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[Dem Zeugen wird das Dokument ausgehändigt.]

Herr Vorsitzender, diese Mappe ist zur leichteren Kenntlichmachung mit »B« bezeichnet.

[Zum Zeugen gewandt:]

Bitte sehen Sie sich die erste Seite an; da steht ein Artikel vom 11. Juli 1941.

»In Polen starben im letzten Jahr etwa 40000 Juden; die Spitäler sind überfüllt«

Sie brauchen nicht weiterzublättern, Angeklagter; wir werden schon schnell genug weitergehen.

Haben Sie zufällig diesen Satz im »Israelitischen Wochenblatt« vom 11. Juli 1941 gelesen?

STREICHER: Nein.

OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Dann sehen Sie sich bitte Seite 3, 3-B vom November 1941 an:

»Aus der Ukraine vernimmt man die allerschlimmsten Nachrichten. Tausende jüdischer Toter werden beklagt, darunter viele von den... galizischen Juden, die aus Ungarn ausgewiesen wurden.«

Haben Sie das gelesen?

STREICHER: Das könnte möglich sein; hier heißt es, Tausende werden beklagt. Das ist noch kein Beweis, daß Millionen umgebracht wurden. Da ist ja nichts Näheres gesagt, wie sie geendet haben.

OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Falls das Ihre Erklärung ist, die Sie uns geben wollen, dann lassen wir es dabei.

Wollen Sie nun zur nächsten Seite übergehen, den 12. Dezember 1941, also einen Monat später:

»In Odessa sollen laut Nachrichten, die von mehreren Seiten eingegangen sind, Tausende von Juden (es ist sogar von vielen Tausenden die Rede)... hingerichtet worden sein... Ähnliche Berichte kommen aus Kiew und anderen russischen Städten.«

Haben Sie das gelesen?

STREICHER: Das weiß ich nicht, und wenn ich es gelesen hätte, würde dies nichts ändern an der Sache. Das ist kein Beweis.

OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Aber Sie haben doch dem Gerichtshof gesagt, daß die Zeitung nur Andeutungen über das Verschwinden enthielt. Zeigt das nicht, daß Sie nicht die Wahrheit gesprochen haben, wenn Sie diese Auszüge jetzt lesen?

STREICHER: Dann bitte ich, folgendes sagen zu dürfen: Als der Krieg begann, bekamen wir überhaupt kein »Israelitisches Wochenblatt« herein. In den letzten Jahren, da konnte man nur über die Polizei das »Israelitische Wochenblatt« erhalten. Wir haben auf Schleichwegen in letzter Zeit das »Israelitische Wochenblatt« nach Deutschland hereingebracht. Wir haben einmal die Polizeistellen aufgefordert, uns zu bedienen mit ausländischen Zeitungen und mit dem Wochenblatt, da wurde uns erklärt, das ginge nicht. Wir haben es aber doch fertiggebracht. Ich möchte also damit sagen, ich habe nicht jede Nummer unter die Augen bekommen. Die Nummern, die ich gelesen habe, die wurden beschlagnahmt auf meinem Hof. Was unterstrichen ist, das ist von mir oder von meinem Chefredakteur gelesen. Ich kann aber nicht für jede Notiz garantieren, daß ich sie gelesen habe.

OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Ich sehe das vollkommen ein, und darum haben wir eine große Anzahl davon. Sehen Sie, wir haben hier Auszüge von fast jeder Woche oder jedem Monat im Laufe von drei Jahren.

Sehen Sie sich bitte nun Seite 30-A von der Mappe »A« an. Ich möchte nur, daß Sie einmal sehen, was Sie damals geschrieben haben, nachdem Sie gehört oder gelesen haben oder jedenfalls, nachdem dieses »Israelitische Wochenblatt« erschienen war. Es ist ein Leitartikel von Ihnen selbst:

»Soll die Gefahr der Weiterzeugung jenes Gottesfluches im jüdischen Blut ein Ende finden, dann gibt es nur einen Weg, die Ausrottung dieses Volkes, dessen Vater der Teufel ist.«

Und der Ausdruck, den Sie hier für Vernichtung benützen, ist »Ausrottung«, nicht wahr?

STREICHER: Ich möchte zunächst fragen, ob diese Nummer meinem Verteidiger bekannt ist und ob die Übersetzung stimmt?

OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Darauf kommt es nicht an, er hat Abschriften von allen Ausgaben, und er wird Ihre Interessen wahren können. Wir prüfen jetzt nur die Wahrheit Ihrer Zeugenaussage.

Können Sie mir sagen, was »Ausrottung« bedeutet? Bedeutet das die Ermordung von Juden oder was kann es sonst bedeuten?

STREICHER: Es kommt auf den Zusammenhang an. Dann bitte ich, den ganzen Leitartikel verlesen zu wollen.

OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Wenn in dem Artikel sonst irgend etwas steht, was Ihnen nützen kann, so wird Ihr Verteidiger Gelegenheit haben, diesen Artikel zu lesen und ihn dem Gerichtshof vorlegen. Ich kann Ihnen aber versichern, daß auch Ihre übrigen Artikel im allgemeinen Ihrem Fall nicht nützen.

STREICHER: Als jener Artikel erschien, da haben die Massentötungen schon längst stattgefunden gehabt.

OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Gut. Wir wollen uns nicht dabei zu lange aufhalten.

Wollen Sie sich Ihre Mappe »B« ansehen, eine Mappe mit Auszügen aus dem »Israelitischen Wochenblatt«?

VORSITZENDER: Ich glaube, Sie sollten ihn auf das Datum auf Seite 30-A aufmerksam machen.

OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Vielen Dank, Euer Lordschaft!