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[Dr. Laternser tritt an das Pult.]

GENERAL RUDENKO: Herr Vorsitzender! Es scheint mir, daß die Verteidigung bereits die Möglichkeit hatte, diesen Zeugen zu vernehmen. Nachdem dieser Zeuge von der Anklagebehörde bereits vernommen wurde und das Kreuzverhör nun zu Ende ist, kommt die Verteidigung noch einmal auf das Verhör dieses Zeugen zurück.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß er vollkommen in der Lage ist, die Verhandlung selbst zu leiten ohne eine derartige Unterbrechung. Wir werden uns mit Dr. Laternser beschäftigen, wenn er seinen Antrag zum Kreuzverhör stellt.

GENERAL RUDENKO: Ich verstehe, nur wollte ich in diesem Zusammenhang bemerken, daß wir bestrebt sind, den Prozeß so weit wie möglich abzukürzen; deshalb wünscht die Anklagevertretung, daß auch die Verteidigung sich danach richtet.

DR. LATERNSER: Herr Präsident! Ich habe noch einige Fragen an den Zeugen zu stellen, die sich aus dem Kreuzverhör, dem der Zeuge unterzogen worden ist, ergeben haben. Ich nehme an, daß gegen die Befragung keine Bedenken seitens des Gerichts bestehen werden.

VORSITZENDER: Wenn Sie sich aus seinem Kreuzverhör ergeben, nein.

DR. LATERNSER: Herr Zeuge! Sie haben gestern auf die Frage des amerikanischen Anklagevertreters die Meinung geäußert, daß ein Putsch gegen das damals bestehende Regime nur bei einem Zusammengehen mit der Generalität möglich gewesen sei, daß aber die vielen Unterredungen, die stattgefunden haben, ein Zusammengehen nicht hätten herbeiführen können. Ich wollte Sie nun fragen, Herr Zeuge, mit welchen Generalen haben Sie persönlich über bestehende Putschabsichten seitens Ihrer Gruppe gesprochen?

VORSITZENDER: Sie sind doch nicht an allen Generalen der Wehrmacht interessiert. Sie sind nur an denjenigen interessiert, die als verbrecherische Gruppe angeklagt sind.

DR. LATERNSER: Jawohl.

VORSITZENDER: Sie müssen die Frage an diese richten, oder sie mit Bezug auf diese Generale stellen.

DR. LATERNSER: Jawohl, Herr Präsident! Dann bitte ich das Gericht, dem Zeugen den Kreis des Generalstabs und Oberkommandos beschreiben zu dürfen, damit er diese Frage beantworten kann.

VORSITZENDER: Sie können ihn, glaube ich, fragen, ob er Verbindung zu irgendwelchen Mitgliedern des Generalstabs hatte, zu denjenigen, die als verbrecherische Gruppe angeklagt sind. Sie wissen, wer diese Generale sind.

DR. LATERNSER: Jawohl, ich werde dem Zeugen eine kurze Vorbemerkung machen und dann die Frage im Anschluß daran stellen. Herr Zeuge...

VORSITZENDER: Wie lautet nun die Frage, die Sie stellen wollen?

DR. LATERNSER: Damit der Zeuge die Frage in der durch das Gericht gewünschten Einschränkung versteht, möchte ich dem Zeugen zunächst eine kurze Erklärung geben über den Kreis der Personen, die zu der Gruppe gehören, und ihn im Anschluß daran fragen, mit welchen dieser Personen er persönlich gesprochen hat, um sie für die Putschabsichten seitens seiner Gruppe zu gewinnen. Auf andere Weise...

VORSITZENDER: Wenn Sie sich kurz fassen...

DR. LATERNSER: Herr Zeuge! Unter der Gruppe Generalstab und Oberkommando werden die Inhaber von gewissen Dienststellungen in einem Zeitraum von Februar 1938 bis Mai 1945 zusammengefaßt. Diese Dienststellungen sind folgende. Die Oberbefehlshaber der Wehrmachtsteile...

VORSITZENDER: Sie wollen doch nicht etwa alle Mitglieder der Gruppe aufzählen, alle 130?

DR. LATERNSER: Herr Präsident! Die Aufzählung ist ziemlich kurz; auf andere Weise kann ich die Frage nicht einschränken, wie es vom Hohen Gericht gewünscht wird.

VORSITZENDER: Ich weiß nicht, was Sie meinen. Ich fragte Sie, ob Sie beabsichtigen, alle 130 Generale oder Offiziere aufzuzählen?

