. Es kam zu einer Art gentlemen-agreement, auf Grund dessen ich hier mich zu der Feststellung berechtigt fühle, daß wir den Generalen unzweideutige Beweise geben konnten, daß im Falle eines Sturzes des Hitler- Regimes zu einer Verständigung mit einer anständigen zivilen Deutschen Regierung zu kommen war.

DR. DIX: Haben Sie die Unterlagen selbst gesehen, Herr Doktor?

GISEVIUS: Es wurden mündliche Gespräche geführt, die dann in einem umfangreichen Bericht niedergelegt wurden. Dieser Bericht wurde von dem Botschafter von Hassel und Dr. Schacht eingesehen, bevor er Halder durch den General Thomas überreicht wurde. Halder war durch den Inhalt so betroffen, daß er das umfangreiche Schriftstück dem Generaloberst von Brauchitsch übergab. Brauchitsch war entrüstet und drohte dem Mittelsmann, General Thomas zu verhaften, und so scheiterte dann diese Aktion, die alle Aussichten auf Erfolg hatte.

DR. DIX: Sie haben, Herr Doktor, schon bekundet...

VORSITZENDER: Herr Dr. Dix! Die letzten Notizen, die ich in mein Notizbuch niedergeschrieben habe, lauten: »Wir wußten, falls Holland, Belgien und die anderen Länder angegriffen würden, dieses sehr schwere Folgen haben würde, und wir verhandelten deshalb mit Halder und Brauchitsch; sie waren jedoch zu jener Zeit nicht bereit, uns zu helfen, den Krieg aufzuhalten. Wir wollten einen Frieden mit Ehre haben, die Politik ausschalten. Wir unternahmen alle möglichen Schritte.«

Seitdem ich diese Notizen gemacht habe, haben wir beinahe zehn Minuten Zeit mit Einzelheiten vertan, die für die weitere Verhandlung absolut unerheblich sind. Wenn sie alle nötigen Schritte unternommen haben, weshalb werden uns dann noch diese Einzelheiten angegeben?

DR. DIX: Ja, Euer Lordschaft! Wenn ein Zeuge in einer so bedeutungsvollen Angelegenheit, wo er, ebenso der Verteidiger des Angeklagten, immer damit rechnen muß, daß Menschen, die anderer Ansicht sind, sagen: »Das sind ja nur allgemeine Redensarten; Tatsachen, Einzelheiten wollen wir wissen!«, dann kann ich nicht darauf verzichten, daß der Zeuge wenigstens in großen Zügen zum Beispiel bekundet, daß eine eingehende Aktion über Seine Heiligkeit im Vatikan vorgenommen wurde, und wenn er dann nur sagt, daß das Ergebnis dieser Aktion ein großer Bericht war, wenn er mit Halder und Brauchitsch in den oben erwähnten...

VORSITZENDER: Ich stimme mit Ihnen überein, daß der eine Satz über Verhandlungen mit dem Vatikan wohl am Platze war; aber das übrige waren nur unnötige Einzelheiten.

DR. DIX: Wir sind auch mit diesem Kapitel schon fertig, Euer Lordschaft.