DR. LATERNSER: Nein, Herr Präsident.

VORSITZENDER: Gut. Dann fahren Sie fort.

DR. LATERNSER: In der Gruppe sind zusammengefaßt die Inhaber von gewissen Dienststellungen. Kurz gesagt, alle diejenigen, die in dem Zeitraum von Februar 1938 bis Mai 1945 Oberbefehlshaber waren.

Nun frage ich Sie, mit welchen Generalen dieser Gruppe haben Sie persönlich gesprochen, und zwar über das Thema Putschabsicht, um sie zu einer Mitwirkung an einem eventuellen Putsch zu veranlassen.

GISEVIUS: Sie meinen Oberbefehlshaber von Gruppen?

DR. LATERNSER: Von Armee-, Heeresgruppen, Wehrmachtsteilen und Generalstabschefs der Wehrmachtsteile.

GISEVIUS: Also, ich habe schon genannt den Namen Halder, Brauchitsch.

DR. LATERNSER: Eine Frage, Herr Zeuge: Haben Sie mit Feldmarschall von Brauchitsch über eine Putschabsicht gegen das Regime oder gegen die Gestapo gesprochen?

GISEVIUS: Ich habe über beides mit ihm gesprochen, und bei beidem hat er zunächst ja gesagt, und nachher mit Nein gehandelt. Ich habe mit Halder und Witzleben gesprochen; mit Kluge war ich von früher gut bekannt; ich weiß nicht, zu welchem Zeitpunkt er in die Kategorie, die Sie meinen, eingerückt ist. Jedenfalls ist mein Strang zu ihm nie abgerissen; mag sein, daß ich den einen oder anderen noch gesprochen habe, der in diese Kategorie noch hineingehörte.

DR. LATERNSER: Ja, aber es ist doch immerhin ein großes Ereignis, wenn man mit einem höheren Führer über Putschabsichten spricht; das würde Ihnen doch jetzt noch in Erinnerung sein, wenn Sie mit einem Feldmarschall darüber gesprochen haben würden?

GISEVIUS: So ein großes Ereignis war es nun wieder nicht, Herr Rechtsanwalt. Feldmarschalle waren auch nicht so große Leute im Dritten Reich.

VORSITZENDER: Herr Dr. Laternser! Die Tatsache, daß diese Generale angesprochen wurden und sich weigerten, an einem Putsch teilzunehmen, ist kein Verbrechen im Sinne des Statuts.

DR. LATERNSER: Herr Präsident! Ich habe gestern bereits ausgeführt, daß dieser Punkt sehr wichtig ist, weil er die Annahme einer Verschwörung ausschließen würde.

VORSITZENDER: Ich befürchte, Herr Dr. Laternser, daß es keinen Zweck hat, wenn Sie mir antworten, daß ein Punkt sehr wichtig ist. Was ich Sie fragte, war, warum es erheblich sein soll, zu zeigen, daß diese Generale einen Putsch gegen das Regime besprachen. Ich halte Ihnen vor, daß das kein Verbrechen im Sinne des Statuts ist.

DR. LATERNSER: Jawohl, aber dieser Umstand würde die Annahme einer Verschwörung, die von der Anklagebehörde behauptet wird, ausschließen.

VORSITZENDER: Aber schließt es die Möglichkeit einer Verschwörung, die Führung eines Angriffskrieges aus? Es hat nichts damit zu tun.

DR. LATERNSER: Ich habe das eben nicht richtig verstanden.

VORSITZENDER: Die Frage eines Putsches gegen das Regime in Deutschland scheint mir nicht unbedingt mit einer Verschwörung zur Führung eines Angriffskrieges etwas zu tun zu haben; deshalb ist alles, was mit einem Putsch gegen das Regime in Deutschland zusammenhängt, nicht erheblich für die Frage, mit der Sie sich zu befassen haben.

DR. LATERNSER: Herr Präsident! Die Verschwörung wird doch gerade angenommen mit Rücksicht auf die Angriffskriege, und eine Verschwörung würde dann ausgeschlossen sein, wenn die betreffenden hohen militärischen Führer sich gegen das Regime gewendet haben, und zwar in einer derartig starken Form, daß sie Putschabsichten besprochen und auch durchgeführt haben.

VORSITZENDER: Dr. Laternser! Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß die Frage, die Sie der Meinung des Gerichtshofs nach stellen wollen, richtig gestellt, so lauten soll, daß Sie fragen, welche der Generale bereit waren, an einem Putsch teilzunehmen. Diese Frage dürfen Sie stellen.

DR. LATERNSER: Herr Präsident! Um feststellen zu können, inwieweit bei dem gesamten Kreis eine Bereitwilligkeit vorhanden war, muß ich den Zeugen fragen, mit wievielen er gesprochen hat, und wieviele davon sich bereit erklärt haben, mitzumachen.

VORSITZENDER: Ich denke, das können Sie ihn fragen – wieviele? Fragen Sie ihn, wieviele?

DR. LATERNSER: Herr Präsident! Das war ja die Frage, die ich eingangs gestellt hatte.

VORSITZENDER: Ich habe gesagt, daß Sie die Frage stellen dürfen.

DR. LATERNSER: Ja, Herr Präsident.

Herr Zeuge! Mit wieviel Generalen der Gruppe haben Sie darüber gesprochen?

GISEVIUS: Im Laufe der Jahre mögen das ein Dutzend oder mehrere Dutzend gewesen sein; aber ich möchte hier feststellen, daß es mehr die Aufgabe des Generaloberst Beck und Osters oder Canaris' gewesen war, mit diesen Herren zu sprechen, als meine Aufgabe. Das, was Sie an Namen hören wollen, werden Sie also weniger durch mich hören; andererseits kann ich Ihre Frage abkürzen insofern, daß eben leider nur wenige führende Generale in den Positionen, die unter Anklage stehen, jemals ernsthaft ihren Willen bekundet haben, dieses System mitzustürzen.

DR. LATERNSER: Herr Zeuge! Das will ich ja gerade feststellen. Sie haben mit Feldmarschall von Brauchitsch, von Witzleben und Halder gesprochen?

GISEVIUS: Und Olbricht.

DR. LATERNSER: Ja, der gehört aber nicht der Gruppe an. Also mit diesen Dreien haben Sie gesprochen?

GISEVIUS: Und mit Kluge.

DR. LATERNSER: Bezüglich der Putschabsichten?

GISEVIUS: Ja, selbstverständlich.

DR. LATERNSER: Und von diesen Vieren, die Sie eben genannt haben, hat Ihnen Feldmarschall von Witzleben eine Zusage gegeben?

GISEVIUS: Nein, Zusagen gaben sie zunächst immer alle. Nur Witzleben stand zu seinem Wort.

DR. LATERNSER: Nahm er damals an diesem Putsch teil?

GISEVIUS: Ja.

DR. LATERNSER: Ich habe Sie gestern richtig verstanden, als Sie sagten, daß der Putsch vom 20. Juli in der Hauptsache von der Wehrmacht ausgegangen ist, also von der Generalität und den Generalstabsoffizieren, und daß diese die Absicht hatten, den Kreis der Beteiligten am 20. Juli möglichst klein zu halten?

GISEVIUS: Nein, so genau habe ich es nicht gesagt. Ich will so sagen: Einen Putsch können ja in einem Terrorsystem nur die Militärs machen; insofern ist es richtig, daß die Generale, die wenigen, die sich beteiligten, Träger des Putsches waren. Das Schwergewicht des 20. Juli lag jedoch bei der breiten Front von Zivilisten, die seit Jahren um die Generale kämpften und am laufenden Band von diesen Generalen enttäuscht wurden; und nur deshalb, weil immer wieder die Zusagen der Generale gebrochen wurden, entschlossen wir uns, am 20. Juli diesmal zu warten, bis die Generale wirklich gehandelt hatten, um nicht wieder vielen Zivilisten unnötige Hoffnungen und Gewissensbelastungen zu bereiten. So habe ich die Einschränkung gemeint.

DR. LATERNSER: Also, der einzige Putsch, bei dem es allein zu einer Ausführungstat gekommen ist, ist getätigt worden von der Generalität und vom Generalstab?

GISEVIUS: Und Zivilisten.

DR. LATERNSER: Jawohl. Und das Haupt dieser Gruppe war ja, wie Sie angegeben haben, Generaloberst Beck?

GISEVIUS: Jawohl.

DR. LATERNSER: Und dieser gehörte ja auch zu dieser Gruppe, die angeklagt ist unter dem Namen »Generalstab und Oberkommando«.

Nun eine weitere Frage: Wissen Sie von Verbindungen dieser hohen militärischen Führer mit dem Finanzminister Popitz, der selbst auch Putschabsichten hatte, und zwar zum Zwecke der Beseitigung Hitlers sogar mit Himmler verhandelt haben soll. Wissen Sie etwas darüber?

GISEVIUS: Ja, das ist richtig. Popitz gab sich unendliche Mühe, die Generale zu einem Putsch und zu einem Attentat zu bewegen. Ich bedauere, daß ich seinen Namen nicht rechtzeitig genannt habe. Auch er war einer derjenigen, der von 1938 oder 1939 an alles tat, um das System zu stürzen.

DR. LATERNSER: Haben Sie einmal mit Minister Popitz darüber gesprochen?

GISEVIUS: Ja, wiederholt.

DR. LATERNSER: Hat er Ihnen mal davon etwas gesagt, mit welchen hohen militärischen Führern er zu diesem Zweck in Verbindung gestanden habe?

GISEVIUS: Popitz hat vornehmlich mit Beck in Verbindung gestanden, hat sicherlich mit Witzleben in Verbindung gestanden, er hat mit Halder in Verbindung gestanden und mit Brauchitsch. Die Liste der Enttäuschungen ist nicht minder groß, als die Liste von Enttäuschungen von uns übrigen allen.

DR. LATERNSER: Hat er selbst es eine Enttäuschung genannt?

GISEVIUS: Ja. Der Mann war bitter enttäuscht. Es war das Thema unserer Unterhaltung, die bittere, ewige Enttäuschung, und das war ja die Schwierigkeit der Zivilisten, Herr Rechtsanwalt.

DR. LATERNSER: Andere Möglichkeiten zur Beseitigung haben nicht bestanden?

GISEVIUS: Nein. Nachdem durch die Schuld der Generale keine anderen Machtmittel verfassungsmäßiger oder illegaler Art mehr in Deutschland waren, sondern die Generale sich als die einzigen Waffenträger der Nation von Hitler dirigieren ließen, war es nicht möglich, sich von irgendeinem anderen Kreise aus zum Kampfe zu stellen. Ich erinnere Sie daran, daß nach 1938 jeder Streikversuch von seiten der Linken als Meuterei im Kriege bestraft worden wäre, und ich erinnere Sie an die vielen Todesurteile, die in die Hunderte gingen, die solche Zivilisten unter den Kriegsgesetzen erhielten.

DR. LATERNSER: Nun zu etwas anderem. Wann...

VORSITZENDER: Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß dieses Thema schon erschöpfend behandelt und wirklich nicht erheblich ist. Sie haben diesen Zeugen schon einmal ziemlich lange verhört, und der Gerichtshof möchte im weiteren Kreuzverhör über dieses Thema nichts mehr hören.

DR. LATERNSER: Herr Vorsitzender! Ich bin schon am Ende.

Herr Zeuge! Wann haben Sie von der genauen Sachlage in der Fritsch-Krise...

VORSITZENDER: Ich dachte, Sie haben gesagt, daß Sie fertig sind?

DR. LATERNSER: Herr Präsident! Ich bin leider mißverstanden worden. Ich bin fertig mit den Fragen zu irgendwelchen Putschabsichten, und ich möchte jetzt zu einem anderen Punkt übergehen und über die Fritsch-Krise eine Frage stellen.

VORSITZENDER: Welche Frage?

DR. LATERNSER: Ich möchte an den Zeugen über die Fritsch-Krise die Frage stellen, wann er von der genauen Sachlage dieser Angelegenheit erfahren hat, und ob er diese Sachlage hohen militärischen Führern mitgeteilt hat, oder mitteilen hat lassen.

VORSITZENDER: Aber die Fritsch-Krise hat mit der Anklage gegen das Oberkommando nichts zu tun. Die Anklagepunkte gegen das Oberkommando sind Verbrechen im Sinne des Statuts, und die Fritsch- Krise hat überhaupt nichts damit zu tun.

DR. LATERNSER: Ich ziehe dann diese Frage zurück.

Herr Zeuge! Sie haben heute im Kreuzverhör...

VORSITZENDER: Was wollen Sie ihn jetzt fragen?

DR. LATERNSER: Herr Präsident! Ich möchte jetzt den Zeugen über Punkte befragen, die er auf Befragen durch den amerikanischen Hauptanklagevertreter behandelt hat, und ich glaube, daß da noch einige Aufklärungen erforderlich sind.

VORSITZENDER: Es handelt sich hier nicht darum, ob Sie meinen, daß eine Aufklärung nötig ist, sondern, ob der Gerichtshof es meint, und darum möchte der Gerichtshof gern wissen, über welche Punkte Sie ihn befragen wollen.

DR. LATERNSER: Jawohl, der Zeuge hat im Laufe seiner heutigen Aussage erwähnt, daß er im Besitz von Unterlagen über Morde in Polen und Rußland gewesen sei. Ich wollte ihn nun befragen, wer diese Berichte angefertigt hat, und ob ihm insbesondere ein grundlegender Bericht des Generaloberst Blaskowitz bekannt ist, den dieser als Militärbefehlshaber in Polen angefertigt hatte, um ihn zur weiteren Veranlassung an seine vorgesetzte Dienststelle gehen zu lassen. Das wäre außerordentlich wichtig. Generaloberst Blaskowitz ist Angehöriger der von mir vertretenen Gruppe, und aus diesen zu beweisenden Tatsachen ergibt sich, daß die Mitglieder dieser Gruppe sich immer dann gegen irgendwelche Grausamkeiten gewandt haben, wenn diese ihnen im Wege der Meldung zugegangen sind. Infolgedessen muß ich feststellen, ob die Berichte, die ja den Zweck hatten, Grausamkeiten abzustellen, auch zurückzuführen sind auf die Mitwirkung von Generalen, die der angeklagten Gruppe angehörten.

JUSTICE JACKSON: Es scheint mir, wenn ich es sagen darf, meine Herren Richter, daß der Verteidiger unter dem Eindruck steht, daß er sich hier mit einzelnen Generalen befassen muß. Wir befassen uns nur mit der Gruppe. Falls das, was der Verteidiger von General Blaskowitz sagt, wahr ist, ist das natürlich ein Verteidigungspunkt für ihn, und ich kann mit Recht sagen, daß General Blaskowitz dieser Nazi- Verschwörung Widerstand geleistet hat. Falls diese Tatsache je bewiesen wird, soll er gewiß nicht für Taten bestraft werden, gegen welche er opponiert hat.

Es scheint mir, daß wir hier zu Einzel-Verteidigungen übergehen in der irrtümlichen Annahme, daß hier die Gelegenheit ist, jeden einzelnen der Generale vor Gericht zu stellen. Wir klagen sie nicht an, weil sie einen Putsch machten oder eine Fritsch-Affäre hatten, oder weil sie nichts Derartiges hatten. Die Fritsch-Affäre wurde hier nur erwähnt, weil sie den Zeitpunkt festsetzt, zu dem der Angeklagte Schacht zu der Überzeugung gelangte, daß es die Absicht des Nazi-Regimes war, einen Angriffskrieg zu führen. Der Putsch wurde hier nur vorgebracht, weil Schacht zu seiner Verteidigung sagt, daß er versuchte, einen Putsch zu organisieren. Es hat mit dem Fall gegen den Generalstab überhaupt nichts zu tun. Die meisten Angehörigen des Generalstabs, die an diesem Putsch teilgenommen hatten, wurden gehängt und ich kann nicht einsehen warum es für die Überlebenden, die unter Anklage stehen, ein für die Verteidigung wesentlicher Umstand sein kann, ob ein Putsch stattgefunden hat oder nicht. Es scheint mir, daß wir hier vom Hauptthema abgewichen sind.

DR. LATERNSER: Herr Präsident! Ich bitte dazu kurz Stellung nehmen zu dürfen. Wenn es mir nicht gestattet wird, über das Verhalten von Mitgliedern der Gruppe Fragen zu stellen in einem derart wichtigen Punkt, aus dem sich ergäbe, daß sie gegen Grausamkeiten angekämpft haben, dann ist es mir nicht möglich, den Gericht die typische Einstellung der hohen militärischen Führer darzutun. Es ist unbedingt erforderlich, daß ich solchen Punkten nachgehen kann, zumal mir anderes Beweismaterial nicht zur Verfügung steht; denn ich kann ja auch eine Gruppe nur dann als verbrecherisch erklären, wenn zum Beispiel die Mehrzahl dieser Gruppenangehörigen Verbrechen begangen hat. Ich muß nun in diesem Fall fragen können, wie sich der Generaloberst Blaskowitz gegen die stattgefundenen Morde in Polen gestellt hat.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird sich zurückziehen, um die Sache zu besprechen.